Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Knabberzeug

So machen Ladner ihren Kunden Chips noch schmackhafter

Chips sind nicht das klassische Naturkostprodukt, doch gerade im Naschsegment sprechen einige Argumente für Bio. Und zum passenden Anlass neben den richtigen Produkten platziert, haben die knusprigen Leckereien das Zeug zum Topseller.

Chips sind ein eher untypisches Produkt für die klassische Naturkostkundschaft, aber viele Gründe sprechen für die ökologischen Varianten. Um den Griff nach der Chipstüte anzukurbeln, sollten die Produkte sinnvoll platziert und die Kunden gut beraten sein.

Umsatz mit Kartoffel- und Mais-Chips

Etwa 190 Tüten Kar­toffel- und Maischips können Mitarbeiter pro Monat nachfüllen – so viel setzt ein Bioladen im Durchschnitt ab. Biovista ver­glich Daten aus dem Zeitraum Juni 2018 bis Mai 2019 mit denen aus dem darauffolgen­den Jahr. Das Ergebnis zeigt: Die Knabbereien aus der Tüte bescherten den am Handelspanel teilnehmenden Märkten 13 Prozent Umsatzwachstum.

Umsatz mit Kartoffel- und Mais-Chips steigern

Topseller sind die schlichten Klassiker: salzige Kartoffelchips. Falls Kunden nach Abwechslung suchen, orientieren sie sich möglicher­weise an den derzeitigen Trends: vegan, gluten- oder laktosefrei. Oder sie wandern ein, zwei Schritte weiter und finden direkt nebenan Chips aus Linsen oder Kichererb­sen – pflanzliche Proteine sind ein Trendthema –, aus Gemüse oder Süßkartoffeln oder Varianten, die mit einem geringeren Fettgehalt aufwarten.

Regionalität auch bei Chips gefragt

Auch Regionalität kann ein Argument für Bio-Chips sein: Pural lässt Kartoffeln aus Bayern verarbeiten, bei Terrasana stammen die Knol­len aus den Niederlanden, bei Yellow Chips aus Deutschland, Dänemark, Belgien oder den Niederlanden. Das ist alles bei deutschlandweitem Vertrieb vergleichsweise nah.

Im Vergleich zu anderen Trockenprodukten benötigen die runden und dreieckigen Knusperscheiben viel Platz: weil Luft in den Tüten ist, um die fragilen Chips vor Bruch zu bewahren. Dennoch lohnt es sich, diesen Platz einzu­räumen.

Die Auswahl ist groß: Gut 20 Bio-Hersteller haben Mais- und Kartoffelchips im Angebot. Topmarken sind Tra­fo und Derit, danach folgen Lisa’s und Lima.

Kleinere Portionen

Bio-Chipstüten nehmen übri­gens etwas weniger Raum ein als die konventionellen Pen­dants: Standard bei den kon­ventionellen sind 175 Gramm, die Bio-Tüten sind meistens mit 125 Gramm gefüllt. Ge­legentlich erreicht eine Fa­milienpackung 200 oder 250 Gramm, aber das ist die Aus­nahme. Eher ist die Bio-Tüte mal kleiner.

Michaela Ab­delhamid, Marketingleiterin bei Mayka, berichtet, die Um­stellung von 125-Gramm- auf 70-Gramm-Tüten sei ein vol­ler Erfolg gewesen. Vielleicht sind Kunden dankbar, wenn die Verführung zum salzigen Snack zwar da ist, aber mit Hilfe kleinerer Einheiten in Grenzen gehalten werden kann. Möglicherweise zeich­net sich mit Kleinpackungen auch ein neuer Trend ab.

Blick aufs MHD lohnt sich

Chips gehören zu den Tro­ckenprodukten und verkaufen sich relativ schnell. Trotzdem empfiehlt es sich, regelmäßig zu kontrollieren, ob das Mindesthaltbarkeitsdatum noch nicht erreicht ist. Die übliche Restlaufzeit beträgt zwar ein halbes Jahr, aber bei Pural sind es beispielsweise nur 53 Tage. Dafür ziehen die durch­sichtigen Tüten die Blicke auf sich und sind ein Vorbild an Transparenz.

Cross-Selling mit Getränken empfehlenswert

Oft sind Chips schon in der Nähe von Getränkeregalen platziert – die Kombination bietet sich einfach an. Und falls die Chips an anderer Stel­le im Laden einsortiert sind, empfiehlt Steffen Mälzer, der Lima/Natumi in Deutschland vertritt, zumindest saiso­nale Peaks Cross-Selling mit Bier.

Die krossen Scheiben verkaufen sich zwar das ganze Jahr über, doch üblicherweise packen Kunden vermehrt zu Silvester ein paar Tüten in den Einkaufswagen. Weite­re Gelegenheiten bieten die Grillsaison und zu normalen Zeiten Sportveranstaltungen, die im Fernsehen oder Internet über­tragen werden.

