Ostern steht vor der Tür – und durch die Feiertage ist die Nachfrage nach Eiern noch größer als ohnehin schon. In den vergangenen Wochen wurde immer wieder vor Versorgungsengpässen gewarnt. Der Grund: die Vogelgrippe. In den USA mussten Hühnerhalter seit Anfang des Jahres bis Ende März etwa 30 Millionen Vögel töten. Auch auf Höfen in zahlreichen europäischen Ländern und Deutschland brach das Virus aus. Infektionen mit der Aviären Influenza zwangen die Betreiber zu Notschlachtungen ihrer Bestände.
Die DEU-Eiervertriebsgesellschaft, ein Zusammenschluss von mehr als 20 deutschen Eiererzeugern und -vermarktern, warnte vier Wochen vor Ostern, dass der Eiernachschub für die Färbereien mehr als gefährdet sei, weil die verfügbare Ware „zur bestmöglichen Versorgung der bestehenden Kunden mit frischen Konsumeiern“ benötigt werde. Die Knappheit betreffe nicht nur konventionelle Eier, sondern auch biologisch erzeugte.
Gerlinde Wagner, Vorständin der Erzeugergemeinschaft Biohennen AG, kann das bestätigen: „Zeitweise können wir nur noch ein Drittel der bestellten Ware liefern. Obwohl wir keine Neukunden haben und genauso viel Rohware wie letztes Jahr“, sagt sie im Gespräch mit BioHandel. Ihr zufolge fehle es hauptsächlich an Bodenhaltungseiern. „Aber sind diese im Laden aus, wird nach den nächsthöheren Qualitäten gegriffen. Und dadurch sind auch die Bio-Eier betroffen“, sagt sie.
Die Vogelgrippe allein ist jedoch nicht verantwortlich für die schleppende Warenverfügbarkeit. Die Eierversorgung in Deutschland ist schon länger angespannt. Und das habe vor allem strukturelle Gründe, sagt Leonie Behrens, Geschäftsführerin des Erzeugerzusammenschlusses (EZ) Fürstenhof, der aus rund 20 Bio-Betrieben besteht und der den Naturkostfachhandel sowie den LEH mit Eiern aus einer regionalen Kreislaufwirtschaft heraus versorgt.
1. Hühnerhalter bauen Kapazitäten ab
Schon seit mehreren Jahren klagen die Hühnerbauern über die schlechte Wirtschaftlichkeit ihrer Betriebe. „Die Produktionskosten sind enorm gestiegen“, sagt Leonie Behrens. Zwar hätten die Bauern die Verkaufspreise hochgesetzt, doch das reiche vielfach nicht aus, um die Ausgaben zu decken. „Das führte dazu, dass einzelne Betriebe die Hühnerhaltung eingestellt oder zumindest runtergefahren haben“, sagt Behrens.
Gleichzeitig haben die Betriebe ihre Kapazitäten gedrosselt, um Überproduktionen zu vermeiden. Sie reagierten damit auf die besonders schwache Nachfrage nach Eiern in den Sommermonaten der vergangenen Jahre. „Es wird jetzt eher auf einem Niveau produziert, das sich auch im Sommer gut verkaufen lässt“, so Behrens.
2. Eierkonsum auf Rekordniveau
Die Menschen in Deutschland essen immer mehr Eier. Vergangenes Jahr lag der Pro-Kopf-Verbrauch laut Daten des Bundesinformationszentrums für Landwirtschaft (BZL) bei durchschnittlich 249 Eiern. Das waren zehn Eier mehr als im Jahr zuvor, ein Höchstwert.
Die Legehennenhalter reagieren auf diesen Trend und vergrößern ihre Bestände kontinuierlich. Seit 2020 konnte die Produktion so von 14,4 Milliarden auf 15,2 Milliarden Eier erhöht werden. 2024 stammten 7,9 Milliarden Eier aus Bodenhaltung, 3,2 Milliarden aus Freilandhaltung und 1,9 Milliarden aus ökologischer Erzeugung.
Laut der DEU-Eiervertriebsgesellschaft reiche dieses Wachstum aber nicht aus. Um den höheren Verbrauch zu kompensieren wären rund 1,9 Millionen Legehennen zusätzlich erforderlich, rechnet das Unternehmen vor.
