Keine Party, keine Konferenz und überhaupt kaum ein Anlass, um sich schick zu machen. Corona trifft die Schönheitsbranche stark. Das zeigt sich nicht nur bei dekorativer Kosmetik, auch beim Haarstyling betreiben viele Frauen weniger Aufwand. Der Absatz von Haarspray ging von 2019 auf 2020 um 12,2 Prozent zurück. Auch Schaumfestiger waren laut Aerosolverband mit minus 4 Prozent in 2020 weniger gefragt.
Dazu passt das Ergebnis der Taft-Studie vom März 2021. Demnach gaben 42 Prozent der Teilnehmerinnen an, im Lockdown etwas weniger Zeit für ihr Styling und ihr Aussehen zu verwenden als zuvor. Rund 34 Minuten verbrachten Frauen im Schnitt mit ihrem Styling, davon etwa ein Drittel für das Haarstyling.
Die Studie ergab auch, dass jede zweite Frau seit Beginn der Pandemie weniger zufrieden mit ihrem Aussehen und ihrem Haarstyle ist als zuvor. Ein Grund: Viele gehen nicht mehr so häufig zum Friseur wie zuvor. Die Nachfrage nach Styling-Produkten dürfte jedoch wieder steigen. Denn in Video-Konferenzen, die inzwischen zum Alltag im Home-Office gehören, möchten sich viele gepflegt präsentieren.
Haarspray, Schaumfestiger, Haargel und -wachs helfen dabei, die Frisur in Form zu bringen oder den herausgewachsenen Stufenschnitt zu kaschieren.
So wirkt Haarspray
Mit rund 73 Prozent haben Aerosolprodukte, die mit Treibgas aus der Dose zischen, im Haarstyling-Markt den größten Anteil. Allein 94 Millionen Dosen Haarspray gingen 2020 über die Ladentheke. Der feine Sprühnebel kommt als Finish aufs trockene Haar. Er umhüllt jedes einzelne Haar, gibt der Frisur Stand und schützt sie vor Luftfeuchtigkeit, dem Feind Nummer Eins für glattes Haar.
Denn es verliert bei hoher Luftfeuchtigkeit an Volumen. Locken hingegen werden dann häufig noch krauser. Je nach Festigungsgrad tragen herkömmliche Sprays Ziffern: 1 bis 3 stehen für leichten bis mittleren Halt und eignen sich für alle Haartypen, 4 und 5 bedeuten starken und sehr starken Halt. Da bewegt sich kein Härchen mehr.
Solche Produkte werden auch als Haarlack bezeichnet, weil sie den Schopf stark glänzen lassen. Im Naturkosmetik-Sortiment gibt es deutlich weniger Auswahl. Kunden können zwischen Sprays für leichten und starken Halt wählen.
Luft anhalten beim Sprühen
Je feiner der Haarspray-Nebel, umso besser die Performance. Sprays mit Treibgas produzieren einen feinen Sprühnebel mit Partikeln im Nano- und Mikrometer-Bereich. Diese können beim Einatmen tief in die Lunge gelangen und langfristig Atemprobleme oder Entzündungen auslösen.
Mechanische Pumpsysteme produzieren laut Schweizer Bundesamt für Gesundheit in der Regel Tröpfchen, die größer als 100 Mikrometer sind, und daher nicht in die Bronchien und Lungenbläschen gelangen. Direktes Einatmen sollte man dennoch vermeiden.
Haarsträubender Mix
Konventionelles Spray ist im Wesentlichen aus einem Treibgas und in Alkohol und Wasser gelösten synthetischen Polymeren zusammengesetzt. Beim Haarewaschen gelangen die umweltbelastenden Kunststoffverbindungen ins Abwasser und in die Umwelt, wo sie nur schwer abbaubar sind.
Zur Formulierung gehören außerdem häufig PEG-basierte Emulgatoren/Tenside, die die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen können. Auch chemisch-synthetische UV-Filter setzen manche Hersteller ein. Für den Duft sorgt Parfüm. Auch dahinter verbergen sich Substanzen aus dem Chemielabor.
Extra deklariert werden muss zum Beispiel der Duftstoff Lilial (INCI Butylphenyl Methylpropional), der nach Maiglöckchen duftet. Ökotest kritisert den Riechstoff, da er die Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann und im Verdacht steht, das ungeborene Kind zu schädigen.
Das kann Schaumfestiger
Schaumfestiger kommt ins feuchte oder handtuchtrockene Haar. Der Schaum, auch Mousse genannt, lässt sich mit den Händen ins Haar kneten oder mit einem grobzinkigen Kamm darin verteilen. Lufttrocknen oder Föhnen – beides ist möglich. Schaumfestiger soll feines Haar voluminöser aussehen lassen und Locken definieren. Fönfrisuren soll er zu Glanz und Geschmeidigkeit verhelfen.
