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Profilierung

Schwabinger Hofladen trotzt mit regionaler Ware der Konkurrenz

Bio-Qualität ist im Schwabinger Hofladen zwar wichtig. Eine Zertifizierung müssen Erzeuger aber nicht unbedingt vorlegen. Mehr Wert legen die Inhaber auf die Herkunft aus der Region.

Wenn die Menschen im Münchner Stadtteil Schwabing vom „Hipster Laden“ sprechen, ist mit ziemlicher Sicherheit die neue Leidenschaft von Benjamin Maunz und Finn Röder gemeint. Die beiden Kumpels aus Studienzeiten betreiben seit rund einem Jahr den Hofladen Schwabing – mit viel Bio und frischem Konzept.

„Viel“ Bio statt 100 Prozent, weil nicht jedes Produkt auf der vierstöckigen Verkaufsfläche ein Bio-Siegel trägt und sich offiziell „Bio“ nennen darf. Wichtiger ist im Schwabinger Hofladen die Herkunft aus der Region. „Viele unserer Erzeuger wirtschaften nach Bio-Standards, können oder wollen sich die Zertifizierung aber nicht leisten“, sagt Benjamin Maunz im Gespräch mit BioHandel.

Seinem Laden beschert das ein einzigartiges Sortiment mit vielen kleinen Marken, die es kaum in Supermärkte schaffen und für zahlreiche Bioläden wegen der fehlenden Zertifizierung meist nicht infrage kommen.

Faire Kalkulation

Günstige Eigenmarken sind im Schwabinger Hofladen gar kein Thema. „Der Preis ist für uns kein Verkaufsargument. Wir kalkulieren fair für unsere Erzeuger und Kunden“, sagt Benjamin Maunz. Er sitzt im Weinkeller, dem untersten von vier Stockwerken des Ladens, an einem langen Tisch, den er selbst aus Altholz gezimmert hat. „Früher war das ein Bettenladen“, erzählt er. Auf seinem Schoß Töchterchen Luna, die zwei Wochen vor Eröffnung des Schwabinger Hofladens zur Welt kam.

Vor der Mission „Hofladen“ war Benjamin Maunz hauptberuflich als internationales Model unterwegs. Finn Röder arbeitete bei einem Münchner Lieferservice. Bei einem Bier auf dem Balkon schlugen die Freunde auf ihr neues gemeinsames Projekt ein. „Finn kam mit der Idee um die Ecke, einen Bioladen zu eröffnen. Er hatte sogar schon die Location gefunden“, sagt Benjamin Maunz. Lange habe er nicht überlegen müssen. „Verkaufen können wir beide“, so Maunz. „Da haben wir gesagt, let’s do it!“ Es war eine Bauchentscheidung, die sie bis dato nicht bereut haben.

Positive Resonanz

Nachdem im Mai 2021 die ersten Waren über die Kasse gingen, brauchte es zwar etwas Zeit, bis sich der Laden im Viertel etabliert hatte. Doch die Resonanz sei von Anfang an positiv gewesen. „Wir haben viel Marketing betrieben, das hat sich ausgezahlt“, sagt Benjamin Maunz. Unter anderem haben er und sein Geschäftspartner mit ihrem Konzept den Münchner Gründerpreis gewonnen. Schnell fanden sich Stammkundinnen und -kunden, die bis heute regelmäßig im Schwabinger Hofladen einkaufen.

Eine ausgesuchte Zielgruppe hat der Laden nicht. „Da ist die Studentin, die Wert auf gute Lebensmittel legt. Da ist aber auch die Oma, die um die Ecke ihren Brokkoli für die Suppe am Abend kauft“, sagt Benjamin Maunz. Die moderne Musik, die den Einkauf mal leiser, mal lauter begleitet, dürfte am ehesten den Jüngeren gefallen. „Wir spielen gerne Beach-House, und wenn es regnet auch mal Reggae, um die Stimmung zu heben“, so Benjamin Maunz.

