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PPWR: Wie sich Bio-Unternehmen auf die neue EU-Verordnung vorbereiten

2026 wird die Umsetzung der neuen EU-Verpackungsverordnung PPWR Pflicht. Bio-Unternehmen sind als Nachhaltigkeitspioniere in einer guten Ausgangslage, sehen aber auch Hürden. 

Es ist ein ureigenes Thema der Bio-Branche: nachhaltige Verpackungen. Was mit Beginn der Bio-Bewegung nur ein paar Idealisten beschäftigte, ist mit der neuen europäischen Verpackungsverordnung, kurz PPWR (aus dem Englischen „Packaging and Packaging Waste Regulation“), für alle Unternehmen relevant, die Ware verpacken. Die PPWR ist Teil des European Green Deal und soll Verpackungen europaweit nachhaltiger machen. Dazu gehören unter anderem Mehrwegquoten, PFAS-Verbote, Anforderungen an die Recyclingfähigkeit sowie Vorgaben zur Kompostierbarkeit. 

Wie laufen die Vorbereitungen?

Zwar sind die Bio-Pioniere mit ihrem langjährigen Engagement in einer vergleichsweise guten Ausgangslage. Dennoch sehen auch sie sich angesichts der PPWR-Anforderungen mit einigen Hürden konfrontiert. Zeit für die Umsetzung bleibt noch bis zum 12. August 2026. BioHandel hat in der Branche nachgefragt, wie die Vorbereitungen laufen.

Ralf Schwarz, Leiter Warenmanagement bei Dennree, teilt mit: „Wir prüfen fortlaufend unsere Verpackungslösungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit.“ Erste Maßnahmen hat der Bio-Händler in den Bereichen Rücknahme, Sortierung und Mehrwegsysteme umgesetzt. Als „Meilenstein“ bezeichnet Schwarz die Inbetriebnahme einer Pfand-Sortieranlage am Standort Töpen im vergangenen Jahr. Damit fördert Dennree laut eigenen Angaben „eine deutlich höhere Mehrwegquote“ im eigenen Kreislauf. 

Alnatura hat sich bereits 2020 eigene Verpackungsziele gesetzt, die nun auf die PPWR-Auflagen einzahlen: „mit denen Verpackungsmaterial reduziert wird, die Recyclingfähigkeit der Materialien verbessert sowie Mehrweglösungen gefördert werden“, berichtet Alnatura-Pressesprecherin Marie Gonther. 

Einzelne Maßnahmen, etwa zur Reduzierung von Verpackungsabfällen, Erhöhung der Recyclingfähigkeit oder verbesserten Ressourcennutzung hat auch die Bio Company bereits umgesetzt. Zum Beispiel ist der hauseigene Apfelessig inzwischen in einer Pfandflasche erhältlich. Und: „Obwohl der Trend in Richtung kleinere Abpackungen (Stichwort: Single-Haushalte) geht, haben wir uns aus Gründen der höheren Verpackungsmenge bewusst dazu entschlossen, solchen Trends nicht pauschal zu folgen,“ teilt Katrin Bahr, die bei der Bio Company den Bereich Qualität und Lebensmittelsicherheit leitet, mit.

Materialien verhalten sich unterschiedlich

Verpackungsumstellungen sind häufig mit großem Aufwand verbunden. Es gilt, jede Verpackung genau unter die Lupe zu nehmen und die individuell beste Lösung zu finden. „Das wird ein langwieriger Prozess mit etlichen Hürden werden“, befürchtet Bahr. Damit meint sie nicht nur den Umstellungsprozess an sich. „Teilweise nehmen die Kundinnen und Kunden die veränderten Packungen nicht gut an“, berichtet sie. Oder es ergeben sich andere Probleme mit den Verpackungen. Bahr nennt hier beispielsweise „häufigere Beschädigungen bei dünneren Folien oder Wechselwirkungen des Produkts mit der Luftfeuchte bei Papierverpackungen“. 

Allos hat bei den Cerealien und Riegeln bereits von Multimaterial- auf Monomaterialverpackungen umgestellt. Zuvor hatte der Bio-Hersteller eine nicht recyclingfähige Verbundfolie mit 40 Prozent Anteil aus nachwachsenden Rohstoffen für seine Frühstückscerealien verwendet. „Aufgrund der neuen Gesetzgebung sowie des hohen Stellenwerts bei unseren europäischen Endkonsumenten recyclingfähige Verpackungen einzusetzen, haben wir uns entschieden, diesen Schritt zu gehen“, teilt Eike Melhop, Geschäftsführer der Allos Hof-Manufaktur, mit. 

Eine der größten Herausforderungen war die Verarbeitbarkeit des neuen Materials auf drei unterschiedlichen Abfüllanlagen – jeweils von verschiedenen Herstellern und aus unterschiedlichen Baujahren – ohne die Taktleistung zu beeinträchtigen. „Die neue Lösung musste mindestens denselben Produktschutz bieten wie das bisher verwendete Material“, sagt Melhop. „Dafür haben wir zahlreiche MHD- und Lagertests durchgeführt, um Abweichungen auszuschließen.“ Gleichzeitig sollte die matte Oberfläche erhalten bleiben, um das gewohnte „Look and Feel“ der Allos-Produkte zu bewahren.

