Biohandel

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Bester Bio-Laden 2022

Herbsthof: „Drei Minuten Käse, bitte“

Axel Heinze wurde für seinen Bio-Hof im sächsischen Oschatz oft belächelt. Von einem Hofladen rieten ihm Experten ab. Heute, sieben Jahre später, ist der Herbst-Hof der „Beste Bio-Laden“ in der Kategorie Hofladen – auch, weil der Inhaber viel Herzblut und ungewöhnliche Ideen hat.

Der Mensch gewöhnt sich an alles: Wenn bei Bio-Landwirt Axel Heinze und seiner Familie die Butter ausgeht, fängt die Diskussion an: Wer geht Nach­schub holen? Das war schon so, als sich eine oder ein Heinze dafür noch ins Auto setzen musste, um zur nächsten Tankstelle zu fahren. Und es ist auch heute nicht anders, obwohl die Heinzes für frische Butter nur noch den gepflaster­ten Innenhof zwischen ihrem Wohnhaus in Oschatz-Thal­heim und dem Nebengebäude überqueren müssen. Dort betreibt Axel Heinze seit 2015 einen Hofladen, der in diesem Jahr von den Leserinnen und Lesern des Kundenmagazins Schrot&Korn zum Besten seiner Art gewählt worden ist.

Oschatz-Thalheim liegt ziemlich genau auf halbem Weg von Dresden nach Leipzig inmitten von Äckern. In der Ferne drehen sich gemächlich die Rotorblätter von Wind­krafträdern. Den Hof um seinen Laden übernahm Axel Heinze gemeinsam mit seiner Frau vor 21 Jahren von den Schwiegereltern und baute diesen zu einem traditionellen Dreiseitenhof um. Das Gebäu­de, in dem Heinze und seine drei Mitarbeiterinnen heute Bio-Lebensmittel verkaufen, stand viele Jahre leer, der Ge­danke an einen Hofladen aber war immer da, „mal so, mal so, je nach Stimmung“, sagt Axel Heinze.

Gegen alle Ratschläge

Dass es seinen Naturkosthan­del letztlich seit sieben Jahren gibt, liegt auch an Heinzes hartnäckigem Pioniergeist. Als er seine Idee mit dem Hofladen vor mehreren Beratern ausbrei­tete, winkten die meisten nur ab. „Für Bio im ostdeutschen Niemandsland sahen die keine Chance“, sagt Heinze. Doch die Familie entschied: „Wenn alle sagen, es geht nicht, genau dann muss man es machen“. Sie legten sich ins Zeug und bauten „mit viel Liebe, Herz­blut und Detailverliebtheit“, wie Heinze mit Nachdruck erzählt. Am Ende standen sie in einem warm und gleich­zeitig kreativ eingerichteten Hofladen.

Eigenes Bio-Fleisch

Die Innenausstattung ist das Ergebnis von Axel Heinzes zahlreichen Reisen: Die Holz­decke hat er sich in einem Bergdorf in Südfrankreich abgeschaut und in Oschatz nachgebaut, das Hoftor steht so auch irgendwo in England. Passend für einen Hofladen hat Heinze außerdem Einzelteile einer Dreschmaschine aufbereitet und als „Schmuck­stücke“ in den Laden integ­riert. Selbst die Holzregale mit den nach hinten geschwungenen Seitenteilen sind Maßanfertigungen.

In dem knapp 100 Quad­ratmeter großen Laden fällt nicht nur die Einrichtung auf. Neue Kunden höre er oft sagen, wie gut es hier rieche – „nach Brot, Geräuchertem oder nach Gewürzen“, sagt Heinze. „Die entdecken bei uns ihre Sinne wieder.“ Und sie finden hier neben den für einen Bioladen typischen Produkten auch Lebensmittel, die es nur im Herbst-Hof gibt: Sechs Mal pro Jahr bringt Axel Heinze eines seiner Hereford-Rinder persön­lich zum Schlachter und legt mit Hand an, wenn das Tier zerlegt wird. Per Newsletter informiert er seine Kunden, die dann bestellen. „Wenn jemand 24 Rouladen will, bekommt er 24 Rouladen“, sagt Axel Heinze.

