Brennen und Juckreiz unter den Achseln sind Anzeichen dafür, dass ein Deodorant nicht vertragen wird. Das kann daran liegen, dass die Haut generell empfindlich ist oder dass sie auf einzelne Zutaten allergisch reagiert. Spätestens das ist für manche der Zeitpunkt, sich im Bioladen nach einer Alternative umzuschauen. Denn bei zertifizierten Deos sind von vorneherein viele problematische Inhaltsstoffe tabu, wie chlorierte Aluminiumsalze oder synthetische Duftstoffe.
Wer sich im Naturkosmetik-Regal umschaut, findet neben gewöhnlichen Deos auch solche, die als sensitiv ausgelobt sind sowie Sorten, die nur den Verzicht auf bestimmte Inhaltsstoffe herausstellen, auf die manche Menschen mit Reizungen und Rötungen reagieren. Dazu gehören Alkohol, ätherische Öle oder Alaun. Sensitiv-Deos können auf einen oder mehrere dieser Stoffe verzichten oder besonders milde und pflegende Wirkstoffe bereithalten. Ein rechtlich geschützter Begriff ist „sensitiv“ allerdings nicht.
Auch wenn viele es als unangenehm empfinden, generell ist Schwitzen nichts Schlechtes. Ganz im Gegenteil: Schweiß, der auf der Haut verdunstet, kühlt und schützt vor Überhitzung. Was aus den Poren rinnt, ist zunächst geruchlos. Erst wenn Bakterien beginnen, die Fettsäuren in dem Sekret zu kürzeren Ketten abzubauen, entstehen Ameisen- oder Buttersäure – und die riechen schlecht.
Alles andere als sensibel
Deodorants verhindern den Schweißgeruch, in dem sie die Bakterien im Wachstum hemmen oder die Enzyme, mit denen sie die Fettsäuren abbauen. Außerdem maskieren sie unangenehme Gerüche, überdecken sie also schlicht. Konventionelle Deos nutzen dazu gelegentlich synthetische Duftstoffe wie Moschus-Verbindungen, Hydroxycitronellal oder Cashmeran. Die können allergische Reaktionen hervorrufen oder sich im menschlichen Fettgewebe anreichern. Außerdem gefährden sie Gewässer.
Auch andere Zutaten in herkömmlichen Deos sind bedenklich. Formaldehyd ist für Kosmetik zwar nicht mehr erlaubt, doch die Abbauprodukte der zugelassenen Formaldehyd-Abspalter können die Haut ebenfalls reizen. Künstliche Silikonöle pflegen nicht nachhaltig und sind überdies nur schwer in der Umwelt abbaubar. Synthetische PEG-Verbindungen machen die Haut durchlässiger, auch für Schadstoffe.
Alu im Antitranspirant
Zum konventionellen Repertoire an Frischmachern gehören auch die sogenannten Antitranspirantien. Ihre charakteristischen Zutaten sind chlorierte Aluminiumsalze, die bewirken, dass sich die Ausgänge der Schweißdrüsen verengen und daraufhin bis zu 60 Prozent weniger Schweiß fließt. Chlorierte Aluminiumsalze und damit die Antitranspirantien standen lange in der Kritik, da giftiges Aluminium daraus in den Körper dringen und sich dort ansammeln kann.
Mitte 2020 gab das Bundesinstitut für Risikobewertung jedoch Entwarnung. Neuere Studien legten nahe, dass selbst frisch rasierte Haut über Antitranspirantien nur sehr geringe Mengen Aluminium aufnimmt. Einer täglichen Nutzung von Antitranspirant steht daher laut der Behörde nichts entgegen. Ökotest wertet allerdings nach wie vor ab, wenn ein Deo synthetische Aluminiumsalze enthält. Die Begründung: In Deutschland würden wir insgesamt aus Nahrung und dem Trinkwasser zu viel Aluminium aufnehmen – und bei Deo gäbe es ja Alternativen.
Naturdeos mit Alaun
Chemisch gewonnene chlorierte Aluminiumsalze sind in der Naturkosmetik tabu, auch, weil sie die Haut reizen können. Naturkosmetik akzeptiert nur das natürlich vorkommende Aluminiumsalz Alaun als Schweißhemmer. Es ist hautverträglicher, kann aber auch Aluminium abgeben. Produkte mit Alaun bieten beispielsweise Alva und Urtekram unter der Bezeichnung Kristall-Deodorant an. Auch in manchen Sorten von Acorelle und Bioturm steckt es mit drin.
