Ob Mehl, Nudeln, Nüsse oder Trockenfrüchte – Produkte, die sich gut bevorraten lassen, sorgten im ersten Corona-Jahr 2020 für Spitzenumsätze im Naturkostfachhandel. 2021 normalisierte sich das Kaufverhalten wieder, die Umsätze gingen zurück. Bei den am bioVista-Fachhandelspanel teilnehmenden Läden schrumpfte der Umsatz mit Trockenprodukten um 4,5 Prozent und damit fast doppelt so stark wie bei Frische (-2,5 Prozent).
Hersteller, die von den Hamsterkäufen besonders profitierten, hatten es 2021 im Fachhandel umso schwerer, den Rekordumsatz aus dem Vorjahr zu halten. Selbst bei Rapunzel, dem erneuten Spitzenreiter der Top 25 Biolebensmittel- und Naturkosmetikhersteller, stand unterm Strich ein Minus von 2 Prozent. Beim Umsatz pro Laden büßte Rapunzel laut Zahlen von bioVista 6,64 Prozent ein. Das Unternehmen aus Legau im Allgäu zeigt sich dennoch zufrieden: „Mit einem leichten Umsatzrückgang haben wir gerechnet“, teilt Pressesprecherin Eva Kiene mit. Zudem habe der Marktführer im Bereich Trockenprodukte seine Lieferfähigkeit wieder „deutlich verbessern“ können.
Trockenfrüchte bleiben beliebt
Sehr gut liefen bei Rapunzel neben den Grundnahrungsmitteln die Sortimente Schokolade, Antipasti und Keimsaaten, sowie Nüsse und Trockenfrüchte, die im Jahr zuvor bereits beliebt waren. Auch Großhändler Weiling (Platz 4) verkaufte Nüsse und Trockenfrüchte unter seiner Eigenmarke bioladen weiterhin gut, der Umsatz aus 2020 konnte laut bioVista annähernd gehalten werden. „Hier ist kein großer Rollback passiert“, sagt bioVista-Marktanalyst Fabian Ganz. Das gilt laut Angaben von Weiling auch für den Gesamtumsatz.
Ein ähnliches Bild auf Platz zwei, der wieder an Dennree geht. Bei den Trockenprodukten gingen die Umsätze um zehn Prozent zurück, lagen aber immer noch zehn Prozent über dem Niveau von 2019. „Das kann durchaus als Erfolg angesehen werden“, sagt Ganz. In Summe verlor das Unternehmen 8,8 Prozent Umsatz pro Laden, konnte den Gesamtumsatz von 1,4 Milliarden Euro aus dem Jahr 2020 aber halten (1,47 Mrd.). „Besonders beliebt waren unsere Käsetheken, aber auch Molkereiprodukte und pflanzliche Alternativen. Im Trockensortiment wurden Essig, Öl und Gewürze gerne nachgefragt“, teilt das Unternehmen mit. So füllte etwa Öl-Hersteller Bio Planète (Platz 18) besonders viel Oliven- und Leinöl ab. Neben den klassischen Varianten waren dem Unternehmen zufolge auch Würzöle gefragt.
Ähnlich wie Dennree verzeichnete auch Alnatura Rückgänge bei den bevorratungsfähigen Sortimenten. „Im ersten Corona-Jahr haben sich Produkte wie diverse Konserven oder Hefe besonders stark verkauft. Die Nachfrage nach diesen Produkten ist im Jahr 2021 deutlich zurückgegangen“, teilt Alnatura mit. Das Unternehmen behauptet sich wie in den vergangenen Jahren wieder auf Platz drei.
Da die Darmstädter keine Zahlen über ihre Handelsmarke veröffentlichen, ist BioHandel auf Schätzungen angewiesen. Grundlage dafür ist die Hälfte des Gesamtumsatzes und die überschlägige Erschließung des Anteils der Handelsmarken im Sortiment. Mit einkalkuliert wurde zudem der im Verhältnis zu Markenartikeln höhere Umschlag und der niedrigere Preis der Handelsmarke. Danach erzielte Alnatura 2021 einen Umsatz von etwa 42.298 Euro pro Laden.