Einige Hersteller versprechen einen Hitzeschutz beim Föhnen oder beim Arbeiten mit dem Lockenstab. Im konventionellen Markt gibt es, ähnlich wie bei Haarspray, unterschiedliche Stärkegrade von 1 bis 5. Je höher der Wert, umso stärker der Halt und umso eher verklebt und beschwert das Produkt das Haar. Naturkosmetikfestiger wirken aufgrund der natürlichen Zusammensetzung weniger stark und loben keine Stärkegrade aus.
Hauptbestandteile konventioneller Schaumfestiger sind wie beim Haarspray neben einem Treibmittel und Alkohol verschiedene Kunststoffverbindungen, darunter der Silikon-Ersatz Polyquaternium. Die synthetischen Filmbildner ummanteln das einzelne Haar und ermöglichen das Formen der Haare, in dem sie beim Trocknen eine dünne Schicht darum bilden. Dazu kommen Inhaltsstoffe, die Schaum erzeugen, für bessere Kämmbarkeit sorgen, eine elektrostatische Aufladung verringern und emulgierend wirken.
Besser für die Atemwege: Naturkosmetik-Haarspray
Häufig übernimmt eine Substanz gleich mehrere Aufgaben, etwa das zu den problematischen PEG/PEG-Derivaten gehörende Laureth-4: Es wirkt emulgierend, antistatisch, parfümierend und wie ein Tensid. Alkohol löst die Inhaltsstoffe und wirkt konservierend. Dabei wird er oft unterstützt von synthetischen Substanzen, etwa Methylparaben, das im Verdacht steht, wie ein Hormon zu wirken.
In einem Ökotest Schaumfestiger aus 2020 fanden die Tester ebenfalls Lilial, außerdem den künstlichen Moschusduft Galaxolid. Er belastet über das Abwasser die Gewässer, reichert sich in Wasserlebewesen und im menschlichen Fettgewebe an. Naturkosmetisches Haarspray und Schaumfestiger kommen ohne synthetische Polymere und Emulgatoren, chemische Konservierungsmittel und künstliche Duftstoffe aus.
Tabu sind auch Treibhausgase und die energieaufwändig produzierte Aludose. Die Alternative sind mechanische Pumpzerstäuber aus Plastik. Die Tröpfchen, die sie erzeugen, sind etwas größer als jene aus Treibgasdosen. Naturkosmetik-Haarspray verteilt sich daher nicht ganz so fein im Haar. Dafür ist es weniger belastend für die Atemwege.
Schellack statt Synthetik
Der Ersatz für synthetische Polymere ist im naturkosmetischen Haarspray häufig Schellack. Das klebrige Harz stammt von Schildläusen und ist daher in veganer Kosmetik nicht erlaubt. Es bildet einen Film ums Haar, gibt ihm Halt und schützt es ähnlich gut vor Feuchtigkeit wie die synthetischen Substanzen. Allerdings kann Schellack, wenn man zu viel verwendet, das Haar beschweren und verkleben.
Geschieht das regelmäßig, hinterlässt es weißliche Rückstände, insbesondere in dunklem Haar, die sich nur schwer auswaschen oder ausbürsten lassen. Was dann hilft, erklärt eine Naturfrisörin. Veganes Haarspray ersetzt den Schellack durch Zucker, Bier oder, wie Bioturm, durch Sodium Polyitaconate. Geschäftsführerin Jasmin Langer erläutert: "Dieser Rohstoff wird biotechnologisch aus Mais hergestellt. Wir haben uns dafür entschieden, weil er der Frisur guten Halt gibt ohne dabei klebrig zu sein – auch bei höherer Luftfeuchtigkeit."
Die Substanz sei wasserlöslich und leicht biologisch abbaubar. Da Schellack sich im nassen Haar schlecht verteilt, nutzen Hersteller für Schaum- und Haarfestiger die gleichen Substanzen, mit denen veganes Spray das Haar festigt und griffiger macht. Wenn der Festiger schäumt, sind milde Zuckertenside mit von der Partie. Als Pflegestoffe enthalten naturkosmetische Haarsprays und -schäume hochwertige Pflanzenöle und Pflanzenextrakte wie Hopfen, die einen sanften Glanz verleihen.
Granatapfel gegen Austrocknen
Alkohol und natürliche ätherische Öle konservieren die Produkte. Letztere sorgen außerdem für einen angenehmen Duft. Damit das Haar nicht austrocknet und geschmeidig bleibt, enthalten die Rezepturen Feuchtigkeitsspender wie pflanzliches Glyzerin, Sorbitol oder Aloe vera-Saft. Weizen und Seidenproteine sollen helfen, die Haarstruktur zu verbessern.
„Wir benutzen für unser Haarmousse Destillat und wässrigen Auszug vom Granatapfel, da sie die Kopfhaut weniger austrocknen als einfaches Wasser", betont Rhea Sorge von Eco Cosmetics. „Insgesamt bleiben Haare und Kopfhaut in einem besseren Zustand, gerade wenn man das Mousse täglich benutzt."
