Eigentlich spielt die Generation Z („Gen Z“) beim Lebensmitteleinkauf noch keine große Rolle. Zu ihr zählen Jugendliche und junge Erwachsene, die zwischen 1996 und 2010 geboren wurden. Nur ein Teil von ihnen führt schon einen eigenen Haushalt. Und das Budget, das ihnen zur Verfügung steht, ist vergleichsweise niedrig. Trotzdem sind sie für Marktforscher interessant: 2030 werde die Generation Z für mehr als 20 Prozent der Produkte des täglichen Bedarfs stehen, schätzt Robert Kecskes in einer 2023 veröffentlichten Studie zu nachhaltigem Konsum.
Die jungen Erwachsenen von heute sind also die Entscheider von morgen. Der Göttinger Jugendreport von 2021 bringt es noch etwas anders auf den Punkt: Für Unternehmen sei die Gruppe der 15-29jährigen eine extrem relevante Zielgruppe, weil sie Trends prägen und ihr Konsumverhalten, das sich in diesem Lebensabschnitt festigt, lange Jahre erhalten bleibt.
Generation Z: Digital Natives mit Nachhaltigkeitsbewusstsein
Die Gen Z, auch Zoomer genannt, ist die erste Generation, die von Beginn an mit Internet und sozialen Medien aufgewachsen ist. Sie kommuniziert und informiert sich über WhatsApp, Internet, Instagram, kauft in Online-Shops. Viele nutzen Gesundheits-Apps. Die jungen Leute von heute gelten als ungeduldig, fordernd und individualistisch, mit dem Bedürfnis nach Selbstverwirklichung, Selbstinszenierung und Spaß.
Andererseits: Nachhaltigkeitsthemen seien für diese Generation „ein Hygienefaktor“, so beschrieb das Carolyn Hutter, Studiengangsleiterin BWL-Food Management an der Dualen Hochschule Heilbronn, in ihrem Vortrag bei den Ökomarketingtagen. Die jungen Leute seien politisch interessiert, fühlten sich aber von den täglichen Nachrichten erdrückt.
Zoomer ernähren sich bewusster als andere Generationen
Für Lebensmittel und Ernährung interessieren sich 90 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sie lieben gutes Essen und gesunde Ernährung ist ihnen wichtig. Viele achten stärker als andere Generationen auf Bio, weniger Fleisch, High Protein, Superfood und laktosefrei, steht im Göttinger Jugendreport.
Als wichtigste Kaufkriterien für Bio-Lebensmittel haben Nanke Brümmer und Katrin Zander in ihrer Studie von 2020 die Stichworte Tierwohl, Gesundheit, Frische und Umweltschutz herausgearbeitet. Ergänzend dazu die Zahlen des Ernährungsreports des BMEL von 2024: 14 Prozent der 15-29jährigen ernähren sich vegetarisch, 6 Prozent vegan und 37 Prozent ordnen sich bei den Flexitariern ein: Damit ist die Gen Z die Altersgruppe mit dem geringsten Fleischkonsum.
Gen Z greift zu Bio-Handelsmarken
Großes Interesse für Nachhaltigkeit und Ernährung – einige der hier beschriebenen Werte und Einstellungen legen nahe, dass es nicht so schwierig sein kann, die Gen Z für Bio-Lebensmittel zu begeistern. Doch dem stehen auch Hindernisse entgegen. Viele stoßen sich an den hohen Preisen.
Robert Kecskes sah sich die Entwicklung der Mehrzahlungsbereitschaft für Bio zwischen 2018 und 2023 an und relativiert: Nicht nur die junge Generation, sondern die gesamte Bevölkerung zeige sich angesichts der Inflation und sinkender Reallöhne preissensibler. Die Gen Z habe aber, im Gegensatz zu den meisten anderen Altersgruppen, kontinuierlich ihren Konsum an Bio-Lebensmitteln ausgeweitet und durch den Kauf von billigeren Bio-Handelsmarken kompensiert. Der Ausgabenanteil für Fleisch ist bei den Jungen am geringsten, aber wenn Fleisch, dann ist es immer öfter mal Bio.
Gen Z befürchtet hinter Bio einen Marketing-Trick
Preissensibilität ist die eine, mangelndes Vertrauen eine weitere Hürde, die Zoomer davon abhält, Bio-Lebensmittel zu kaufen. „Eigentlich absurd“, kommentierte das Carolyn Hutter bei den Ökomarketingtagen. Schließlich gebe es nur wenige Lebensmittel, die so stark kontrolliert werden wie Bio.
