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Naturkosmetik

„Das Angebot der Bioläden ist oft statisch“

Während der Naturkosmetikmarkt in Deutschland 2024 erneut zulegen konnte, bleibt der Bio-Fachhandel unter Druck. Mirja Eckert, Geschäftsführerin der Branchenagentur The New, beschreibt die Ursachen – und was Bioläden tun müssen, um relevant zu bleiben.

Laut des aktuellen Naturkosmetik-Branchenmonitors von The New legte das Geschäft mit Naturkosmetik im vergangenen Jahr um 3,2 Prozent zu. Doch dieser Aufwärtstrend zeigte sich nicht im Bio-Fachhandel. Dort sind die Umsätze seit Jahren rückläufig – so auch 2024. 

Laut Daten von Biovista ist der Umsatzanteil von Naturkosmetik im Bio-Fachhandel von 5,5 Prozent im Jahr 2009 auf 3 Prozent im Jahr 2024 gesunken. „Das ist nicht nur ein statistischer Wert – es zeigt den schleichenden Bedeutungsverlust eines Pionierkanals“, sagt Mirja Eckert, Geschäftsführerin von The New.

Einen Hauptgrund für diese Entwicklung sieht die Beraterin in einer mangelnden Sortimentsdynamik. „Während andere Vertriebskanäle wie Drogerien, Parfümerien oder Onlineplattformen stark in Innovation, Storytelling und Zielgruppenansprache investieren, bleibt das Angebot der Bioläden oft statisch“, so Eckert. Junge Marken und Trends würden häufig nicht oder zu spät erkannt. Der Fachhandel verliere dadurch besonders bei jüngeren Zielgruppen an Relevanz.

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Strategischer Stillstand auf der Fläche

Naturkosmetik sei im Fachhandel zwar präsent, werde aber selten weiterentwickelt. „Häufig fehlt es an einer strategischen Auseinandersetzung mit dem Sortiment, den Zielgruppen oder neuen Konzepten“, erklärt Eckert. Dabei hätte der Fachhandel mit Beratungskompetenz und Produktnähe gute Voraussetzungen, um sich zukunftsfähig aufzustellen.

Heutzutage dominieren Drogeriemärkte den Markt für Naturkosmetik. Rund 40 Prozent des deutschen Naturkosmetik-Umsatzes werden Eckert zufolge bei DM, Rossmann und Co. gemacht. „Diese punkten mit breitem Sortiment, Innovationskraft und Vertrauen", sagt die Beraterin. 

Fachhandel bleibt relevant – mit Einschränkungen

Auch wenn die großen Naturkosmetik-Player andere sind: Für Hersteller sei der Bio-Fachhandel weiterhin ein wichtiger Kanal, sagt Eckert und begründet das vor allem mit der Glaubwürdigkeit der Läden. Mehr als jeder vierte Euro im Segment wird dort umgesetzt. Allerdings ist das kein Selbstläufer. Der Fachhandel müsse sich im Wettbewerb behaupten, so Eckert. „Viele Markenhersteller richten ihre Sortimente gezielt auf einzelne Vertriebswege aus und entwickeln neue Produktlinien.“

Die Nachfrage nach Naturkosmetik ist breit gefächert. Während früher vor allem klassische Körper- und Gesichtspflege das Bild prägten, sind heute auch Make-up-Produkte, Lippenpflege und spezialisierte Pflegekonzepte stark nachgefragt. Laut der Agentur Mintel, die jedes Jahr den „Beauty Report“ veröffentlicht, legen immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher den Schwerpunkt auf Prävention statt Reparatur der Haut. Trends wie Longevity (lange und möglichst gesund leben), biotechnologische Wirkstoffe oder der Neuro-Glow-Ansatz, der inneres und äußeres Wohlbefinden kombiniert, bestimmen das Sortiment. „Innovationskraft und Natur schließen sich längst nicht mehr aus – im Gegenteil“, sagt Eckert.

Handelsmarken im Kommen

Auch im Bereich der Handelsmarken sieht die Beraterin Bewegung – vor allem in Drogerien. „Inzwischen gelingt es einigen Handelsformaten durchaus, eigene Linien mit nachvollziehbarem Nachhaltigkeitsprofil und funktionalem Anspruch zu etablieren.“ Doch anders als bei Bio-Lebensmitteln spiele der Preis in der Kosmetik eine geringere Rolle. „Gerade erklärungsbedürftige Inhaltsstoffe, sensiblere Produktversprechen und teils höhere Preispunkte verlangen nach mehr als nur einer Listung im Regal“, sagt Eckert.

Was können Bioladen diesbezüglich tun? „Der Fachhandel hat grundsätzlich beste Voraussetzungen, um wieder eine zentrale Rolle im Naturkosmetikmarkt zu spielen – wenn er bereit ist, sich aktiv weiterzuentwickeln“, sagt Eckert. Community-Building statt klassischer Kundenbindung sei das Stichwort.

Wirtschaftliche Chancen für Mutige

Naturkosmetik biete dem Fachhandel wirtschaftlich Potenzial – wenn er Trends aufgreife und Flächen aktiv gestalte, ist Eckert überzeugt. Gefragt seien offenere Sortimente, digitale Präsenz und das Aufgreifen aktueller Themen wie Genderfluidity oder Fermentpflege.  

Eckerts Botschaft: Naturkosmetik ist ein wachstumsstarkes Segment – mit deutlich höherem Durchschnittsbon als viele andere Warengruppen. Dies gelte auch für die Deckungsbeiträge. „Das Umsatzpotenzial ist da – es muss nur erschlossen werden“, sagt sie.

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