Kunden kaufen bedachter

Trotz der positiven Atmosphäre machen die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs auch vor dem Schwabinger Hofladen nicht Halt. „Unsere Kunden haben sonst gerne gestöbert und mehr mitgenommen als sie eigentlich wollten. Jetzt kaufen sie bedachter ein“, sagt Benjamin Maunz.

Dennoch blicken die Geschäftspartner gelassen in die Zukunft. Sorge vor einer zu groß werdenden Konkurrenz durch Filialisten oder aus dem konventionellen Lebensmittelhandel haben sie nicht. „Die Menschen schätzen unseren Laden, weil es hier persönlich und familiär zugeht. Das Personal nimmt sich Zeit, man kann sich bei uns auch mal etwas von der Seele reden“, argumentiert Benjamin Maunz.

Zudem sieht er sein Team in der Beratungskompetenz vorn. „Die gibt es bei den Ketten so kaum noch. Gutes Personal zu finden und zu halten ist schwierig – aber eben wahnsinnig wichtig.“

Lebensmittel auf vier Stockwerken

Neukunden fangen die Mitarbeitenden in der Regel direkt am Eingang ab. Zwar zeigt ein Wegweiser an, wo die verschiedenen Sortimente zu finden sind. Mit 280 Quadratmetern Verkaufsfläche auf vier verwinkelten Ebenen seien Neulinge aber oft erst einmal überfordert, so Maunz. Suchende Blicke bestätigen das auch während des Besuchs von BioHandel.

„Wir empfehlen oben anzufangen und sich nach unten durchzuarbeiten“, sagt Benjamin Maunz, „das ist einfacher, als alles von unten nach oben und wieder zurück zu schleppen.“ Treppe für Treppe entdecken Kundinnen und Kunden das Sortiment. Leichtere Produkte stehen oben im Laden, Richtung Mitte kündigt der Duft von Backwaren, Käse und Wurst eine kleine Theke an. Je weiter hinunter es geht, desto schwerer werden die Waren. Getränke lagern deshalb im Erdgeschoss.

Hofladen und Event-Location

Am kürzesten läuft, wer nur einen Kaffee oder ein Gericht zum Mitnehmen bestellen will. Von der Eingangstür zur Café-Bar, wo mittags auch Gemüse-Bowls angeboten werden, sind es nur wenige Schritte. Reste gehen am Abend zu vergünstigten Preisen über die App „Too good to go“ weg.

Außerhalb der Öffnungszeiten dient der Schwabinger Hofladen als Event-Location, die auch von Privatpersonen gemietet werden kann. Um Kundinnen und Kunden zu binden und neue zu gewinnen, lädt das Team jeden Donnerstag zum Wine Tasting mit kreativen Titeln wie „Riesling oder Fiesling?“ ein. Ein bis zweimal im Monat ist ein Winzer dabei, der etwas über seine Arbeit und seine Produkte erzählt. Und mit einem DJ werden Verkostungen schnell zur Party. Zur Wiesn wird – typisch München – Freibier ausgeschenkt.

Auf ihre Veranstaltungen aufmerksam machen Maunz und Röder über die Social-Media-Kanäle ihres Ladens. Das Sortiment hat ebenfalls einen Zwilling im Internet: Kundinnen und Kunden, die es mal nicht in den Laden schaffen, können ihren Einkauf über den App-Lieferservice Wolt bestellen. Einen eigenen Lieferdienst schließen die Inhaber – wie so vieles – nicht aus. Maunz: „Es gibt etliche Ideen für die Zukunft, die Frage ist, was davon umgesetzt wird.“ Die Schwabinger dürfen gespannt sein.

Zahlen – Daten – Fakten

Inhaber: Benjamin Maunz, Finn Röder
Adresse:
Hohenzollernstraße 93, 80796 München
Öffnungszeiten:
Mo-Sa: 9-20 Uhr
Eröffnung: Mai 2021
Verkaufsfläche:
ca. 280 qm
Mitarbeiter: 7, davon 4 in Teilzeit
Produktzahl: ca. 3.400 Großhändler: Ökoring
Webseite:
www.schwabinger-hofladen.com
Social Media:
Instagram, Facebook

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