Doch in der Brümmer/Zander-Studie waren
weniger als die Hälfte der Befragten der Meinung, dass die Richtlinien für Bio-Lebensmittel ausreichend sind,
knapp 50 Prozent hielten Bio für einen Marketingtrick und
über 60 Prozent glaubten, so viele Produkte, die mit Bio-Siegel ausgezeichnet sind, könne es ja gar nicht geben.
Nachhaltigkeit ist ihr wichtig, aber oft fällt es auch der jungen Generation schwer, einzuschätzen, wie sich ihr Ernährungsverhalten auf den Klima-Fußabdruck auswirkt. In einer Befragung für den Göttinger Jugendreport überschätzten viele etwa den Einfluss des Transports und unterschätzten die Klimakosten von Gewächshäusern. Viele Befragte der Nachhaltigkeitsstudie von Kecskes glaubten, Transport und Verpackung verursachten die meisten schädlichen Emissionen. Tatsächlich aber sind es die vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette von Lebensmitteln.
Gen Z verlangt nach authentischer Kommunikation
Wer die junge Generation auf die Gleise in Richtung Bio setzen möchte, kann aus dem Vortrag von Carolyn Hutter einige Empfehlungen mitnehmen. Sie ist davon überzeugt, dass sich das Problem des mangelnden Vertrauens in Bio durch Kommunikation auflösen lässt, „aber in den Kanälen, in denen die Gen Z zuhause ist, vor allem in den sozialen Medien.“
Bio-Unternehmen sollten mehr hinter die Kulissen blicken lassen und zeigen, welche Umweltleistungen sie erbringen. Die von schlechten Nachrichten übersättigten Zoomer ließen sich besser durch Bio-Produkte ansprechen, deren Werte „positiv aufgeladen“ sind. Ihr Tipp: herauszufinden, „was die Dubai-Schokolade der Bio-Branche ist. – Wenn Sie das schaffen, können Sie die junge Generation erreichen.“ Der einmal ausgelöste Hype könne helfen, Aufmerksamkeit zu bekommen. Damit diese nicht verloren geht, sei es dann aber nötig, permanent in den sozialen Medien weiter zu kommunizieren: „Nur wer sichtbar ist, findet auch statt.“
Wenn es nach den Schlussfolgerungen von Robert Kecskes in der Studie zu nachhaltigem Konsum geht, haben Bio-Unternehmen gute Gründe, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Er vermutet, dass die Gen Z, sobald die finanziellen Einschränkungen wegfallen, gemeinsam mit der Vorgängergeneration, den Millennials, den Biomarkt weiter vorantreiben wird.
Kommentare
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Die Skepsis der jungen Menschen ist nicht unbegründet. Die EU-Bio-Standards sind in der Tat weniger streng und sozial wie ökologisch unverbindlicher als die Standards des Demeter-Verbandes und der ihm nachstehenden Bio-Verbände. Bio ist zu einem Massenmarkt geworden (trotz der beliebten Nischen-Formulierungen einiger Akteure und des relativ geringen Marktanteils des Bio-Fachhandels) und die Qualitäts-, die sozialen und (tier-)ethischen Kriterien sind in der Praxis nicht das geblieben, was einst versprochen wurde. Das beginnt bei der Konventionalisierung unternehmerischen Denkens, das heute zu einseitig markt- und effizienzfixiert ist, und endet bei den dadurch teilweise „lascher“ werdenden Standards.
Langjährige Studien, wie die FiBL-Feldstudien, belegen, dass Demeter nicht nur deutlich höhere Umweltstandards setzt und konsequenter umgesetzt wird, sondern dass sich das auch auf die Bodenqualität und die Qualität der Produkte überträgt. So etwas freut die Gen-Z und das lässt sich auch gut und selbstbewusst kommunizieren. Auch die dort gelebten Gemeinschaftsansätze werden von immer mehr jungen Menschen positiv wahrgenommen.
Es wird andererseits viel zu wenig transparent kommuniziert, es gibt Bio-Betriebe, die man gut und gerne als Massentierhaltungsbetriebe im EU-Bio-Sektor bezeichnen kann, in denen Tiere in der Praxis in den Ställen stehen, obwohl kommuniziert wird, dass Tiere artgerecht gehalten würden. Keine Stallhaltung ist wirklich artgerecht und das spüren/wissen viele der jungen Menschen.
