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Gemüsesaft: Bunt, würzig und mit Aha-Effekt

Gemüsesäfte sind fast so gesund wie rohes Gemüse – und manchmal sogar wertvoller. Sie sollten unbedingt verkostet werden. Das führt zu Aha-Effekten und fördert (hoffentlich) den Absatz.

Bei Gemüsesaft-Verkostungen kommt es des Öfteren zu einem Überraschungs-Effekt, berichtet Sabrina Broeske von Haus Rabenhorst. „Viele kennen die Säfte nicht oder haben schon lange keinen Gemüsesaft mehr probiert“, sagt die Innovationsmanagerin. Verkostungen sind deshalb ein Erfolgsrezept, wenn es darum geht, den Absatz zu steigern.

Im Gemüsesaft-Sortiment stecken also Chancen. Auch wenn es eine Nische belegt und die Lage momentan nicht so gut aussieht: Im Vergleich zu den Zahlen des Vorjahres stellte Marktforscher bioVista von Oktober 2021 bis September 2022 einen Umsatzrückgang von 13,2 Prozent fest. Die Zahlen zeigen aber auch: Gerade im Frühjahr steigt die Bereitschaft, sich ein oder mehrere Fläschchen flüssiges Gemüse zu gönnen. Denn manch eine Kundin oder ein Kunde hat noch die guten Vorsätze im Kopf: mehr für die Gesundheit zu tun. Mit der Anregung zum Saftfasten können Ladner das gezielt unterstützen und damit den saisonalen Aufwärtstrend verstärken.

Hersteller wie Beutelsbacher oder Voelkel stellen spezielle Fastenkisten zusammen, in denen sie unterschiedliche Gemüsesäfte für eine Saftfastenwoche kombinieren. Dazu gibt es Broschüren, die den Einstieg ins Fasten erleichtern. Kunden, die hier besonderes Interesse zeigen, freuen sich sicherlich auch über den Tipp, bei Voelkel, Beutelsbacher oder Biotta einen Blick auf die Websites zu werfen. Sie finden dort etwa Ratschläge für einen Safttag oder Basisinfos zum Intervallfasten, bei Voelkel sogar eine eigens eingerichtete Website unter dem Namen meinefastenzeit.de. Schoenenberger präsentiert im Internet Ratschläge fürs Abnehmen mit Hilfe von Säften, der richtigen Ernährung und Bewegung.

Einige Kisten Gemüsesäfte gelegentlich auch mal in der Obst-und-Gemüse-Abteilung zu positionieren, „das funktioniert auch gut“, sagt die Haus Rabenhorst-Marketingfachfrau Sabrina Broeske. Üblicherweise finden Kunden ihren Gemüsesaft im Randbereich der Fruchtsäfte. Rhabarber, der eigentlich auch zu Gemüse zählt, wird von Kundinnen eher bei den Fruchtsäften vermutet.

Wer für größtmögliche Ordnung sorgt, erleichtert die Suche und fördert damit den Absatz. Besonders einheitlich wirkt das Einsortieren im Markenblock. Andreas Weber, Inhaber des Naturkostladens Genussreich in Greven ordnet innerhalb der Marken sogar noch nach Farben: „von hell nach dunkel“.

Zum Grundsortiment gehören für Sabrina Broeske Möhren-, Rote Bete- und Tomatensaft, außerdem ein Gemüsemix. Topseller sollten als Zugpferde auf alle Fälle dabei sein: Bei Haus Rabenhorst ist das etwa Rote-Bete-Saft, bei Schoenenberger der Artischockensaft. Absolute Topprodukte sind laut bioVista der feldfrische Möhrensaft und der feldfrische Gemüsesaft von Voelkel.

Die norddeutsche Naturkostsafterei steht in Sachen Umsatz im Gemüsesaftsortiment auch insgesamt an der Spitze, zusammen mit Beutelsbacher und diversen Handelsmarken. Was im Sortiment nicht fehlen sollte, sind die kleinen Gebinde, 200- und 330-Milliliter-Fläschchen oder Getränkekartons. Die erleichtern manch einem den Einstieg: einerseits in Anbetracht des Preises und andererseits, um neue Geschmacksrichtungen auszutesten.

Das Thema Kochen zieht

Mag sein, dass Gesundheit lange Zeit das wichtigste Kauf-Argument war. Doch allmählich spricht sich herum, dass sich Gemüsesaft auch anders verwenden lässt. Biotta empfiehlt etwa einen Gemüse-Cocktail als Apéro-Begleiter. Und auch bei Voelkel gehört zum Sortiment neuerdings ein funktionaler Gemüse-Gewürz-Trunk als alkoholfreier Genussbegleiter – oder Magenbitter.

