Der Umsatz mit fair gehandelten Produkten in Deutschland ist 2023 in Vergleich zum Vorjahr um 7,3 Prozent auf 2,34 Milliarden Euro gestiegen. Das geht aus einer Pressemitteilung des Forum Fairer Handel (FFH) hervor. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Inflation von 6,3 Prozent im vergangenen Jahr entspricht dies einem leichten Umsatzplus.
Mit einem Rückgang in Höhe von 2,2 Prozent schloss verglichen dazu das FFH-Mitglied Gepa das Geschäftsjahr 2023 ab. Auch beim Absatz zog Gepa eine negative Bilanz. Ein Umsatzplus von 8,5 Prozent im vergangenen Jahr vermeldete hingegen Fairtrade Deutschland Anfang Mai – trotz rückläufigem Absatz.
Die Absätze wichtiger Produkte der FFH-Mitglieder sind leicht gesunken – dieser Rückgang betrifft dem FFH zufolge beispielsweise Kaffee. Pro Kopf gaben die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland durchschnittlich 27,61 Euro für faire Lebensmittel, Textilien und Handwerksprodukte aus. 38,6 Prozent des Gesamtumsatzes im Fairen Handel in Deutschland wurden 2023 mit Kaffee erwirtschaftet – drei Prozent weniger im Vorjahresvergleich. Hingegen ist der Absatz von Schokolade aus Fairem Handel 2023 um 9,5 Prozent gewachsen.
Beide Produkte stehen dem Forum Fairer Handel zufolge exemplarisch dafür, dass dringend in einen nachhaltigen Anbau investiert werden müsse. Denn die Kaffee- und Kakaobäuerinnen und -bauern im Globalen Süden sind ganz besonders von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen.
Kakaomarkt im Ausnahmezustand
Die Klimakrise führe immer häufiger zur Verknappung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Preissteigerungen. „Aktuell befindet sich der globale Kakaomarkt in Folge schlechter Ernten in den wichtigsten Anbauländern – Côte d’Ivoire und Ghana – im Ausnahmezustand“, konstatiert Andrea Fütterer, Vorstandsvorsitzende des FFH. Durch Monokulturen, Pilzkrankheiten, zu viel oder zu wenig Regen habe sich das Angebot auf dem Weltmarkt verringert und gleichzeitig sind die Preise an der Kakaobörse explodiert, wie BioHandel im März berichtete.
„Doch die Kakaobäuerinnen und -bauern profitieren davon in herkömmlichen Handelsstrukturen nicht oder zu wenig, während die Verbraucherinnen und Verbraucher höhere Preise zahlen müssen“, ergänzt Fütterer. „Solange Konzerne sich durch ihre Verhandlungsmacht in den Lieferketten ihre Margen weiter sichern können, zahlen am Ende sowohl Produzentinnen und Produzenten als auch Verbraucherinnen und Verbraucher die Zeche für eine Landwirtschaft, die nicht zukunftsfähig ist“, stellt Matthias Fiedler fest.
Mitglieder des Forum Fairer Handel hingegen „unterstützen ihre Partnerorganisationen im Globalen Süden intensiv bei der Anpassung ihrer Anbaumethoden, etwa durch die Förderung des ökologischen Landbaus, Agroforstwirtschaft, Klimaschutz- und Aufforstungsprojekte“, erklärt Fütterer. „Sie halten diesen Kurs auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, weil ihnen die Zukunft ihrer Handelspartner wichtig ist.“
Forderung für Klimagerechtigkeit gegenüber dem Globalen Süden
Das Beispiel des Kakaoanbaus zeigt auch, wie strukturelle Armut der Landwirtinnen und Landwirte die Auswirkungen der Klimakrise beschleunigt. „Aufgrund jahrzehntelanger Dumpingpreise für Kakao konnten sie die notwendigen Investitionen in einen klimaresilienten Anbau auf ihren Plantagen nicht tätigen“, kritisiert Andrea Fütterer. Die daraus resultierenden Ernteausfälle gefährden wiederum ihre Existenz.
Für das Überleben vieler Kleinbäuerinnen und -bauern im Globalen Süden kommt es neben der Zahlung existenzsichernder Preise darauf an, konsequent Klimagerechtigkeit herzustellen. Mehr denn je brauchen sie bei klimabedingten Schäden schnelle und bedarfsgerechte Hilfe. Der auf der Weltklimakonferenz 2023 beschlossene Fonds für Schäden und Verluste ist eine wichtige Maßnahme auf dem Weg zu mehr Klimagerechtigkeit; jedoch reichen die derzeit bereitgestellten Mittel nicht aus.
Das Forum Fairer Handel appelliert an die Bundesregierung, mit einem guten Beispiel voranzugehen: „Sie muss ihre Zusage, jährlich sechs Milliarden Euro für die Klimafinanzierung bereit zu stellen, auch in Zukunft zuverlässig einhalten und weiter ausbauen“, erklärt Fütterer. Zudem solle sie darauf hinwirken, dass die Länder im Globalen Norden zusätzliche Mittel für die Beseitigung von Schäden bereitstellen.
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz darf nicht ausgehöhlt werden
Matthias Fiedler zufolge müsse die Bundesregierung „einen konsequenten Kurs für mehr globale Gerechtigkeit einschlagen. Einige ihrer derzeit geplanten Maßnahmen gehen hier in die falsche Richtung.“
Beispielsweise plant die Ampel, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz abzuschwächen. „Es kann nicht sein, dass die Einhaltung von Menschenrechten und der Schutz der Umwelt einer sogenannten ‚Wachstumsinitiative‘ zum Opfer fällt“, sagt Andrea Fütterer und fordert die Bundesregierung auf, das EU-Lieferkettengesetz schnell und ambitioniert umzusetzen.
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