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Produkte aus Schaf- und Ziegenmilch: So bringen Ladner Kunden auf den Geschmack

Schaf- und Ziegenmilchprodukte sind Umsatzbringer, aber auch Geschmackssache. Da hilft nur eins: probieren lassen und überzeugen. In Corona-Zeiten ist das schwierig, aber es gibt andere Wege, um den Appetit zu wecken.

Immer mehr Kunden probieren Produkte aus Schaf- und Ziegenmilch. Somit entwachsen die aromatischen Lebensmittel nach und nach ihrer Nische. Wichtig ist jedoch trotzdem, Käufer bei Fragen bezüglich der beiden Alternativen zu Kuhmilchprodukte umfassend zu beraten.

Umsatz mit Produkten aus Schaf- und Ziegenmilch

„Verkaufsförderungstipps oder spezielle Produktargumente braucht es für diesen Käse nicht“, schreibt Thomas Haugk selbstbewusst. Der Vertriebsleiter des Biokäse-Großhändlers Schilcher geht davon aus, dass sich die Ensmader Honig-Blüte, ein dekorierter Ziegenfrischkäse, fast von alleine verkauft.

Und tatsächlich: Molkereiprodukte wie Feta, Pecorino, Schafmilch oder Ziegenjoghurt haben den Weg aus der Nische gefunden. Inzwischen spielen sie eine Rolle im Naturkostladen. Mit 1.415 Euro pro Monat tragen sie laut Biovista-Zahlen 0,77 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Dabei erfassen die Zahlen nur, was Kunden an der Kühltheke als SB-Ware mitnehmen. Die Einkäufe an der Frischetheke sind dabei nicht berücksichtigt.

Umsatz mit Produkten aus Schaf- und Ziegenmilch steigern

Das Verkaufspersonal sollte einerseits Bescheid wissen, was die tierischen Kuhmilch-Alternativen leisten können und was nicht. Und sie sollten wissen, wie sie sich im Mund anfühlen und schmecken. Gerade auch, weil manche eben doch noch deutliche Vorbehalte haben, was den Geschmack von Schaf- und insbesondere Ziegenkäse angeht.

Cecile Schaller von Bergerie hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten Zauderer, wenn sie mal probiert haben, Schafprodukte als „überwiegend mild“ wahrnehmen und Ziegenprodukte als „würzig, aber weniger stark als vermutet.“ Doch in Zeiten der Corona-Pandemie entfällt diese Chance der geschmacklichen Annäherung.

Verkostungsalternativen

„Ich habe jeden Käse hier in der Frischetheke probiert und weiß, wie er schmeckt“, berichtet die Käsesommelière Marianne Schilcher, die bei Biomichl im bayrischen Weilheim seit 15 Jahren hinter der Theke steht. Neuheiten verkostet sie zusammen mit Kollegen, die ebenfalls beim Käse bedienen. „Wir nehmen drei bis vier Sorten, vergleichen sie und versuchen Geschmack und Konsistenz zu beschreiben. Das schult.“

Wir nehmen drei bis vier Sorten, vergleichen sie und versuchen Geschmack und Konsistenz zu beschreiben. Das schult.

Marianne Schilcher, Käsesommelière bei Biomichl

Die Kurzcharakteristiken notieren sie auf den Schildchen, die in der Auslage auf den entsprechenden Produkten platziert sind – als Spickzettel für die Beratung. Solche Beschreibungen und manchmal sogar kleine Geschichten finden sich auch in den Katalogen, Produktblättern oder auf den Websites der großen Käsehändler: bei Schilcher, Vallée Verte oder ÖMA zum Beispiel.

Vielfalt zeigen

Heike Fahsold-Auer ist Käsesommelière bei ÖMA und gibt Käse-Seminare für den Naturkostfachhandel. Sie wirbt dort für ein reichhaltiges Schaf- und Ziegenkäsesortiment - „Kunden kommen oft gerade deswegen in den Bioladen“ – und für eine ansprechende Präsentation. In der Theke würde sie dieses Sortiment in einem extra Block platzieren. „Vielfalt lässt sich nicht nur geschmacklich, sondern auch optisch herzeigen.“

Marianne Schilcher legt, seitdem die Verkostungen weggefallen sind, noch mehr Wert auf ein ansprechend gestaltetes Prepacking-Angebot, im Haus verpackte Käsestücke, die in einer offenen Theke angeordnet sind. „Da kommt mal eine Weinempfehlung dazu oder eine Kirsch-Ingwer-Senf-Sauce, die besonders gut zu Rotkultur-Käse passt. Oder Schaf- und Ziegenkäse aus der Region wird besonders hervorgehoben.“ So versucht sie, Kunden auf den Geschmack zu bringen.

