Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Warenkunde

Diese veganen Aufstriche schmecken auch Fleischfans

Veganer Ersatz zu Streichwürsten und Schmalz ist im konventionellen Handel nur vereinzelt zu finden. Das bietet dem Fachhandel Profilierungschancen.

Auch im Naturkost­fachhandel handelt es sich eher um ein Nischenprodukt mit einem noch sehr geringen Anteil am Gesamtumsatz, wie die Ana­lyse von bioVista bei EAN-co­dierten Produkten bestätigt. Verglichen mit echter Wurst sei der Anteil aber schon recht beachtlich, stellt man dort fest. Wer sie listet, hebt sich von manchen anderen Ge­schäften ab. Stichwort Chan­ce: Die Warengruppe zeigt auch, dass junge Unterneh­men durchaus ein Sortiment prägen können. So wurde Hedi Naturkost erst 2016 ge­gründet – mit der innovativen Idee, vegane Brotaufstriche aus Linsen herzustellen.

Die Produkte sollten wie Wurst schmecken und das Verlangen nach einer schmackhaften Al­ternative erfüllen. Mit einem ganzen Dutzend veganer Sor­ten nimmt das unterfränki­sche Unternehmen heute im Herstellerranking bei der Wa­rengruppe Platz eins ein, ge­folgt von Allos und an dritter Stelle Zwergenwiese. „Derzeit laufen die zwei Sorten ‚Vegane Art ... Leberwurst‘ am besten, danach folgt die ‚Teewurst‘, sagt Hedi-Geschäftsführer Rainer F. Dietzel. Generell sei die Nachfrage nach den wurstähnlichen Brotaufstri­chen in den Sommermonaten etwas geringer, ergänzt er und bestätigt, was auch bei der Statistik von bioVista zu sehen ist.

Umsatzentwicklung herzhafte Aufstriche in Euro

Allos und Zwergenwiese ha­ben die Wurstalternativen erst nach den gemüsigen Aufstrichen gelauncht. Die Allos-Range ist im Vergleich daher noch unbekannter und hat auch eine bisher kleine­re Zielgruppe, beobachtet Sandra Spemberg. Aber: „Die alternativen Wurstaufstriche haben hohes Potenzial durch die steigende Relevanz von veganen Produkten. Auch unser Topseller ‚Leberwurst‘ bewegt sich beim Absatz bei den Top 15 Sorten insgesamt.“

Ganz ähnlich äußert sich Bianca Spenner von Zwergen­wiese: „Unsere Aufstriche auf Sonnenblumenkernbasis sind nach wie vor beliebt. Wurst­alternativen finden jedoch immer größeren Anklang und nach den ersten Versuchen vor einigen Jahren war uns klar: Die schmecken zu gut, um sie nicht zu bringen.“ Mit der Produktrange wolle man viele Kunden und Kundinnen ansprechen, egal ob diese flexitarisch, vegeta­risch oder vegan lebten oder sogar Fleischfans seien. Aus diesem Grund plane Zwergen­wiese in naher Zukunft weite­re Sorten.

Deftiges ohne Tierisches

Da die Bezeichnung Wurst gemäß der Verordnung über Fleischerzeugnisse Produkten aus zerkleinertem Fleisch, Fettgewebe und Innereien vorbehalten ist, dürfen sich die Ersatzprodukte nicht so nennen. Zwergenwiese und Vitam sprechen daher von „Wie ….wurst“. Hedi nennt die große Range „Vegane Art… … wurst“ und Allos „Iss mir nicht Wurst – sowas wie …wurst“. The Vegan Cow hat dagegen den Begriff „Vurst“ kreiert.

In diesen Zusammenhang passt, dass Kunden die Ent­scheidungsfreiheit haben, ob sie Aufstriche ohne oder mit Palmfett nehmen. Glei­ches gilt für Hefe, wobei jeweils die „ohne“-Variante überwiegt. Auch verzichten die Hersteller nicht nur auf Lactose und Lactate, sondern können ihre Produkte oft auch als glutenfrei kenn­zeichnen. Bei einer Voll­deklaration inklusive der verwendeten Gewürze, wie sie Zwergenwiese und Allos pflegen, können Kunden an­sonsten mögliche Allergene leicht in der Zutatenliste erkennen.

Wie Wurst – aber rein pflanzlich

Das Gros bilden Aufstriche in der Art von Leber-, sowie Teewurst, die nach Angaben aller befragten Hersteller auch besonders gefragt sind. Dank der überwiegenden Abfüllung im wiederver­schließbaren Schraubde­ckelglas stehen die veganen Wurstaufstriche genauso wie Schmalz und Gemüseauf­striche im Trockenregal. Ins Kühlregal gehören dagegen die Produkte von The Vegan Cow, die in einer wurstförmi­gen Kunststoffhülle abgefüllt und weder hocherhitzt noch vakuumiert sind. Dort sollten sie laut Hersteller bei den anderen Ersatzprodukten lie­gen.

