Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Würzpaste

So vielseitig und regional ist Bio-Senf

Ob mild, scharf oder süß, cremig oder mit Körnern: Senf ist äußerst vielseitig und bei Kunden besonders im Dezember wieder hoch im Kurs. Welche Vorteile die Paste in Bio-Qualität zu bieten hat, sollten Ladner wissen.

Senf ist ein Ganz­jahresprodukt, unverzichtbar im Alltag, beim Grillen, aber auch für Feste. Die Würzpaste begleitet Bratwurst und Käse, verfei­nert das Endiviensalat-Dres­sing genauso wie die selbstge­machte Mayonnaise oder den Dipp zu Avocado, sie würzt Rindsrouladen, lässt sich aufs Brot streichen. Wie bioVista-Daten zeigen, schwingt sich die Senf-Umsatzkur­ve im Dezember steil nach oben – wäh­rend sie sich sonst das Jahr über auf verlässlich gleich­bleibendem Niveau vorwärts­bewegt.

Wenn diese Würzpaste aber nun mal im Dezember beson­ders gefragt ist, dann kann es sich lohnen, sie zum Jahres­ende hin auf einer extra Büh­ne zu präsentieren. Gabriele Tekles von Byodo empfiehlt Grill-und-Fondue-Senf in der Vorweihnachtszeit als Begleiter zu Raclette und Fondue. Anschließend könn­te diese Kombination auch noch gut für die Silvesterfeier passen.

Umsatzentwicklung Senf pro Laden in Euro

Senf passt auch gut zu Käse

Stille Verkostungen finden ihren idealen Platz auf der Wurst- und auf der Käse­theke: zusammen mit Brot-, Wurst-, Fleischkäse- oder Käsewürfeln. „Viele Kunden wissen gar nicht, dass Senf auch zu Käse passt“, weiß Bil­fried Schwaab, der Geschäfts­führer von Steck Naturkost. Er rät, fruchtige Senfvarianten mit mildem Camembert oder Hartkäse zu kombinieren.

Mit einer Probierstation würde Gabriele Tekles eine möglichst große Bandbreite des Angebots vorstellen: „von fruchtigen Senfen wie Fei­gensenf über körnigen und mittelscharfen Senf bis hin zum wunderbar pur-scharfen Dijon Senf.“

Rezeptkarten in Sorti­mentsnähe ziehen die Blicke an

Wer eine extra Verkostung organisiert, findet bei Herstel­lern wie etwa Naturata Unter­stützung. Diana Telöken aus dem Marketing schlägt vor, bei Verkostungen mit anderen Herstellern zu kooperieren, beispielsweise die Würzpaste gemeinsam mit Veggiewürst­chen vorzustellen.

Zweitplatzierungen sehen Marketing-Profis ebenfalls auf der Käse- und Wursttheke, aber auch in der Gemüseab­teilung oder im Regal für ve­gane Produkte. Diana Telöken würde Zweitplatzierungen bei Themenwochen zu Sommer- oder Frühlingssalaten, Grill­saison oder Sonntags- und Festtagsbraten unterbringen.

Rezeptkarten in Sorti­mentsnähe ziehen die Blicke an und machen Appetit. Emils legt im Dezember seinen Senf-Lieferungen Postkarten bei: mit dem Rezept für einen Weihnachts-Kartoffelsalat.

Zuverlässiger Umsatz

Klassische und auch origi­nelle Rezeptideen hat Ju­nior-Chefin Lisana Hartl von Münchner Kindl entwickelt: Biersenf rührt sie in einen Obatzda-Aufstrich. Und sie findet Wege, selbst süßen Keksen oder einem Hefezopf mit Senf den besonderen Kick zu geben. Zu finden sind sol­che Zubereitungsideen auf der Münchner Kindl-Website.

Wer für die Kundschaft die beliebtesten Produkte bereit­stellt, sorgt damit rund ums Jahr für zuverlässigen Senf-Umsatz. Top-Hersteller im Segment sind Byodo und Zwer­genwiese – gemeinsam teilen sie sich hier laut Fabian Ganz von bioVista 75 Prozent des Marktes. Am besten verkau­fen sich natürlich Standard­sorten: mittelscharfer und Dijon-Senf. Doch Bio-Kunden schätzen offenbar auch be­sonders den Feigensenf.

