Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Bonzahlen

Kleine Läden trifft die Krise weniger hart

Die Anzahl der Kunden und der Artikel in den Einkaufswägen sank im 2. Halbjahr 2022 auf ein historisches Tief. Einen Lichtblick gibt es bei den kleinen Naturkostläden und den Fachgeschäften.

Es sind deutliche Worte: „Das Jahr 2022 wird wohl in die Bücher eingehen als das Jahr mit dem stärksten Umsatzrückgang in der Bio-Branche“, sagt Fabian Ganz von bioVista. Das liegt auch an den Bonzahlen im zweiten Halbjahr 2022, die der Marktforscher für den BioHandel ausgewertet hat, und die im Durchschnitt bei minus fünf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum lagen. Außerdem kamen im Schnitt 17 Kunden am Tag weniger in die Läden – das macht ein Minus von ebenfalls fünf Prozent – und die hatten acht Prozent weniger Artikel in ihren Einkaufswägen.

„Dass alle Zahlen gleichzeitig nach unten gehen, ist eher selten“, erklärt Ganz und mahnt: „Die Kundschaft, die der Fachhandel über Jahre mühsam gewonnen hat, schwindet wieder“. Schon zu Corona-Zeiten sei die Kundenfrequenz gesunken, jetzt ist sie noch geringer. „Das ist fatal“, so Ganz.

Einen Lichtblick gibt es bei den kleinen Naturkostläden bis 99 Quadratmeter und den Fachgeschäften zwischen 100 und 199 Quadratmetern. Sie verloren insgesamt weniger Kunden und auch der Rückgang an Artikeln pro Einkauf war nicht ganz so stark wie bei den größeren Biofachmärkten und Bio-Supermärkten. Das kann auch daran liegen, dass kleinere Läden mehr Stammkundschaft haben, die aus großer Überzeugung bei ihnen einkauft – und oft auch um die Ecke wohnt.

Während der Corona-Phase haben diese Läden wegen ihrer eingeschränkten Sortimente vom Trend zum One-Stop-Shopping am wenigsten profitiert. Jetzt aber sind sie vom neuerlich geänderten Kaufverhalten weniger stark betroffen. Denn wegen der Inflation kaufen viele ihren Wochenbedarf nicht mehr im Fachhandel, sondern im LEH, wo sie auch Bioprodukte bekommen – nur gefühlt günstiger.

Dabei sind die Bonwerte im Vergleich zu vor Corona noch immer recht hoch: „Durchschnittliche Bons über 20 Euro waren vor der Pandemie nur zu Weihnachten möglich“, so Fabian Ganz.

Allerdings müsse man hier schon die Inflation im vergangenen Jahr mit einrechnen. Die Gründe für den Rückgang der Bonwerte sind allen gegenwärtig: Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation, Rohstoff- und Personalmangel – und dazu das Gefühl vieler Menschen, dass Bio teuer ist. „Da kommen alle negativen Einflüsse zusammen“, sagt auch Fabian Ganz.

Er glaubt allerdings nicht, dass die Kunden, die in den vergangenen Jahren in den Bioläden eingekauft haben, plötzlich kein Geld mehr haben. „Die Leute leisten sich durchaus noch was, das ist sehr ambivalent“, beobachtet der Marktforscher. Zum einen könne man gerade beim Lebensmitteleinkauf auf die Schnelle sparen. Hier lässt sich denn auch überall ein Trade-down-Effekt beobachten: Günstigere Eigenmarken statt Herstellermarken, Bio aus dem LEH oder Discounter statt aus dem Bioladen.

Auf der anderen Seite geht aber gerade das Klientel, das im Bioladen einkauft, wieder verstärkt auf Reisen oder zum Essen ins Restaurant. „Im Alltag sparen und sich dann doch was leisten“, fasst Fabian Ganz das derzeitige Konsumverhalten gerade der wohlhabenderen Kundschaft zusammen.

Der bioVista-Experte hat allerdings auch Hoffnung, dass sich die Situation in den kommenden Monaten wieder ändern könnte: „Kräftige Gehaltserhöhungen, wie sie sich in einigen Branchen derzeit abzeichnen, und geringere Energiekosten könnten die Wende zurück zum Fachhandel bringen.“

Doch nichts ist seiner Meinung nach schwieriger, als einmal verlorene Kunden wieder zurück zu gewinnen. Deshalb lohne es sich, beispielsweise über Bonusprogramme nachzudenken. Die könnten durchaus helfen, die fehlenden Werbe- und Kommunikationsmöglichkeiten des Fachhandels zu kompensieren – und passen zur derzeitigen allgemeinen Sparsamkeit.

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