Online-Verkostung

Neue Wege der Verkostung ging jüngst Lorenz Maisch vom Reutebachhof in der Nähe von Schwäbisch Hall. Maisch hält Schafe, sein Bruder Thomas verarbeitet ihre Milch. Die beiden organisierten an einem Samstagabend eine Online-Verkostung via Facebook, gemeinsam mit einem befreundeten Winzer. Im Vorfeld verkauften sie die passenden Probierpakete, die vier Flaschen Wein und vier Schafkäse enthielten. Das Angebot kam an. Der Film lässt sich auch heute noch abrufen – zumindest für Naturkostläden der Region wäre er perfektes Werbematerial.

Tipps von den Kolleginnen

Marianne Schilcher und Renate Däschinger, Biomichl, Weilheim (900 Quadratmeter)

  • An der Bedientheke sind 60 von 180 Käsesorten Schaf- oder Ziegenkäse. Im SB-Bereich beträgt der Anteil der Schaf- und Ziegenmilchprodukte ungefähr ein Fünftel.
  • Die Nachfrage ist groß. Immer mehr Menschen haben Freude an Schaf- und Ziegenkäse; sie kommen aber auch wegen Unverträglichkeiten.
  • Manche Kunden glauben, Ziegen- und Schafmilch sei laktosefrei. Das stimmt ja nicht. Aber oft kommen auch Mütter mit Kleinkindern, die Kuhmilch nicht vertragen. Die freuen sich, wenn wir ihnen als mögliche Alternative fruchtigen Ziegenmilchjoghurt mit Mango anbieten können.

Basiswissen

Manche glauben, Milch, Käse, Joghurt und Quark von Schafen und Ziegen essen zu müssen, weil sie Kuhmilch nicht vertragen. Andere sehen darin Spezialitäten für Feinschmecker. Eigentlich schade. Denn die Produkte der kleinen Wiederkäuer sind durchaus alltagstauglich. Mit Schafmilchjoghurt, Ziegenrolle, Hirtenkäse, Ziegenfrischkäse, aber auch mit Roquefort oder Pecorino haben viele Kunden den Schritt in eine neue Milchwelt oft unbewusst schon längst vollzogen.

Die Milch von Schafen schmeckt etwas süßer als die von Kühen. Das gilt auch für frisch gemolkene Ziegenmilch, später wird sie würziger. Mit bis zu sechs Prozent Eiweiß und bis zu sieben Prozent Fett ist Schafmilch gehaltvoller als die von Kühen und punktet zudem mit Calcium- und Vitaminreichtum. Ziegenmilch enthält weniger Eiweiß (2,9 Prozent) und Fett (3,1 Prozent) aber mehr der Vitamine D und A.

Besser verdaulich?

Welche Milch gesünder ist oder ernährungsphysiologisch wertvoller, lässt sich aber nicht sagen. Wenig ist tatsächlich wissenschaftlich belegt. Vermutet wird, dass die Milch der kleinen Wiederkäuer besser verdaulich ist, weil sie mehr mittel- und kurzkettige Fettsäuren enthält und weil sich das Fett zu kleineren Kügelchen zusammenballt. Möglicherweise ist das schon der Grund dafür, dass Schaf- und Ziegenmilch den Ruf hat, insgesamt besser verträglich zu sein.

Außerdem enthält sie mehr konjugierte Linolsäuren (CLA) als Kuhmilch. Diese helfen, den Cholesterinspiegel niedrig zu halten und sorgen dafür, dass Arterien nicht so schnell verkalken. Zum Thema Allergiepotenzial existieren widersprüchliche Informationen. Experten, etwa beim Deutschen Allergie- und Asthmabund, warnen davor, bei einer Allergie auf Kuhmilcheiweiß auf die Milch des Kleinviehs zu setzen. Auch letztere hätte allergenes Potenzial und würde nur von wenigen Allergikern vertragen.

Andererseits gibt es Erfahrungswerte, wonach manche Allergiker Schaf- und Ziegenmilchprodukte eher vertragen. Ähnliches gilt für Laktoseintolerante. Allerdings enthält auch die Milch von Schafen mit 4,7 und die von Ziegen mit 4,2 Prozent ähnlich viel Laktose wie Kuhmilch, bei der der Anteil 4,8 Prozent beträgt.

