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Ideenpool fürs Überleben

Die Zukunftschancen des Fachhandels waren Thema einer BioHandel-Veranstaltung auf der Biofach. Neben einer düsteren Analyse gab es Tipps, wie der Patient wieder auf die Beine kommen kann.

„Bio. Quo vadis – Wie kann der Biohandel überleben? Ein Ideenpool“ war Titel einer Veranstaltung, zu der der BioHandel im Rahmen der Biofach eingeladen hatte.

Die Nachricht, die Simon Döring, Berater bei der Klaus Braun Bioladenberatung, den Teilnehmern auf der Biofach überbrachte, hatte es in sich: Nur 0,2 Prozent Umsatzzuwachs im Bio-Fachhandel im Jahr 2023 bei knapp sechs Prozent Inflation. Wer den gleichen Wert handelt, hätte eigentlich auf ein Umsatzplus von rund sechs Prozent kommen müssen, rechnete er vor. Höhere Kosten durch die Inflation und die Erhöhung des Mindestlohns sowie Kunden, die ihr Geld zusammenhalten mussten, seien Herausforderungen gewesen.

„Wer unternehmerisch reagiert, kann auch in Krisenzeiten wirtschaftlich arbeiten.“

Simon Döring, Berater bei der Klaus Braun Bioladenberatung

Dennoch sei es den Ladeninhabern gelungen, das Betriebsergebnis bei 6,5 Prozent zu halten: Bei einem Umsatz von einer Million Euro blieben 65.000 Euro Unternehmergewinn übrig. Das stabile Ergebnis habe verschiedene Ursachen, zum Beispiel die Weitergabe von Preisanpassungen an die Kunden. „Die Zahlen zeigen vor allem: Wer unternehmerisch reagiert, kann auch in Krisenzeiten wirtschaftlich arbeiten“, so der Berater, der das schwache Umsatzplus zwar als positives Zeichen wertet, aber die Branche nicht auf einem grünen Zweig sieht.

Weil es „nur über den Preis nicht gehen wird“, mahnt Döring Verbesserungen beim Angebot für die Kunden an. Seine Vorschläge: Mitgliederladen, Regionalladen, Unverpackt, Spezialsortimente, Einkaufserlebnis, Events, Gastronomie. Pauschale Antworten gebe es nicht. „Die Konzepte müssen individuell passend entwickelt, konsequent umgesetzt und nach außen kommuniziert werden“, empfiehlt er. Der Bio-Fachhandel brauche neue Antworten, sonst werde er in fünf bis zehn Jahren nicht mehr da sein.

Mit Marketing für Bio begeistern

Um auf Dauer bestehen zu können, hat sich Sabine Franz, Geschäftsführerin der b2-pur Bio GmbH, schon frühzeitig auf den Weg gemacht, um Kunden durch aktives Marketing für Bio und den Bio-Fachhandel zu begeistern. Durch zwei Bioläden mit Gastronomie, einem Catering- und Lieferservice, einem Food Truck sowie einer Demeter-Gärtnerei sei sie breit aufgestellt. Eine 2019 gegründete Genossenschaft von Erzeugern, Verarbeitern, Händlern und Kunden helfe, die Produktion von Biowaren in der Region zu halten.

Um für das Angebot Interesse zu wecken, führt b2 Aktionen durch: Kochshows, Öko-Modeschauen, Weinproben, Hoffeste mit Musik und eine Gartenschau mit Vorträgen über Nachhaltigkeit. Sogar Versuche mit Influencern habe es gegeben, aber die hätten sich als zu teuer oder von der Person her als ungeeignet erwiesen. „Das Miteinander bringt Kunden“, sagt Sabine Franz. „Man muss sich öffnen für alle Akteure in der Region, die zum Thema Nachhaltigkeit unterwegs sind“, rät sie. Wichtig sei auch, mit Freude bei der Sache zu sein und sich stets für die Besten zu halten.

Kosten senken, Logistik optimieren, Digitalisierung voranbringen

Auch für Markus Merkle, Geschäftsführer der Agentur Blumberg, sind Marketing-Aktivitäten unverzichtbar für den Bio-Fachhandel. Nur den Aufsteller vor dem Laden zu platzieren, reiche nicht. Vielmehr müssten Händler überlegen, über welche Kanäle Kunden und neue Zielgruppen angesprochen werden könnten. Mit dem Preis könne ebenfalls geworben werden, zum Beispiel im Rahmen von Aktionswochen für bestimmte Produkte, deren Qualität parallel ausgelobt wird. „Bioläden sind im Vergleich zu Edeka und Rewe nicht immer teuer“, sagte er.

Direkte Produktwerbung sei durch Mitgestaltung von Schul- und Kita-Essen möglich. Um das Überleben zu sichern, schlägt Markus Merkle auch vor, Kosten zu senken, indem Prozesse – einschließlich der Logistik der Branche – optimiert werden und die Digitalisierung vorangebracht wird. Auch er plädiert für Zusammenschlüsse mit Gleichgesinnten auf regionaler Ebene.

Sieben Ratschläge

Ulrike Fiedler, Geschäftsleiterin BioHandel, empfahl dem Handel, sich bei zukunftsweisenden Maßnahmen auch an der Kundensicht zu orientieren. So habe die von der BioHandel-Akademie in Auftrag gegebene Rheingold-Studie „Was erwarten die Kunden vom Bio-Fachhandel?“ sieben Ratschläge zusammengestellt:

  • einladende Offenheit des Ladens
  • Schaufenster gestalten
  • Klarheit bei der Ladenstruktur
  • natürliche Stimmungsinszenierung
  • persönliche Freundlichkeit
  • regionale Vernetzung und viel Service
  • Entschleunigung sei ebenfalls im Interesse von Kunden

Kommentar

Palliativ-Medizin für den Fachhandel?

Ob sich die vielen guten Ratschläge zum Überleben für alle Läden erfolgreich umsetzen lassen, lässt sich nicht sagen. Für einige mögen die Tipps angesichts der derzeit wirtschaftlich schwierigen Lage wie Palliativ-Medizin daherkommen. Aber mit dieser Medizin kann man bekanntlich lange leben. Einen Versuch ist es also in jedem Fall wert. Und wer sich darauf besinnt, dass das Wort Händler von „handeln“ kommt, sollte schon morgen anfangen. Nur Mut!

Horst Fiedler

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