Weniger Umsatz mit Mehl
Die Spielberger Mühle (Platz 16) profitierte im ersten Corona-Jahr besonders stark von Bevorratungskäufen und dem Trend zum Selberbacken. Von 2019 auf 2020 wuchs das Unternehmen laut Zahlen von bioVista um über 40 Prozent. „2021 hat sich das nicht ganz wiederholt“, so Ganz. „Zu Jahresbeginn lagen die Umsätze bei den Backmehlen noch hoch“, berichtet Charlotte Rauck, Marketing Spielberger Mühle. In der zweiten Jahreshälfte habe sich dieser Trend nach den Öffnungen in der Gastronomie etwas abgeschwächt. Laut bioVista ging der Umsatz von Spielberger pro Laden um 8,7 Prozent zurück. Damit liegt das Unternehmen immer noch 29,1 Prozent über dem Niveau von 2019.
Auch bei Bauck (Platz 19) heißt es: „Die Nachfrage nach Lebensmitteln zur Selbstversorgung wie zum Beispiel Mehl hat sich auf hohem Niveau stabilisiert, sodass wir diese gut abdecken können.“ Laut Fabian Ganz hat Bauck 12,6 Prozent Umsatz pro Laden eingebüßt. „Da spielt sicherlich auch die Wettbewerbssituation zu Spielberger eine Rolle: Wenn ein Fachhändler die Wahl hat, entscheidet er sich vielleicht doch eher für die fachhandelstreue Marke Spielberger“, so der Marktanalyst.
Während die zuvor verstärkte Nachfrage der Endkunden nach Mehl im Laufe des vergangenen Jahres wieder zurückging, hatte Naturata (Platz 24) als Verarbeiter Probleme, an Dinkelmehl in Demeter-Qualität zu kommen. Gleichzeitig musste der Hersteller einer weiterhin hohen Nachfrage an Dinkelteigwaren nachkommen. Gut liefen bei Naturata auch Getreidekaffees, Ahornsirupe und die Herkunftsschokoladen.
Ökoland (Platz 11) verzeichnete etwa eine positive Entwicklung im Tiefkühl-Sortiment, das sich ebenfalls gut bevorraten lässt. „Besonders Kartoffelprodukte liefen gut“, so Fabian Ganz. Der Hersteller selbst geht davon aus, dass sich das auch in diesem Jahr fortsetzen wird.
Vier Überflieger
Voelkel, Sonnentor, Riegel und Isana schafften laut bioVista das Kunststück, ihre ohnehin schon starken Fachhandelsumsätze aus dem Jahr 2020 weiter auszubauen. Feinkosthersteller Isana (Platz 9), der seine Produkte unter der Marke „bio-verde“ vertreibt, konnte seinen Umsatz pro Laden um 0,12 Prozent leicht steigern. Vor allem bei Schafs- und Ziegenkäse hat das Unternehmen laut Ganz „massiv zugelegt“. Dazu passt, dass sich dem Hersteller zufolge Feta besonders gut verkaufte, außerdem „Hummus Tahini“ und frische Tagliatelle.
Tee und Kräuter gefragt
Der Tee- und Gewürzhersteller Sonnentor (Platz 17) steigerte seinen Umsatz pro Laden um fast zwei Prozent. Etwas, das der im Ranking weiter oben angesiedelte Wettbewerber Lebensbaum nicht schaffte. Besonders gut liefen bei Sonnentor die puren Kräuter, was dem Unternehmen zufolge unter anderem mit einem gestiegenen Gesundheitsbewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher zusammenhänge: „Lose Tees werden oft als Helferlein im Alltag gewählt“, schreibt Sonnentor. Lebensbaum (Platz 5) verkaufte laut eigenen Angaben saisonale Frühlingstees besonders gut. Insgesamt sei die Nachfrage nach Lebensbaum-Produkten weiterhin höher als vor der Pandemie.
Bio-Wein weiterhin beliebt
Weinimporteur Riegel (Platz 23) legte beim Umsatz pro Laden um 0,8 Prozent zu. Die Nachfrage nach Bio-Weinen sei ungebremst hoch, teilt das Unternehmen mit. Besonders gut verkauften sich italienische Weine und Schaumweine in außergewöhnlichen Flaschen. Zwischen 2019 und 2021 konnte Riegel den Gesamtumsatz um 32 Prozent steigern. „Seit dem Beginn der Pandemie ging der Trend zu höherwertigen Bioweinen“, teilt der Hersteller mit. Und die durften offenbar auch etwas teurer sein. Insbesondere Weine ab 20 Euro seien überproportional gewachsen.