Die Vorweihnachts- und Weihnachtszeit bietet Anlass besondere Sorten vorzustel­len. Estragonsenf passt gut zu Chicoree-Gemüse, Orangen­senf ins Dressing für China­kohlsalat. Trüffelsenf ergänzt die Leberterrine, verleiht einer einfachen Spaghetti Carbo­nara besonderes Flair, macht die Kartoffelsuppe zum ersten Gang im Festtagsmenü.

Tipps vom Kollegen

Johannes Urban, Junior-Geschäftsfüh­rer, Bioladen Urban in Dülmen, Bester Bio-Supermarkt Deutschlands 2023, Verkaufsfläche 560 Quadratmeter

  • „Wir führen sechs Marken und jede Menge Sorten: die Klassiker und die Fruchtigen mit Feige, Honig, Dattel… Einsortiert sind sie im Würzregal in der Nähe von Mayonnaise und Ketchup.
  • Fruchtige Sorten stellen wir zusätzlich auf die Käsetheke, mittelscharfer Senf hat bei uns konstant eine Zweitplatzierung auf der Wursttheke.
  • Verkostungen gehen gut in der Grillsaison, zusammen mit Wurst. Fruchtigen Senf kann man an der Käsetheke probieren lassen: Dazu einen klassischen Gouda würfeln und je einen Klecks Feigensenf dazu.

Basiswissen Senf

Senfkörner schmecken neutral, solange sie nur auf der Zunge liegen. Erst wenn die kleinen gelben Kügelchen zwischen den Zähnen knacken, entfaltet sich erdig-krautig-nussiges Aroma. Und einige Sekunden später – Schärfe. Schärfe, die sich in die Zungenspitze beißt und im Gaumen prickelt: Senfkörner können erst auf der Zunge brennen, wenn sie verletzt werden und Wasser dazukommt.

Braune oder schwarze Senf­saaten überwiegen bei der Herstellung von scharfem Senf, weiße werden für mil­dere Sorten verwendet. Tafel­senf ist der Name für eine Würzpaste, die traditionell aus Wasser, Senfsaaten, Essig und Salz hergestellt wird. Die beiden letztgenannten Zuta­ten konservieren und runden das Aroma ab.

Üblicherweise verhilft Branntweinessig zum Säu­rekick, teils verfeinern Apfel- oder Weißweinessig, Balsamico oder Condimen­to bianco das Grundrezept. Fruchtig wird’s mit Mango, Orangen, Limonen, Apriko­sen oder Quitten, die teils als Püree, teils als Saft dazu ge­mischt werden. Äpfel, Feigen oder Datteln, aber auch Honig, Agavendicksaft oder Rohrzu­cker bauen die Eigensüße der Gewürzpaste aus und setzen einen Kontrapunkt zu Säure und Salz. Zusätzliche Aromen spenden Kräuter wie Dill, Estragon oder Rosmarin.

Mit Ingwer, Nelken, Kardamom oder Zimt harmonisieren ge­legentlich Gewürznuancen die Rezeptur. Häufig ist jede Menge Meerrettich eine typi­sche Hauptzutat. „Unser Senf hat er einen Anteil von 25 Prozent“, informiert Eléonore Martin, Produktmanagerin von Pural. Bei Kurkuma ist der Geschmack eher Nebensache, denn mit der Gelbwurz lässt sich der Gelbton der Paste vertiefen. Wenn Senf ganz besonders schmecken soll, kommt auch schon mal Bier oder Trüffel ins Spiel.

Auf welche Stoffe Bio-Senf verzichtet

Wer Bio-Senf herstellt, ver­zichtet auf Antioxidations­mittel, die helfen würden, die Farbe perfekt zu konservie­ren. „Deshalb kann sich bei unserem Senf die Farbe nach dem Öffnen leicht ins Beige verändern,“ erklärt Frank Er­hardt von Erhardt Naturkost, dessen Senf auch 25 Prozent Meerrettich enthält. Dieser wechselt ebenfalls bei Luft­kontakt die Farbe.