„Kochen ist das Thema, das zieht“, ist Sabrina Broeskes Erfahrung. Karottensaft als Saucenbasis, Sauerkrautsaft ins Salatdressing, Tomatensaft als Süppchen zwischendurch – die Haus Rabenhorst-Ideen sprudeln nur so. Rote-Bete-Saft schenkt Risotto, Pfannkuchen oder Kräckern eine attraktive Farbe, Möhrensaft färbt deftiges und süßes Hefegebäck, Brot wie Kuchen. Mit dem Neuling im Haus Rabenhorst-Sortiment, dem scharfen Gemüsesaft würde die studierte Oecotrophologin eine Tomatensauce würzen.

Tipps von der Kollegin

N. Wortmann, Genussreich Greven (360 qm)

  • Gemüsesaft verkauft sich zurzeit sehr gut bei uns, weil ich gerade zusammen mit Bekannten und Kundinnen faste. Ich mache das für mich schon seit längerem immer wieder und hab inzwischen viel dazu gelesen. Das hat sich rumgesprochen und so kam jetzt eine Gruppe von zehn Leuten zustande.
  • Wir haben gemeinsam gestartet, abends mit einer Suppe und grundsätzlichen Informationen bei uns im Bistro. Wir haben eine Whatsapp-Gruppe gegründet, tauschen uns aus und treffen uns auch ein- bis zweimal pro Woche.
  • Der Bedarf an solchen Fastenaktionen ist da: Die einen wollen ihren Stoffwechsel ankurbeln, eine Teilnehmerin mit Reizdarm bekam vom Arzt die Empfehlung zu fasten und es soll ja auch bei Bluthochdruck und Hautkrankheiten helfen. 
  • Wenn wir mit der nächsten Gruppe starten, wollen wir ein Schild aufhängen und per Instagram werben.

Basiswissen über Gemüsesäfte

Gemüsesäfte haben ein kleines Image-Problem. Viele vermuten, das Getränk müsse „schrecklich“ gesund schmecken. Richtig ist: Flüssiges Bio-Gemüse präsentiert sich farbenfroh und schmeckt würzig, umami, säuerlich, leicht salzig, scharf oder sogar fruchtig und süß, aber auch erdig, herb oder etwas bitter. Es bietet reichlich Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und Vitamine und im Gegenzug wenig Kalorien.

Zugegeben: Beim Pasteurisieren gehen hitzeempfindliche Vitamine verloren und viele Faserstoffe, die als Ballaststoffe den Darm pflegen sollten, werden herausgefiltert. Doch was übrigbleibt, hat noch reichlich Potenz. Gelegentlich legen die Säfte mit ihrer Verarbeitung sogar an Wert zu: In Tomaten- und Karottensaft stecken von Haus aus schon viele Carotinoide, die antioxidativ wirken und das Risiko mancher Krebserkrankungen senken können. Dadurch, dass das Gemüse bei der Saftherstellung erhitzt wird, kann der Körper Beta-Carotin und Lykopin leichter aufnehmen. Gemüsesaft ist also tatsächlich gesund und manchmal sogar gesünder.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung schlägt vor, täglich drei Portionen Obst und zwei Portionen Gemüse zu essen, um eine ausreichende Grundversorgung mit Makro- und Mikronährstoffen sowie Ballaststoffen zu gewährleisten. Gelegentlich könne das Gemüse auch durch Saft ersetzt werden. Manchmal ist es eben bequemer und spart Zeit, Karotten, Tomaten, Rote Bete oder Sauerkraut aus dem Glas oder aus der Flasche zu trinken. Beispielsweise unterwegs oder als Mini-Mahlzeit zwischendurch.

Tatsächlich sind Biosäfte verarbeitete Lebensmittel mit extrem kurzer Zutatenliste. In die Flasche kommt oft nichts als das zu Saft verarbeitete Gemüse. Gelegentlich ist ein Spritzer Zitronen- oder Acerolakirschsaft mit dabei: Das verfeinert den Geschmack, verlängert die Haltbarkeit und verhindert, dass sich Gemüse wie Kartoffeln oder Sellerie verfärben und den Saft unansehnlich machen. Manchmal heben Kräuter, Gewürze oder Salz das Aroma. Auch alternative Süßungsmittel sind erlaubt, werden aber oft gar nicht verwendet.