Donata von Reiche, Na­bio-Mitgründerin, empfiehlt: „Unsere Platzierungsempfeh­lung gilt einerseits klassisch fürs Brotaufstrich-Regal, wobei da auch oft ein eigener Regal-Abschnitt für Schmel­ze existiert.“ Darüber hinaus könne man schöne Zweit­platzierungen machen, zum Beispiel zur Grillsaison. Oder der Ladner gestalte einen Thementisch, wo er gleich ganze Rezepte vorstelle und mit den nötigen Zutaten Ap­petit mache.

Schmalz und Aufstriche wie Tee- oder Leberwurst zählen zu den Klassikern für herzhafte Brotzeiten. Bio-Hersteller bieten verblüffend ähnliche rein pflanzliche Alternativen.

Tipps von der Kollegin

Julia Wilken, SuperBioMarkt, Dortmund-Brackel (750m2)

Vegane Bio-Streich­wurst kommt meist im Glas statt in der Plastik­verpackung und ist un­gekühlt lange haltbar. Daher bietet sich eine Platzierung im Block, sor­tiert nach Hersteller, an.

Häufig wird gefragt, ob die Wurstalternative so schmeckt, wie das Ori­ginal. Die Antwort ist „nein“, denn es werden keine Aromen und Zu­satzstoffe verwendet. Veggie-Wurst schmeckt würzig und ich empfehle gerne, sie mit Gurke, Tomate oder Zwiebel auf­zupeppen.

Grundsätzlich rate ich Kunden, unvoreinge­nommen an die Produkte heranzugehen und sich durchzuprobieren. Wäh­rend vegane Streichwurst häufig aus proteinreichen Hülsenfrüchten besteht, ist die Basis von veganem Schmalz meist Palmöl – letzteres also lieber spar­sam verwenden.

Basiswissen Herzhafte Aufstriche

Der Hauptunter­schied der Veggie-Aufstriche zu den Originalen liegt darin, dass die Hersteller pflanzliche Fette anstelle von Fleisch, Speck und gegebenenfalls Innereien verarbeiten. Dabei handelt es sich jeweils um unterschiedliche Fette und Kombinationen. So gilt es bei Schmalz – manchmal auch als Schmelz bezeichnet –, eine stabile weich-cremige Konsistenz zu erreichen. Allos und Zwergenwiese verwenden Bio-Palmfett, zusammen mit Palmkern-, Kokosfett und, oder Sonnenblumenöl. Nabio setzt auf Sonnenblumenöl, wobei Sonnenblumenpro­tein, Bohnen und Johannis­brotkernmehl für Festigkeit sorgen. Landkrone Naturkost schließlich arbeitet mit Kokosfett, Sheabutter und Sonnenblumenöl.

Geschmack in die Schmalze bringen Zwiebeln, teilweise geröstet und dadurch noch intensiver, Äpfel sowie Salz. Trotz dieser ähnlich erschei­nenden Basisrezeptur unter­scheiden sich die Marken und Produkte deutlich voneinan­der. Dazu tragen Gewürze, nicht selten ergänzt durch eine geringe Menge Süßungs­mittel, und manchmal Soja­sauce oder auch Tomatenmark bei. Das erklärt die dunklere Farbe mancher Schmalze.

Allos stellt hier zwei Varianten zur Auswahl: Das Genießer-Schmalz schmecke durch Röstzwiebeln, Sojasauce und Tomatenmark noch herz­hafter als die Sorte Apfel Zwiebel mit getrockneten Zwiebeln, sagt Sandra Sprem­berg, Marketing Direktorin DACH. Zwergenwiese macht dagegen neben ihrem be­kannten Zwiebelschmelz mit einem ungewöhnlichen Mandel-Schmelz neugierig.

