Biohandel

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Nachhaltigkeit

Welchen Preis haben Klima- und Naturschutz?

Wenn Unternehmen sich zu Nachhaltigkeit verpflichten, steigen die Produktionskosten und können Wettbewerbsnachteile verursachen. Wie aber können Öko-Betriebe finanziell davon profitieren, dass sie einen positiven Beitrag für das Ökosystem leisten? Antworten darauf gab es bei der Biofach-Veranstaltungsreihe „SustainableFutureLab“. 

Bio-Unternehmen leisten einen positiven Beitrag für das Ökosystem. Sie verzichten auf intensiven Ackerbau und Pestizide und schützen damit Böden und Gewässer. Sie haben Standards für mehr Tierwohl, und häufig pflegen Sie langjährige Partnerschaften mit ihren Lieferanten. 

Vieles davon bedeutet für die Betriebe einen höheren Aufwand: arbeitstechnisch, weil sie beispielsweise den Einsatz von Maschinen reduzieren. Finanziell haben sie unter anderem Nachteile, weil sie durch ihre extensive Landwirtschaft weniger Ertrag pro Fläche erzielen. Oder anders gesagt: Was gut fürs Klima und die Umwelt ist, ist schlecht für die Unternehmensbilanz. 

Hilfe, um die Natur in die Jahresbilanz aufnehmen

Nachhaltigkeit, wenn man sie in großem Maßstab und wirklich ernst nehme, führe für Unternehmen zu einem Wettbewerbsnachteil, weil dadurch die Produktionskosten stiegen, sagte Tobias Bandel von der Landbanking Group auf der Biofach im Rahmen der Veranstaltungsreihe „SustainableFutureLab“. Wie also können Betriebe der Ökobranche finanziell davon profitieren können, dass sie einen positiven Beitrag für das Ökosystem leisten? 

Bandels Unternehmen unterstützt Betriebe dabei, die Natur in ihre Jahresbilanz aufzunehmen. Wenn Unternehmen nachweisen können, dass sie Investitionen getätigt haben, die positive Auswirkungen auf die Umwelt haben, können sie diese Investitionen als Aktivposten in der Bilanz ausweisen, anstatt sie als Aufwand zu verbuchen, erklärte Bandel. „Das bedeutet zwar immer noch, dass Bargeld abgeht, aber zumindest haben Sie eine stärkere Bilanz und ein besseres Kreditrating.“

Dieser Artikel ist Teil 3 einer dreiteiligen Serie zu den Diskussionen, die im „SustainableFutureLab“ auf der Biofach 2025 geführt worden sind. Die Biofach organisiert dieses Events gemeinsam mit verschiedenen Partnern und ist Co-Host der Veranstaltungsreihe. In dieser Serie schreiben wir über die Veranstaltungen, die von Nora Taleb und Julian Stock vom Good Food Collective (GFC) konzipiert und umgesetzt worden sind.

Die „ergebnisorientierte Finanzierung“ der Landbanking Group

Landwirte unterstützt die Landbanking Group dabei, für regenerative Praktiken belohnt zu werden. So habe beispielsweise ein Landwirt bei einer konventionellen Bank einen Zinsnachlass in Höhe von 200.000 Euro pro Jahr erhalten, weil er seine positiven Auswirkungen vor Ort offenlegen konnte. „Ergebnisorientierte Finanzierung“ nennt die Landbanking Group diesen Ansatz.

Modelle wie das der Landbanking Group oder auch die Regionalwertleistungsrechnung, die nachhaltig wirtschaftende Unternehmen finanziell besserstellen wollen, sind bislang eine Seltenheit. „Investitionen, die attraktive Renditen bieten, sind noch nicht entwickelt“, sagte Moderatorin Nora Taleb. Denn traditionell habe die Natur nur dann einen monetären Wert, wenn sie abgeholzt werde, etwa für Holz.