Es fehlt im Artikel eine kritische Reflexion über die Verantwortung der Unternehmen und die Notwendigkeit klarer, authentischer (ehrlicher!) und transparenter Kommunikation sowie unabhängiger Kontrollinstanzen. Es gibt zu viele Marketingversprechen, die unseriös wirken und es zum Teil ja faktisch auch sind, wenn man streng wissenschaftliche Kriterien und systemische Gesichtspunkte ansetzt (z.B. der Begriff der vermeintlichen Klimapositivität, der Klimaneutralität etc.). Viele Unternehmen werben mit Klimaneutralität, indem sie CO₂-Kompensationszertifikate kaufen. Allerdings gibt es erhebliche Qualitätsunterschiede bei solchen Zertifikaten und der mittlerweile riesige Markt hat sich im Zuge der Kommerzialisierung des „Klimaschutzes“ zu einer lukrativen Einnahmequelle entwickelt. Seriöse Projekte, die tatsächlich eine messbare und nachhaltige Reduktion oder Bindung von CO₂ bewirken, sind rar. Stattdessen greifen einige Firmen auf günstige Zertifikate zurück, die von fragwürdigen Anbietern stammen und deren tatsächlicher Beitrag zum Klimaschutz kaum überprüfbar ist, zumal es aus wissenschaftlicher Sicht ja nicht allein um eine CO₂-Reduktion geht, sondern auch um das Verhindern von Abholzung, weiteren Flächenversiegelungen usw. Das wissen die Studierenden der Gen-Z, da sie es in ihren Studiengängen lernen. Unternehmen sollten offenlegen, wie ihre Klimaneutralität konkret erreicht wird: Welche Emissionen werden vermieden, welche reduziert und welche kompensiert, welche Projekte konkret gefördert? Was können wir dadurch nachweisen und was nicht? Denn auch das Eingestehen einer gewissen „Ohnmacht“ ist authentischer als das Brüsten mit vermeintlichen Erfolgen, die bei genauem Hinsehen in ein Nichts aus Zertifikaten und Scheinprojekten zerfallen. Solche Praktiken untergraben das Vertrauen in den wissenschaftlich ohnehin schwammigen Begriff der „Klimaneutralität" und verdeutlichen, wie wichtig Transparenz und unabhängige Kontrollen sind.
Die Gen-Z fordert glaubwürdige Kommunikation – diese sollte durch detaillierte, unabhängige und leicht zugängliche Informationen unterstützt werden. Transparenz findet auch entlang der Wertschöpfungskette selten einmal statt, was zusätzlich zur Preisfrage der Produkte unauthentisch wirkt. Bauern und Produzenten erhalten häufig nur einen geringen Anteil des Verkaufspreises und werden gerade von den großen Playern am Markt mit „Knebelverträgen“ ausgestattet. Alteingesessene Firmen der Biobranche fahren teilweise undurchsichtige und unehrliche Lieferstrategien, beliefern beispielsweise den konventionellen Markt (was an sich nicht das Problem ist), der dann die Bio-Produkte ad hoc für eine breitere Bevölkerungsschicht zugänglicher macht, sodass sofort eine deutlich erhöhte Nachfrage entsteht, sind aber für ihre langjährigen Bio-Großhandelspartner „unerwartet“ auf einmal nicht mehr lieferfähig und begründen das mit Scheinargumenten wie Klimawandel, schlechten Ernten usw. Solche Missstände werden in der Gen-Z schnell bekannt, denn die Gen-Z ist medienkompetent und durchschaut oberflächliches und faktenfernes Marketing. Die Kunst des Recherchierens machts möglich. Unternehmen sollten nicht nur Hypes erzeugen, sondern langfristige Beziehungen durch konsistente und ehrliche Kommunikation sowie echte Transparenz aufbauen. Ein Fokus auf Storytelling, das emotionale und rationale Argumente verbindet und auch auf Negativerfahrungen, Probleme und eigene Fehler eingeht und nicht nur zeigt, wie toll das Unternehmen doch ist, könnte die zum Teil verloren gegangene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.
Die Schlussfolgerung des Artikels, dass die Gen-Z in Zukunft eine treibende Kraft für den Biomarkt sein wird, wirkt optimistisch, aber auch einseitig. Es fehlen differenzierte Szenarien, die auch den Einfluss externer Faktoren wie wirtschaftliche Krisen, politische Entscheidungen oder technologische Entwicklungen berücksichtigen.