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Wissen Ihre Kunden, dass man Leinöl auch einfrieren kann?

Leinöl gehört zu den Kundenlieblingen. Nicht nur, weil es mit seinem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren sehr gesund ist. Das Öl hat auch weitere Vorzüge. Händler können das nutzen, indem sie einen Doppeltrumpf ausspielen: Sortimentsbreite gepaart mit Beratungskompetenz. 

„Mit Leinöl haben wir einen fortlaufend guten Durchsatz“, sagt Birgit Twellmann, stellvertretende Geschäftsführung im Bioladen Lübbecke. Zahlen des Branchenanalysten bioVista bestätigen, dass der Verkauf im Bio-Fachhandel das gesamte Jahr über ordentlich läuft – mit einer leicht verstärkten Nachfrage von Januar bis März. 

„Leinöl hat einen Umsatzanteil von 13,5 Prozent an den Speiseölen und ist damit die Nummer drei im Bio-Speiseöl-Segment“, unterstreicht bioVista-Vertriebsleiter Fabian Ganz. Im konventionellen Handel spielt es nach Angaben des Verbandes der Ölsaaten verarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) dagegen nur eine unbedeutende Rolle. Wer die gesunde Omega-3-Quelle sucht, den zieht es offenbar häufig in den Bioladen.

Leichte Umsatzsteigerung

„Die Nachfrage nach Leinöl steigt“, vermeldet die Teutoburger Ölmühle/kleine Mühle. Und auch die Zahlen von bioVista zeigen von Mai 23 bis April 24 gegenüber dem Vorjahr inklusive möglicher Preissteigerungen eine leichte Umsatzsteigerung von 1,5 Prozent.

Bei der Umsatzverteilung beobachtet Branchenanalyst Ganz: „Die fünf Top-Artikel von Rapunzel sowie von Bio Planète sind für über 62 Prozent des Umsatzes verantwortlich“. Dennoch hat der Bio-Fachhandel die Möglichkeit, sich mit einem breiten Sortiment als Leinölspezialist zu positionieren.

Umsatzentwicklung bei Leinöl

Kurze MHDs beachten

Die recht kurzen Mindesthaltbarkeitsdaten (MHD) der sensiblen Produkte verlangen beim Wareneinkauf unterdessen Beachtung. „Unser Bestellrhythmus für Leinöl ist sehr regelmäßig und wöchentlich“, berichtet Birgit Twellmann aus dem Bioladen Lübbecke. „Da sich die Produkte sehr gut drehen, gibt es aber praktisch nie Probleme mit ablaufendem MHD“. Im Idealfall stehen verschiedene Angebotsgrößen im Regal: kleine Flaschen für Einsteiger, mittlere und größere für den regelmäßigen Verbrauch. 

„Besonders die 500 ml-Vorratsflasche ist beliebt“, meint Eva Kiene, Marketing-Leitung von Rapunzel. Optimal platziert sei Leinöl auf Augenhöhe bei den Ölspezialitäten, empfiehlt Christina Brenninger, Marketing Managerin bei Byodo. Direkt neben den puren Varianten finden Spezialöle wie Mischungen aus Lein, Hanf, Kürbiskernen, Walnuss, Chia, Orangen und Nachtkerzenöl ihren Platz.

Motto-Tische mit Rezepten

Für die Neukundengewinnung empfehlen fast alle Hersteller thematische Zweitplatzierungen: „Gesund ins neue Jahr“ oder „Fit für den Winter“ inklusive Hinweis auf die Omega-3-Fettsäuren schlägt das Marketing der Kleinen Mühle vor, außerdem könnten Motto-Tische mit Rezepten für Smoothies, Dressings oder Müsli den Leinölabsatz steigern. Christina Brenninger setzt auf den Trend, Kombinationen anzubieten, zum Beispiel Leinöl, Quark und Kartoffeln oder ein Frühstücks-Päckchem mit Leinöl, Müsli und gegebenenfalls Früchten.

Begleitete Verkostungen

Unschlagbares Argument für Leinöl ist die Wahrnehmung über die eigenen Sinne: „Wir empfehlen begleitete Verkostungen, bei denen der Kunde das Leinöl pur auf einem Löffel probieren kann“, betont Christina Brenninger. Besonders milde Leinölsorten bieten sich für den Verkostungseinstieg an, rät Ökotrophologin Andrea Halberstadt von der Hamburger Öl-Manufaktur Vitaquell. 