Viele Hersteller verzichten ganz auf Alaun und verwenden Extrakte aus Bambus, Grüntee, Hamamelis, Schachtelhalm, Weidenrinde oder Salbei. Sie ziehen die Haut zusammen und verengen damit ebenfalls die Ausgänge der Schweißdrüsen. Bei Lavera ist es „das Zusammenspiel von natürlichen Mineralien und Spurenelementen wie Magnesium, Eisen und Zink, die adstringierend wirken“, schreibt die PR-Managerin Sara Honerkamp.
Für Deodorants, die eher darauf setzen, die Geruchsentwicklung zu verhindern und zu überdecken, steht der Naturkosmetik ein beachtliches Spektrum an hautfreundlichen Mitteln zur Verfügung. Triethylcitrat etwa, ein Zitronensäureester, blockiert schweißzersetzende Enzyme der Bakterien. Als ähnlich mild gilt Zinkricinoleat, ein Zinksalz, das schon entstandene Gerüche absorbiert, indem es die kurzkettigen, unangenehm riechenden Fettsäuren bindet.
Mit und ohne Alkohol
Eine wichtige Rolle spielen Stoffe, die das Wachstum der Bakterien in Schach halten. Zu den antibakteriellen Klassikern gehört Alkohol. Naturkosmetik-Deos enthalten entweder Alkohol und gleichzeitig pflegende Wirkstoffe. Oder sie verzichten auf Alkohol, um Menschen entgegen zu kommen, die empfindlich darauf reagieren. Denn Alkohol kann die Haut austrocknen und reizen.
Deos „ohne“ gibt es etwa bei Balmyou, Bioturm, Cattier, CMD, Primavera, Speick, Lavera und i+m. Antibakteriell wirken darin Kokosöl, Zinkoxid, Extrakte aus Pflanzen wie Salbei, Ingwer, Zitronengras oder Moringa sowie zahlreiche ätherische Öle.
Mit und ohne Duftstoffe
Ätherische Öle sind wahre Multitalente. Sie bremsen nicht nur Bakterien aus oder mildern Entzündungen. In Naturkosmetik-Deos überdecken sie zudem den unerwünschten Muff mit ihren Wohlgerüchen. Doch auch natürliche Duftstoffe können allergisieren. Die EU-Kosmetikverordnung stuft 26 Komponenten von Duftstoffen als wahrscheinliche Kontaktallergene ein.
Welovetheplanet beduften ihr Deo daher mit hypoallergenem Parfüm – das sei laut Produzent eine Duftkomposition, die keinen dieser 26 Stoffe enthält. Viele Hersteller bieten geruchsneutrale Sensitiv-Deos an, die komplett auf ätherische Öle verzichten. Gegen Bakterien wirken übrigens auch Auszüge aus dem Bienenharz Propolis. Das erklärt, warum Deodorants nicht immer vegan sind.
Ein seltenerer und ebenfalls milder Bakterienfeind ist Silber, zu finden etwa in Produkten von Bioturm und GRN. Pflegende Komponenten wie Aloe vera, Sheabutter oder Vitamin E runden das Aufgebot an Wirkstoffen ab. Sie werden unterstützt durch Extrakte aus Kamille, Lavendel, Rose, Hamamelis, Nachtkerze oder Ringelblume, aber auch Zinkoxid – die allesamt die Haut beruhigen oder Entzündungen lindern können.
Pflegen und konservieren
Generell erfüllen natürliche Inhaltsstoffe häufig mehrere Funktionen gleichzeitig. So halten Bambusfasern im Deo Entzündungen auf und absorbieren Feuchtigkeit. Der Saft der Aloe vera etwa wirkt reizlindernd und regenerierend und versorgt die Haut mit Feuchtigkeit. Antibakterielle Wirkstoffe verhindern nicht nur, dass der Schweiß streng riecht, sie verhindern auch, dass Bakterien die Lebenszeit eines Deodorants verkürzen.
Manche Hersteller schaffen es auf Konservierungsstoffe zu verzichten, indem sie diverse Zutaten kombinieren. „Die Stabilisierung der Produkte beruht auf einer synergetischen Wirkung von Pflanzenextrakten und anderer Naturstoffe in Kombination mit ätherischen Ölen“, antwortet Sylvia Herfurth von Primavera auf die Frage nach der Konservierung. Provida hingegen setzt auf natürliches Vitamin E für die Haltbarkeit.
Tipps von der Kollegin
Kirsten Schanno ist Inhaberin von Terra Natura in Oldenburg, Niedersachsen. Sie führt ihr Naturkosmetik-Fachgeschäft seit 27 Jahren und bietet auch Kosmetik-Behandlungen an.