Naturnahe Haltung

Was auf jeden Fall für die Produkte der kleinen Wiederkäuer spricht: Zwei Drittel der deutschen Schaf- und Milchziegenbetriebe wirtschaften ökologisch. Naturnahe Haltung mit möglichst viel Weidegang, vom Frühjahr bis weit in den Herbst hinein, gehört zu den Prinzipien. Tiere auf Ökohöfen sollen viel Ausgang und ausreichend Platz im Stall bekommen, Ökofutter ohne Gentechnik und möglichst vom eigenen Hof, außerdem gibt es klare Bestandsgrenzen. Die Einhaltung der Ökoregeln wird mindestens einmal pro Jahr kontrolliert.

Weniger Erträge

In der Verarbeitung zu Joghurt, Quark, Käse und Butter unterscheiden sich die einzelnen Milcharten kaum. Doch Kühe geben pro Jahr 7.000 Liter Milch, Ziegen maximal 750, Schafe bis zu 400. Zudem lässt sich die Kleinvieh-Milch weniger gut lagern, die Inhaltsstoffe schwanken stärker und Verarbeitungsanlagen müssen mehrfach gereinigt werden, wenn zwischendurch anstelle von Kuhmilch Schaf- oder Ziegenmilch durchfließt.

Halter von kleinem Milchvieh haben weniger Erträge und mehr Aufwand. Sie müssen daher für Milch, Käse, Joghurt mehr Geld verlangen. Damit Schaf- oder Ziegenmilchprodukten keine preiswerte Kuhmilch beigemengt wird, muss, was als Schafkäse verkauft wird, 100 Prozent Schafmilch enthalten. Was Ziegenquark heißt, muss aus 100 Prozent Ziegenmilch hergestellt sein. Für Mischprodukte sind klare Hinweise vorgeschrieben und es muss deutlich werden, wie groß die jeweiligen Milchanteile sind.

Hergestellt werden Schaf- und Ziegenmilchprodukte zwar auch in größeren Unternehmen, meistens sind es aber kleinere Betriebe, die handwerklich arbeiten. Naturkostläden bietet das die Chance, sich mit regionalen Produkten zu profilieren.

Enorme Auswahl

So oder so ist die Auswahl enorm gewachsen. Kunden müssen kaum mehr nach Schaf- oder Ziegenmilch fragen. Dasselbe gilt für Joghurt, der gelegentlich auch mit Vanille oder Fruchtzubereitungen verfeinert wird, sowie für Quark. Wer Butter sucht, findet solche vom Schaf bei Biedermann.

Schaf- und Ziegenmolke vertreibt Anderlbauer, Molke und Fruchtmolke aus Ziegen- und Stutenmilch liefert die St. Georg Naturkäserei. Bergerie produziert ein Schokodessert aus Schafmilch. Ziegenmilcheis ist direkt bei Helador zu beziehen; Eis findet sich gelegentlich auch bei regionalen Anbietern. Und dann gibt es ja noch zig Sorten an Käse: weich und hart, mit Schimmel, Rotschmiere, zum Braten, Grillen oder pur Genießen.

Was Kunden wissen wollen

Warum ist der Käse so weiß?

Die Milch von Schafen und Ziegen enthält im Gegensatz zur der von Kühen kaum Carotin. Der Farbstoff färbt Kuhmilch und -käse gelblich. Carotin ist übrigens die Vorstufe zu Vitamin A. Letzteres enthalten Schaf- und Ziegenmilch deutlich mehr als die Kuhmilch.

Schmeckt Ziegenmilch nicht ein bisschen streng?

Ziegenmilch enthält mehr Caprinsäure als Kuhmilch und sie nimmt sehr leicht Geruch an. Früher schmeckte sie sehr stark nach Stall. Heute verhindern richtige Fütterung, gute Hygiene, Kühlung und schnelle Verarbeitung das „Böckeln“. Ein mildes arteigenes Aroma ist geblieben: je frischer, desto süßer und milder.

Sind Ziegen- und Schafmilch laktosefrei?

Die Milch der kleinen Wiederkäuer enthält fast gleich viel Laktose wie Kuhmilch. Wer über nicht genügend vom Laktose-abbauenden Enzym Laktase verfügt, wird daher mit Schaf- und Ziegenmilch ähnliche Schwierigkeiten bekommen wie mit Kuhmilch.

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