Zum 20. Mal hat der bio verlag die Besten Bio-Läden des Jahres gekürt. In einem Grußwort warf Verlags-Geschäftsführerin Sabine Kauffmann einen Blick zurück auf die Geschichte dieser Leserwahl der Kundenzeitschrift Schrot&Korn. Dabei spannte sie einen Bogen von den Anfängen der Kundenbefragung bis zur Gegenwart mit zwei vergangenen Jahren, die eine „harte Zeit“ gewesen seien. „Doch ihr habt das toll gemacht“, sagte Sabine Kauffmann an die Ladnerinnen und Ladner gerichtet. Das Kundenfeedback sei überwiegend sehr gut gewesen.
Unter den Gratulanten bei der Gala „Beste Bio-Läden 2023“ auf der Biofach war am Mittwoch auch Kathrin Jäckel. „Ohne euch wäre Bio nicht so groß, wie es heute ist“, sagte die Geschäftsführerin des Bundesverbands Naturkost Naturwaren (BNN). Dabei betonte sie die Wichtigkeit der Naturkostgeschäfte für eine nachhaltige Ernährungswende: Zwar machten Bioläden und -Supermärkte gerade mal sechs Prozent der Lebensmittel-Einkaufsstätten aus, so Kathrin Jäckel, gute 20 Prozent aller Bio-Produkte würden aber dort gekauft.
Ein Grund für diese Bedeutung ist die besondere Bindung vieler Kunden zu ihren Läden. Diese wurden bei der aktuellen Wahl unter anderem als „Perle“ oder „Zuhause“ bezeichnet. Manche Läden bekommen sogar Postkarten mit Grüßen aus dem Urlaub zugeschickt.
„Ohne euch wäre Bio nicht so groß, wie es heute ist.“
Mehr als 56.000 Bewertungen haben die Leserinnen und Leser der Schrot&Korn bei der Wahl „Beste Bio-Läden 2023" insgesamt abgegeben. Die Bewertungskategorien umfassten Frische (getrennt nach Obst und Gemüse sowie Molkereiprodukten, Brot und Fleisch), fachkundige Beratung, Sortimentsvielfalt, Preis-Leistungsverhältnis, Atmosphäre und in diesem Jahr die Zusatzkategorie: „Bietet etwas Besonderes.“ Gefragt wurde hier nach einem Service, der über das klassische Einkaufserlebnis hinausgeht wie etwa Weinverkostungen, Lieferservice oder Kosmetiktermine.
Insgesamt wurden 2023 über 100 Bio-Läden ausgezeichnet. Für die besten Bewertungen über alle Kategorien hinweg wurden der Hofladen Albertshof aus Rennerod, der Bio-Laden Phönix aus Emmelshausen, s‘Paradieserl aus Rotthalmünster und der Bio-Laden Urban aus Dülmen als Gold-Gesamtgewinner ausgezeichnet. BioHandel stellt die vier Preisträger weiter unten in Kurzporträts vor.
Die Goldgewinner in einzelnen Kategorien und die Gold-Gesamtgewinner erhielten für Ihre herausragenden Leistungen neben Urkunden auch Geschenke von Herstellern: Sonnentor, Ökoland, ÖMA, La Selva, Rosengarten, Rapunzel, Bauckhof, Zwergenwiese, Sonett, Bioland, Ökobonus und Naturland belohnten die Läden mit Displays, Reisen, Produktschulungen und vielem mehr.
Die 20. Leserwahl nahm der bio verlag in diesem Jahr außerdem zum Anlass, nicht nur die Gewinner-Läden gebührend zu feiern. Alle Läden, die seit 20 Jahren oder noch länger existieren, bekamen eine Ehrenurkunde als Dankeschön für den unermüdlichen Einsatz für die Bio-Branche.
„Das Motto lautete 2023 entsprechend: Wir feiern 20 Jahre Leserwahl-Jubiläum, wir feiern Bio-Läden für ihr Engagement – wir feiern Bio!“, sagte Janis Vogel, Projektmanager beim bio verlag und verantwortlich für die Wahl. Dem bio verlag sei es ein Anliegen, den Naturkostfachhandel insbesondere nach dem schwierigen Jahr 2022 zu würdigen.
„In den aktuellen Zeiten der Krise sind einzigartige Bio-Läden eine Quelle der Freude und Zusammenkunft im Alltag“, so Vogel. Außerdem seien die Läden nach wie vor wichtige Treiber von Innovationen, die den nachhaltigen Wandel voranbringen. „Bio-Läden bieten eine zukunftsfähige Alternative für unseren täglichen Einkauf und unsere Welt“, betonte Janis Vogel.
