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Verpackungscheck: Bio-Supermärkte zeigen, wie es geht

Bereits zum dritten Mal schickte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Testpersonen zu zwölf verschiedenen Lebensmittelhändlern, um herauszufinden, wie es dort um verpackungssparendes Einkaufen und Mehrweglösungen steht. Das Ergebnis ist ernüchternd: Einzig drei Bioketten schnitten fast durchweg gut ab.

Private Haushalte verursachten im Jahr 2021 laut des Bundesumweltministeriums über 8,8 Tonnen Verpackungsmüll. Wer möglichst verpackungsarm im Supermarkt einkaufen möchte, dem gelingt dies laut des dritten Verpackungschecks der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bei den großen Bio-Filialisten Alnatura, Denns und Bio Company am besten. Das teilte die DUH am Mittwoch bei ihrer Pressekonferenz zu den Ergebnissen ihres diesjährigen Verpackungstest mit.

Für den Test hat die DUH zwölf großen Supermarkt-, Discounter- und Biohandelsketten nicht repräsentative, stichprobenartige Testbesuche in insgesamt 48 ausgewählten Filialen abgestattet und das Angebot folgender Produktkategorien des täglichen Lebens in Hinblick auf Verpackungen dokumentiert, verglichen und eingeordnet:

  • Obst und Gemüse
  • Getränke
  • Frischmilch und Joghurt
  • Produkte an Frische- und Selbstbedienungstheken

Die betrachteten Warengruppen landen regelmäßig in den Einkaufswägen vieler Menschen. Darüber hinaus gibt es für die vier Kategorien bereits ressourcenschonende und verpackungsarme Lösungen. Bei dem Check wurde der DUH zufolge überprüft, inwiefern diese Lösungen eingesetzt wurden, beispielsweise durch die Nutzung von Mehrwegsystemen oder durch Weglassen der Verpackung.

Die Grüne Karte im Verpackungscheck erhielten, wie auch im vergangenen Jahr, Alnatura, Denns und die Bio Company. Laut der Testergebnisse aus den getesteten Filialen schöpfen die Unternehmen die Möglichkeiten zu Abfallvermeidung und Mehrweg weitestgehend aus. Besonders bei Obst und Gemüse sowie Getränken setzten sie weitestgehend auf unverpackte Ware und boten Mehrweglösungen an.

Nur in Teilen nutzten die Supermarktketten Edeka und Rewe die Möglichkeiten, Abfälle zu vermeiden und Mehrwegsysteme zu nutzen – sie erhielten jeweils eine Gelbe Karte. Viel zu viel Einwegmüll produzierten die getesteten Filialen der Supermarktkette Kaufland sowie der Discounter Norma, Netto, Lidl, Penny, Aldi Nord und Aldi Süd. Für weitestgehend ungenutzte Abfallvermeidungsstrategien und Mehrweg-Systeme erhielten sie die Rote Karte im DUH-Verpackungscheck.

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Größtenteils unverpacktes Obst und Gemüse in Biosupermärkten

Während die konventionellen Vollsortimenter im Mittelfeld liegen und die Discounter schlecht abschnitten, überzeugten in der Kategorie Obst und Gemüse lediglich die Biosupermärkte mit einem geringen Verpackungsanteil von acht (Alnatura) bis 18 Prozent (Bio Company). Bei Denns werde zum Beispiel Paprika komplett unverpackt angeboten, berichtete Elena Schägg, Stellvertretende DUH-Leiterin für Kreislaufwirtschaft bei der Pressekonferenz. Als Kritikpunkt nennt die DUH jedoch das Angebot von Einwegpapiertüten in allen getesteten Bio-Filialen. Aufgrund ihres hohen Ressourcenverbrauchs bei der Herstellung sind sie keine umweltfreundliche Alternative zu Einwegplastiktüten.

Spitzenreiter beim Angebot von verpacktem Obst und Gemüse ist Aldi Nord mit einem Verpackungsanteil von 78 Prozent, gefolgt von Netto mit 71 Prozent. Auffällig war, dass sogar besonders robuste Obst- und Gemüsesorten wie Äpfel und Karotten häufig vorverpackt angeboten werden. Im Vorjahresvergleich sind die Ergebnisse nach Angaben der DUH größtenteils unverändert.