3. Deutschland produziert zu wenig Eier
Deutschlands Selbstversorgungsgrad bei Schaleneiern schwankt seit Jahrzehnten um die 70 Prozent, je nach Jahr lag er mal höher, mal niedriger. Im vergangenen Jahr wurden 72,2 Prozent der verzehrten Eier auf deutschen Hühnerhöfen gelegt. Die Versorgungslücke stopft Deutschland mit Einfuhren aus Nachbarländern. Mit Abstand größter Exporteur nach Deutschland sind die Niederlande, von hier kommen drei von vier importierten Eiern. Dahinter folgen Polen, Belgien und Dänemark. Doch der grenzüberschreitende Warenfluss hat einen Dämpfer erhalten.
Seit 2022 verbietet ein Gesetz in Deutschland das Töten männlicher Küken nach dem Schlüpfen. Sie legen keine Eier und lassen sich nur bedingt für die Fleischerzeugung verwenden. Es gebe Betriebe im Ausland, die die Mehrkosten für die Aufzucht der sogenannten Bruderhähne oder für die Geschlechtsbestimmung im Ei scheuten und ihre Lieferungen nach Deutschland eingestellt hätten, erklärt Leonie Behrens, deren Betrieb die Bruderhähne bereits seit 2012 aufzieht und das Fleisch unter der Marke Haehnlein anbietet. Hinzu kommt, dass die Niederlande Betriebe finanziell belohnt, wenn diese ihre Tierhaltung einstellen. Die Ausstiegsprämie ist eine Maßnahme der dortigen Regierung, um die Stickstoffemissionen zu verringern.
4. Bio-Höfe stellen wieder auf konventionellen Betrieb um
Die hohe Inflation infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die Menschen noch viel preissensibler werden lassen. Das bekamen auch die Hersteller von Bio-Eiern zu spüren, sagt Leonie Behrens. Nicht wenige Betriebe hätten seitdem von Bio auf Boden- oder Freilandhaltung umgestellt, um Kosten zu sparen und von der gestiegenen Nachfrage nach den günstigeren konventionell hergestellten Eiern zu profitieren.
Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass 2023 weniger Bio-Eier produziert wurden als im Jahr davor. Im gleichen Zeitraum stieg das Angebot an Eiern aus Freilandhaltung. Die Statistik zeigt aber auch: 2024 legte die Zahl der in Deutschland gelegten Bio-Eier um fast zehn Prozent zu und damit stärker als in den beiden anderen Haltungsformen.
5. Strengere Auflagen beim Bio-Futter
Die EU-Öko-Verordnung schreibt seit dem Jahr 2022 vor, dass Legehennen 100 Prozent Bio-Futter fressen müssen. Zuvor durften fünf Prozent der Futterbestandteile auch aus konventionellem Anbau stammen, wenn sie nicht in Bio-Qualität verfügbar waren. „Eine wesentliche Komponente war hier Maiskleber, der in Bio-Qualität nicht annähernd in ausreichender Menge verfügbar war und ist“, sagt Leonie Behrens. Seit 2022 müssen Bio-Legehennenbetriebe auf den proteinreichen Maiskleber verzichten.
„Die Folge ist, dass die Hühner über das Alternativfutter nicht die Mengen an Nährstoffen zu sich nehmen können, die sie für eine gute Legeleistung benötigen“, erklärt Leonie Behrens. Zwar spiele bei der Verwertbarkeit des Futters auch die Genetik eine Rolle – „aber grundsätzlich geht die Legeleistung runter“. Das komme durch die Mangelernährung, zu der die Bio-Verordnung zwingt, kritisiert Behrens.
Bio-Eier bleiben weiter knapp
Die Geschäftsführerin des EZ Fürstenhof geht davon aus, dass Bio-Eier weiterhin knapp bleiben werden. Sie erwartet keine großen Veränderungen hinsichtlich der Produktionskapazitäten. Für eine (Rück-)Umstellung auf Bio-Haltung gebe es momentan keine wirklichen Anreize, sagt sie.
Die DEU-Eiervertriebsgesellschaft gibt sich kurz vor Ostern optimistisch: „Ein Osterfest ohne Eier darf und wird es auch in diesem Jahr nicht geben!“, schreibt sie in ihrem jüngsten Markbericht.
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