In Deutschland werden über 70 Prozent der Lebensmittel in Supermärkten und Discountern gekauft. Demnach kommt dem Lebensmitteleinzelhandel eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung eines nachhaltigen Ernährungssystems zu, heißt es in der Pressemitteilung zur Studie „Superlist Umwelt“, die der Think Tank Questionmark in Auftrag gegeben hat.
Supermärkte und Discounter könnten durch umweltverträgliche Produktangebote und bewusste Werbemaßnahmen maßgeblich dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck der Ernährung zu verringern. Das zu tun, schreibt sich der LEH auf die Fahnen: Deutsche Discounter und Supermärkte betonen, nachhaltiger agieren zu wollen und bewerben ihre Fortschritte. Ob die Maßnahmen bereits Wirkung zeigen, ist Gegenstand der Studie.
Für die „Superlist Umwelt“ wurden die Strategien und Maßnahmen von sechs der größten deutschen Supermarktketten und Discounter verglichen: Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl und Rewe. Das Ergebnis: Obwohl die Händler auf dem Papier mit Klimaplänen und Zielen für den Verkauf pflanzlicher Proteine aufwarten, fehlen in der Praxis wirksame Strategien mit klaren Meilensteinen. Und: Der Discounter Lidl liegt im Ranking vor den Vollsortimentern.
Ranking der Nachhaltigkeitsleistungen deutscher Supermärkte
Für die Studie wurden die Klimaschutzpläne sowie Initiativen zur Förderung pflanzlicher Produkte und nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken der Lebensmittelhändler bewertet. Die Zusammenarbeit erfolgte unter anderem mit der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, Madre Brava, der Physicians Association for Nutrition und ProVeg.
Im Einzelnen fiel das Ranking so aus: Lidl führt die Liste laut Pressemitteilung an, insbesondere durch sein formuliertes Ziel, den Anteil pflanzlicher Proteine bis 2050 auf 60 Prozent zu erhöhen. Der Discounter veröffentlicht Informationen zu den Wareneingangsmengen und strebt laut Studie außerdem einen Anteil tierischer Proteinquellen von 40 Prozent an. Aldi Süd liegt im Ranking hinter Lidl, weil ein klares Absatz- oder Sortimentsziel für pflanzliche Proteine fehle. Beide Discounter rangieren vor Rewe, Kaufland und Edeka.
Aldi Nord belegt den letzten Platz, vornehmlich weil das Unternehmen keine Informationen zu Treibhausgas-Emissionen veröffentliche, die direkt mit Lebensmitteln zusammenhängen, und bisher keine Maßnahmen zu deren Reduktion ergriffen habe.
Die zentrale Rolle des Einzelhandels
Die Studie zeigt laut Questionmark, dass noch immer über 90 Prozent der beworbenen Proteine in Prospekten tierische Produkte sind. Zudem seien fast 70 Prozent der verzehrfertigen Fleischprodukte in den Supermärkten mit über 150 Gramm extragroß, was die Empfehlungen der Planetary Health Diet deutlich übersteige. Diese globale Richtlinie empfiehlt eine Reduktion des Fleischkonsums auf rund 100 Gramm pro Woche, um sowohl die Gesundheit der Menschen als auch die Umwelt zu schützen.
Doch Questionmark sieht auch positive Entwicklungen: Edeka, Kaufland und Lidl haben sich verpflichtet, pflanzliche Alternativen zum gleichen Preis wie Tierprodukte anzubieten. Lidl erleichtere den Kunden die Entscheidung für Fleischalternativen, indem diese zwischen Fleischprodukten platziert werden. „Strategisch hat sich Lidl das öffentliche Ziel gesetzt, den Anteil des Verkaufs von pflanzlichen Proteinen gegenüber tierischen zu erhöhen“, heißt es in der Studie.
„Die Einzelhändler, die Nachhaltigkeitsziele verkündet haben, sind einen wichtigen ersten Schritt gegangen, dem nun Taten folgen müssen“, erklärt Charlotte Linnebank, Direktorin bei Questionmark. „Wir sind guter Hoffnung, dass diese erste deutsche Superlist den gesamten Lebensmitteleinzelhandel zu verantwortungsvolleren Geschäftspraktiken inspiriert.“
Eine Folgestudie zur „Superlist Umwelt“ soll untersuchen, ob die Supermärkte ihre Engagements im Bereich Umweltschutz tatsächlich verstärkt haben. (juk)
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