Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Betriebsvergleich 2022

Massive Marktveränderung: Händler sollten Geschäftsmodell grundlegend hinterfragen

Die Umsätze sinken, gleichzeitig steigen die Kosten – Konsequenz: Bei den Teilnehmern des Betriebsvergleichs werden die Betriebsergebnisse vom Vorjahr halbiert.

Die Veränderungen im Markt für Bio-Lebensmittel sind einschneidend und machen sich im Betriebsvergleich 2022 stark bemerkbar: Die Umsatzentwicklung 2022 ist geprägt von einem deutlichen Rückgang, steigenden Kosten und einem signifikanten Rückgang der Betriebsergebnisse. Die Ursachen für den Umsatzrückgang bei den Teilnehmer des Betriebsvergleichs sind jeweils hälftig we­niger Kaufvorgänge (minus 6 Prozent) und gleichzeitig ein Euro geringere Durchschnittsbons.

An­gesichts anhaltend hoher Inflationsraten ist diese Entwicklung besonders fatal, bedeutet sie doch, dass der Naturkostfach­handel seine Umsätze auf dem Niveau von 2019 mit insgesamt deutlich weniger Ware macht. Zudem werden auch im Biohandel verstärkt Handelsmarken im Preis­einstiegsbereich gekauft; der Absatz der Hersteller­marken im Premiumbereich ist rückläufig. Ein solches „Downtrading“ ist im gesam­ten Lebensmittelhandel zu beobachten.

Anteile der Warengrup­pen kaum verändert

Die Anteile der Dach-Wa­rengruppen haben sich im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert: Der Um­satzanteil der Frischepro­dukte liegt bei 58 Prozent (wobei die Grüne Frische um einen Prozentpunkt zurückgegangen ist). Die Trockenprodukte (ein­schließlich Getränke) nehmen gut 35 Prozent ein, und der Naturwarenanteil beträgt knapp 7 Prozent des Nettoumsatzes.

Nachdem die durch­schnittlich realisierte Netto-Handelsspanne der Teilnehmer am Betriebs­vergleich 2021 bei 34,7 Pro­zent gelegen hatte, steigt sie 2022 um ein halbes Prozent. Dass dies gelungen ist trotz des veränderten Einkaufs­verhaltens der Kundschaft und eines zunehmend ag­gressiven Wettbewerbs der Lebensmittelsupermarkt­ketten und Discounter, ist eine respektable händleri­sche Leistung.

Personalkostenanteil steigt wieder

Die am Vergleich teilneh­menden Bioläden und Bio­märkte agieren am Markt als inhabergeführte Fachge­schäfte – mit der Folge, dass die Ausgaben für Personal den mit Abstand größten Kostenblock darstellen: Nach kontinuierlichen Steigerungen in den vergan­genen Jahren waren diese Kosten in den letzten drei Jahren gesunken auf etwa 17 Prozent.

Infolge gestiegener Löhne bei gleichzeitigem Umsatzrückgang liegt der Personalkostenanteil 2022 bei 19,5 Prozent. Sollten die aktuellen Entwicklungen sich für das Gesamtjahr 2023 bestätigen (Stagnieren der Umsätze und leichte Steigerung der Löhne), ist bei den durchschnitt­lichen Personalkosten ein Überschreiten der Zwanzig-Prozent-Marke zu befürchten.

Weitere Kosten steigen leicht

Die Raumkosten (deren An­teil in 2020 auf unter vier Prozent gesunken war), lie­gen 2022 wieder über fünf Prozent. Hauptverursacher sind deutlich gestiegene Verbrauchs- und Energie­kosten – die weitere Ent­wicklung im laufenden Jahr ist offen. Der Umsatzanteil der Ausgaben für Marketing und Werbung im Bio-Ein­zelhandel lag früher bei ei­nem Prozent (und leicht da­rüber). Im Coronajahr 2020 blieben die Ausgaben für Werbung im Vergleich zum Vorjahr stabil; ihr Anteil sank damit auf 0,8 Prozent. Auch in 2022 wird wieder ebensoviel Geld ausgegeben für Werbung; der Anteil be­trägt 0,9 Prozent.

Die Absolutbeträge der übrigen Kosten liegen 2022 auf der Ebene des Vorjahres. Damit erhöht sich die an­teilige Gesamtkostenbelas­tung von 27,9 Prozent 2021 um fast drei Punkte auf 31,7 Prozent in 2022.

