Inflation, Rezession, Sparsamkeit bei Konsumierenden – all dies konnte dem Espresso-Sortiment im vergangenen Jahr unter dem Strich nicht viel anhaben. „Die Kategorie schaffte das Kunststück, eine Umsatzentwicklung von nahezu plus/minus null zu erzielen“, erklärt Fabian Ganz vom Marktforscher bioVista mit Blick auf den Beobachtungszeitraum Juni 2023 bis Mai 2024. Und nicht nur das: „Es gibt nun eine klar positive Umsatzentwicklung.“
Zwar verzeichnete auch Espresso im letzten Jahr einen Absatzrückgang – er lag bei 3,2 Prozent. Zugleich stiegen aber die Preise um 3,3 Prozent, was am Ende quasi zu einem Ergebnis von plus/minus null führte. Doch dies zeigt auch, dass viele Kundinnen und Kunden beim Preis mitgegangen sind.
Trotz der verhalten positiven Entwicklung kann der Biofachhandel den preislichen Wettlauf mit Drogeriemärkten und LEH aber nicht gewinnen. Dort gibt es Bio-Bohnen oft schon für zehn Euro pro Kilogramm. Fabian Ganz sieht eine Erfolgsstrategie darin, noch stärker den Mehrwert und die Hochwertigkeit von Bio-Espresso zu kommunizieren – so wie es Rapunzel mit seinem „Heldenkaffee“ macht. Der heißt so, weil er von echten Heldinnen und Helden kommt, den Kaffeebauern. Sie sorgen laut Produktbeschreibung für „blühende Biodiversität“, also biologische Vielfalt in den Anbaugebieten. All das wird intensiv kommuniziert.
Umsatzentwicklung Espresso
Tipps zur Platzierung
Auch wenn Bohnen im 1-Kilo-Paket laut Fabian Ganz zu den Topsellern bei Espresso zählen, finden auch kleinere Einheiten ihre Abnehmer. „Bei uns sind die gemahlenen Varianten im 250-Gramm-Paket ebenfalls sehr erfolgreich“, erklärt Eva Kirbach, Senior Brand Managerin bei Mount Hagen (Wertform). Für Kundinnen und Kunden, die nur ab und zu Espresso trinken oder Bohnen nicht selbst mahlen möchten, sind kleine Packungen also wichtig. Platziert wird Espresso natürlich beim Kaffee. Die meisten Anbieter raten zum Markenblock, denn so komme Ruhe ins Regal. Bio-Espresso ist ein hochpreisiges Produkt. Darum sollte er möglichst oben im Regal stehen. „Die Espressi werden idealerweise in einem Regalboden über den analogen Kaffees der Serie platziert“, erklärt Daniel Fehling, Leitung Marketing und Produktmanagement bei Herbaria.
Können nicht sämtliche Espressi auf Augenhöhe einsortiert werden, empfiehlt es sich, erst einmal die Produkte des oberen Preissegments in Greifhöhe zu platzieren. Dazu zählen Wildkaffees wie Kaffa von Original Food sowie Makeda Espresso Ostafrika von Herbaria, eine Mischung aus äthiopischem Arabica-Waldkaffee und Robusta aus den Bergregionen Ugandas. Instant-Espressi gibt es in der Dose, im Glas und in der Packung als Portions-Stick. Sie werden „idealerweise nebeneinander platziert, da die Sticks zum Probieren einladen, bevor man sich für die größere Einheit entscheidet“, rät Volker Hummel, Key Account Manager bei Naturata. Das Unternehmen bietet Espresso als Stick und in der Dose an.
Ergänzende Präsentation ist wichtig
Auch ergänzende Präsentationen sind wichtig, um den Absatz anzukurbeln. „Bei Zweitplatzierungen verkaufen wir deutlich mehr“, erklärt Florian Hammerstein von Original Food. Für Espresso bieten sich hier mehrere Orte an, etwa bei den Frühstücksprodukten wie Müsli und Flocken sowie bei Süßem wie Schokolade, Keksen und süßen Snacks. Auch in der Nähe von Milch und Pflanzendrinks sieht Georg Schneider, Vertriebsleiter bei Lebensbaum, eine gute Möglichkeit zur Zweitplatzierung. „So sind alle Zutaten für Kaffeespezialitäten in einem Bereich verortet.“
Aktionen zur „Fairen Woche“ (im kommenden Jahr voraussichtlich vom 12.- 26. September) sowie zum „Tag des Kaffees“ (1. Oktober) sind weitere gute Möglichkeiten, um die Vielfalt an Bio-Espresso zu kommunizieren. Im Verkaufsgespräch können bei einem Tässchen Espresso die Besonderheiten wie faire Bezahlung der Bauern, langfristige Handelsbeziehungen und andere Fairhandels-Aspekte von Bio-Espresso erläutert werden.
