Wenn die Kundschaft vor Freude spontan den Ladeninhaber umarmt und wenn hinter der Theke Nägel für druckfrische Urkunden in die Wand geschlagen werden, dann ist klar: Die Besten Bio-Läden wurden bekanntgegeben. Für die Ausgezeichneten des Jahres 2025 gibt es jetzt Grund zum Feiern – und für vier von ihnen, die Gold-Gesamt-Gewinnner, einen besonders großen.
Zwischen Oktober und Dezember des vergangenen Jahres waren die Leser und Leserinnen von Schrot&Korn unter dem Motto „Gib Bio deine Stimme!“ dazu aufgerufen, für ihre Lieblingsläden zu stimmen. Ob Bio-Supermarkt, Fachgeschäft, Bio- oder Hofladen – die besten Läden aus all diesen Kategorien schaffen es Jahr für Jahr, Menschen zu begeistern und in ihnen den Impuls zur Abstimmung zu wecken.
Seit dem Jahr 2003 gibt es die Schrot&Korn-Leserwahl. Dieses Mal, im 22. Jahrgang, gingen fast 40.000 Bewertungen von knapp 22.000 Teilnehmenden beim bio verlag ein. Hinter jeder einzelnen steht ein zufriedener Kunde oder eine zufriedene Kundin.
Sie schätzen die persönliche Atmosphäre, den umfangreichen Service, die kompetente Beratung, die Qualität der Waren oder auch die Sortimentsvielfalt in ihrem Lieblingsladen. Das klingt dann so: „Der Kontakt zum Personal ist toll, der Service großartig, das Sortiment ist sehr umfangreich und die Atmosphäre ist gemütlich und vertraut.“ Oder so: „Dort einzukaufen ist Entspannung pur!“
Feedback für eine bessere Positionierung
Das differenzierte Feedback soll Ladnerinnen und Ladner dabei unterstützen, ihre Kundschaft und deren Wünsche besser kennenzulernen und sich gegenüber Wettbewerbern noch besser zu positionieren.
Oliver Scheiner, Head of Content von Schrot&Korn, erklärt, welche Bedeutung der Auszeichnung als Beste Bio-Läden darüber hinaus zukommt: „Mit jedem Einkauf im Bio-Fachhandel stimmen Kundinnen und Kunden für Bio-Lebensmittel ab – für Nachhaltigkeit und für eine lebenswerte Welt für zukünftige Generationen.“ Er betont: „Wir wollen deutlich machen, dass die aktive Beteiligung der Kundschaft am Erhalt des Bio-Fachhandels gefragt ist“.
Zu den Gold-Gesamt-Gewinnern des Jahres 2025 wurden der Bio-Supermarkt Kornblume Brinker in Lingen, das Fachgeschäft Biotop in Ilmenau, der Bioladen Die kleine Markthalle in Heideck sowie der Rathsbacher Hofladen in Weilmünster gewählt. BioHandel hat die Vier porträtiert.
Bio-Supermarkt mit 720 Quadratmetern: Kornblume Brinker in Lingen
Geteilte Freude ist vierfache Freude: Die Auszeichnung als Gold-Gesamt-Gewinner 2025 ist vor allem für die Zwillingsbrüder Simon und Vincent ein Grund zu Feiern. Sie haben den Familienbetrieb Kornblume im niedersächsischen Lingen im Jahr 2023 von ihren Eltern übernommen. Bis dahin waren Nanni und Ralf Brinker, die den Laden 1986 gegründet haben, bereits mehrfach Gold-Gewinner. Das ist nun auch der nächsten Ladner-Generation gelungen. „Wir haben es wieder geschafft, dieses Community-Gefühl zu vermitteln“, freut sich der 27-jährige Simon.