Bioladen Urban in Dülmen (Bio-Supermarkt mit 560 m2)
Als Elke Lovermann 1986 den Bioladen Urban gründete, startete sie auf 80 Quadratmetern. Gemeinsam mit Michael Urban baute sie ihn über die Jahre immer weiter aus. Inzwischen ist der Laden in der nordrhein-westfälischen Kleinstadt Dülmen siebenmal so groß. Neben den Gründern wird er auch von Johannes Urban, dem 30-jährigen Sohn der beiden, mitgeführt.
Was er mit dem Beruf des Bio-Ladners verbindet, beschreibt er selbst so: Nach dem Abitur, einer Tischlerlehre und einem Designstudium habe er gemerkt, dass ein Job in diesem Bereich eben „nur ein Job“ gewesen wäre. Die Arbeit im Laden dagegen sei für ihn „ein Beruf mit Leidenschaft“. „Ich lebe Bio. Ich bin damit aufgewachsen und bin davon überzeugt“, sagt Johannes Urban.
Neben den drei Geschäftsführern gehören zum Team inzwischen 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie drei Auszubildende. Neben einer großen Obst- und Gemüseabteilung, Naturkosmetikabteilung, einer großen Auswahl an Molkereiprodukten, darunter eine neun Meter lange Käsetheke, gibt es im Bioladen auch ein Bistro mit täglich wechselnden Gerichten.
„Wir kennen unsere Kunden und ihre Vorlieben.“
„Stammkunden müssen an der Theke quasi gar nicht mehr sagen, was sie haben möchten.“ Was die Gründerin sehr schätzt, ist die gegenseitige Herzlichkeit im Laden. „Wenn ich mich bei den Kunden für ihren Einkauf bedanke, dann bedanken sie sich bei mir dafür, dass es uns gibt.“
Als Schreckmoment in ihrer Ladenlaufbahn beschreibt Elke Lovermann den Tag, als nach starkem Regen Wasser durch das Dachfenster in den Laden eindrang. „Das war ein Schock. Aber alle Mitarbeiter waren sofort zur Stelle, haben mit angepackt und der Schaden war schnell behoben.“
Als schönsten Moment beschreibt sie, als Sohn Johannes ihr sagte, dass er in den Laden mit einsteigen möchte. „Der Ladenalltag ist wunderschön und unser Team ist richtig toll“, schwärmt die 59-Jährige.
In diesem Jahr möchte das Team nach den Corona-Einschränkungen „wieder richtig durchstarten“: Weinproben, Kochkurse in der eigenen Küche und Kosmetikabende stehen auf dem Programm. Außerdem möchten die Urbans Mut machen in Krisenzeiten. So zeigen sie bei Verkostungen, wie man beim Kochen Geld sparen kann. „Wir strahlen eine positive Stimmung aus. Darum kommen die Leute auch weiterhin gerne zu uns“, sagt Elke Lovermann.
Gold:
Frische Molkerei-Produkte, Brot, Fleisch / Sortiments-Vielfalt / Fachkundige Beratung
Silber:
Frische Obst und Gemüse / Preis-Leistungs-Verhältnis / Atmosphäre
Zusatzkategorie „Bietet etwas Besonderes“
Naturkostladen s'Paradieserl in Rotthalmünster (Fachgeschäft mit 300 m2)
Neulich lobte wieder eine Kundin die gute Regalgestaltung, berichtet Juniorchefin Stephanie Thiele und betont: „Da ist meine Mutter aber auch sehr streng!“. Ihre Mutter, die 61-jährige Ladengründerin Hildegard Thiele, bestätigt in kernig-niederbayerischem Akzent: „Ja, da braucht‘s eine Schärfe dahinter!“
Für sie bedeutet das: Von 7.30 Uhr bis 20 Uhr im Laden zu stehen, mit scharfem Blick darauf zu achten, dass alles blitzsauber ist, dafür zu sorgen, dass die Gäste im Bistro mit hausgemachten Kaspressknödeln versorgt werden und dass jeder Kunde im Laden das findet, wonach er sucht.
„Ich habe es gewagt, den Laden zu eröffnen, und es nie bereut.“
Die Kundschaft in Rotthalmünster, einem Ort mit rund 5000 Einwohnern im Landkreis Passau, ist bunt gemischt, schildert Stephanie Thiele: Da kommen Österreicher zum Einkaufen über die nahe Grenze, Touristen aus den benachbarten Kurorten, Camper, SUV-Fahrer in sündteuren Autos und Familien. Sie alle finden im Laden ein Bio-Vollsortiment mit einer besonders großen Auswahl an Tees, Kräutermischungen und Gewürzen.