Neuer Verkaufsschlager bei Voelkel
Mit einem Umsatzplus von 3,9 Prozent pro Laden ist die Naturkostsafterei Voelkel (Platz 7) von allen Herstellern im Ranking am kräftigsten gewachsen – und einer der wenigen, die nicht so stark von den Bevorratungsverkäufen betroffen waren. „Hier ist eine relativ normale Marktentwicklung zu beobachten“, sagt Ganz. Bemerkenswert ist, dass der Gesamtumsatz dennoch um 13 Prozent gestiegen ist – obwohl Umsätze aus dem teilweise auch 2021 geschlossenen Gastronomiegeschäft fehlten. „Wir führen dieses auf ein erhöhtes Gesundheitsbewusstsein zurück, aber auch auf unsere erfolgreichen Marketingaktivitäten und die hohe Innovationskraft unserer Neuprodukte“, teilt Geschäftsführer und Vertriebschef Jurek Voelkel mit. Stark gewachsen sind unter anderem die Milchalternativen. Top-Seller ist der 2020 eingeführte Haferdrink in der Mehrwegflasche, der den Möhrensaft an der Spitze der voelkelschen Verkaufsschlager abgelöst hat.
Vegane Wachstumstreiber
Wie Voelkel legte auch Allos (Platz 6) bei den Milchalternativen zu. „Hier hat vor allem unser Neuprodukt ‚Ohne Muuuh‘ eine Spitzenposition eingenommen“, teilt Allos mit. Beworben wird der Drink auf Reis-, Kokos- und Soja-Basis als „pflanzlicher Drink, der nicht wie ein Ersatz schmeckt“. Zudem freut sich Allos über eine besonders hohe Nachfrage nach Müslis und pflanzlichen Brotaufstrichen. Letztere waren bei Zwergenwiese (Platz 13) ebenfalls stark nachgefragt. Auch wenn bei den herzhaften Brotaufstrichen das Wachstum aus dem Jahr 2020 (+12 Prozent) nicht gehalten werden konnte, lag Zwergenwiese laut bioVista insgesamt noch über dem Niveau von 2019.
Tofu-Hersteller Taifun-Tofu (Platz 22) freut sich über ein Wachstum bei Natur- und Räuchertofu. Durch den Wegfall der Gastronomie seien die Produkte 2021 stark nachgefragt gewesen, teilt das Unternehmen mit. Für 2022 erwartet Taifun, dass der Absatz weiter hoch bleibt.
Während die veganen Alternativen zulegten, gingen die Umsätze mit Joghurts auf Kuhmilchbasis zurück. bioVista-Experte Ganz vermutet einen Zusammenhang mit dem größer werdenden Angebot an pflanzlichen Varianten. Selbst die Molkerei Söbbeke (Platz 14) hat im September mit „Hey Kokos!“ eigene vegane Joghurts auf den Markt gebracht, die laut Ganz „sehr gut“ gestartet sind. Auch die Kuhmilch-Joghurts aus der Söbbeke-Demeter-Range liefen gut. Ebenso die Demeter-Joghurts von Schrozberg (Platz 15). „Wenn Kuhmilch-Joghurt, dann greifen die Kunden wohl eher zum Demeter-Produkt“, vermutet Ganz. Was sich zum Nachteil von Andechser (Platz 10) und Berchtesgadener (Platz 12) auswirke, deren Joghurt-Absatz laut bioVista zurückging. Gut gingen dagegen Käse (Andechser) und Rahmprodukte (Berchtesgadener).
Naturkosmetik verliert
Das Geschäft mit Naturkosmetik verzeichnete laut der Branchenexpertin Mirja Eckert 2021 ein leichtes Plus von 1,8 Prozent auf 1,48 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr habe die Sparte 1,6 Millionen neue Kundinnen und Kunden dazugewonnen, jeder dritte Kunde greife zu Naturkosmetik, sagte sie auf der Bilanz-Konferenz von Biofach und Vivaness.
