Die 21. Auszeichnung der „Besten Bio-Läden“ war für alle Anwesenden eine ganz besondere. Denn auf der von Daniel Anthes moderierten Gala wurden nicht nur die Gewinner-Läden gekürt. Begleitet durch Standing Ovations wurde darüber hinaus bio verlags-Geschäftsführerin und -Mitgründerin Sabine Kauffmann von der „Bio-Bühne“ verabschiedet. „Ich bin jetzt 44 Jahre dabei und irgendwann ist auch mal gut“, kommentierte Kauffmann ihren Verlagsaustritt mit einem Augenzwinkern. Es sei „gut, wenn auch neue Ideen reinkommen können“.
Vorrangig galt der Gala-Abend aber wie jedes Jahr den Menschen, die hinter Deutschlands „Besten Bio-Läden 2024“ stecken und sich neben ihrer Auszeichnung über Geschenke und Jahrespatenschaften der Leserwahl-Sponsoren (siehe Ende des Artikels) freuen durften. Johannes Gutmann, Geschäftsführer von Sonnentor und einer dieser Paten, bedankte sich „von ganzen Herzen“ bei den Ladnerinnen und Ladnern. „Denn die Kunden kommen in erster Linie wegen euch“, so Gutmann zu den Gewinnern.
„Die Kunden kommen in erster Linie wegen euch!“
Ein besonderes Lob von Bioland-Vizepräsidentin Sabine Kabath galt dieses Mal den Hofläden: „Denn das sind diejenigen, die ständig den Spagat hinkriegen, den Hofladen zu betreuen und gleichzeitig im Betrieb präsent zu sein.“ Und dabei sorgen diese Menschen dafür, dass die Landwirtschaft auch wieder mehr Wertschätzung erfahre.
Dass die Kundinnen und Kunden so gern in Bio-Läden einkaufen, liegt vor allem an der Atmosphäre in den Geschäften und der besonderen Kundenbindung. So hieß es in einer der Bewertungen der Leserwahl etwa „Einkaufen ist bei euch wie Wellness.“ Kein Wunder, denn oft gibt es Verkostungen mit leckeren Häppchen oder kleine Aufmerksamkeiten zu besonderen Anlässen.
Und das sind die vier Gold-Gesamtgewinner: Für die besten Bewertungen über alle Kategorien hinweg wurden der Bioladen Urban, das Fachgeschäft Naturkost für Alle!, der Seestaller Dorfladen und der Bio-Hofladen Herbsthof ausgezeichnet (siehe Kurzportraits weiter unten in diesem Artikel).
Bessere Positionierung dank umfassender Kundenbewertung
Insgesamt 50.000 Bewertungen von teilnehmenden Schrot&Korn-Leserinnen und Lesern wurden für die Auswertung der Wahl herangezogen. Die Bewertungskategorien umfassten Frische (getrennt nach Obst und Gemüse sowie Molkereiprodukte, Brot und Fleisch), fachkundige Beratung, Sortimentsvielfalt, Preis-Leistungsverhältnis, Atmosphäre und in diesem Jahr die Zusatzkategorie „Starkes regionales Angebot“.
Auch in diesem Jahr hatten Händler wieder die Möglichkeit, den Teilnehmenden individuelle Fragen zu stellen. „Mit dem Wissen, was Kundinnen und Kunden an den Läden besonders schätzen und was sie verbessern würden, kann sich der Fachhandel gegenüber dem Wettbewerb noch besser positionieren“, sagt Jessica Fixel, Projektmanagerin beim bio verlag und zuständig für die Leserwahl.
„Die individuellen Fragen innerhalb der Leserwahl eignen sich hervorragend dazu, Fragen an Stamm- und auch Gelegenheitskäufer zu stellen“, erläutert Jessica Fixel. „Egal, ob sich die Fragen auf die Sortimentsaufstellung, die Parkplatzsituation oder die Auswahl der Käsetheke beziehen – hier wird das beantwortet, was den Händlern unter den Nägeln brennt.“
So fragten einige Ladnerinnen und Ladner dieses Mal beispielsweise auch nach den bevorzugten Kommunikationskanälen, um Rückschlüsse für die optimale Kundenansprache und das eigene Marketing zu ziehen.
Eine Neuerung in diesem Jahr war die Beteiligung der Influencerin und Food-Bloggerin Verena Hirsch an der Leserwahl „Beste Bio-Läden“. Sie hat unter anderem ihren persönlichen Bio-Laden bewertet und auf ihrem Instagram-Kanal (@allmydeer) über die Aktion berichtet.