Das ist keine Selbstverständlichkeit angesichts der Herausforderungen, die das vergangene Jahr für die Brinkers mit sich brachte: Da gab es rund um die Kornblume eine große Baustelle, die die Zufahrt zur ladeneigenen Parkgarage unmöglich machte. Der nächstgelegene öffentliche Parkplatz in 250 Metern Entfernung war mit vollem Einkaufswagen kaum zu erreichen. Die Brüder führten Treuepunkte ein: Für jeden Einkauf im Wert von zehn Euro bekommen Kundinnen und Kunden einen Stempel auf eine Treuekarte. Für zehn Stempel gibt‘s im ladeneigenen Bistro ein Heißgetränk gratis. Die Aktion war ein Erfolg, berichtet Simon: 5.000 Karten wurden ab April 2024 verteilt – und der Laden ging ohne Minus aus dem Jahr.
Inzwischen ist der Weg zur Kornblume in Lingen wieder frei und die Brinker-Brüder können richtig loslegen. Sie haben einen Mitarbeiter fürs Marketing ins 17-köpfige Team geholt. Gemeinsam mit ihm wurde am Corporate Design und am Farbkonzept gearbeitet, das sich jetzt in Kleidung und Ladengestaltung wiederfindet. Auch die Reichweite in den sozialen Medien wurde erhöht. In Kürze gibt‘s im Laden eine erste Veranstaltung mit einem Küchenausstatter und der Obst- und Gemüsebereich soll erweitert werden.
Simon Brinker erzählt von den Vorhaben und ersten Neuerungen wie Eigenmarken bei Wein, Kaffee und Seife so versiert, als hätte er beruflich nie etwas anderes vorgehabt. Doch als er noch Wirtschaftsingenieurwesen studierte und sein Bruder eine Ausbildung im Lebensmittelbereich absolvierte, konnten sich beide durchaus vorstellen, andere Wege zu gehen. Dass sie nun die Kornblume weiterführen, ist ein Glück für langjährige Kunden, die Nanni und Ralf Brinker noch immer im Laden antreffen. Eine gute Nachricht ist‘s auch für die junge Bio-Kundschaft, die zukünftig auf die zupackenden Brüder zählen kann.
Gold: Atmosphäre, Frische, Preis-Leistungs-Verhältnis, Fachkundige Beratung, Sortimentsvielfalt, Rundumversorgung & Digitale Kommunikation
Fachgeschäft mit 200 Quadratmetern: Biotop Bioladen & Bistro in Ilmenau
Als das Team vom Bioladen Biotop im thüringischen Ilmenau von der Auszeichnung erfuhr, ließ es auf Instagram Glitzer-Konfetti regnen. Im Laden wurde das Inhaber-Duo Jana Ruck (51) und Sven Müller (50) von der Kundschaft umarmt und es flossen sogar Freudentränen. Gerade mal drei Jahre im Geschäft und schon Gold-Gesamt-Gewinner – das kommt also dabei heraus, wenn ein Tattoo-Experte und eine Vertriebsspezialistin sich den Traum vom eigenen Bioladen erfüllen.
„Dem Planet unter die Arme zu greifen und Bio in die Ilmenauer Innenstadt zu bringen, das ist unsere Mission“, sagt Sven Müller. Die Herzen der Kundschaft, die früher für eine größere Auswahl an Bio-Produkten in die umliegenden Städte Erfurt oder Weimar fahren musste, haben Jana und Sven mit viel Engagement erobert.
Danach gefragt, was den Laden ihrer Meinung nach besonders macht, antwortet Jana Ruck: „Ich sag mal kühn: Wir sind‘s!“. Sven, der auch veganer Ernährungsberater ist, ergänzt: „Jana ist der Kopf und ich bin das Herz des Ladens“. Er punktet mit breitem Fachwissen, Jana hat einen guten Blick für die Gestaltung des Ladens und leitet das Büro.
Beide führen ihr Biotop service- und kundenorientiert. Wer das Portemonnaie nicht dabei hat, der darf anschreiben. Wer Extrawünsche hat, für den werden Produkte bestellt. Im Laden herrsche eine familiäre Atmosphäre und zur Kundschaft bestehe ein freundschaftliches Verhältnis, erzählen die Inhaber. Ein Kunde bezeichnet das Biotop als „Wohlfühloase“. Das ist die Nische, die Jana Ruck und Sven Müller besetzen wollen. Mit dieser Atmosphäre im Laden wollen sie sich gegen den konventionellen Lebensmitteleinzelhandel behaupten.