Diejenigen, die den herzhaf­ten Geschmack von Streich­würsten lieben, werden im veganen Bio-Regal ebenfalls fündig. Wertbestimmender Rohstoff sind Hülsenfrüchte, die zugleich Konsistenz und Biss geben. Je nach Hersteller und Sorte kommen unter­schiedliche zum Einsatz und werden durch Fette sowie teil­weise durch Stärke ergänzt. Braune oder rote Linsen sind es bei Allos und Hedi, gekochte Feldbohnen bei Zwergenwiese, weiße Bohnen bei Vitam und Erbsen bei The Vegan Cow. Das allein würde nicht aus­reichen, um den Charakter der Originale in Aussehen, Zerkleinerungsgrade und Ge­schmack wiederzugeben. Es kommt auf die Feinheiten an und hier insbesondere auf die Gewürze.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Majoran, Muskat und Pfeffer bei Leberwurst. Ansonsten unter anderem Fenchel, Liebstöckel, Senf, Paprika, Kardamom und die auch Macis genannte Muskat­blüte. Um die pikante Note zu verstärken, greifen die Hersteller gern auf geräucher­te Gewürze oder Rauchsalz zurück. Je nach Sorte bieten sich dazu ansonsten Pilze oder Sojasauce an. Vitam ge­hört zu den wenigen, die He­feextrakt verwenden. Durch dessen natürliches Uma­mi-Aroma schmeckten ihre Wurstalternativen besonders authentisch, erklärt Ulrike Schimunek vom Marketing. Interessant ist bei Vitam auch die Verwendung von Räucher­tofu und Grünkern in der gro­ben Pfälzer Leberwurst. Ohne das Getreide wäre es eher eine Grützwurst, sagt Schimunek.

Was Kunden wissen wollen

Warum steht Palmöl zur Diskussion?
Ölpalmen sind äußerst effizient und liefern bei geringem Flächenbedarf hohe Mengen Öl; die Ernte stellt eine wichtige Einnahmequelle für die Menschen in Ländern wie Indonesien oder Ma­laysia dar. Zudem weist das Öl sehr gute Ver­arbeitungseigenschaften auf. Andererseits ist der konventionelle Anbau in Monokulturen oft mit Ab­holzung, Pestiziden und Missachtung der Men­schenrechte sowie weiten Transportwegen ver­bunden. Eine Alternative sind Bio-Palmfette, die oft auch fair gehandelt sind, oder solche mit Nachhal­tigkeitszertifizierung wie RSPO.

Sind die Wurstalternativen nicht immer vegan?
Nein, sie könnten auch Milchbestandteile oder Honig enthalten.

Was gilt es bei der Haltbarkeit zu beachten?
Verschlossen lange unge­kühlt haltbar, gehören die geöffneten Gläser in den Kühlschrank und sollten bald aufgebraucht werden – eine halbe Stunde vor dem Verzehr herausneh­men und am besten im­mer ein sauberes Messer verwenden.

Verschiedene Varianten

Der Ansatz, eine Wurstsorte in, unterschiedlichen Va­rianten anzubieten, findet sich noch mehr bei The Vegan Cow, deren Lebervurst es in mehreren Würzungen gibt. Teewurst-Alternativen basie­ren auf roten Linsen und gern Tomatenmark oder Paprika sowie Naturholzrauch oder Rauchsalz.

Die Hersteller belassen es nicht bei den Klassikern. Viel­mehr haben einige innovati­ve, internationale Aufstriche entwickelt, die Kunden sonst als Hart- oder Schnittwurst kennen. Beispielsweise pi­kant würzige Cabanossi und Mettwurst (Zwergenwiese), Krakauer, Chorizo und Sucuk (Allos). Die größte Auswahl bietet Hedi, die unter anderem zusätzlich Rotwurst und Ca­banossi in unterschiedlicher Schärfe führen.

Zusatzstoffe nein danke

Ein großes Plus ist der Ver­zicht auf die vielen in konven­tionellen Wursterzeugnissen erlaubten Zusatzstoffe wie Mono- und Diphosphate, Nitrat und Pökelsalze, modi­fizierte Stärken oder Nat­riumglutamat und andere Geschmacksverstärker. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die Herkunft der Basisroh­stoffe aus ökologischem An­bau. Bei Zwergenwiese stam­men die Bohnen sogar aus Deutschland. Die Produktion selber findet in Hochleis­tungsmixern statt, die die Zu­taten zerkleinern und durch Zugabe von etwas Wasser zu einer stabilen Emulsion ver­binden. Nur etwas Carrageen unterstützt vereinzelt die Bindung.

Was die Nährwerte betrifft, so zeichnen sich speziell die pflanzlichen Schmalze durch einen geringeren Fettgehalt aus: Liegt er hier bei rund 80 Prozent, beträgt er beim tie­rischen Pendant annährend 100 Prozent. Die Wurstalter­nativen enthalten ebenso wie Wurst generell deutlich weniger Fett. Bei den veganen Streichwürsten liegt der Ge­halt in der Regel aber trotz­dem tiefer. Außerdem sorgen die Hülsenfrüchte für einen hohen Gehalt an gesunden Proteinen. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass Bio-Herstel­ler keine chemisch gehärteten Fette einsetzen. Die Gefahr, dass auf diese Weise Trans­fettsäuren als potenzielles Gesundheitsrisiko ins Lebens­mittel gelangen, entfällt.

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