Auch wenn der Run auf pflanzenbasierte und vegane Lebensmittel generell da ist: Das Sortiment der Joghurt-Alternativen schwächelt gerade ein bisschen. Das ergab die Umsatz-Analyse von Marktforscher bioVista für den Zeitraum März 2022 bis Februar 2023 mit Bezug auf den Vorjahreszeitraum. 13,3 Prozent betrug das Umsatz-Minus. „Generell haben wir im Bio-Fachhandel im Warensegment Frische derzeit trotz gestiegener Preise einen starken Umsatzrückgang von minus elf Prozent“, erklärt Fabian Ganz von bioVista. Die Joghurt-Alternativen würden sich hier also nicht viel anders verhalten als das gesamte frische Warensegment.
Einen Grund sieht Fabian Ganz darin, dass inzwischen nicht nur der Bio-Fachhandel die grünen Milchalternativen anbietet, sondern auch LEH und Discounter. Dort sind die Alternativen oft günstiger, was für Kundinnen und Kunden in Zeiten der Inflation ein Grund ist, im LEH zuzugreifen. Dazu komme, dass der Bio-Fachhandel seit kurzem auch Joghurt-Alternativen als deutlich günstigere Preiseinstiegs-Produkte anbietet.
Gut sichtbar platzieren
Trotzdem: Erstens dauert eine Inflation nicht ewig. Und zweitens steigt die Zahl der Flexitarier und Vegan-Umsteiger ständig an. Jeder Bio-Laden sollte darum eine gute Auswahl an Joghurt-Alternativen dahaben. Dazu zählen die Basic-Produkte aus Soja, Hafer und Kokos und, wenn noch Platz im Kühlregal ist, auch Mandel und Cashew. Dazu kommen Fruchtjoghurts und solche mit Vanille und Kaffee.
Natürlich muss alles gut sichtbar und ansprechend platziert werden. „Idealerweise werden die veganen Alternativen neben den Milch-Joghurts aufgestellt, um bei Flexitariern einen Switch zu erleichtern und die Produkte als Alternative zu den klassischen Joghurts zu zeigen“, erklärt Cécile Schaller vom Sojade-Marketing. Auch Jan Bahrs, Leiter Ladenentwicklung bei Weiling, sieht sie beim Kuhmilch-Joghurt stehen. „Durch ihren ausgezeichneten Geschmack, die gute Konsistenz und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sind die Joghurt-Alterativen für Veganer, aber auch für Flexitarier, hervorragend geeignet.“
Andere Anbieter empfehlen die Platzierung in einem veganen Regal oder Block, „da dies von den Endkunden gelernt ist“, so Lena Lembcke, Brand & Innovation Manager bei Harvest Moon. Moritz Collmar, Leitung Marketing und Public Relations bei Velike, sieht sie ebenfalls „separat bei den veganen Produkten“. Er rät außerdem zur Zweitplatzierung „im Eingangs- oder Müslibereich sowie in der Nähe des Kühlregals“, auch in Kombination mit saisonalen Aktionen – natürlich gut aufbewahrt in einer Kühlbox, die allerdings Energie frisst und somit Geld kostet.
Eine Zweitplatzierung sei auch bei anderen fermentierten Produkten wie gekühltem Kimchi und Sauerkraut sinnvoll, rät Christian Lück von Wild & Coco. Kundinnen und Kunden, die an Probiotika interessiert sind, stoßen so gleich auch auf die Joghurt-Alternativen.
Wer für Zweitplatzierungen nicht genügend Platz hat, kann gelegentlich eine begleitete Verkostung starten. Jan Bahrs von Weiling rät, dass Monoprodukte wie Kokos und Hafer Natur „ansprechend aufgepeppt werden, zum Beispiel mit Granola oder Saaten-Topping und frischen Früchten aufgeschichtet in einem kleinen Glas“. Das kurbele den Appetit an und gebe Anregungen für die Verwendung zu Hause.
Die Vorzüge für Gesundheit und Umwelt hervorheben
Im Gespräch mit den Kundinnen und Kunden können auch die gesundheitlichen Vorteile der veganen Alternativen kommuniziert werden. „Fermentiert, nicht pasteurisiert und darum frisch“, fasst Andreas Schmitz von Soyana die wichtigsten Argumente pro Gesundheit zusammen. Die alternativen Produkte seien in der Regel auch besser verdaulich, erklärt Franziska Kottnig, Marketing & Sales bei MyLove-MyLife, ein weiteres Argument.