Dennoch ging bei den beiden in den Top 25 vertretenen Naturkosmetikherstellern Wala (Platz 8) und Weleda (Platz 20) der Umsatz pro Laden zurück. Wala verlor 3,6 Prozent, Weleda 9,6 Prozent. nsgesamt ging in den am bioVista-Fachhandelspanel teilnehmenden Läden der Umsatz mit Kosmetik um 7 Prozent zurück. Naturkosmetik sei inzwischen in jedem Absatzkanal vertreten, der Bio-Fachhandel verliere an Bedeutung, so Eckert. Stattdessen werde der Verkauf über Webshops, den LEH und Discounter immer wichtiger.
Nach einem Umsatzknick im Jahr 2020 kündigte Weleda an, wieder profitabler werden zu wollen und erwirtschaftete 2021 mit einem Umsatz von 424,8 Millionen Euro ein Plus von 6,64 Prozent. Wie es weitergeht in einem Markt, der seit Monaten geprägt ist von Konsumzurückhaltung, erhöhter Preissensibilität und verringerter Kauffrequenz? „Diesen umsatzdämpfenden Faktoren steht eine weiter zunehmende Nachfrage nach hochwertigen und nachhaltigen Produkten entgegen, von der wir mit Weleda Naturkosmetik sicher auch zukünftig profitieren können“, teilt das Unternehmen mit.
Prognose für 2022
2022 wird kein leichtes Jahr, darin sind sich die Top 25-Hersteller einig. Die größten Herausforderungen sind laut Demeter Felderzeugnisse (Platz 25) die steigenden Energiekosten und die knappen Rohwaren. Die größten Herausforderungen sind laut Demeter Felderzeugnisse (Platz 25) die Preissteigerungen bei den Energiekosten und die Knappheit der Rohwaren. „Wir müssen abwarten, wie sich die Kostensteigerung auf den Markt im Biosegment auswirkt und was für Konsequenzen daraus entstehen“, teilt das Unternehmen mit.
Die Gründerin und Geschäftsführerin der Ölmühle Moog (Bio Planète), Judith Faller-Moog, fasst die Situation so zusammen: „Wie wahrscheinlich jeder andere Hersteller kämpfen wir momentan mit einem coronabedingt hohen Krankenstand, explosionsartig steigenden Kosten für Rohwaren, Energie und Verpackungen. Langjährige Lieferketten brechen zusammen. Und der plötzliche Wille der Verbraucher, sich [erneut] mit bestimmten Lebensmitteln zu bevorraten, führt zu extremen Bestellschwankungen, die eine verlässliche Planung nahezu unmöglich machen.” Die Mühle könne zwar planmäßig produzieren, „doch wir rechnen in den kommenden Monaten mit großen Verwerfungen in der gesamten Lebensmittelbranche“, so Moog.
Ökoland kämpft bereits mit dem wachsenden Wettbewerb um Bio-Rohstoffe durch den konventionellen Handel, besonders Bio-Fleisch sei betroffen. „Die Preise für Bio-Schweinefleisch, Bio-Rindfleisch und Bio-Geflügelfleisch sind vor allem ab der 2. Jahreshälfte relevant gestiegen“, teilt Ökoland mit.
Dazu kommen die anziehende Inflation und die sich daraus ergebenden Änderungen im Konsumverhalten. Die Molkerei Berchtesgadener Land (Platz 12), reagiert mit einem umfangreichen Sparprogramm: „Geplante Investitionen werden zurückgestellt, das Marketingbudget gekürzt, die Personaldecke eingefroren, Prozesse und das Produktsortiment stehen auf dem Prüfstand und die Gewinnprognose wird auf null gefahren”, teilt das Unternehmen mit.
Byodo bleibt positiv gestimmt. „Wir sind trotzdem optimistisch, dass wir durch die sehr enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten sowie Partnern im Handel an unsere Erfolge der letzten Jahre anknüpfen können“, teilt eine Sprecherin mit. Ziel müsse sein, „gemeinsam durch diese sehr volatile und schwer planbare Zeit zu kommen“.
Kommentare
Registrieren oder anmelden, um zu kommentieren.