Frühlingsgefühle im Mai und Juni sind völlig normal. Für positive Stimmung sorgten die beiden Monate aber auch noch in anderer Hinsicht: Erstmals seit rund zwei Jahren zeigte die Umsatzkurve der am BioHandel Umsatzbarometer teilnehmenden Naturkosteinzelhändlerinnen und -händler im Mai und Juni wieder nach oben.
Zwar reichte das im ersten Halbjahr 2023 unter dem Strich noch nicht für ein Plus, der durchschnittliche Umsatzrückgang betrug im Vergleich zum Vorjahr aber lediglich noch 3,8 Prozent. Im ersten Halbjahr 2022 kämpften die Händler noch mit einem Minus von fast 15 Prozent.
Bei einem genaueren Blick auf die Zahlen zeigt sich jedoch auch, dass nicht alle Läden gleichermaßen von dem positiven Trend erfasst worden sind. So hinken die Läden im Norden (Nielsen 1) der jüngsten Branchenentwicklung deutlich hinterher.
Sie verbuchten im ersten Halbjahr 2023 einen Umsatzrückgang von fast zehn Prozent. Und sie sind die einzige Region, wo die Einzelhändler im Mai und Juni 2023 rückläufige Umsätze verbuchten. Das Minus betrug dort mehr als vier Prozent. Während und nach der Corona-Phase konnten die Läden im Norden ihre Umsätze noch überdurchschnittlich steigern.
Baden-Württemberg (Nielsen 3b) und der Osten mit Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt sowie Sachsen und Thüringen konnten hingegen an ihre Entwicklung in den Jahren 2021 und 2022 anknüpfen. Seinerzeit mussten die Einzelhändlerinnen und -händler aus den beiden Regionen im Schnitt weniger Einbußen wegstecken.
Diese Entwicklung konnten sie 2023 fortsetzen: Im ersten Halbjahr wiesen die Läden und Märkte dort ein minimales Plus von 0,2 Prozent aus. Im Mai und Juni vermeldeten sie monatliche Umsatzzuwächse zwischen sechs und zehn Prozent.
Zur Auswertung
Die Ergebnisse des Umsatzbarometer BioHandel stellen flächenbereinigte Entwicklungen im Einzelhandel auf Tagesumsatzbasis dar: Es werden nur solche Betriebe berücksichtigt, die sich bei der Umsatzmeldung im Vorjahreszeitraum in derselben Konstellation von Standort und Verkaufsfläche befunden haben. So können Aussagen über durchschnittliche betriebliche Wachstumsraten gemacht werden.
Der Westen verliert, Bayern legt zu
Der Westen (Nielsen 2) hatte mit einem Drei-Jahres-Wachstum von nahe 40 Prozent die beste Ausgangslage nach dem Coronajahr. Die dortigen Läden hatten sowohl 2021 wie 2022 geringere Rückgänge als im Branchenmittel: Im ersten Halbjahr 2023 lagen die Rückgänge der dort am Umsatzbarometer BioHandel teilnehmenden Händler bei mehr als vier Prozent.
Mit einer Umsatzentwicklung von minus 3,8 Prozent liegen die Betriebe in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland exakt im Branchendurchschnitt. Im Coronajahr 2020 wurden dort mit plus 19 Prozent noch die mit Abstand stärksten Umsatzzuwächse erzielt. Dem folgten allerdings zwei Jahre mit den vergleichsweise stärksten Rückgängen aller Regionen.
Zulegen konnten die Bioläden und -märkte in Bayern (Nielsen 4). Dort hatten sich die Umsätze seit dem Corona-Jahr schlechter entwickelt als im Branchendurchschnitt. In den ersten sechs Monaten 2023 hat sich das jedoch geändert: Seit März entwickeln sich die Umsätze Monat für Monat besser als im Schnitt. Aufs erste Halbjahr gerechnet steht in Bayern so ein Minus von 3,3 Prozent in den Büchern.
Große Aufgaben nach der Achterbahnfahrt
Die vergangenen Jahre waren gekennzeichnet durch Umsatzentwicklungen im Naturkostfachhandel, die einer Achterbahnfahrt gleichen. Insgesamt wurde im Zeitraum von 2018 bis 2021 bundesweit ein kumulierter Umsatzzuwachs von mehr als 30 Prozent erzielt. Nimmt man die Entwicklung aus 2022 hinzu, hat das dazu geführt, dass sich ein Großteil der Bioläden und Biomärkte am Vorjahresende auf dem Umsatzniveau von 2019 bewegten und im ersten Halbjahr 2023 weitere leichte Rückgänge zu verkraften sind.
Aus dieser Entwicklung erwachsen massive unternehmerische Aufgaben: Zum einen muss die Umsatzentwicklung umgekehrt werden, wobei die Zuwächse idealerweise aus einer Zunahme der Kaufvorgänge bei gleichzeitig steigenden Bons kommen sollten. Die Entwicklung im Sommer stimmt da leicht optimistisch. Die immer noch hohe Inflationsrate hat zudem dazu geführt, dass der Naturkostfachhandel mittlerweile signifikant weniger Ware verkauft als noch vor einigen Jahren. Wünschenswert ist auch hier eine Umkehr der Entwicklungsrichtung. Und nicht zuletzt stehen die Biohändlerinnen und -händler vor der Aufgabe, unter diesen Umständen die im Vergleich zu 2019 bereits massiv gestiegenen – und aktuell immer weiter steigenden – Kosten zu erwirtschaften.
Eine Beobachtung aus den Vorjahren scheint sich weiter zu bestätigen: Im Naturkostfachhandel zeigen sich zunehmend regionale Unterschiede – allerdings ist deren Richtung nicht eindeutig. So bleibt es spannend zu beobachten, ob sich die Umsatzentwicklung im zweiten Halbjahr 2023 in den unterschiedlichen Nielsen-Gebieten anschließen wird an die in den ersten Monaten. Klaus Braun
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