Biohandel

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Ein Bioladen als Nische für Allergiker

Eugenia Backes bietet in ihrem Bioladen Schalotte eine Anlaufstelle für Ratsuchende und Entwicklungschancen für junge Mitarbeitende. Ein Erfolgskonzept.

Auf dem Holzboden im Bioladen Schalotte sieht man helle Flecken. Dort standen bisher die mittleren „Gondeln“. An den vergangenen beiden Tagen wurden die großen Holzregale dann im laufenden Betrieb ausgeräumt, im Winkel von 50 Grad verschoben und wieder eingeräumt. Jetzt rückt Inhaberin Eugenia Backes das letzte Display an seinen neuen Platz. Fertig.

Der Tipp, die Regalreihen neu auszurichten, sodass sie nicht mehr „abschüssig“ stehen, sondern den Kunden zugeneigt, kam vom Großhändler Weiling. Dieser schickt regelmäßig Mitarbeitende, die nicht nur übers Sortiment sprechen, sondern auch Feedback zur Warenpräsentation geben. Weiling unterstützte die blitzschnelle Umräum-Aktion auch: Zwei Helfer wurden der Ladnerin zur Seite gestellt. 

Sortiment und Team sind im Flow

Hilfe und gute Ratschläge nimmt Eugenia Backes gerne an. Und sie kommt Wünschen nach. Zum Beispiel dem: An beiden Eingängen zum Laden stehen unterschiedliche Transporthilfen bereit. Am Haupteingang, hin zur Einkaufs- und Flaniermeile der mittelhessischen Fachwerkstadt Grünberg mit 15.000 Einwohnern, gibt es handliche Tragekörbe. Für Kunden, die vom Parkplatz auf der Rückseite her kommen, stehen Einkaufswagen bereit. Diese waren ursprünglich kleiner und es passten zum Leidwesen mancher Kunden keine Getränkekisten rein. Also kaufte die Ladnerin größere, gebrauchte Wagen.

„Ich bin überhaupt nicht stur“, sagt Eugenia Backes über sich, und damit ist man ihrem Erfolgsgeheimnis schon auf der Spur. Ihr Bioladen mit Sitz- und Spielecke, einem Regal mit Kunsthandwerk aus der Region und umsichtig gestalteten Angebotstischen wirkt so, als hätte alles seit Jahren einen festen Platz. Tatsächlich aber sind Einrichtung, Sortiment und Team im Flow, seit Eugenia Backes den Laden im Jahr 2021 übernommen hat.

Die Schalotte ist 400 Quadratmeter groß. Vor Jahren war in dem Ladenlokal eine Schlecker-Drogerie untergebracht. Dass Eugenia Backes hier gelandet ist, war Zufall. Für die Ladnerin fühlt es sich nach Vorhersehung an. Die Bankkauffrau und Betriebswirtschaftlerin aus Marburg hatte zuvor zwei Jahre lang als Betriebsleiterin für einen Biokisten-Anbieter gearbeitet. Dass sie eines Tages „ihr eigenes Ding“ machen würde, stand für sie schon damals fest. Als sie sich bei Ebay ein Angebot für gebrauchte Möbel aus Grünberg anschaute, ploppte die Anzeige des Schalotte-Besitzers auf. Der wollte nach Österreich umziehen und suchte einen Käufer für seinen Laden. 

Schon beim ersten Besuch habe sie gewusst: „Das ist mein Laden!“, sagt sie. Woher sie die Zuversicht nahm, dass das Bioladen-Business Zukunft hat? Eugenia Backes antwortet: „Man merkt, ob es ein steiniger Weg ist, oder ob es sich leicht anfühlt.“ Bei ihr sei‘s pure Leichtigkeit gewesen. Sehr geholfen habe ihr, dass sie die Großhändler bereits vor ihrem Start kannte, außerdem habe die GLS-Bank sie von Beginn an begleitet.

Alleinstellungsmerkmal: Angebot für Allergiker

Ihre lässige Zielstrebigkeit hat Eugenia Backes sich trotz der Krisenstimmung in der Branche erhalten, die Zuversicht auch. Vor zwei Jahren, als monatlich neue Stromabschläge ins Haus flatterten, hatte sie Angst, gesteht sie. Zwei Naturkostläden in der Umgebung haben in dieser Zeit aufgegeben. Das wiederum war ein glücklicher Umstand für sie. „Wir haben noch nie Minus gemacht. Und wir haben sehr treue Kundinnen und Kunden“, sagt Backes. 

Dass sie so treu und zufrieden sind und aus dem Umkreis von 35 Kilometern nach Grünberg kommen, liegt vor allem am umfassenden Service. Eugenia Backes bestellt, was nicht vorhanden ist oder gerade erst neu auf dem Markt – gerne auch Großgebinde und Nachfüllpackungen. Sie rät sogar dazu, um Kosten und Verpackung einzusparen. Daran verdient sie zwar weniger, es fördert aber die Kundenbindung. 