Doch Läden können auch auf die ökologischen Vorzüge der Veggie-Joghurts hinweisen, empfehlen Carl-Clemens Köhler und Thomas Bohnenstengel, Gründer von The Vegan Cow. Alle Joghurt-Alternativen haben eine deutlich geringere Belastung mit Kohlendioxid. Nach einer aktuellen Berechnung, die The Vegan Cow in Auftrag gab, ist die für Hafer-Joghurt um 75 Prozent geringer als die für das tierische Pendant.
Und dass Sojabohnen, die für Bio-Produkte verwendet werden, nicht mit der Abholzung des tropischen Regenwaldes einhergehen, sondern in Deutschland und Europa in bester Bio-Qualität angebaut werden, kann im Verkaufsgespräch auch nicht oft genug erklärt werden.
Tipps vom Kollegen
- Wir haben Joghurt-Alternativen von fünf Anbietern im Regal, immer die Natur-Varianten und einige mit Frucht. Eine der Marken kommt aus einem Umkreis von 150 Kilometern.
- Platziert haben wir alle Alternativen bei den Kuhmilchpendants – jeweils eine Marke und deren Produkte im Block. Das sorgt für gute Sichtbarkeit.
- Am beliebtesten ist bei unserer Kundschaft Soja-Joghurt, gefolgt von Hafer. Darum sind diese Sorten breiter aufgestellt.
- Wir haben aktuell eine Verkostung mit einem regionalen Anbieter geplant. Grundsätzlich bevorzugen wir begleitete Hersteller-Verkostungen.
Basiswissen Joghurt Alternativen
Der Markt für pflanzliche Alternativen zu Fleisch- und Milchprodukten brummt. Seit 2020 ist er um 42 Prozent gewachsen. In fast allen Produktbereichen gab es Umsatz-Zuwächse: bei den Pflanzendrinks um 48 Prozent, bei den Veggie-Desserts um 32 Prozent und bei Käse ohne Kuh um sechs Prozent, ergab eine Studie des Good Food Institute Europe.
Bei den Joghurt-Alternativen verzeichneten die Marktforscher zwar einen leichten Rückgang von vier Prozent, den auch die Biofachgeschäfte zu spüren bekamen (siehe Grafik oben zum Umsatz mit Joghurt-Alternativen). Doch der Trend zu mehr Pflanze und weniger Tier in der Ernährung ist eindeutig. Vor allem die Ablehnung der herkömmlichen Tierhaltung und die Sorge vor Umweltschäden, aber auch ein wenig Neugier und natürlich die eigene Gesundheit sind Gründe, vom Tier zu lassen und zu den pflanzlichen Alterativen zu greifen, ergab eine Befragung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft 2022.
Pur oder mit Frucht
Das Schlemmen wird grünen Genießern leicht gemacht, gerade bei den Joghurt-Alternativen. Es gibt Produkte auf Basis von Soja, Hafer, Kokos, Mandeln und Cashew. Sie werden entweder pur, als Basisvariante wie das Pendant Naturjoghurt angeboten, aber auch mit Obst aller Art, mit Vanille und Kaffee. In die fruchtigen Becher kommen zum Beispiel Aprikosen, Bananen, Blaubeeren, Mango, Maracuja, Zitrone, Himbeeren, Sauerkirschen, Waldfrüchte und anderes mehr.
Schön ist, dass die meisten Anbieter veganer Joghurts auf viel Frucht und wenig Zucker setzen. Harvest Moon und Wild & Coco verzichten komplett auf Zuckerzusatz und füllen die Becher umso mehr mit Obst. Bis zu 50 Prozent beträgt der Fruchtanteil z.B. bei Harvest Moon. Durch ein Fenster im Becher ist der Fruchtpegel teils gut sichtbar.
„Joghurt“ dürfen sich die pflanzlichen Alternativen von Gesetzes wegen allerdings nicht nennen. Diese Bezeichnung ist den Produkten aus Milch von Kuh, Schaf und Ziege vorbehalten. Darum tragen die Alternativen kreative Bezeichnungen wie Naturghurt, Haferjogu, Basis Mandel bzw. Basis Kokos, Soja Natur, Soyananda und vieles mehr.
Hergestellt werden sie so ähnlich wie Produkte aus Kuhmilch. Basis ist jedoch ein Pflanzendrink, der erwärmt und anschließend mit Milchsäurebakterien wie Streptococcus thermophilus, Lactobacillus bulgaricus, Lactobacillus acidophilus und Bacterium lactis versetzt wird. Wichtig: Auch wenn sie Milchsäurebakterien heißen, die kleinen Helfer sind rein pflanzlich. Sie spalten den Zucker aus Hafer & Co. auf und bilden Säuren, die die „Milch“ dick legen. Nach acht bis zehn Stunden ist die Joghurt-Alternative fertig.
