Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Allrounder mit Trendpotenzial

Wie feine Würzöle das Öl-Sortiment im Bioladen abrunden

Das Angebot an Bio-Würzölen ist stattlich. Dass die Kombination von Pflanzenölen mit Gewürzen und Kräuterauszügen das Kochen erleichtert und inspiriert, ist vielen dennoch neu. Doch durch Verkostungen und Rezeptideen im Laden kommt die Kundschaft auf den Geschmack.

Für Sarah Baensch, aus der Geschäftsleitung der Ölmühle Solling ist eines glasklar: „Der Verkauf von Würzölen läuft besonders gut, wenn die Kunden probieren können – gerade bei exotischen Sorten.“ In den eigenen spezialisierten Ölläden am Firmenhauptsitz und in Köln, steht diese Möglichkeit daher (normalerweise) immer offen. Auch wenn das aktuell nicht möglich sei, lohne eine Verkostung mit kleinen 20- oder 100-Milliliter-Fläschchen für Zuhause.

„Wenn der Kunde einmal den intensiven Geschmack eines speziellen Würzöls für sich entdeckt hat, verwendet er es vielseitig und unkompliziert in der schnellen Alltagsküche oder in raffinierten Gerichten“, meint auch Daniel Lubitz aus dem Vertrieb von La Selva. Damit haben die Würzöle nach seiner Ansicht Trendpotenzial.

Umsatz mit Würzölen

„Das Segment gehört in jedes Ölregal – zur Differenzierung, Wertschöpfung und Abrundung des Sortimentes“, unterstreicht Tina Ulmer aus der Unternehmenskommunikation des Italien-Spezialisten Ppura. Die Umsatzzahlen, die Branchenanalyst Biovista für den Zeitraum Dezember 2019 bis November 2020 ermittelte, geben ihr Recht.

Die Würzöle verzeichneten für diesen Zeitraum eine überdurchschnittliche Entwicklung um 18,8 Prozent. Rund 99 Euro flossen so monatlich in die Kasse eines Ladens, etwa 15 Würzöle wurden dabei verkauft. Der Anteil der Spezialitäten am Gesamtumsatz der Speiseöle lag bei 2,8 Prozent. Das klingt nach Entwicklungspotenzial.

Umsatz mit Würzölen steigern

Zum Einstieg in das Sortiment empfiehlt Sarah Baensch mindestens sechs verschiedene Würzöle – je nach Geschäftsgröße auch mehr. Die Sortenwahl orientiere sich am Kundenwunsch. Frische Zitrusnoten gehören in Kombination mit Olivenöl zu den Top-Sellern. Aber auch scharfe Noten mit Chili und Knoblauch sind Kundenlieblinge. Antje Steglich von Bio Planète nennt daneben als weitere wichtige Favoriten Basilikum, Orange und den Trend zu Trüffel.

Für die Ordnung im Regal hilft es, „die Öle nach Sorte und die große Breite der Olivenöle nach Herkunftsländern zu sortieren, dabei Herkunftsöle oder Besonderheiten wie Würzöle zusätzlich herauszustellen“, so Eva Kiene von Rapunzel. Bei einer großen Anzahl verschiedener Würzöle und Anbieter kann den Spezialitäten ein Block im Essig- und Öl-Regal eingeräumt werden. Daniel Lubitz von La Selva rät saisonal zur Zweitplatzierung in der Obst- und Gemüseabteilung.

Den besten Effekt erzielen Ihre Kunden, wenn sie das Öl kurz vor dem Servieren über die Speisen träufeln.

Sarah Baensch, Geschäftsführung Ölmühle Solling

Auch vielseitige Themenaufbauten böten ein Forum für die würzenden Öle: „Zur Grillzeit als fruchtiges Topping auf fertigem Grillgut, zu gedünstetem oder rohem Gemüse, im Kräuterquark, zur Pasta oder in der asiatischen Küche“, so der Vertriebsexperte von La Selva.

Verkostungen lohnen

Sollte es wieder möglich sein, lohnt bei Würzölen auf jeden Fall das Verkosten, raten alle Hersteller. In Eigenregie ist das ohne großen Mehraufwand gut möglich, „beispielsweise in Form einer geöffneten Flasche mit Brotkorb, am besten Weißbrot, am Ölregal oder auf der Käsetheke“, meint Tina Ulmer von Ppura.