Eine bekannte Möglichkeit, finanziell von Klimaschutzmaßnahmen zu profitieren, sind Zertifikate, mit denen Emissionsrechte ge- und verkauft werden. Wer weniger CO2 ausstößt spart Geld beziehungsweise kann Emissionsrechte an Unternehmen verkaufen, die mehr Kohlenstoffdioxid produzieren. 

Das Problem mit dem Zertifikatehandel

Ivo Degn CEO und Mitgründer von Climate Farmers, einer Plattform, die regenerative Anbaumethoden in Europa fördert, sieht in Karbonmärkte ein großartiges Beispiel dafür, wie ergebnisorientierte Zahlungen funktionieren könnten. „Allerdings begünstigt der Kohlenstoffmarkt im Allgemeinen, so wie er jetzt strukturiert ist, eher einfache, große Betriebe ohne Viehhaltung“, sagte er. Kleine, diversifizierte Betriebe mit integrierter Viehhaltung würden auf dem Kohlenstoffmarkt nicht gut abschneiden. 

Das Problem mit dem Zertifikatehandel: Es fließt nur Geld, wenn Unternehmen CO2-Emissionen verursachen. So gesehen wirkt sich dieser Ansatz nicht vollumfänglich positiv auf Klima und Umwelt aus. 
„Es kann nicht nur um Kohlenstoff gehen“, sagte Sarah Compson, Director Standards Innovation bei Soil Association, einer Organisation, die sich für den Bio-Landbau in Großbritannien engagiert. Böden würden diesen nicht über einen sehr langen Zeitraum speichern. Helfen würde, ein besseres Verständnis davon zu bekommen, wie Ökosysteme funktionieren und warum sie „das Lebenselixier unseres gesamten menschlichen Systems und unseres Finanzsystems sind“.

These: Bio-Landwirtschaftsbetriebe können nicht nachweisen, dass sie Ökosysteme regenerieren

Ein bemerkenswertes Abstimmungsergebnis während der Veranstaltung gab es bei der These, dass Bio-Landwirtschaftsbetriebe nicht nachweisen könnten, dass sie Ökosysteme regenerieren. Die große Mehrheit der Teilnehmenden stimmten dem zu. 

Sarah Compson machte darauf aufmerksam, dass das Öko-Zertifizierungssystem input-basiert ist, entscheidend sei, was der Bio-Bauer ins System hineinbringe. „Aber das ist nicht dasselbe wie keine Auswirkungen zu haben“, sagte Compson. „Der ökologische Landbau ist in der Tat das einzige Anbausystem, bei dem alle positiven Ergebnisse nachgewiesen sind. Das heißt aber nicht, dass es das einzige Anbausystem ist, bei dem das so ist.“ 

Ivo Degn erinnerte an Tausende von landwirtschaftlichen Betrieben, die Betriebsmittel ausschließen, die im ökologischen Landbau nicht erlaubt sind, die aber noch nicht ökologisch wirtschaften. Die Öko-Gemeinschaft könnte all diesen Landwirten eine Heimat geben, wenn sie wollte, so Degn. Er sehe ein riesiges Potenzial, wenn sich die Öko-Bewegung für sie öffnen würde, so Degn.

Gleichgewicht zwischen den Wünschen der Landwirte und des Marktes

Ryan Zinn, Bio- und Fair-Trade-Koordinator für Dr. Bronner's, US-Hersteller von bio-zertifizierten und fair gehandelten Kosmetikprodukten und Naturkosmetik-Pionier, glaubt nicht an ein System aus Prämien und finanziellen Vorteilen für den Nachweis von Ökosystemleistungen und positiven Ergebnissen. „Wir sollten uns auf Geschäftsmodelle konzentrieren, die einen fairen Ausgleich der Produktionskosten ermöglichen, anstatt zu sehr über diese Prämiensysteme nachzudenken“, sagte er. 

Sarah Compson unterstrich, wie wichtig eine mehrdimensionale Perspektive ist. Es dürfe nicht nur darum gehen, was der Markt am Ende wolle. Es brauche ein Gleichgewicht zwischen den Wünschen der Landwirte und des Marktes.

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