Wenige Zusatzstoffe, bei­spielsweise das Verdickungs­mittel Guarkernmehl, würde die EU-Ökoverordnung erlau­ben. Bio-Senf-Hersteller ver­zichten in den allermeisten Fällen darauf. Und noch ein Unterschied: Während konventionelle Senfsaaten vorwiegend aus Osteuropa, der Ukraine oder Kanada im­portiert werden, legen sehr viele Bio-Hersteller Wert auf Rohware aus Deutschland oder sogar aus der Region. Senfsaat für Zwergenwiese und Steck Naturkost kommt zu 100 Prozent aus deutschem Bio-Anbau.

Für Rosenberg wächst der Senf in der Nähe von Halle oder im Hohenlohischen, das Landgut Pretschen verarbeitet hofeige­nen Senf aus dem Spreewald.

Bei Erhardt stammen die Saaten überwiegend von Landwirten in Süddeutsch­land oder aus eigenem An­bau. Die Körner für Senf von Münchner Kindl werden größtenteils in Bayern geern­tet und bei Emils wird sogar der individuelle deutsche Herkunftsort auf das Etikett gestempelt.

Senfgeschmack hält sich im Kühlschrank am längsten

Bio-Senf hat ein Mindesthaltbarkeitsdatum von neun bis 24 Monaten bei Zim­mertemperatur. Zwergen­wiese-Marketingfrau Bianca Spenner hat aber den Kun­dentipp: „Nach dem Kauf am besten direkt ab in den Kühl­schrank – so bleibt der leckere Geschmack am längsten er­halten“. Denn nicht nur Luft, sondern auch Licht greift die Farbe an und Wärme treibt die schärfe- und aromabildenden ätherischen Öle in die Flucht.

Oft sind es kleinere Herstel­ler, die Bio-Senfsaaten verar­beiten. Die Körner durchlau­fen Kontrolle und Reinigung, werden grob vermahlen, dann mit Wasser, Essig, Salz und eventuell Gewürzen ver­mischt. Es entsteht Maische, die eine Zeitlang reifen muss, bevor sie noch einmal so lange vermahlen wird, bis sie eine cremige Konsistenz be­kommt. Bilfried Schwaab, der Geschäftsführer von Steck Naturkost, berichtet: „Wir mahlen langsam und in klei­nen Chargen, damit sich die Masse so wenig wie möglich erhitzt. Dann bleiben Schärfe und die natürlichen äthe­rischen Öle der Senfkörner erhalten.“

Was Kunden wissen wollen

Ist Senf gesund?
Senf wird gerne zu schwerem Essen ge­reicht, weil er Speisen bekömmlicher macht, den Speichelfluss anregt und die Verdauung in Schwung bringt. Seine scharfmachenden natürlichen Isothiocya­nate wirken außerdem antibakteriell und entzündungshem­mend. Die traditionelle Medizin behandelt mit durchblutungsför­dernden Senfwickeln Bronchitis, Nebenhöh­lenentzündungen und Kopfschmerzen.

Gibt es allergie­freien Senf?
Senf gehört zu den 14 wichtigsten Allergenen und es gibt keine Möglichkeit, Tafelsenf ohne seine Hauptzutat herzustellen und so für Allergiker verträglich zu machen. Ihnen bleiben als scharfe Alternativen Pfeffer, Ingwer, Chili oder Meerrettich.

Achtung süß
Meistens rundet eine Prise Zucker das Senf-Aroma ab. Bei süßem Senf sind 30 Prozent Zuckeranteil nicht ungewöhnlich. Eine 15-Gramm-Portion mit zwei Esslöffeln enthält dann eine Zuckermenge, die drei Stück Würfel­zucker entspricht.

Senf gibt's auch im Pfandglas

Bei der industriellen Produk­tion großer Mengen sind hohe Durchsatzgeschwin­digkeiten nötig. Dabei entstehen Temperaturen bis 50 Grad, die erst wieder runter­gekühlt werden müssten. Bio-Senf-Hersteller wie Emils oder Narafood, Rosenberg und Steck Naturkost loben hingegen sogar Rohkostqualität aus, womit in der Regel Maximal­temperaturen von 42 Grad ge­meint sind.

Bio-Tafelsenf wird üblicher­weise in Schraubgläsern oder Tuben präsentiert. Gutding lässt Senf in Pfandgläser fül­len. Bei Steck Naturkost gibt’s einen Kindersenf, dessen Behälter als Trinkglas weiter­leben darf. Und Byodo-Senf flutscht aus Alu-Tuben, die zu 100 Prozent aus Recycling-Alu­minium hergestellt werden.

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