Verkostungsalternativen

Nur schade, dass momentan Corona-geschuldet die An­lässe für besondere Aktionen rarer gesät sind. Auch Ver­kostungen sind derzeit tabu. Dabei waren bislang gerade bei Chips die stillen Verkos­tungen so einfach. Und jetzt? Bei Derit hofft man auf nächstes Jahr.

„Ver­kostungen haben sich jetzt erledigt“, vermutet hingegen Lima-Sprecher Steffen Mälzer. Alternativ den Kunden Mini- Verpackungen mitzugeben hält er für nicht bezahlbar. Außerdem: „Naturkost-Kun­den würden kleine Probepa­ckungen gar nicht akzeptie­ren,“ wegen des vermeidbaren Verpackungsmülls.

Verkostungen haben sich jetzt erledigt.

Steffen Mälzer, Lima

Katharina Haack, Brand Managerin bei Yellow Chips, erinnert an die Möglichkeit des Sampling. Kleine Chips­verpackungen – gratis oder zu niedrigem Preis – zu vertei­len, sei eine interessante Mög­lichkeit, die man jedoch im Budget einplanen müsste. Üb­licherweise würden bislang solche oder ähnliche Aktio­nen eher an Orten praktiziert, an denen man seine Ziel­gruppe noch besser erreicht als im Supermarkt.

Bleiben also die Zweitplatzierungen zu saisonalen Anlässen. Mög­lich sind etwa Bodensteller oder Thekendisplays. Steffen Mälzer würde in Kassennähe oder bei den Bierregalen eine Schütte aufstellen. Andrea Lamm, Pressesprecherin bei Claus Reformwaren, hat eine weitere Idee: Tortillachips im Verbund mit Salsa-Dips anzubieten.

Tipps vom Kollegen

Ludger Vollmer, Löwenzahn 81, Castrop-Rauxel, (200 m²)

  • Chips und Knabbersachen stehen bei uns direkt neben dem Bier. Dort werden sie von allen gefunden. Erzählen muss man kaum mal etwas.
  • Früher nutzten wir unsere alte Theke, die mitten im Laden steht, als Präsentationstisch. Da konnten wir auch Chips verkosten lassen. Das geht ja wegen Corona nicht mehr.
  • Normalerweise würden die Chips jetzt richtig gut laufen: wegen der Fußball-EM. Aber die wurde ja verschoben. 2006, zur WM, habe ich den gesamten Laden mit Fußballtrikots dekoriert. Da haben die Kunden gesehen, ich bin ganz bei ihnen. Bin ich auch. Bin BVB-Fan. Mit Dauerkarte.“

Basiswissen: Chips

Kartoffelchips sind die Lieblings-Knab­berei der Deutschen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Bun­desverbands der Deutschen Süßwarenindustrie. Immerhin 1,5 Kilo pro Kopf wurden hier­zulande im Jahr 2018 geknab­bert.

Je mehr Chips Bio-Qua­lität haben, desto mehr Bio-Kartoffeln werden dafür erzeugt; ohne chemisch-syn­thetische Dünger, ohne che­misch-synthetische Pflan­zenschutzmittel – das schont Böden und Grundwasser. Für 1,5 Kilo Bio-Chips muss ein Bauer fünf Kilo Bio-Kartoffeln ernten. Ähnliches gilt für die Pendants aus Bio-Mais.

Viel Stärke, wenig Zucker

Chips zu produzieren ist eine Herausforderung. Das beginnt schon bei der Sortenwahl. Kartoffeln für Chips sollen viel Stärke enthalten, aber wenig Zucker. Werden Kartoffeln bei vier Grad gelagert, bilden sie mehr Zucker, bei acht Grad keimen sie früher aus. Bio-Regeln lassen nicht zu, dass Kartoffeln mit Keimhem­mern behandelt werden.

Die Kartoffel ist wie eine Diva.

Michaela Abdelhamid, Mayka

„Die Kartoffel ist wie eine Diva“, sagt Michaela Abdelhamid, Marketingchefin bei Mayka. Eine passende Kartoffelsorte finden, optimale Anbau- und Lagerbedingungen und ein gewisses Quantum Glück mit dem Wetter können helfen, diese Diva zufriedenzustellen.

Schonende Produktion bis zur Verpackung

Bei ihrer Verarbeitung wer­den die Kartoffeln sortiert, gewaschen, geschält und in Scheiben geschnitten. Kurzes Blanchieren vor dem Bad in Öl vermindert ihren Zucker­gehalt. Üblicherweise rösten Bio-Chips in Sonnenblumen­öl, bevorzugt in einem aus High-Oleic-Sonnenblumen, die viel Ölsäure enthalten und deswegen den hohen Frittiertemperaturen gut standhalten. Konventionelles Sonnenblumenöl ist raffi­niert, also deutlich stärker verarbeitet.

Um die richtige Fetttemperatur einzuhalten, meistern Chips-Bäcker einen Balanceakt, der einerseits die Entstehung von Acrylamid eindämmt, andererseits ver­hindert, dass zu viel Fett ins Innere der Kartoffelscheiben gelangt. Röstaromen sollen sich entwickeln und das Endprodukt schön knusprig werden. Die gebackenen, noch warmen Chips landen in einer Trommel, unter deren Drehungen sie in Salz und Ge­würzen baden.