In Biosupermärkten sind Mehrweggetränke Standard

Nicht viel besser sieht es insgesamt beim Einwegverpackungsanteil im Getränkesortiment aus. Die aktuelle Mehrwegquote liegt in Deutschland gerade mal bei 42,6 Prozent. Laut den Ergebnissen des Verpackungschecks ist die geringe Quote nicht verwunderlich: Lidl und die Aldi setzen zu 100 Prozent auf Einweggetränke; Norma und Penny bieten zumindest 21 bzw. 26 Prozent ihrer Getränke in Mehrwegbehältern. Im Mittelfeld liegen Rewe, Kaufland, Edeka, und Netto mit einem Einweganteil von 34 bis 50 Prozent. „Keiner der klassischen Supermärkte oder Discounter erfüllt die gesetzlich vorgeschriebene Mehrwegquote von 70 Prozent für Getränkeverpackungen“, konstatierte Elena Schägg.

„Keiner der klassischen Supermärkte oder Discounter erfüllt die gesetzlich vorgeschriebene Mehrwegquote von 70 Prozent für Getränkeverpackungen.“

Elena Schägg, Deutsche Umwelthilfe

Wie es gehen kann, zeigen auch hier die getesteten Biosupermärkte: Hier gehört das Angebot von Getränken in Mehrwegflaschen zum Standard. Bio Company schnitt hier von allen untersuchten Handelsketten am besten ab und bot seine Getränke zu rund 87 Prozent in Mehrwegflaschen an. Dicht gefolgt von Alnatura mit 84 Prozent Mehrweg laut den Testbesuchen. Aber auch Denns schnitt überdurchschnittlich gut ab und kam auf einen Mehrweganteil von 80 Prozent.

Frischmilch und Joghurt: Gelbe Karte für Biosupermärkte

Luft nach oben sieht die DUH vor allem in der Kategorie Frischmilch und Joghurt. Hier ist der Anteil an Einwegverpackungen bei den konventionellen Supermärkten und den Discountern mit 79 bis 100 Prozent besonders hoch. Doch auch die Biosupermärkte haben hier Nachholbedarf: Bei ihnen liegt der Einweganteil bei Frischmilch und Joghurt bei 64 (Denns) bis 69 Prozent (Bio Company). Generell ist bei Alnatura, Denns und der Bio Company der Mehrweganteil bei Joghurt teils fast doppelt so hoch wie bei Frischmilch.

Beim Verpackungscheck außen vor waren bisher pflanzliche Drinks und haltbare Milch, die weitestgehend außerhalb des Kühlregals angeboten werden. Laut Schägg wäre das Gesamtergebnis bei der Berücksichtigung dieser Produkte noch schlechter ausgefallen, da hier fast ausschließlich auf Einweg gesetzt wird.

„Wir sehen aber erste positive Entwicklungen bei pflanzlicher Milch“, sagt Schägg. Immer mehr Hafermilch werde inzwischen in Mehrwegflaschen angeboten, etwa von Voelkel, Velike oder regional vom Ökodorf Brodowin in Brandenburg. „Deshalb können wir uns vorstellen im nächsten Jahr in unserem Verpackungscheck auch das Segment pflanzliche Milch miteinzubeziehen“, so die stellvertretende Leiterin für Kreislaufwirtschaft.

Bios punkten auch an den Selbstbedienungs- und Frischtheken

Auch an Käse- und Wursttheken, bei Backwaren, an Heißgetränkeautomaten und bei trockenem Schüttgut hat die DUH geprüft, ob man sich die Waren in eigene Behältnisse abfüllen (lassen) konnte, Mehrwegbehältnisse zur Ausgabe angeboten wurden oder nur ein Einkauf vorverpackter Ware möglich war.