Haargel und Haarwachs
Im Vergleich zu Spray und Festiger sind Haargel und Haarwachs weniger gebräuchlich. Gel kann im trockenen wie im feuchten Haar verwendet werden. Es erzeugt einen Nass-Effekt und eignet sich, um einzelne Strähnen zu modellieren oder um Locken zu akzentuieren. Haarwachs, auch Pomade genannt, akzentuiert ebenfalls, bleibt aber formbar. Damit lässt sich beispielsweise eine Naturkrause stylen und – im Falle von Naturkosmetik – der Vollbart und die Haarspitzen pflegen, damit sie nicht aufsplissen.
Bei trockenem Haar mit Frizz, das sich aufplustert, kräuselt oder vom Kopf absteht, hilft Wachs, „fliegende" Haare zu bändigen. Wichtig ist die sparsame Anwendung, denn Wachs beschwert die Haare, so dass insbesondere bei feiner Struktur die Frisur zusammenfallen kann. Außerdem lässt es den Schopf schnell fettig aussehen.
Das liegt an der Formulierung. Hauptbestandteile von Haargel sind Wasser, Filmbildner, Verdickungsmittel und Alkohol, der konserviert und beim Trocknen verdunstet, was den festigenden Effekt unterstützt. Bei Haarwachs hingegen stellen fettige/ölige Stoffe die Grundlage.
Die Formulierung konventioneller Produkte lässt kritischen Kunden gewissermaßen die Haare zu Berge stehen: Paraffine, Parabene, synthetische Kunststoffe, bedenkliche PEG-Emulgatoren, synthetische Konservierungsmittel und ein Mix künstlicher Duftstoffe gehören zum Standard. Die paar Tropfen Sonnenblumenöl, etwas Bienenwachs oder Sheabutter in manchem Produkt machen das nicht wett.
Natürliche Formgeber
Festigend und formgebend in zertifiziertem Haargel wirken Zutaten wie Bier, Mineralerde und mikrokristalline Zellulose, Bambusextrakt, Zucker sowie Birkenblatt- oder Hopfenauszüge. Kastenbein & Bosch nutzen einen Chiasamen-Extrakt.
Jonas Köller erkärt die Vorzüge: „Mit seinem hohen Nährstoffgehalt versorgt der Extrakt die Haare optimal und bindet zugleich Feuchtigkeit. Außerdem sorgt er für die cremig-flutschige Konsistenz des Gels."
Statt Wasser nutzen die Hersteller häufig Pflanzenhydrolate für ihr Haargel, gern von Orangen- oder Zitrusblüten. Beim Alkohol wählen sie reinen, unvergällten Trinkalkohol (Weingeist), der als hautschonender gilt. In Haarwachs sorgen pflanzliche Öle und Fette wie Kokos- und Jojobaöl, Woll- und Bienenwachs für gute Formbarkeit und sanften Glanz.
Tipps von der Naturfriseurin
Claudia Lanzke-Vietz ist Friseurmeisterin und Naturfriseurin. Sie arbeitet in ihrem Salon "La Vie" in Grävenwiesbach im Taunus ausschließlich mit natürlichen Produkten.
- Haarstyling-Produkte stets sparsam verwenden: Eine erbsengroße Menge Haargel oder Haarwachs, eine walnussgroße Menge Schaumfestiger und zwei, drei Stöße aus der Pumpflasche genügen.
- Haarspray grundsätzlich eine Armlänge vom Kopf entfernt über die Frisur in die Luft sprühen, damit es sich gleichmäßig verteilt. Vor dem zu Bett gehen ausgiebig die Haare bürsten, um sie von Styling-Produkten zu befreien.
- Bei häufigem Gebrauch können sich Inhaltsstoffe, vor allem Schellack, überlagern und weißliche Rückstände auf dem Haar entstehen. Milde Shampoos schaffen es oft nicht, sie vollständig zu beseitigen. Ich empfehle kurmäßige Anwendungen mit Heil-, Lava- oder Mineralerde, Detox-Haarmasken mit Aktivkohle oder farblosem Henna.
Hersteller und ihre Produkte
Keshawa Haarwachs Repair & Style
Eubiona
Volumen-Schaumfestiger, Styling-Gel, Hydro Haarspray
Eco cosmetics
Hair Gel, Hair Spray, Hair Mousse
Bioturm
Styling Gel Nr. 123, Schaumfestiger leichter Halt Nr. 120, Schaumfestiger starker Halt Nr. 121, Haarspray Nummer 122, Styling Paste
Farfalla
Haargel Grapefruit, Styling Mousse Limette, Haarspray Orange
Fair Squared
Hair Spray Green Tea, Styling Cream Argan
Kastenbein & Bosch
Haarwichse Gum, Haarwichse Mattwachs, Haarwachse Pomenade, Haarwachse Frisiercreme, Haargel Chia
Sante
Haarwachs Natural Wax, Schaumfestiger Styling Foam, Haarspray Natural Styling, Styling Gel Natural Former
Logona Styling Haargel Bambus, Fönfestiger Bambus, Haarspray Bio-Hopfen
Schoenenberger
Styling Gel, Haar Spray, Schaum Festiger
Sanoll
Haarfestiger Ökobier, Styling Schaum-Festiger, Haarspray Brennessel, Haargel Hanf Aloe-Vera, Haarwachs Jojoba-Kokos
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