Um die richtige Fetttemperatur einzuhalten, meistern Chips-Bäcker einen Balanceakt, der einerseits die Entstehung von Acrylamid eindämmt, andererseits ver­hindert, dass zu viel Fett ins Innere der Kartoffelscheiben gelangt. Röstaromen sollen sich entwickeln und das Endprodukt schön knusprig werden. Die gebackenen, noch warmen Chips landen in einer Trommel, unter deren Drehungen sie in Salz und Ge­würzen baden.

Für Tortillachips werden Maiskörner oder Maismehl, Wasser, Pflanzenöl und Salz zu einem Teig verarbeitet. Aus dem dünn ausgewalzten Teig werden Dreiecke ausgestanzt, diese zunächst im Ofen ge­backen und anschließend frittiert. Gewürzte und abge­kühlte Chips kommen unter Schutzatmosphäre in die Tüte. Das verlängert ihre Halt­barkeit; die Sauerstoffarmut in der Verpackung verhindert, dass das in den Chips ent­haltene Fett oxidiert. Dass die Tüten aufgeblasen werden, schützt ihren zerbrechlichen Inhalt wie ein Polsterkissen vor dem Zerbröseln.

Gewürzvielfalt im Chipsregal

Maischips sind stabiler als Kartoffelchips und brechen nicht, wenn sie kleine Por­tionen Dip halten sollen. Zum Dippen eignen sich besonders jene, die nur leicht gesalzen sind. Sorten mit Ge­würzmischungen performen solistisch: Chili- oder Papri­ka-, und auch die als Nachos bezeichneten Käse-Mais­chips. Chili oder Paprika pur wäre langweilig. Hier legt je­der Produzent Wert auf indivi­duelle Gewürzmischungen. Besonders gut zum Dippen eignen sich übrigens Tortillarolls (Pural, Amaizin). Mit Paprikachips und denen, die einfach nur ge­salzen sind, bestückt jeder Händler sein Grundsortiment.

Konventionelle Chips enthalten Gewürzextrakte und Aromen – Bio-Chips nicht.

Abwechslung bringen Wür­zungen mit Kräutern auf den Tisch: Rosmarin (Gopure, Pural), Kräuter der Provence (Mayka), Dill und Kümmel (Gopure), Fenchel (Gopure). Sogar Hibiskus ist dabei – das gibt eine fein säuerliche Note (Gopure). Gopure traut sich auch mit einer salzfreien Sorte auf den Markt. Säuer­lich – der britische Klassi­ker – schmecken die neuen Salt&Vinegar-Chips von Trafo. Die Variante Sauerrahm und Zwiebel gehört fast schon zu den Klassikern (Mayka, Pural). Für Trafo backen die Scheiben auch mal in Olivenöl.

Bei der Würzung zeigen sich Unterschiede zwischen Bio und konventionell. Bio-Hersteller verwenden Kräuter und Gewürze, kon­ventionelle greifen auf preis­wertere Gewürzextrakte zurück. Und sie helfen mit natürlichen Aromen nach. Solche Aromen einzusetzen wäre bei den Bios auch er­laubt, wird aber de facto nicht praktiziert.

Hefeextrakt auch in Bio

Nur auf Hefeextrakt als natür­lichen Geschmacksverstärker mag bei bestimmten Chipsva­rianten fast keiner verzichten. „Da ist der Geschmack der Kunden vorgeprägt, das geht nicht problemlos ohne“, er­klärt Michaela Abdelhamid von Mayka. Bei Mayka kommt hingegen Zitronensäure nicht in die Tüte. Als Säuerungsmit­tel und zum Aromatisieren verwenden die Hersteller aus dem Schwarzwald Zitronen­extrakt. Besonders puristisch sind die Rezepturen von Gopure: zucker-, hefeextrakt- und aromafrei.

Was Kunden wissen wollen

Gibt es gesunde Chips?

Chips sind Genussmittel, die weniger wegen ihres Nährwerts gegessen werden, sondern, weil sie schön knuspern und gut schmecken. Auch Bio-Chips können bis zu 40 Prozent Fett ent­halten und gelegentlich über zwei Gramm Salz pro 100 Gramm. Krank machen sie deswegen nicht, allenfalls, wenn zu oft und zu viel davon verzehrt wird.

Ist Acrylamid noch ein Thema?

Die Hersteller bemühen sich, den Acrylamidge­halt von Kartoffelchips zu senken. Acrylamid­freie Chips herzustellen ist nicht möglich. Im vergangenen Jahr fand das Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braun­schweig/Hannover bei 57 beprobten Kartoffel­produkten allerdings keines, das den derzeit geltenden Richtwert überschritten hatte.

Was sind MCPD-Ester?

Monochlorpropandiol- und auch Glycidin-Ester sind Stoffe, die bei der Herstellung von Lebens­mitteln entstehen und möglicherweise Krebs mitverursachen können. Überwachungsbehörden prüfen und behalten da­bei auch Kartoffelchips im Auge.

Hersteller und ihre Produkte

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