Fest ohne Zusätze
Bei Soja-Produkten gelingt das ohne weitere Zusätze. Sie sind nach der Fermentation stichfest oder werden cremig gerührt und kommen direkt ins Glas oder in den Becher. Andere Joghurt-Alternativen benötigen meist noch Dickungsmittel wie Wachsmaisstärke, Johannisbrotkernmehl, Agar-Agar oder Citrusfasern, oder bekommen einen Zusatz an Kokosöl, die den Produkten eine feste Konsistenz verleihen. Ohne diese Hilfsmittel wären sie zu dünn und somit schwer löffelbar. Wird eine Frucht-Variante daraus, kommt noch ein Mix aus Frucht, etwas Zucker und eventuell einem Verdickungsmittel dazu.
Das klingt gesund, und das ist es auch. Denn auch Joghurt-Alternativen enthalten Milchsäurebakterien, die wichtig für den Darm sind. Produkte aus Cashewnüssen und Mandeln liefern zudem herzgesunde mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Anders als in einem Joghurt aus Kuhmilch ist in den pflanzlichen außerdem keine Laktose, kein Milchzucker, enthalten. Manche Menschen vertragen sie nicht und müssen Produkte damit meiden. Insbesondere für sie sind die veganen Varianten eine tolle Alternative. Allerdings fehlt ihnen, anders als bei Joghurt aus Kuhmilch, Vitamin B12 und der Knochenstoff Kalzium. In konventionellen Pflanzenghurts werden sie teils zugesetzt, bei Bio ist dies nicht erlaubt.
Was Kunden wissen wollen
Wie lange halten sich Joghurt-Alternativen?
Im Kühlschrank sind die ungeöffneten veganen Joghurts mehrere Monate haltbar, oft auch über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus. Denn dies ist kein Verbrauchsdatum. Einmal geöffnet, sollten die alternativen Joghurts innerhalb von vier bis fünf Tagen gegessen werden. Wie immer gilt: Probieren geht über studieren.
Was geht damit noch außer Löffeln?
Die Natur-Varianten eignen sich prima auch für die Zubereitung von Salatdressings, Aufstrichen und Dipp, als Topping auf dem Müsli sowie zur Herstellung von Desserts, zum Backen von „Käsekuchen“ und für die Eisherstellung. Fruchtjoghurts sind eine prima Füllung für süße Pfannkuchen und Törtchen und das I-Tüpfelchen auf Obstsalaten und Eis.
Für Soja-Drink gilt der Steuersatz von 19 Prozent, für Soja-Joghurtalternativen fallen nur 7 Prozent an, warum?
Anders als Kuhmilch, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, ist Soja-Drink ein pflanzliches Getränk und fällt somit nicht unter die Ermäßigung. Bei Soja-Joghurtalternativen gilt folgendes: Da Soja eine Hülsenfrucht ist, unterliegt sowohl diese selbst, als auch der Soja-Joghurt dem ermäßigtem Steuersatz von 7 Prozent Umsatzsteuer.
Bio ist besser
Im Unterschied zu konventionellen Produkten sind die Bio-Alternativen frei von Säuerungs- und Antioxidationsmitteln, die für eine längere Haltbarkeit sorgen. Auch Farbstoffe und der dick machende Fructose-Glucose-Sirup sind nicht darin enthalten, in konventionellen Alternativen hingegen eine häufige Zutat. Die Rohstoffe kommen bei Bio immer aus kontrolliert biologischer Erzeugung, teils auch von Verbands-Bio-Bauern.
Velike mit Sitz in Offenburg bezieht ausschließlich Bioland-Hafer aus regionaler Erzeugung, also aus dem Schwarzwald und anderen Regionen in Baden-Württemberg. Ein Produkt des Sojade-Sortiments wird aus Demeter-Sojabohnen hergestellt. Oft haben die Rohstoffe für die Veganen keine weiten Wege hinter sich. Hafer und Soja kommen unter anderem aus Deutschland, Österreich und Frankreich, Mandeln werden aus Italien bezogen. Kokos und Cashew kommen hingegen aus Asien. Teils stehen dort Fair-Projekte dahinter, die den Bauen akzeptable Preise und eine feste Abnahme der Ernte garantieren.
Und auch das ist eine schöne Idee: The Vegan Cow unterstützt mit dem Verkauf jedes Hafer-Joghurts die Tierschutzstiftung Hof Butenland. Das ist eine Art Kuh-Altersheim, das Kühen und Ochsen aus Massentierhaltung einen friedlichen Lebensabend beschert.
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