Das Getrei­de, dass auf seinen Feldern wächst, lässt er zu Mehl und Backwaren verarbeiten, die er ebenfalls im Laden anbietet. Regionale Hersteller liefern außerdem Ziegenkäse, Obst und Gemüse, Nusscreme oder Bier. Aus seinem Raps, den Sonnenblumen und dem Leindotter presst Bio Planète im 25 Kilometer entfernten Lommatzsch Speiseöle. Der Rest kommt von Großhändler Naturkost Erfurt.

Auch beim Service setzt der Herbst-Hof auf Ausgefallenes: Käse bestellen die Kunden nicht in Gramm, sondern in Minuten: „Wenn jemand drei Minuten Käse bestellt, weiß ich ungefähr, wie viel ich abschneiden muss“, erklärt Heinze. „Man muss ein wenig herumspielen, sich Ideen ein­fallen lassen.“ Der Ladner und sein Team wollen die Kunden nicht nur unterhalten, son­dern mit 1A-Lebensmitteln versorgen. Wo das mal nicht klappt, werde reklamierte Ware anstandslos ersetzt, sagt Heinze. „Wenn man die Königsklasse der Lebensmit­tel verkauft, dann muss man kompromissbereit sein.“

„Wenn man die Königsklasse der Lebensmittel verkauft, dann muss man kompromissbereit sein.“

Axel Heinze

Bio-Pionier und -Erklärer

Heinze hat zu DDR-Zeiten das konventionelle Landwirt­schaften gelernt, sich aber immer schon für alternative Landbaumethoden interes­siert. Auf seinen vielen Reisen als Projektbegleiter für das Sächsische Landwirtschafts­ministerium hat er sich ver­schiedene Landbaukonzepte angeschaut. Als er vor 21 Jahren auf dem Herbst-Hof mit ökologischem Landbau begann, tat er das inmitten konventioneller Betriebe, die um ein zigfaches größer sind. Zu Beginn wurde er dort belä­chelt und verspottet, erinnert sich Heinze. Inzwischen be­komme er manchmal Anrufe von konventionellen Kolle­gen, die wissen wollen, wie er das mit der Bio-Landwirt­schaft hinbekomme.

Wie Bio funktioniert, muss Heinze hin und wieder auch aus reinem Eigeninteresse er­klären. Quasi über Nacht be­endete ein Bio-Bäcker, der aus Heinzes Getreide Backwaren macht, die Zusammenarbeit. Man wolle sich verstärkt auf die Nachfrage in und um Leipzig konzentrieren, hieß es dort. Heinze steckte den Kopf nicht in den Sand, sondern seine Fühler aus: Er fand einen Bäcker in der Nähe, der bereit war, auf Bio umzustellen und brachte der Belegschaft persönlich das dafür nötige Wissen bei. So entstand vor kurzem der erste Bio-Bäcker im Umkreis von 35 Kilometern rund um Oschatz. Das Getreide von Axel Heinze wird seitdem dort verbacken.

Der Mensch gewöhnt sich an alles? Axel Heinze ist kein Missionar, aber er tut als en­gagierter Bio-Landwirt und Bio-Ladner das Seinige dafür, dass in seiner Region Bio zum Gewöhnlichen wird. „Wir müssen zu unseren Kunden freundlich sein, herzlich sein, zuhören können und mit guten Argumenten falsche Be­fürchtungen und Vorbehalte richtigstellen.“

Zahlen – Daten – Fakten

Inhaber: Axel Heinze
Adresse: Kreischaer Str. 6, 04758 Oschatz
Öffnungszeiten: Do & Fr: 14 - 19 Uhr, Sa: 8 - 12 Uhr
Eröffnung: 2015
Produkte: 2.200
Verkaufsfläche: 98 qm
Anzahl Mitarbeiterinnen: 3 (Minijobs)
Großhändler: Naturkost Erfurt
Webseite: www.herbst-hof.de/hofladen

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