Kommt der Kaffee wie bei Rapunzel aus der hauseigenen Rösterei, oder wird er, wie bei La Selva, direkt in Italien, wo das Unternehmen angesiedelt ist, in zwei Röstereien hergestellt, kann auch dies betont werden. Gibt es keine Möglichkeit, den Espresso für eine Verkostungsaktion frisch zuzubereiten, bietet sich ein ColdBrew-Coffee an, also ein kalt zubereiteter Espresso. „Dieser ist ganz einfach anzusetzen und kann im Kühlschrank aufbewahrt werden“, erklärt Marie-Theres Feytl-Chaloupek, Markenbotschafterin bei Sonnentor.
Potenzial für Extra-Umsatz
Immer bieten auch Feste wie Weihnachten, Konfirmation, Ostern und Pfingsten, die mit einem erhöhten Kaffeekonsum einhergehen, Potenzial für Extra-Umsatz. In der Vorweihnachtszeit laden vorgepackte Geschenktüten mit Keksen, Schokolade und einem schönen Espresso zum entspannten Shopping ein.
Ein echter Hingucker, und damit ein tolles Geschenk für verschiedene Gelegenheiten, ist der Espresso der Eigenmarke Bioladen von Weiling – ein hundertprozentiger Arabica-Kaffee aus fairen Partnerschaften und Langzeitröstung. Als einziger wird dieser Espresso in einer Pfandflasche angeboten.
Tipps von der Kollegin
- Bei uns gibt es ein eigenes Regal nur für Kaffee aller Art. Darin haben wir die Produkte nach Marken platziert. Unserer Erfahrung nach suchen die Kunden zuerst nach „ihrer“ Marke und dann nach dem Espresso.
- Wir haben primär hochpreisige, aber auch ein paar günstige Espressi im Sortiment. Bei den günstigeren Marken laufen die Ein-Kilo-Packungen sehr gut. Gibt es Preisaktionen, werden die Espressi stets zweitplatziert, etwa auf einem Präsenttisch in der Nähe der Kasse.
- Wir packen zu Festen wie etwa Weihnachten schöne Pakete in unterschiedlichen Preiskategorien zum Beispiel mit Espresso, Schokolade und Gebäck. Das kommt sehr gut an.
- In unserer Filiale in Schwabing haben wir kürzlich außerdem eine Aktion gemacht, um auf unsere Kaffees aufmerksam zu machen. Es gab eine Tasse Kaffee oder Espresso plus ein Croissant für 2,50 Euro. Das lief wie geschmiert.
Basiswissen Espresso
Gut 57 Prozent der Menschen, die gerne Kaffee trinken, würden eher auf gute Freunde verzichten als auf den schwarzen Muntermacher. Das ist kein Witz, sondern das Ergebnis einer Umfrage des Kaffeerösters Tchibo für den Kaffeereport 2023.
Dass der Kaffeedurst der Deutschen groß ist und kontinuierlich steigt, belegen auch die Zahlen einer repräsentativen Studie des Deutschen Kaffeeverbandes. Danach wurden hierzulande im zweiten Quartal 2022 pro Kopf und Tag durchschnittlich 3,8 Tassen konsumiert. Das sind fünf Prozent mehr als im Gesamtjahr 2021.
Zwar wird in der Studie und dem Report nicht zwischen klassischem Kaffee und Espresso unterschieden. Letzterer dürfte aber einen gehörigen Anteil haben. Denn ob pur genossen oder als Grundlage für Cappuccino oder Latte Macchiato: Espresso ist für Viele heute selbstverständlich. „Viele Menschen schätzen den intensiven und kräftigen Geschmack“, erklärt Daniel Lubitz aus dem Vertrieb von La Selva.
Trend zur ganzen Bohne
Espresso, das ist zum einen ein anregendes Getränk, das mithilfe eines Vollautomaten, einer Siebträgermaschine oder einem speziellen Kännchen zubereitet wird. Espresso heißen aber auch die Bohnen, die dafür verwendet werden. Anders als für klassischen Kaffee werden sie etwas länger geröstet, sind darum dunkler und aromatischer.