Antje Steglich von Bio Planète empfiehlt im Rahmen der Verkostung unterschiedlicher Öle, diese in kleinen Schälchen zu präsentieren: „So können die Verbrauchenden schon mal einen ersten Eindruck von Geruch und Farbe des Öls bekommen“. Verkostet werde dann idealerweise mit einem kleinen Stück hellen Brotes. Weil die begleitete Probier-Variante mit hohem Zeitaufwand verbunden sei, könne ebenfalls eine stille Verkostung eine adäquate Alternative sein – dann am besten in zubereiteter Form, etwa in Quark, so Marketingfachfrau Brenninger. 

Eine gute Ausstattung mit Infobroschüren und Flyern hilft, den Erklärungsbedarf zum Omega-3-reichen Produkt abzudecken – Rapunzel und Bio Planète zum Beispiel stellen solche kostenfrei zur Verfügung. Bei Verkostungen können Kunden auch hilfreiche Tipps rund um die empfindlichen Fettsäuren erhalten, etwa zur Lagerung im Kühlschrank und zur Verwendung. „Dass man Leinöl auch einfrieren kann, wissen viele beispielsweise nicht“, meint Sarah Baensch von der Ölmühle Solling. Wenn klar ist, dass man das kostbare Öl auf diese Weise für mehrere Monate konservieren kann, nimmt das möglicherweise die Scheu zuzugreifen.

Tipps von der Kollegin

Birgit Twellmann, stellvertretende Geschäftsführerin Bioladen Lübbecke (180m2)

  • Wir haben einen Kundenkreis, der gezielt und regelmäßig Leinöle bei uns sucht. Der wichtigste Punkt für viele ist: Bitte nicht zu bitter
  • Unser großes Plus ist die passende Beratung zu den Fettsäuren und der besonderen Qualität. Wenn Kunden nach veganen Omega-3-Fettsäuren oder antientzündlichen Lebensmitteln suchen oder Probleme mit den Gelenken oder dem Cholesterinspiegel haben, ist Leinöl eine unserer Empfehlungen.
  • Verwendungstipps sind sehr geschätzt – beispielsweise Rezepte. Außerdem ist für viele Kunden neu, dass Leinöl angebrochen in den Kühlschrank gehört.

Basiswissen Leinöl

Lein gehört zu den ältesten Nutzpflanzen der Menschheit. Der Anbau der auch Flachs genannten Pflanze ist unkompliziert und die Samen haben es in sich – immerhin über 30 Prozent Fett stecken in den kleinen Kernchen. Für das Pressen werden zwei verschiedene Sorten verwendet: Während die etwas größeren Saaten von Goldlein mehr Quellstoffe in der Schale aufweisen und im Schnitt weniger Bitterstoffe enthalten, bietet dunkler Lein ein etwas besseres Fettsäureverhältnis.

Viel gesunde Fettsäure

Generell ist das Fettsäuren-Spektrum des in den Samen enthaltenen Öls sein besonderes Pfund. Es glänzt mit einem sehr hohen Gehalt an Alpha-Linolensäure. Sie wird auch als pflanzliche Omega-3-Fettsäure bezeichnet, kann vom menschlichen Körper nicht selber hergestellt werden, wird aber dennoch dringend benötigt. Der Fettbestandteil liefert wichtige Baustoffe für Zellmembranen, bringt das Immunsystem auf Vordermann, wirkt ausgleichend auf Cholesterinspiegel und Blutdruck. Dadurch nimmt er Einfluss auf die Gesundheit von Herz und Kreislauf und kann Entzündungen im Körper vermindern helfen.

„Leinöl gehört zu den Speiseölen mit dem höchsten Anteil natürlicher, pflanzlicher Omega-3-Fettsäuren“, lobt Sarah Baensch von Ölmühle Solling. Sein Gehalt an Alpha-Linolensäure liegt sogar bei über 50 Prozent, der von Omega-6-Fettsäure bei 12 bis 16 Prozent. Für den gesunden Stoffwechsel ist es wichtig, dass Omega-6- und Omega3-Fettsäuren ausreichend und zudem im richtigen Verhältnis zueinander vorhanden sind. 

Bei Leinöl liegt die Omega-6-zu Omega-3-Rate bei etwa 1:4. Das kann sich sehen lassen, denn je mehr Omega-3 desto besser. Zum Verglich: Oliven-, Raps-, Sonnenblumenöl und andere haben alle ein weniger günstiges Omega-Fettsäuren-Verhältnis von 2:1 oder sogar 4:1.