Betriebsergebnis des Vorjahres halbiert

Die Teilnehmer am ContRa­te-B-Betriebsvergleich hatten 2020 hervorragende Betriebsergebnisse erzielt; sie hatten ihr Vorjahres­ergebnis um mehr als die Hälfte erhöht und damit umsatzanteilig 8,5 Prozent erreicht. In 2021 waren die Ergebnisse wieder auf das Niveau von 2019 zurückge­gangen, die Unternehmen realisierten einen durch­schnittlichen Gewinn von 6,9 Prozent. Mit einem Ge­winn von 3,5 Prozent wurde 2022 dieses Vorjahresergeb­nis halbiert.

Damit steht den Unter­nehmern nur noch die Hälf­te zur Verfügung für den eigenen Lebensunterhalt („Unternehmerlohn“), für Steuern und Tilgung sowie für betriebliche Rücklagen/Verbesserung der Eigenka­pitalausstattung. Dabei er­zielen die umsatzstärksten Betriebe nicht nur absolut das beste Betriebsergebnis, sondern auch relativ (mit sechs Prozent).

Und wie geht es nun weiter?

Angesichts der deutlich ge­wordenen massiven Verän­derungen im Markt für Bio-Lebensmittel verbietet sich unseres Erachtens für den Bio-Fachhandel ein schlich­tes „Weiter so“! Jeder Inha­ber und jede Inhaberin ist gefordert, das Geschäftsmo­dell des eigenen Bio-Ladens oder -Marktes grundlegend zu hinterfragen, seine Identität zu modifizieren und breiter auszurichten auf Aufgaben, die über das Versorgen mit Biolebensmitteln bester Qualität hinausreichen. Je persönlicher und individu­eller diese Transformation ist, desto erfolgreicher wird sie sein können – diese Mentalität der Akteure war es ja auch, die Entste­hen und Entwicklung der Bio-Branche erst möglich gemacht hat.

Branchenreport Naturkosthandel 2023

Wir haben die Ergebnisse unseres Betriebsvergleichs für das Jahr 2022 anonymisiert auf­bereitet. Dabei treffen wir fun­dierte Aussagen über die wirt­schaftlichen Ergebnisse, über Trends und Auffälligkeiten, über Rentabilität und Sortimentsent­wicklung.

Die Ergebnisse haben wir als unabhängige Marktinfor­mation zusammengefasst und stellen diese im Branchenreport Naturkosthandel 2023 zur Ver­fügung. Damit bieten wir Herstellern, Großhändlern und allen weiteren Marktbeteiligten wertvolle Einblicke und Informa­tionen für wirtschaftliche und strategische Entscheidungen, übersichtlich aufbereitet und präsentiert. Der Branchenreport mit Auswer­tungsergebnissen, Tabellen und Grafiken, Analysen und Erläute­rungen kann für 490 Euro (zzgl. MwSt.) bei der Kommunikations­beratung Klaus Braun erworben werden.

Kommentare

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Klaus Braun

Klaus Braun, Kommunikationsberatung zu der Frage nach der (Stunden)basis für die Leistungskennziffer 'Umsatz pro Mitarbeiter': Der Wert bezieht sich auf die Leistungsstunden - wir erfassen die im Betriebsablauf angefallenen Arbeitsstunden als Basis und rechnen dann einen Vollzeitmitarbeiter mit 40 (Arbeits)stunden.
Urlaub, Krankheit etc. bleiben dabei ohne Berücksichtigung.

muehlexanten

Umsatz pro Mitarbeiter? Was sagt mir das? Es geht doch um Leistungsstunden (=Anwesenheit)? Oder um Abrechnungsstunden (=Anwesenheit+Ausfall/AU/Urlaub)? Diese Parameter finde ich extrem wichtig, um die Effizienz eines Betriebes messen zu können. Es könnte natürlich sein, dass hier EIN Mitarbeiter=167 Std. ist, und alles Teilzeiter dann umgerechnet werden ... weiß ich aber nicht, sehe ich nicht. Kann ich das erfahren?

ellen-schueler

Der konventionelle LEH stellt die Umsatzzahlen inflationsbereinigt dar; bei dem Verfahren wären die Ergebnisse im Biofachhandel noch gruseliger und die von "Biohandel" euphorisch bejubelte "Trendwende" wäre gar nicht zu erkennen.

Thomas Wolff

Lieber Klaus, danke für die Auflistung der Zahlen und Vergleiche, wobei sie vielen Akteuren vorliegen und wir wissen wo wir stehen.
Deine Schlussworte sind für uns alle das entscheidende und stimmen mich optimistisch - wenn gleich wir einen längeren Atem benötigen. Also einmal mehr, allerdings mit den neuen Werkzeugen (Stichwort Online/Digital), back to the roots. Beste Grüße aus der Wetterau!

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