Antje Steglich unterstreicht, dass Bio Planète (sobald wieder machbar) aktive Verkostungen auch personell unterstütze. Passende kostenfreie Infomaterialien, wie Broschüren, Speiseöl-Guide, Öltabelle und kleine Rezepthefte bieten beispielsweise Rapunzel und Bio Planète an. Besonders Rezepte und authentische Tipps zum Umgang mit den ‚neuen Gewürzhelfern‘ erleichtern den Verkauf. Unter anderem die Ölmühle Solling und Rapunzel halten einen besonderen Fundus in ihrem Internetauftritt bereit.

Was Kunden überzeugt

Die hohe Qualität ohne Zusatz von künstlichen oder nicht aus den eigentlichen Aroma-Namensgebern stammenden Aromen, Salz, Konservierungsstoffen, sowie die besonderen Würzöl-Rezepturen dürften Kunden überzeugen. Und natürlich die Frische der Öle. Generell haben kleine Bio-Ölmühlen einen Frischevorteil gegenüber konventionellen Riesen. „Produkte, die unser Lager verlassen, sind idealerweise nur einige Tage oder maximal wenige Wochen alt“, so Sarah Baensch.

Gesichert wird das durch eine Produktion, die pro Monat für jedes Würzöl mindestens einmal stattfindet, bei der teilweise in Kleinstchargen auch mal nur 100 Flaschen hergestellt werden. Um die einwandfreie Qualität der oxidationsempfindlichen Ware zu erhalten, sind die Fläschchen für Bio-Öle aus dunklem Glas. Zusätzlich sei eine einwandfreie Lagerung wichtig, also kühl und lichtgeschützt, so Monika Mayer von La Selva. Wesentlicher als in anderen Sortimenten ist: nicht zu viele Flaschen im Regal, dafür häufiger auffüllen.

Tipps vom Kollegen

Jonathan Penner, Geschäftsführung Dein Bioladen, Wetzlar (480 Quadratmeter)

  • Wir führen sechs verschiedene Würzöle von zwei Herstellern. Bei unseren Kunden ist die Schärfe von Chili-Würzöl der Favorit.
  • Wir platzieren sie bei den Ölen. Auch das Antipasti-Sortiment ist nicht weit, eine ideale Kombi.
  • Mit Bio Planète-Ölen haben wir eine von der Ölmühle Moog unterstützte Verkostung durchgeführt. Das ist bei den Kunden damals super angekommen.
  • Es lohnt, sich mit den Grundölen auszukennen. Deren Qualität interessiert viele Kunden.

Basiswissen

Jedes Würzöl verströmt ein individuelles Bouquet an Aromen und gibt damit ein eindeutiges Versprechen: eines für viel Geschmack und eine feine Küche. Gleichzeitig öffnen die aromatischen Pflanzenöle als Zwitterprodukt aus Gewürz und Öl ein Türchen für alle, die zeitsparend, aber natürlich und raffiniert kochen möchten: Ein Esslöffel Basilikum-Olivenöl über Tomaten mit Mozzarella verhilft dem italienischen Klassiker selbst bei fehlenden frischen Kräutern zum Erfolg, Kokosöl mit Chili-Knoblauch-Note bringt bereits beim Dünsten Geschmack und leichte Schärfe ins Essen und beim Nachtisch verfeinern Spezialitäten wie Kaffee- oder Zimt-Mandelöl den süßen Genuss.

Olivenöl ist Spitzenreiter

Das Geschmacksspektrum der Würzöle reicht weit (siehe Bildergalerie „Öl mit viel Aroma!“). Die Unterschiede der Produkte beginnen allerdings nicht erst bei der Art des Aromas, sondern viel früher, bei der Wahl der Grundöle, die im Gemisch meist mindestens 98 Prozent ausmachen. Sie entscheiden, welchen Charakter das spätere Produkt hat.

Olivenöl ist Spitzenreiter unter den geschmacklich verfeinerten Ölen. Kein Wunder, denn es überzeugt mit südlichem Flair, fruchtig-scharfer Grundnote, sowie mit einem hohen Ölsäure- und Polyphenolgehalt – beides beispielsweise vorteilhaft für Herz und Kreislauf. Anbieter wie Bio Planète, Mani Bläuel, Ppura, La Selva, Rapunzel und Vita Verde präsentieren sich hierbei als Olivenöl-Spezialisten mit sowohl fruchtigen, als auch würzig-scharfen, sowie raffinierten Geschmacksrichtungen wie Trüffel. Die Oliven dafür stammen von Bio-Bauern in Spanien, Italien oder Griechenland.