Bittere Geschmacksnote

Trotz seiner gesundheitlichen Vorteile, begeistert Leinöl nicht immer, denn es ist empfindlich gegen Luft, Licht und Wärme: Frisch gepresst hat es ein typisch nussig-saatiges Leinsamen-Aroma, nach wenigen Tagen und mit längerer Lagerdauer gesellt sich häufig jedoch eine zunehmend bittere Geschmacksnote hinzu. Manche mögen das, viele lehnen Leinöl aus diesem Grund jedoch ab. „Den Bittergeschmack erzeugen im Leinöl enthaltene Fettbegleitstoffe, die sogenannten Cyclolinopeptide, also spezifische Eiweißbruchstücke“, erklärt Dr. Ludger Brühl vom MaxRubner-Institut. Oxidieren die Fette, schmeckt Leinöl ranzig und eignet sich nicht mehr zum Verzehr.

Möglichst wenig Kontakt mit Sauerstoff in der Produktion und beim Abfüllen ist die generelle Maxime der Hersteller. Rapunzel hat die Ölfertigung entsprechend optimiert: Mit einem speziellen Verfahren wird bis inklusive der Abfüllung komplett unter Luftausschluss produziert. Außerdem nutzt das Unternehmen die nach dem Pressen separierten Feststoffe als Filter. Ein Umkarton schützt das in der braunen Glasflasche abgefüllte Öl vor Lichteinfall.

Was Kunden wissen wollen

  • Wie viel Leinöl pro Tag? Bereits zwei Teelöffel täglich helfen den täglichen Alpha-Linolensäure-Bedarf eines Erwachsenen zu decken, der laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei 1,5 bis 2 Gramm liegt.
  • Zu was passt Leinöl? Leinöl verträgt kein Erhitzen, das würde seine empfindlichen Omega3-Fettsäuren zerstören. Es eignet sich aber gut für die kalte Küche, also für Salatdressings, Smoothies, das Abrunden von Müslis und Porridges und zum Überträufeln von gegartem Gemüse. Der Leinöl-Klassiker kommt aus der Region Spreewald: Quark mit Leinöl und Kartoffeln. Die Kombi mit Quark dämpft den Bittergeschmack.
  • Wie lange hält Leinöl? Seine Qualität leidet, wenn es Licht, Wärme und Sauerstoff ausgesetzt ist. Leinöl sollte immer gut verschlossen, dunkel und kühl gelagert werden. Je nach Bio-Hersteller belaufen sich die Mindesthaltbarkeitsdaten ab Pressung auf drei bis sechs Monate, in wenigen Fällen auch bis zu zwölf Monaten.

Spezielle Filterung

Bio Planète setzt auf besondere Filtermethoden: „Nach dem Pressen durchlaufen fast alle Leinöle eine spezielle 3D-Filtration, so dass die kleinen bitteren Protein-Bruchstücke entfernt werden“, erklärt Antje Steglich aus der Unternehmenskommunikation. Einzige Ausnahme sei das natürlich bittere native Leinöl, das aus regional bezogener Leinsaat gepresst werde. 

Marketing-Managerin Christina Brenninger von Byodo betont, dass der natürliche frische, mild-nussige Charakter des eigenen Leinöls über gezielte Rohstoffauswahl erreicht werde. Außerdem füllt Byodo zum Schutz der Fettsäuren vor Licht in Weißblechdosen ab, die meisten anderen Anbieter nutzen dunkle Glasflaschen. 

Die Ölmühle Solling filtert ihr Leinöl nach dem Pressen durch Cellulosefilter um die gröbsten Schwebstoffe zu entfernen, nennt aber als wesentlichen Faktor für den milden Geschmack und die Qualität die täglich frische Produktion. Top-Frische, gleichzeitig größtmögliche Natürlichkeit, garantiert Anbieter Keimling mit seinem Leinöl. Montags bestellt, dienstags gepresst, mittwochs ausgeliefert: Frisch und ungefiltert kommt das goldene Öl inklusive aller Schweb- und Trubstoffe zu den Kundinnen und Kunden.

Die Vorteile von Bio

Für Bio-Leinöle kommt die Leinsaat immer aus kontrolliert biologischem Anbau, teils nach Naturland- oder Demeter-Richtlinien. „Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit werden geschützt, chemisch-synthetische Mittel im Anbau sind tabu, Rückstände von Pestiziden sind gegenüber konventionellem Saatgut verringert“, fasst Christina Brenninger die wesentlichen Vorteile zusammen. 

Alle BioLeinöle werden kaltgepresst. Das heißt, sie werden bei Temperaturen unter 40 Grad Celsius verarbeitet, bei Keimling sogar bei maximal 30. Außerdem sind Bio-Leinöle nativ, da nach dem Pressen nicht raffiniert – das heißt beispielweise erhitzt, separiert, desodoriert – wird.

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