Gold-Gesamtgewinner: Bioladen Urban in Dülmen (Bio-Supermarkt mit 560 Quadratmetern)
Über den Bioladen Urban war als Gold-Gesamt-Gewinner an dieser Stelle schon vor einem Jahr zu lesen. Damals hatten die Geschäftsführer Michael und Johannes Urban und Geschäftsführerin Elke Lovermann dem ersten Geschäftsjahr nach Ende der Corona-Einschränkungen vorfreudig entgegengesehen. Endlich wieder durchstarten!
Und tatsächlich: Kochkurse, Verkostungen, Weinproben und Kosmetik-Aktionen fanden im Bioladen Urban wieder statt. Auch ein Sommerfest wurde gemeinsam mit der Kundschaft gefeiert. Dass dies für das Urban-Team keinesfalls eine Selbstverständlichkeit ist, belegt ihr inoffizielles Motto des Jahres 2024: „Danke. Wir sind dankbar für alles, was wir haben und was wir von den Kunden geschenkt bekommen in diesen turbulenten Zeiten.“ Es zeigt, wie sehr das Team seine Kundinnen und Kunden schätzt. „Die täglichen Begegnungen im Laden sind für uns eine große Freude“, betont Elke Lovermann.
Das Geschäftsführer-Trio hört bei den Gesprächen mit der Kundschaft aber auch genau hin: Früher hätten die Kunden sich Parkplätze gewünscht – inzwischen gibt es sechs davon. Zuletzt sei vermehrt der Wunsch nach Sonderangeboten geäußert worden. Auch diese Anregung wurde umgesetzt: „Wir haben jetzt in jedem Segment ein bis zwei attraktive Preiseinstiegsprodukte“, erzählt Johannes Urban und ergänzt: „Bei Obst und Gemüse gibt es Wochenendangebote. Und wir bieten jetzt Fünf-Euro-Tüten mit Obst und Gemüse, das morgens aussortiert wurde. Die gehen alle weg.“
„Jede und Jeder genießt absolutes Vertrauen. Alle geben ihr Bestes, sind sehr verlässlich. Hier ist die Welt in Ordnung.“
15 Mitarbeitende hat Urban. „Jede und Jeder genießt absolutes Vertrauen. Alle geben ihr Bestes, sind sehr verlässlich. Hier ist die Welt in Ordnung“, sagt Geschäftsführerin Lovermann stolz. Was das Team nach eigener Aussage unverwechselbar macht, sind die starken Familienbande: Elke und Michael, die Eltern von Johannes, waren früher verheiratet, sind geschieden und haben beide neue Partner, die ebenfalls im Laden mitarbeiten. Sogar Elke Lovermanns Vater (85) hilft noch mit, macht Botengänge, erledigt Reparaturen. „Wir sind eine Familie, keine Einzelkämpfer. Nur zusammen kommen wir weiter“, betont Elke Lovermann.
Die übernächste Bioladen-Urban-Generation ist inzwischen auch schon mit dabei: Im vergangenen Jahr ist Co-Geschäftsführer Johannes Urban Vater einer Tochter geworden.
Gold: Fachkundige Beratung / Sortiments-Vielfalt / Frische Molkerei-Produkte, Brot, Fleisch
Silber: Frische Obst & Gemüse / Atmosphäre
Bronze: Starkes regionales Angebot
Gold-Gesamtgewinner: Naturkost für Alle! in Weil-Haltingen (Fachgeschäft mit 399 Quadratmetern)
Gefragt nach der Besonderheit ihres Ladens, gerät Patricia Plattner ins Schwärmen. Für sie und ihr achtköpfiges Team sei es „der schönste Laden der Welt“. Gegründet wurde er 1982, also vor über 40 Jahren, von Isabel Berg. Als diese erkrankte und im Jahr 2022 starb, trat Patricia Plattner 2023 ihre Nachfolge an. Die 34-Jährige, die im Laden ihre Ausbildung machte, schwärmt: „Als ich zum Vorstellungsgespräch kam, dachte ich, dass sich dieser Laden anfühlt wie Zuhause. Ich habe dann erstmal ein Praktikum gemacht und schon nach drei Tagen gemerkt, dass ich unbedingt hier bleiben möchte.“
Der Laden befindet sich im umgerüsteten Gewächshaus einer ehemaligen Gärtnerei im Dreiländereck neben Frankreich und der Schweiz. Was den Laden „einzigartig“ mache, sei das gemütliche Ambiente und auch das Sortiment: „Neben dem Wocheneinkauf können Sie sämtliche Dinge mitnehmen, die sie für den Haushalt benötigen“, sagt sie. „Für Kinder haben wir hochwertige Spielsachen, außerdem führen wir Bücher für alle Altersklassen. Seit Kurzem haben wir auch Gesellschaftsspiele im Sortiment“, ergänzt die Ladnerin. Für Haustiere gebe es eine eigene Abteilung, außerdem führt Naturkost für Alle!