Besonders harmonische und interessante Geschmacksvarianten entstehen, wenn mehrere Gemüse miteinander vermischt werden oder wenn Fruchtsaft dazukommt. Zutaten wie Topinambur, der den Ballaststoff Inulin enthält, oder Vitamin C-reicher Sanddorn, aber auch die Mixgetränke bringen Gemüsesäfte sogar oft in die Nähe echter funktioneller Lebensmittel. Denn viele Gemüse liefern schon von Natur aus große Mengen an Mikronährstoffen wie beispielsweise Calcium in Sellerie, Kalium in Kartoffeln oder Vitamin C in Tomaten. Wenn sie gekonnt kombiniert werden, entstehen kompakte Nährstoffdrinks.

Biogemüse, aus dem der Saft gekeltert wird, basiert auf robusten und wie bei Beutelsbacher und Voelkel immer öfters aus samenfesten Sorten. Diese sind besser an die Umwelt angepasst und kommen daher ohne chemisch-synthetische Pestizide und Düngemittel aus. Sie sind charakteristischer im Geschmack und vor allem – im Gegensatz zu den gängigen Hybridsorten – frei reproduzierbar. Das heißt, Landwirte müssen nicht alljährlich Samen nachkaufen, sondern können sie selbst nachziehen.

Was Kunden wissen wollen

Warum schmeckt Gemüsesaft nicht immer gleich?
Verbands-Biogemüse wird direkt und erntefrisch zu Saft verarbeitet. Je nach Lage und Wetterbedingungen entwickelt Gemüse wie Trauben für Wein von Charge zu Charge und von Jahr zu Jahr leicht unterschiedliche Geschmacksnuancen. Diese spiegeln sich im direkt verarbeiteten Saft wider.

Warum hat Gemüsesaft einen Satz?
In ungefiltertem Saft sinken winzige Partikel, darunter auch lösliche Faserstoffe, zum Flaschenboden und sammeln sich dort. Einmal vor dem Trinken gut durchschütteln und der Saft entwickelt seine klassische Konsistenz, das typische weiche Mundgefühl und sein volles Aroma. 

Ist Gemüsesaft vegan?
Bio-Gemüsesaft darf mit Honig gesüßt werden, kann also tierische Zutaten enthalten. Das kommt bei Verbands-Bioware praktisch nicht vor, bei EU-Bio schon. Milchsauer konservierter Gemüsesaft ist hingegen vegan. Der Name Milchsäure kommt daher, dass die Säure, die durch Fermentation entsteht, zum ersten Mal in saurer Milch nachgewiesen wurde.

Verbandsware wird darüber hinaus immer direkt gekeltert und nicht aus Konzentrat rückverdünnt und standardisiert. Und es ist, wie etwa Voelkel-Geschäftsführer Jacob Voelkel betont, „immer öfter und zu einem großen Teil heimische Ware“, also aus der Region oder aus Deutschland. Nur wärmeliebendes Gemüse wie Artischocken oder Tomaten wächst in Italien oder Spanien und wird an Ort und Stelle zu Saft verarbeitet. Aber auch das könnte sich ändern, denn Voelkel hat ein Projekt gestartet, das zum Ziel hat, heimische Bio-Tomaten anzubauen, die robust sind und gleichzeitig so schmecken wie die aus dem sonnenverwöhnten Südeuropa.

Bio-Saftgemüse wird umweltschonend angebaut und geerntet, wenn es die optimale Qualität erreicht hat. Auf möglichst kurzem Transportweg gelangt die Rohware in die Kelterei, wo sie geputzt, zerkleinert, gepresst, zentrifugiert und gegebenenfalls filtriert wird. Ausgefeilte Keltertechnik sorgt dafür, dass im Produktionsprozess möglichst wenig Sauerstoff ans Produkt kommt. Das schont sauerstoffempfindliche Mikronährstoffe wie Vitamin A, Vitamin C und Folsäure. Damit sich der Saft länger hält, wird er entweder möglichst kurz auf 80 bis 90 Grad erhitzt, also pasteurisiert, oder mit Hilfe von Milchsäuregärung fermentiert.

Bei der Fermentation wandeln zugesetzte Milchsäurebakterien gemüseeigene Kohlenhydrate zu Milchsäure um und knacken schwerverdauliche Zellstrukturen. Die milde Säure verhindert, dass sich Bakterien vermehren, die den Saft verderben könnten. Das milchsaure Getränk wird kurz erhitzt, um die Fermentation zu stoppen. Es ist leichter verdaulich und kann nun auch Gemüsemost genannt werden. Ungeöffnet behält Gemüsesaft oder -most meist ein bis zwei Jahre seine garantierte Qualität.

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