Der Wechsel in die Selbstständigkeit war dennoch hart: Jana und Sven berichten von horrenden Stromnachzahlungen im ersten Jahr, von umfassenden rechtlichen Regularien, die erfüllt werden müssen und dass beide finanziell deutlich zurückstecken müssen. Dennoch haben Sven und Jana, die 15 Jahre lang im Vertrieb eines filialisierten Einzelhändlers gearbeitet hat, diesen Schritt nicht bereut. Der frühere Job habe ihr gezeigt, „wie es in puncto Nachhaltigkeit, Mitarbeiterführung und Umweltschutz nicht weitergehen darf“, sagt Jana. Sie kündigte, „und dann war der Weg frei“. Die Idee des gemeinsamen Bioladens war schon lange Thema bei Familientreffen gewesen – Sven ist mit Janas Schwester liiert.
Ein Kunde aus Berlin habe ihnen neulich gesagt, das helle, schöne Biotop wäre in der Hauptstadt ein Renner, erzählt Sven. Gut für die heimatverbundenen Ladner, dass es für sie im Städtchen Ilmenau ebenfalls so gut läuft.
Gold: Atmosphäre, Frische, Preis-Leistungs-Verhältnis, Fachkundige Beratung, Sortimentsvielfalt, Rundumversorgung & Angebote
Bio-Laden mit 60 Quadratmetern: Die kleine Markthalle in Heideck
Dass sie eines Tages selbstständig sein wollte, das war der heute 34-jährigen Sandra Badura früh klar. Ihre Eltern mit eigenem Betrieb waren es, die ihr davon abrieten. Am Ende war es aber genau jener Hof der Eltern im fränkischen Heideck, wo die Tochter die perfekte Ladenfläche für ihre Kleine Markthalle fand. Im Jahr 2017 feierte die gelernte Fremdsprachenkorrespondetin Eröffnung.
Heute gibt es in ihrem Bio-Laden alle Lebensmittel für den täglichen Bedarf. „Wir hatten keinen Bio-Laden in der Umgebung, das war für mich der Grund, warum ich gesagt habe ,ich mach das jetzt‘.“ Ein Laden, der Bauernmarkt und Supermarkt in einem ist, das war ihre Idee.
Bei der Auswahl der Produkte für ihr Sortiment bevorzugt sie regionale Lebensmittel aus biologischem Anbau. „Ich setze mich mit den regionalen Produkten auseinander. Ich finde es schön, wenn man die Leute dazu kennt und kleine Anbieter unterstützen kann“, berichtet sie.
Ihre Käsetheke voller regionaler Spezialitäten misst laut Sandra Badura nur etwa zwei Meter. Es gebe im Umkreis aber kaum eine vergleichbare. Auch ein regionaler Balsam-Essig aus der Haskapbeere steht auf der Theke bereit. „Besondere Produkte benötigen oft besondere Beratung oder Empfehlung, das können wir auf kleiner Fläche mit direktem Kundenkontakt besser bieten als große Läden“, sagt sie. Die Kundschaft schätze die Qualität der Waren und sei gerne bereit, die persönlichen Empfehlungen anzunehmen.
Kein Wunder: Die Liebe zum Kochen und zum guten Essen hat Sandra Badura nach eigener Aussage von ihrer Mutter geerbt. Sie berät die Kundschaft deshalb gerne zur Zubereitung der Produkte oder gibt Rezepttipps. Das Catering vorzubereiten – bestellte Wurst- und Käseplatten – ist Chefinnensache in der Kleinen Markthalle. Die Fotos davon macht Badura selbst und zeigt sie auf Instagram oder in ihrem WhatsApp-Status. Auf WhatsApp ist Sandra Badura auch für Bestellungen erreichbar – ein Service, den die Kunden sehr schätzen.
