Keine 50 Quadratmeter groß, ein Sortiment von rund 500 Produkten – und ein Umsatz von rund 20.000 Euro pro Monat: Dass die Vorratskammer ein Erfolg wird, davon waren Emanuel Schmock und seine Mit-Gründer überzeugt. Dass sie mit dem Mitgliederladen ab dem ersten Monat schwarze Zahlen schreiben konnten, hat allerdings auch ihn überrascht.
Entstanden ist die Idee eher nebenbei. Wie Mogli-Gründer Emanuel Schmock hatten auch andere Mitglieder seiner Wohngenossenschaft zeitgleich überlegt, sich eine Abokiste liefern zu lassen. Anstatt jeweils einzeln zu bestellen, entschieden sie, eine Food-Coop zu gründen: Die Idee der Vorratskammer war geboren: Ein Mitgliederladen, dem derzeit 150 Menschen angehören, die alle in einem Umkreis von maximal 150 Metern wohnen.
Der Name des Ladens trifft es auf den Punkt. Denn anstatt mehr oder weniger große Vorräte zu Hause lagern zu müssen, können sich die Mitglieder aus „ihrem“ Laden holen, was sie gerade brauchen. Und das 7/24, also jeden Tag in der Woche rund um die Uhr.
Jede Menge High-Tech
Möglich ist das, weil hier die alte Idee einer Food-Coop mit jeder Menge High Tech umgesetzt wurde: Alle Mitglieder haben einen Chip, mit dem sie den Laden öffnen können. Dann heißt es nur noch Produkte auswählen, selbst scannen, mit Karte bezahlen und wieder gehen. Oder man plauscht noch etwas, denn alle Mitglieder sind ja auch Nachbarn.
Diese Mischung kommt bei dem großstädtischen Publikum an. Das Interesse ist so groß, dass derzeit keine neuen Mitglieder mehr aufgenommen werden können. Und das, obwohl – oder vielleicht auch gerade weil – in der Vorratskammer gerade einmal 500 Produkte stehen, darunter Preiseinstiegsware und Premiumprodukte.
Die Auswahl ist nicht zufällig. Bevor sie das Projekt starteten, haben Emanuel Schmock und seine Mitgründer ihre Mitgenossen in ihren Wohnungen besucht und genau erhoben, was sie konsumieren. Herausgekommen ist ein kleines aber feines Sortiment aus MoPro- und TK-Ware, Obst- und Gemüse, Trockenprodukten sowie etwas WPR und Kosmetik. Künftig soll noch mehr regionale und unverpackte Ware angeboten werden. Produktwünsche können die Mitglieder auf
einer Tafel notieren, auf einer anderen steht, welche Neuigkeiten eingelistet wurden. Das Angebot scheint perfekt zu passen: „Die Mitglieder kaufen ihren Tagesbadarf hier ein“, weiß Emanuel Schmock.
Bargeld- und personallos
Bestellt wird automatisch über das zum großen Teil selbst entwickelte Kassensystem, das die Daten auch gleich an den Steuerberater schickt. „Die Kassenkosten liegen bei mehr als 300 Euro pro Monat“, sagt Emanuel Schmock. Was dagegen nahezu wegfällt, sind Personalkosten. Niemand an der Kasse, niemand der berät, einzig zum Ware einräumen kommt zwei Mal pro Woche eine 450-Euro-Kraft. Selbst das Fegen und Reinigen übernehmen die Mitglieder selbst – es ist ja schließlich „ihr“ Laden. Auch der Schwund ist deshalb mit weniger als zwei Prozent sehr gering.
„Arbeitsplätze können wir so zwar keine schaffen, dafür aber die Mitgliedbeiträge mit zehn Euro pro Kopf und Monat und auch die Preise für die Ware gering halten“, so Schmock. Mit der Vorratskammer möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften, ist nicht das Ziel. Im Gegenteil. In der Satzung der GmbH, die Schmock mit sechs Mitstreitern und einem Verein als Gesellschafter gegründet hat, ist festgeschrieben, dass Überschüsse reinvestiert werden, beziehungsweise in eine Stiftung einfließen. So kommen sie zum Beispiel den gemeinnützigen Vereinen oder freien Initiativen des Forum Kreuzberg zugute.
Weitere Läden geplant
Auch die Vorratskammer ist Teil dieser sozio-kulturellen Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, bei der Gemeinschaftssinn und Community groß geschrieben werden. So haben Schmock und seine Mit-Gesellschafter nicht nur ihr Know-How als Unternehmer, Grafiker oder Schreiner ehrenamtlich in das Vorratskammer-Projekt eingebracht. Sie sind auch bereit, ihr Wissen zu teilen. Pläne dafür gibt es bereits.
In diesem Jahr sollen zwei weitere Läden eröffnet werden und für das kommende kann sich Schmock zehn bis zwanzig Neueröffnungen vorstellen. Anfragen von anderen Genossenschaften gibt es bereits. „Es wäre schön, wenn daraus eine Bewegung würde“, so Schmock.
„Die Vorratskammer ist ein Ladentyp, der die Wünsche urbaner Zeitgenossen nach Community einerseits und Hightech andererseits bedient.“ Das Modell ist also sehr speziell und funktioniert bestimmt nicht überall. Aber es ist ein gutes Beispiel dafür, dass selbst alte Ideen wie Food Coops eine Zukunft haben, wenn sie zeitgemäß interpretiert – und auf die Bedürfnisse der jeweiligen Kunden anpasst werden.
Zahlen – Daten – Fakten
- Inhaber: Vorratskammer Forum Kreuzberg UG
- Adresse: Köpenicker Str. 172, 10997 Berlin
- Öffnungszeiten: Sieben Tage, 24 Stunden
- Eröffnung: März 2019
- Produkte: ca. 500
- Mitarbeiter: Eine 450-Euro-Kraft
- Großhändler: Terra
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