Deko- und Haushaltsartikel wie Bettwäsche. „Falls man renovieren möchte, findet man auch dafür alles“, betont Patricia Plattner. „Ich sage immer: Wir sind ein Kaufhaus auf knapp 400 Quadratmetern.“
„Wenn ein Kunde oder eine Kundin krank ist und anruft, dann packen wir die Einkäufe zusammen und bringen sie vorbei.“
Neben der Sortimentsvielfalt liegt der Ladnerin nach eigener Auskunft die Regionalität am Herzen: „Das war bei uns schon immer ein großes Thema“, sagt sie. „Wir haben langjährige Beziehungen zu unseren Lieferanten hier in der Umgebung.“ Den Großteil des Gemüses und die frischen Demeter-Eier beziehe das Team aus einer Gärtnerei in etwa fünf Kilometern Entfernung. Das gelte auch für die Lieferanten von Suppenhühnern, Äpfeln und Säften.
Die Wahl zum Besten Bio-Laden zeigt, wie sehr die Kundschaft das Angebot und den Service schätze. „Wir sind immer hilfsbereit“, berichtet Patricia Plattner. „Wenn ein Kunde oder eine Kundin krank ist und anruft, dann packen wir die Einkäufe zusammen und bringen sie vorbei.“ Das sei nicht sonderlich rentabel, aber den Leuten eine Freude zu machen und zu helfen sei für das Team sehr schön.
Überhaupt, ihr Team: Das bestehe aus langjährigen Mitarbeitern. „Jeder kann mitgestalten, denn jeder hat seine spezielle Kompetenz und bringt sie mit ein“, berichtet die Ladnerin. Das Ergebnis sei „immer fantastisch“, und das komme bei der Kundschaft an.
Gold:Frische Obst & Gemüse
Silber: Starkes regionales Angebot / Sortiments-Vielfalt
Bronze: Preis-Leistungs-Verhältnis / Frische Molkerei-Produkte, Brot, Fleisch / Fachkundige Beratung
Gold-Gesamtgewinner: Seestaller Dorfladen in Fuchstal (Bio-Laden mit 65 Quadratmetern)
„Man muss zu uns wollen, um uns zu finden“, sagt Pascal Prestel und lacht. Auch ihn hat nur der Zufall an diesen Ort verschlagen: Bei einem Spaziergang mit seiner Verlobten Viktoria Luks hatte er den leerstehenden Laden in Fuchstal entdeckt. Beide sind gelernte Konditoren, kamen aus der Gastronomie, wurden Eltern und wollten was Neues machen. „Wir haben rumgesponnen und es entstand die Idee für den Dorfladen. Mit Hilfe von tollen Menschen haben wir den Laden umgebaut und seit November 2021 sind wir hier“, berichtet Prestel.
Dass der so junge Laden schon als Bester Bio-Laden ausgezeichnet wird, empfindet Pascal Prestel als große Wertschätzung. „Wir haben die besten Kunden der Welt“, sagt er. „Wir haben zum ersten Mal mitgemacht und nie gedacht, dass wir gewinnen. Die Leute haben uns sehr unterstützt. Das ist ein wahnsinnig gutes Feedback.“
Seinen Laden beschreibt Pascal Prestel als „familär und übersichtlich“. Im Angebot sind rund 1.500 Artikel für den Tagesbedarf, dazu Käsespezialitäten aus Kinsau, regionale Backwaren und Torten. Überhaupt liegt Prestel das regionale Sortiment am Herzen: „Wir haben Ware vom Metzger in Bio-Qualität, Gemüse aus dem Gewächshaus in der Nähe. Ich kann hinter Kulissen schauen. Das gibt mir ein richtig gutes Gefühl.“
„Wir haben zum ersten Mal mitgemacht und nie gedacht, dass wir gewinnen. Das ist ein wahnsinnig gutes Feedback.“
Dass ein reines Bio-Sortiment in Fuchstal so gut angenommen würde, stand vor der Eröffnung des Ladens nicht fest. „Wir wussten nicht, wie viele Bio-Fans es in der Region gibt. Wir haben aber gesagt: Bio ist unser roter Faden. Es ist schön zu sehen, dass sich die Menschen dafür begeistern lassen“, erzählt Pascal Prestel.