Zur Kundschaft zählen laut der Ladnerin neben Senioren, die zwei Möhren und eine Zwiebel kaufen, auch junge Familien, die den Wocheneinkauf bei ihr erledigen. Ihnen kommt Sandra Badura, die selbst Mutter ist, mit einer kinderfreundlichen Ausstattung entgegen: Im Kaufladen beschäftigen sich die Kleinen, während die Eltern den Einkauf erledigen – und wer Glück hat, ergattert danach noch einen der schnell ausverkauften Kaspressknödel, die Sandra Badura in der eigenen Küche mit Semmeln vom Vortag und viel Bergkäse frisch zubereitet.
Gold: Frische, Sortimentsvielfalt
Silber: Fachkundige Beratung
Bronze: Regionale Produkte, Preis-Leistungs-Verhältnis
Hofladen mit 100 Quadratmetern: Rathsbacher Hof in Weilmünster
Alles begann mit einem Sturz von der Leiter. Das war vor vielen Jahren, als Silke Radu und ihre Schwiegermutter hofeigene Eier und Milch zur Kundschaft nach Hause lieferten. Als die Mutter ihres Mannes verletzt ausfiel, musste sie den Leuten sagen, dass sie nicht kommen können. „So hat es angefangen, dass sie zu uns gekommen sind“, erinnert sich die Ladnerin. „Durch Mundpropaganda wurde es immer ein bisschen mehr.“ Im Jahr 1991 eröffnete Silke Radu auf dem Aussiedlerhof im hessischen Weilmünster dann den ersten Hofladen – auf einer Fläche von nur sieben Quadratmetern.
Inzwischen gibt‘s im Laden, der um mehr als das 14-fache gewachsen ist, laut Silke Radu „alles – zwar nicht in riesiger Auswahl, aber ein oder zwei Produkte zur Auswahl“. Außerdem bietet die Ladnerin 55 Sorten Käse, hofeigenes Demeter-Fleisch, Getreide, Kartoffeln aus eigenem Anbau und auch ein Kosmetik-Grundsortiment an. Den Käse darf man als Kunde übrigens auch probieren: „Es gibt nichts Ärgerlicheres, als Käse nach Hause zu tragen, der einem nachher nicht schmeckt“, sagt Silke Radu.
Vergebens sucht man im Rathsbacher Hof dagegen Kiwis aus Neuseeland oder Obst, das keine Saison hat. „Trauben aus Südafrika müssen nicht sein, finde ich. Wenn Kunden danach fragen, sage ich: ,Nimm doch lieber Apfel oder Birne‘. Manche sind sich darüber gar nicht bewusst, weil überall ständig alles angeboten wird.“
Als Silke Radu und ihr Mann mit der Vermarktung angefangen haben, hatten sie einen Praktikanten, der seine Diplomarbeit über den Hof geschrieben hat. Er prophezeite, dass sich für die Radus nur ein Verkaufswagen lohnen würde. Zu einem Laden an diesem Standort würde niemand kommen, war seine Prognose. Heute kommen Kunden nicht nur zum Einkaufen, sondern verweilen auch im Café. Es kommen Kindergartengruppen zum Kartoffelsetzen, Interessierte zu Bastelworkshops und sogar als Hochzeitslocation wurde der Hof schon gebucht.
Silke Radu ist 61 Jahre alt und führt den Laden wie eh und je. Hilfe beim Rangieren der großen Transport-Rollis bekommt sie von ihrem Mann. „In dem Alter reden viele Leute vom Vorruhestand, aber ich will eigentlich noch ein paar Jährchen machen“, sagt sie und lacht.
Über die Gold-Auszeichnung für ihren Hofladen freut sie sich umso mehr. „Wir haben immer mitgemischt bei den Auszeichnungen, waren aber nicht so herausragend“, sagt Silke Radu. „Wir waren sehr überrascht, dass wir jetzt Bester Bio-Laden geworden sind.“ Diese Überraschung ist den treuen Kunden gelungen.
Gold: Atmosphäre, Fachkundige Beratung, Sortimentsvielfalt
Silber: Preis-Leistungs-Verhältnis, Frische
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