Das Alleinstellungsmerkmal der Schalotte ist das Angebot für Allergiker. Selbst von Allergien betroffen, hat sie sich in viele Themen eingelesen, berichtet sie. „Sehr viele Leute suchen nach den Ursachen dafür, dass der Körper nicht richtig funktioniert und fragen um Rat.“ Im Laden gibt es eine eigene Ecke mit einem entsprechenden Sortiment, beispielsweise mit basischen Produkten von Jentschura. „Wir sind die Nische für Allergiker“, sagt Eugenia Backes.

Instagram lockt junge Kundschaft an

Da es in Grünberg kein Reformhaus gibt, plant sie, das Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln auszubauen. Beraten wird sie dabei vom Großhändler Pural. „Ich habe gerne Dienstleister da“, sagt die Ladnerin. „Bevor ich mich stundenlang durch Webshops klicke, lasse ich mir doch lieber was über die Produkte erzählen.“ 

Zweimal im Jahr lädt Eugenia Backes ihre Kundinnen und Kunden zu Veranstaltungen in die Schalotte ein. Eine Heilpraktikerin hält dann Vorträge zu Themen wie Entgiftung und Eugenia kocht für alle. Die Abende kündigt sie auf Instagram an. Das Interesse sei groß, berichtet sie. 

Instagram bringe auch junge Laufkundschaft in den Laden. Für sie gibt es Produkte, die auf ihre Vorlieben zugeschnitten sind: Snacks zum Mitnehmen, bio-vegane Convenience-Produkte, Shots und Zuckerfreies. Bald gibt‘s neben dem Eingang auch Nüsse im Preiseinstiegssegment – noch so ein Tipp vom Großhändler Weiling, den sie im Zuge des Regalerückens gleich mit umsetzte. Der Platz für die Nüsse ist schon vorbereitet und die Preisschilder hat Weiling an der entsprechenden Stelle im Regal auch gleich platziert. So offen die Unternehmerin für Ratschläge ist, so wenig weicht sie von ihren Überzeugungen ab: Der Empfehlung eines Großhändlers, vor allem günstigere Produkte in die Regale zu stellen, verweigerte sie sich. „Die Qualität ist unseren Kunden wichtig. Das mache ich nicht.“

Gut fürs Betriebsklima: geteilte Verantwortung

Am herzlich-verbindlichen Umgang mit der Kundschaft und ihrem Team merkt man, mit wie viel Liebe Eugenia Backes ihre Arbeit macht. „Ich glaube an das, was ich tue“, sagt sie. Dass der Laden rund läuft, sei ihren Mitarbeitenden zu verdanken. Jeder ist für eigene Bereiche zuständig, beispielsweise für die Käsetheke. 

Ihr Herzensprojekt sind Auszubildende, die mit ihrer Unterstützung und der eines Bildungsträgers den Schulabschluss nachholen. „Wir sind als Laden bekannt dafür, dass wir Chancen geben.“ Es freue sie zu sehen, wie junge Leute „in die Verantworung gehen“. 

Apropos: „Verantwortung an Mitarbeitende zu übertragen kann ich jedem raten“, sagt Eugenia Backes. Das sei gut fürs Betriebsklima und für die eigene Freizeit: Sport und das Ehrenamt in einer Hilfsorganisation sind ihr wichtig. Abends verlässt sie gemeinsam mit dem Team den Laden, nicht später. „Ich bin gut organisiert und versuche, effizient zu arbeiten.“ Nach eigenen Angaben hat die Ladnerin „0,0 Papierbelege im Büro“, alles läuft digital und über das Warenwirtschaftssystem „Bio-Office“. 

Beim Netzwerken hingegen setzt die Unternehmerin auf den persönlichen Austausch: Mit fünf Ladnerinnen und Ladnern aus Mittelhessen – „junge Wilde und Routiniers“, wie sie sagt – hat sie sich zu einer Erfahrungsgruppe zusammengeschlossen. Die Mitglieder besuchen sich, testen Produkte, geben Tipps. Der Laden einer erfahrenen Kollegin aus der Runde dient Eugenia Backes als Vorbild für das Allergiker-Sortiment. 

Eugenia Backes Eindruck ist, dass die Lage für Biohändler sich stabilisiert. Sie beobachtet „mehr Drive und Zuversicht“. Wer sich darüber mit einer „jungen Wilden“ austauschen möchte, dem sei ein Besuch im Bioladen Schalotte in Grünberg ans Herz gelegt.

Zahlen – Daten – Fakten

  • Geschäftsführerin: Eugenia Backes
  • Adresse: Marktgasse 5, 35305 Grünberg
  • Öffnungszeiten: Mo – Do: 10 – 18 Uhr; Fr: 9 – 18 Uhr; Sa: 9 – 14 Uhr
  • Kauf des Ladens: 2021
  • Ladenfläche: 400 qm
  • Produktzahl: 3.000 – 3.500
  • Großhändler: Biogarten, Naturkost Elkershausen, Pural, Rapunzel, Weiling
  • Instagram: schalotte.gruenberg

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