Rapsöl, das „Olivenöl des Nordens“

Die Ölmühle Solling setzt dagegen auf das „Olivenöl des Nordens“ und nutzt bei seinen Würzölen zumeist Raps aus regionalem Anbau, das sich aufgrund seines geringen Eigengeschmacks zudem ideal kombinieren lässt. Rapsöl punktet mit einem ausgewogenen Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren von 2:1 und gilt aus ernährungsmedizinischer Sicht als Top-Empfehlung. Ebenso, aber seltener im Einsatz: Sonnenblumen-, Sesam- und Mandelöl, die ein sanftes Eigenaroma haben und damit perfekte Partner für Gewürze sind.

Für Fans von exotischem Kokosöl bieten Kokos-Spezialist Dr. Goerg, aber auch die Ölmühle Solling verschiedenste Varianten an. Kokosöl bietet den Vorteil, dass es relativ hitzestabil ist. Besser als andere Produkte eignet es sich daher zum kurzen Braten und Dünsten.

Bio-Vorteile

Wichtig für alle Bio-Würzöle: Die Hersteller nutzen schonend kaltgepresste Öle, die häufig sogar bei unter 27 Grad verarbeitet und damit als Rohkost geeignet sind und nicht raffiniert werden, anders als bei manchen konventionellen Produkten. Wertgebende Inhaltsstoffe bleiben so weitgehend erhalten. Konservierungsstoffe oder zusätzliche Antioxidantien, die Fettsäuren vor dem Ranzig-werden schützen sollen, werden nicht zugesetzt. Außerdem bietet Bio eine Auswahl an erlesenen Aroma-Kompositionen, die es so bei konventionellen Produkten nicht gibt.

Interessante Unterschiede gibt es bei der Art und Weise, wie die Öle aromatisiert werden. Konventionelle Anbieter nutzen hierfür teilweise synthetische Aromen, manchmal kommt Salz hinzu. Bio-Hersteller wie Bio Planète sprechen dagegen von „echtem Geschmack aus echten Zutaten“, die unter anderem als ‚Kräuter-Auszug‘ deklariert werden. „Für unser Olivenöl Basilikum werden spätestens fünf Stunden nach der Ernte Bio-Oliven und frisches Basilikum gereinigt und gewaschen, dann gemeinsam gepresst. Anschließend wird das Öl mit einem Dekanter abgetrennt, gefiltert und abgefüllt“, erläutert Antje Steglich von Bio Planète den Herstellungsprozess, der so ähnlich auch bei anderen Bio-Würzöl-Herstellern und mit unterschiedlichen Zutaten funktioniert.

Beachtliche Mengen

Die Mengen an aromagebenden Rohstoffen sind dabei beachtlich. La Selva nennt für ihr Olivenöl Zitrone beispielsweise ein Verhältnis von 30 Prozent Zitrone und 70 Prozent Oliven, die gemeinsam gepresst werden. Anstatt die Zitrusfrucht mitzupressen, arbeitet Vita Verde mit der Zugabe von ätherischen Extrakten aus wilden Früchten. Natürliche Aromenextrakte kommen beispielsweise auch bei Dr.Goergs Kokosölen zum Einsatz.

Ein anderes, ebenfalls für Bio-Würzöle angewandtes Verfahren ist das sogenannte Infundieren. Hierbei werden „frische Bio-Zitronen- und Orangenschalen oder Ingwerstücke in nativem Olivenöl extra eingelegt und ziehen so lange, bis der richtige Geschmack erreicht wird“, beschreibt Felix Bläuel beispielhaft den Produktionsprozess der Mani-Bläuel-Fruchtöle. Auch Kombinationen aus beiden Verfahren werden angewandt, beispielsweise beim Berliner Feuer von Ölwerk.

Was Kunden wissen wollen

Was ist der Unterschied zu Aromaölen?

Auch wenn Aromaöl (z.B. von Sonnentor, Baldini, Vegaroma) Gewürzöl genannt wird, gibt es entscheidende Unterschiede zu Würzölen. Aromaöle sind ätherische Öle (z.B. aus Zitrone, Orange, Basilikum) mit hochintensivem Aroma. Sie müssen noch sparsamer dosiert werden als Würzöle.

Wie lange sind Würzöle haltbar?

Die Haltbarkeit richtet sich nach dem Basisöl und der Art der Würze. Während Kokosöle neun bis zu 24 Monate nach Abfülldatum halten, sind es bei Olive, Raps und Sonnenblumen etwa 18 Monate. Sesam- und Mandelöl halten im Schnitt zwölf Monate.

Kann man mit Würzölen braten?

Würzöle entfalten ihre volle aromatische Kraft, wenn sie nach dem Kochen über die Speisen gegeben werden. Bei hohen Temperaturen verflüchtigen sich die Aromen. Außerdem richtet sich die Hitzetoleranz nach der Art der Grundöle: Kokosfett und Olivenöl haben beim Dünsten und Braten die Nase vorn.

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