Bei der Möglichkeit, Käse und Wurst in eigene Behälter füllen zu lassen, lagen die Bio Company (75 Prozent), Denns und Kaufland (je 67 Prozent), gefolgt von Alnatura und Rewe (je 50 Prozent) vor Edeka (33 Prozent). Die restlichen getesteten Märkte boten alle Käse- und Wurstwaren bereits vorverpackt an. Bepfandete Mehrwegboxen fanden die Testerinnen und Tester ausschließlich bei Filialen der Bio Company und Edeka. Bei den Brot-SB-Theken hingegen konnten die Produkte in den meisten Testfilialen in eigene Behälter oder Beutel eingepackt werden.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher besonders unkomplizierte Pool-Mehrweg-Systeme – ob für Schüttgut, Kaffee oder Salat von der Frischtheke – von Marken wie Recup/Rebowl oder PfaBo konnten mit Ausnahme von Edeka und Rewe lediglich die drei untersuchten Biomarkketten konsequent vorweisen. Der Vorteil dieser Systeme ist, dass die Behältnisse bei allen teilnehmenden Partnern und nicht nur in der entsprechenden Verkaufsfiliale zurückgegeben werden können.

Durchweg positiv schnitten die Biosupermärkte zusammen mit Rewe bei der Befüllung von Heißgetränken ab: Hier kann entweder der eigene oder ein von der Filiale ausgegebener Mehrwegbecher befüllt werden.

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Kaum Abfüllstationen in den Märkten

Abfüllstationen sind laut der Ergebnisse des Verpackungschecks momentan eher noch die Ausnahme als die Regel. Immerhin in zwei von vier getesteten Bio Company-Filialen können sich Kundinnen und Kunden etwa Nüsse oder Müsli selbst abfüllen. Darüber hinaus gab es dieses Angebot nur in einer weiteren Edeka-Filiale.

„Das ist viel zu wenig. Unserer Einschätzung nach braucht es diese Unverpackt-Stationen wirklich in jeder großen Supermarktfiliale“, erklärt Schägg. Etwas Hoffnung gibt laut der Expertin für Kreislaufwirtschaft „die neue EU-Verpackungs-Verordnung, die anregt, dass bis 2030 große Supermärkte mindestens zehn Prozent ihrer Verkaufsfläche für Unverpackt-Angebote zur Verfügung stellen müssen.“ Jedoch, so Schägg, sei es eben leider nur eine Anregung und keine Pflicht.

Diese Pflicht bräuchte es jedoch laut DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz: „Die Ergebnisse unseres Checks belegen, dass Supermärkte und Discounter ohne eine klare politische Vorgabe eine Verpackungswende aus eigener Kraft eben nicht schaffen können.“ Dazu kommt, dass laut einer YouGov-Umfrage zu Jahresbeginn „fast die Hälfte der Deutschen Mehrwegverpackungen zum Mitnehmen von Essen noch nie genutzt hat“ – sowohl fehlende Mehrwegnutzungsmöglichkeiten bzw. Nutzungspflichten als auch vermeintlich einfachere Einwegverpackungslösungen sind mögliche Gründe dafür.

„Unsere Ergebnisse belegen, dass Supermärkte und Discounter ohne klare politische Vorgabe eine Verpackungswende nicht schaffen.“

Barbara Metz, Deutsche Umwelthilfe

Um das zu ändern, brauche es die Politik, so Metz. Frankreich mache es mit dem Ziel, bis 2030 die Anzahl an Einweg-Plastikflaschen zu halbieren, vor. „Über eine Verbotsregelung wurden zwischen 2021 und 2023 bereits 25 Prozent Plastikverpackungsmüll bei Obst und Gemüse eingespart.“ Umweltministerin Steffi Lemke müsse dringend nachziehen und verbindliche Mehrwegquoten für Getränke, auch für Milch und Wein, sowie eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf unökologische Einweg-Plastikflaschen, Dosen und Getränkekartons einführen.

„Zudem muss die sogenannte Plastiksteuer für nicht recycelte Plastikverpackungen auf die verantwortlichen Unternehmen umgelegt und nicht weiter aus dem Bundeshaushalt finanziert werden“, fordert Metz. Es dürfe nicht sein, dass ressourcensparend und klimafreundlich verpackte Produkte sich auf wenige Biosupermärkte beschränken. Sie müssten endlich in der Breite angeboten werden.

Mehr Infos zum Verpackungscheck

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