Zu natürlichen Deos zu beraten ist nicht leicht, denn jeder Mensch reagiert individuell. Die Geruchsentwicklung hängt stark von den Hormonen ab, auch davon, ob jemand Sport macht oder aufgeregt ist. Da sollte man sich selbst beobachten. Eventuell hilft es, je nach Situation ein starkes oder ein mildes Deodorant zu nutzen.
- Manche, die von konventionellem auf Naturkosmetik-Deo umsteigen, haben Anfangs den Eindruck, dass Naturkosmetik nicht wirkt. Da muss man Geduld mitbringen, einige Zeit testen und eventuell mehrere Sorten ausprobieren.
- Deo direkt nach der Achselrasur, das brennt, weil beim Rasieren immer Mikroverletzungen entstehen. Ich empfehle daher, sich abends zu rasieren und am Morgen darauf das Deo aufzutragen.
Zum Sprühen und Rollen
Als Spray angebotene Deodorants bestehen zum Großteil aus Alkohol, der desodoriert und die Haut kühlt, weil er zügig verdunstet. Ausnahme: Bei CMD ersetzt Kokoswasser den Alkohol. Der Sprühnebel erreicht die Haut kontaktlos; das macht Sprays besonders hygienisch. Allerdings verbrauchen sie sich schnell, weil ein Teil der Wirkstoffe in der Luft verpufft. Manche Anwender vertragen es auch nicht, die feinen Tröpfchen einzuatmen.
Roll-on-Fläschchen werden mit einer Öl-in-Wasser-Emulsionen befüllt, enthalten weniger oder gelegentlich gar keinen Alkohol und eventuell einen Quellstoff wie Xanthan, der die Emulsion so verdickt, dass sie gut aufgetragen werden kann.
Zum Cremen und Drehen
In Deocremes und -sticks findet man meist Natron als desodorierenden Wirkstoff. Das weiße Pulver, chemisch Sodium Bicarbonate, gilt im Allgemeinen als gut hautverträglich. Natron wirkt alkalisch, neutralisiert damit den Geruch und schafft ein Milieu auf der Haut, in dem Bakterien nicht gut wachsen. Zutaten wie Maisstärke, Bentonit, Pfeilwurzelextrakt oder Talkum dienen teils als Konsistenzgeber und binden Feuchtigkeit sowie Gerüche – für ein trockenes Gefühl unter den Achseln.
Sticks enthalten in der Regel keinen Alkohol. Die feste Form verdanken sie beispielsweise Bienenwachs oder Sonnenblumenwachs, das man aus Sonnenblumenöl gewinnt. Vorteil der Festen: Sie lassen sich einfach in Papphülsen verpacken, abfalltechnisch ist das bei Deos das Nonplusultra. Deocremes basieren meist auf Sheabutter oder Kokosöl. Sie sind stets alkoholfrei, besonders mild, ziehen leicht ein und hinterlassen ein angenehm trockenes Hautgefühl. Creme ist besonders ergiebig, denn für eine Achsel reicht eine erbsengroße Portion. Sie wird mit den Fingern aufgetragen. Daher empfiehlt es sich vorher und nachher die Hände zu waschen.
Manche Hersteller weisen darauf hin, dass ihre Sticks oder Cremes bei Temperaturen über 25 Grad weich werden oder gar schmelzen. Sie raten daher dazu, das Produkt bei höheren Temperaturen im Kühlschrank aufzubewahren. Anke Boettcher von Balmyou hingegen betont, dass der Stick auch im Sommer formstabil bleibe.
Wie nachhaltig verpackt?
Bei Deo-Sticks reicht eine Papphülse als Verpackung. Vor allem junge Unternehmen nutzen das gerne. Balmyou setzt dabei auf Graspapier. Das soll sogar nur halb so viel CO2 verbrauchen wie Recyclingpapier. Und die leere Packung kann übers Altpapier entsorgt werden.
Deocreme lässt sich in wieder verwendbare Gläser, Weißblech- oder andere Metalldosen füllen. Kunststoff-Verpackungen werden weiter verbessert. Lavera verpackt Deos fast vollständig in Rezyklat – nur bei der Kugel im Roll-on und beim Pumpspender im Spray geht das noch nicht.
Wie lang hält´s frisch?
Über die Wirkdauer ihrer Naturkosmetik-Deodorants machen Hersteller unterschiedliche Angaben. Manche weisen darauf hin, dass untertags nachgelegt werden kann. Lavera wirbt bei seinen Sensitiv-Sorten mit „48 Stunden Deo-Power“. Nach dem Auftragen von Deo ein paar Minuten mit dem Anziehen zu warten, ist stets eine gute Idee. Dann haben die Wirkstoffe Zeit, gut einzuziehen und anzutrocknen und bleiben auf der Haut, statt im T-Shirt zu landen.
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