Hinzu kam: Das neue Material verhält sich beim Abfüllen anders. „Es lässt sich sehr leicht ziehen beziehungsweise dehnen und hat im Vergleich zu anderen Verbunden eine deutlich höhere Hitzeempfindlichkeit, so dass unter anderem die Temperaturen beim Siegeln angepasst werden mussten“, erläutert Melhop. „Zudem war es herausfordernd, weiterhin Vierkantbeutel als Output zu bekommen.“ Kleine Adaptionen an den bestehenden Maschinen waren hierfür notwendig.

Hilfe beim PPWR-Check

Mit dem „PPWR Check©-webtool“ stellt die Beratungsagentur Pacoon Unternehmen ein Instrument bereit, um Verpackungen schnell und strukturiert auf die
Anforderungen der neuen EU-Verpackungsverordnung zu prüfen.

Mehr Infos

Auch Naturkosmetikhersteller Lavera kennt die Herausforderungen. „Wir achten darauf, dass unsere Verpackungen sowohl die Erwartungen der Verbraucher:innen als auch die Anforderungen an Haltbarkeit und Produktsicherheit erfüllen. In manchen Fällen ist daher ein Kompromiss zwischen Nachhaltigkeit und Funktionalität notwendig und das nachhaltigste Material ist nicht unbedingt die nachhaltigste Lösung“, teilt Pressesprecherin Sabine Kästner mit. Denn: „Nur Verpackungen, die sich effizient und störungsfrei abfüllen lassen, ermöglichen eine ressourcenschonende Produktion und minimieren Ausschuss.“

Doch das ist für Lavera nicht das größte Problem mit der PPWR. Der Naturkosmetikhersteller hat die Anforderungen frühzeitig in die eigene Nachhaltigkeitsstrategie integriert und nach eigenen Angaben bereits viele Vorgaben erfüllt oder entsprechende Maßnahmen angestoßen. „Wir überprüfen fortlaufend unser gesamtes Sortiment auf die Einhaltung der PPWR-Anforderungen“, so Kästner. „Wir setzen konsequent auf den Einsatz von Monomaterialien, wo immer dies technisch möglich ist, und verzichten vollständig auf PVC und andere schwer recycelbare Stoffe.“

Als Beispiel nennt sie die vollständige Umstellung von Flaschen und Tuben der präparativen Kosmetik – einschließlich der Verschlüsse – auf recyceltes Material. Zudem beteiligt sich Lavera an einem Pilotprojekt, bei dem ausgewählte Verpackungen über Pfandautomaten zurückgegeben werden können.

Rezyklat könnte zum Problem werden

Sorgen bereitet dem Naturkosmetikhersteller vor allem die Verfügbarkeit von hochwertigem Rezyklat. Ein Thema, das auch Rebecca Kramer, Mitglied der Geschäftsführung von WPR-Hersteller Sonett, umtreibt. Beide gehen davon aus, dass nicht genug hochwertiges Rezyklat auf dem Markt verfügbar sein wird, um die PPWR-Anforderungen zu erfüllen. 

Immerhin: Sonett bietet seit 2019 einen eigenen Mehrweg- und Recyclingkreislauf an. „Das gibt uns die Möglichkeit, schon jetzt alle unsere 0,5-Liter- und alle 0,75-Liter-Flaschen mit einem Anteil von bis zu 50 Prozent sonetteigenem Rezyklat herzustellen“, teilt Kramer mit. Rezyklat aus dem gelben Sack komme wegen der Belastung mit synthetischen Duftstoffen und weiterer möglicher Schadstoffe nicht in Betracht.

Unsicherheit durch unklare Gesetzeslage

Zwergenwiese, Bio-Hersteller für Aufstriche und Saucen, hat laut Geschäftsführer Jochen Walz mit externen Auditoren bereits alle relevanten Punkte zur PPWR abgearbeitet. „Aufgrund der permanenten Anpassungen haben wir uns mit einem flexiblen Team dafür aufgestellt und uns der Herausforderung mit Erfolg gestellt“, teilt er mit. Als herausfordernd beklagt Walz die Unklarheit in der Umsetzung und die Unsicherheit in der Planung durch immerwährende Änderungen. 

Es hapere an der Gestaltung der Gesetzeslage, „was große Unsicherheit bei Herstellern verursacht“, so Walz. Trotzdem sehen die befragten Unternehmen die PPWR als Chance: „Weniger Verpackungsmüll, besseres Recycling und mehr Transparenz“, zählt etwa Eike Melhop auf. Von Lavera heißt es: „Sie setzt wichtige Impulse für Kreislaufwirtschaft, Innovation und Ressourcenverbrauch. Sie motiviert uns, unsere Vorreiterrolle weiter auszubauen.“

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