Ob ein Kräuterextrakt, eine Schokolade oder ein Nahrungsergänzungsmittel auch wirklich für den Kunden oder die Kundin taugt, überprüfen Mutter und Tochter übrigens auch mit dem Pendel. „Was meinen Kunden nicht guttut, das sollen sie nicht bekommen“, betont Hildegard Thiele, die auch schon mal das Geld für ein unpassendes Produkt zurückgegeben hat.
Über Volltreffer freut sie sich umso mehr: Als eine Kundin nach einem Mitbringsel für ein Abendessen suchte, wählte Hildegard Thiele mit der Pendel-Methode einen Wein aus. Rückmeldung der Kundin: „Genau der Wein stand bei den Gastgebern auf dem Tisch, als sie ankam.“
Der Laden am Markt von Rotthalmünster ist hell, und Juniorchefin Stephanie Thiele schwärmt von der modernen Theke, den edlen Böden und schönen Wandfarben. Von der Kundschaft werde s‘Paradieserl immer wieder als „weit und breit einmalig“ gelobt.
Als Hildegard Thiele 2004 den Laden eröffnete, hatte sie schon zehn
Jahre lang in einer Bio-Bäckerei und in einem Bio-Laden gearbeitet. Sie
hatte Lust auf einen eigenen Laden, die Kinder waren groß und ihr
Ehemann Herbert unterstützte sie.
So fing alles an, und seither will Thiele „immer weiter, weiter, weiter“, wie sie sagt. Aber ganz so viel turbulentes Auf und Ab wie in der Corona-Zeit und im Krisenjahr 2022 müsste es nicht geben. Das ist ihr großer Wunsch für 2023.
Gold:
Frische Molkerei-Produkte, Brot, Fleisch / Sortiments-Vielfalt
Silber:
Frische Obst und Gemüse / Fachkundige Beratung
Bronze:
Preis-Leistungs-Verhältnis / Atmosphäre
Zusatzkategorie „Bietet etwas Besonderes“
Bioladen Phönix in Emmelshausen (Bio-Laden mit 98 m2
Wenn am Morgen die Ware eingeräumt ist, kurz bevor Dagmar Meyer um 9 Uhr die Ladentür öffnet, drehen sie und ihr Team noch eine Runde durch ihr Geschäft. „Wenn alles perfekt ist, dann freuen wir uns sehr“, sagt die 57-Jährige. Dass ihr Sohn, der im Laden mitarbeitet, und drei weitere Kolleginnen Meyers Liebe zum Detail teilen, empfindet sie als großes Glück.
Überhaupt, das Glück: Seinen Namen trägt der Bioladen Phönix, weil er durch großes Glück im Unglück entstand. Vor 20 Jahren brannten Teile von Meyers Scheune und ihres Wohnhauses in Norath ab. Die alleinerziehende Mutter erlebte damals, wie der ganze Ort mit anpackte, um aufzuräumen und ihr zu helfen.
Und als die Runde machte, dass sie – damals angestellt in einem Geschäft in Koblenz – von einem eigenen Laden träumte, da brachte das jemand aus dem Ort in die Lokalzeitung. Mit viel Unterstützung eröffnete sie 1998 ihren ersten Laden: auf 30 Quadratmetern in der vormals abgebrannten Scheune. „Diese Hilfsbereitschaft zu erleben, das war ein toller Moment“, erinnert Meyer sich.
„Der Laden ist eigentlich kein Geschäft, er ist ein Treffpunkt.“
Eigentlich wollte sie in ihrem Lädchen Schmuck und Geschenke aus aller Welt verkaufen. Dann fragte eine Nachbarin bei ihr an, ob sie nicht auch eine Bio-Ecke einrichten könne. Schnell eroberte frische Bio-Ware Meyers Herz und den Laden – und im Jahr 2002 eröffnete sie den dreimal so großen Laden in Emmelshausen, 30 Kilometer von Koblenz entfernt.
Nur 4980 Einwohner hat der Ort. Der Phönix hat Kundschaft aus allen Altersgruppen – dank des jungen Teams auch junge Leute und Familien. „Zu uns kommen alle, die ein kleines Geschäft lieben – zum Treffen und Reden.“ Die Kunden, sagt sie, sind „eigentlich mehr als Kunden, sie sind Freunde.“ Ihnen erfüllt Meyer auch Extra-Wünsche und legt großen Wert auf gute Beratung.