„Wir haben uns einen guten Ruf erarbeitet und die Gemeinde steht hinter uns“, sagt er. Auf die Frage, wie er den Laden bewerbe, antwortet er: „Eigentlich noch gar nicht. Das geht über Mund-zu-Mund-Propaganda und unseren Instagram-Account. Trotzdem kommen immer mehr Menschen zu uns.“ Und dank der Auszeichnung werden es nun wohl noch mehr.
Ein neues Projekt hat der Ladner auch: Demnächst darf er zwei Container in der Umgebung mit Produkten aus dem Dorfladen bestücken, die man via App einkaufen kann. Was das Jahr 2024 sonst noch bringt? „Wir fahren zur Beste-Bio-Läden-Gala. Da machen wir zwei Tage zu, das wird ein Highlight!“, freut sich Prestel. „Und ich habe gesagt: Wenn ich den Preis gewinne, dann feiern wir ein großes Fest. Den Rest lasse ich auf mich zukommen. “
Gold: Sortiments-Vielfalt / Preis-Leistungs-Verhältnis
Silber: Starkes regionales Angebot / Fachkundige Beratung / Frische Molkerei-Produkte,
Brot, Fleisch / Frische Obst & Gemüse / Atmosphäre
Gold-Gesamtgewinner: Herbsthof Bio Hofladen in Oschatz (Hofladen mit 98 Quadratmetern)
Schon zum vierten Mal nach 2019, 2020 und 2022 wird der Herbsthof von Axel Heinze als Bester Bio-Laden ausgezeichnet. Die Wahl 2023 hatte das Team nach eigener Auskunft nicht so groß beworben. Da ging es eher darum, wirtschaftlich „Fahrwasser unterm Kiel“ zu behalten. Das habe sich nun geändert.
Für die Wahl 2024 hat das Hofladen-Team laut Axel Heinze „jeden einzelnen Kunden drauf angesprochen und die Schrot&Korn mitgegeben“. Die Mühe hat sich gelohnt, der Herbsthof ist wieder unter den Ausgezeichneten. „Damit wollen wir weitergehen und daran arbeiten, uns von anderen abzusetzen. Wir möchten das gewisse Etwas bieten, das uns unterscheidet.“
Der passionierte Landwirt und Ladner hat seit dem Start des Hofladens im Jahr 2015 viel bewegt – obgleich einige Berater seinem Bio-Laden im Osten Deutschlands seinerzeit keine Erfolgsaussichten prognostizierten.
Nach wie vor versteht Heinze sich als Gestalter und Aufklärer. „Wir Landwirte sind die Bildhauer der Landschaft. Wir gestalten, verwerfen und setzen das Puzzle neu zusammen. Die nächsten Generationen werden das Kunstwerk, das wir hinterlassen, bewerten: ,Das ist schön‘, oder: ,Das kommt in die Mottenkiste‘.“ Heinze plädiert in diesem Zusammenhang für mehr Wertschätzung: Diese Arbeit an einem so „wichtigen, zukunftsweisenden Schalthebel“, wie er es nennt, „müsste durch zielführende Subventionen honoriert werden, anstelle von Masse und Flächenbewirtschaftung“.
„Wir möchten das gewisse Etwas bieten, das uns unterscheidet.“
Gefragt nach den jüngsten Veränderungen im Ladenalltag, sagt Axel Heinze: „Die Situation hat sich durch Inflation und steigende Preise verändert, das spüren wir. Die Umsätze sind zurückgegangen, die Stammkundschaft ist aber treu geblieben.“ Vor allem bei den Rohprodukten sei die Veränderung spürbar: Dinkel, vor drei Jahren noch ein Schnelldreher, verkaufte sich zuletzt nicht mehr gut. Ähnlich sei es beim Öl, vor allem Olivenöl.
Für Axel Heinze ist es nach eigener Aussage nun sehr wichtig, insbesondere die junge Kundschaft besser zu erreichen. Dafür tut er was: „Junge Kunden im Laden haben gesagt: ,Mensch, wir finden euch auf Instagram nicht‘. Da haben wir nachgelegt und uns auch junge Leute rangeholt.“
Um neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für den Laden wirbt Heinze nach eigener Aussage so: „Ich sage immer: ,Wenn ihr in dieses Team reinwollt, erinnert euch einfach an eure Kindheit. Wie gern hat man Kaufmannsladen gespielt – genau das ist es, nur im Erwachsenenalter‘.“
Gold: Atmosphäre / Frische Molkerei-Produkte, Brot, Fleisch
Silber: Preis-Leistungs-Verhältnis / Fachkundige Beratung
Bronze: Sortiments-Vielfalt
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