Viele Sorten Obst und Gemüse, 50 Käsesorten, 200 Weine, eine große Naturkosmetikauswahl, regionale Produkte, eine kleine, feine Geschenke-Ecke und spezielles Know-how über ätherische Öle – das alles bieten Meyer und ihr Team den Kunden. „Wir begeistern die Leute“, das weiß sie. Trotzdem konnte sie kaum glauben, dass der Phönix ein Gold-Gewinner ist.
Vielleicht schafft es diese Nachricht ja in die Lokalpresse. In diesem diesen Fall würde Dagmar Meyer gerne noch erwähnen, dass sie ein Sommercafé in ihrem eigenen Garten eröffnen möchte. Wer mitmachen mag, der kann sich melden ...
Silber:
Frische Molkerei-Produkte, Brot, Fleisch / Fachkundige Beratung
Bronze:
Frische Obst und Gemüse / Sortiments-Vielfalt / Preis-Leistungs-Verhältnis / Atmosphäre
Zusatzkategorie „Bietet etwas Besonderes“
Hofladen Albertshof in Rennerod (Hofladen mit 72 m2)
Für Kerstin Doppstadt, genannt Kiki, kam der Anruf aus dem bio verlag zum goldrichtigen Zeitpunkt – in einem „Bauchschmerzmoment“, wie sie sagt. Als sie hörte, dass der Albertshof unter den Gold-Gewinnern ist, war das für sie die Bestätigung, „dass doch alles richtig ist“.
Kurz zuvor hatte die 44-Jährige das Jahr 2022 Revue passieren lassen: Zahlen, Rechnungen, Umsätze. „Ich dachte nur: Was machst du hier? Die Zahlen entsprachen nicht denen, mit denen wir in den Anbau gehen wollen.“
„Wir Bauern sind auch einfach gewohnt, viel auszuhalten.“
Dass sie weitermacht, steht für die Powerfrau aber selbst angesichts der aktuellen für sie problematischen Preissteigerungen nicht in Frage. Die fünffache Mutter, Sozialpädagogin, Bäuerin und Ladnerin sagt: „Wir als Bauern sind auch einfach gewohnt, viel auszuhalten. Wir wissen ganz oft gar nicht, wie es weitergeht. Aber wir machen einfach weiter, und dann klappt es.“
Auf den Hof in Rheinland-Pfalz kam sie „der Liebe wegen“ – im Jahr 2007 hat sie den Laden dann übernommen. Heute hat sie 150 Milchkühe und insgesamt 280 Stück Vieh. Laden und Hof sind zudem Ausbildungsbetrieb und Lernbauernhof.
„Bei uns geht es nicht nur ums Verkaufen und Einkaufen“, erzählt Kiki Doppstadt. „Wir sind ein Wohlfühlort. Die Leute kommen zu uns und fühlen sich entschleunigt.“ Der Hofladen liegt etwas abseits des Ortes Rennerod – Laufkundschaft gibt es deshalb nicht. Wer kommt, der kennt den Laden – und Kiki.
„Ich bin politisch und ich nehme kein Blatt vor den Mund“, beschreibt die Ladnerin sich selbst. Bekannt sei sie, wie auch ihre Mitarbeiterinnen, für ihr „großes Herz“, das die Kundinnen und Kunden sehr schätzten. „Im Laden steckt jede Menge Liebe und Lebensgefühl. Wir sind echt. Das spürt man.“
Im Sortiment des Hofladens ist laut Kiki Doppstadt „Dynamik drin“: „Wir bestellen, was die Leute wollen, auch wenn wir es nicht haben. Ich finde das selbstverständlich. Ich sehe mich auch als Dienstleisterin.“ Zwar führe sie eine „Renner- und Penner-Liste“, aber es gebe kein starres System. Und so soll es bleiben, denn: „Alles ist im Wachstum“, sagt Kiki Doppstadt.
In diesem Jahr freut die Ladnerin sich vor allem auf die geplante Ladenerweiterung und die Sonnenterrasse. Sie soll ein Treffpunkt sein mit Café-Atmosphäre. Für Kiki Doppstadt erfüllt sich damit ein Traum, sagt sie. Und wer sie erlebt, der vermutet, dass es da noch mehr Träume gibt, die sie verwirklichen wird.
Gold:
Sortiments-Vielfalt
Silber:
Frische Molkerei-Produkte, Brot, Fleisch
Bronze:
Frische Obst und Gemüse / Fachkundige Beratung / Preis-Leistungs-Verhältnis
Zusatzkategorie „Bietet etwas Besonderes“
Kommentare
Registrieren oder anmelden, um zu kommentieren.