Zurzeit gibt es einen Trend zur ganzen Bohne. „Viele unserer Kunden bevorzugen die Möglichkeit, ihren Espresso frisch zu mahlen, um das volle Aroma und die Intensität des Geschmacks zu genießen“, erklärt Felix Grosch,
bei Rapunzel zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ganze Bohnen würden auch die Möglichkeit bieten, die Mahlstufe individuell anzupassen.
Aromatische Mischungen
Angeboten werden entweder reine Arabica-Espressi oder Mischungen mit Robusta. Arabica ist ein Hochlandkaffee, der mild und zugleich aromatisch ist und etwas weniger Koffein enthält als Robusta. Der wiederum ist deutlich kräftiger im Geschmack und ergibt im Duo mit Arabica schöne mild-aromatische Mischungen.
Bei Espresso ist es wie beim Wein. Meist kommt ein Blend, also eine Mischung aus Kaffeebohnen verschiedener Herkunftsländer und Lagen, in die Tüte. Die Bohnen werden seitens der Anbieter unter anderem aus Peru, Honduras, Costa Rica, El Salvador, Nicaragua, Tansania, Kolumbien, Mexiko, Brasilien, Uganda, Äthiopien sowie aus Indien und Afrika bezogen. Vielfalt ist wichtig, da jedes Land und jede Region Bohnen mit einem ganz eigenen Geschmack hervorbringt.
Daneben gibt es Spezialitäten, die nur Bohnen einer einzigen Region enthalten. Für den Demeter Single Origin Peru Espresso von Mount Hagen kommen die Arabica-Bohnen sogar von einer einzigen Farm im Hochland Perus, erklärt Senior Brand Managerin Eva Kirbach.
Arabica-Anbau bedroht
Die Sorte Robusta könnte zukünftig an Bedeutung gewinnen. Sie ist nicht nur preisgünstiger als Arabica. Sie reagiert auch nicht so empfindlich auf Umwelteinflüsse. Heiße Trockenphasen, Frost, Stürme und Überschwemmungen begünstigen Pflanzenkrankheiten und fördern Bodenerosion und die Auswaschung von Nährstoffen. Schon ist der Anbau von Arabica in verschiedenen Anbauregionen Brasiliens und Äthiopiens bedroht. Es wird prognostiziert, dass größere Teile der dortigen Anbauflächen bis zum Jahr 2050 für den Kaffeeanbau nicht mehr brauchbar sein werden.
Der Anbau von Bio-Kaffee bietet jedoch bedingt Schutz vor den Umweltauswirkungen: Bio-Arabica und -Robusta werden immer in Mischkulturen kultiviert. Das bedeutet, die Pflanzen wachsen im Schatten von hohen Bäumen mit zum Beispiel Bananen, Zitrusfrüchten und Mangos. So bieten die Bäume Schatten und kühlen die Pflanzen. Ihr Laub dient zudem als Dünger und fördert die Humusbildung. Das wirkt der Bodenerosion und Austrocknung entgegen.
Was Kunden wissen wollen
Ist Espresso verträglicher?
Espresso enthält etwas weniger Säure als Kaffee, da er länger geröstet wird. Auch liefert er je Tässchen (ca. 25-30 Milliliter) etwas weniger Koffein als eine Tasse Kaffee (ca. 150 Milliliter). Arabica-Kaffee hat nochmals weniger der anregenden Substanz in sich als Robusta. Koffein macht zwar munter und entspannt, fördert aber auch Unruhe, Herzrasen und lässt den Blutdruck steigen.
Wie lagere ich eine geöffnete Packung?
Da er leicht den Geschmack anderer Lebensmittel annimmt, sollte Espresso nicht im Kühlschrank aufgehoben werden, sondern in einer fest schließenden Dose aus Metall an einem kühlen trockenen Ort.
Warum sind die Tüten manchmal aufgebläht?
Beim Rösten entsteht Kohlendioxyd, das teils in den Bohnen gebunden und im Zuge der Lagerung und Reifung wieder abgegeben wird und die Tüte aufbläht. Manche Packungen haben deshalb ein Ventil. Aufgeblähte Tüten sind aber kein Zeichen für Verderb.
Bio ist meist auch fair
Anbieter von Bio-Espresso zahlen den Kaffee-Bauern oft faire Preise. Das heißt, diese erhalten einen festen Preis für die Bohnen, der meist über dem Weltmarktpreis liegt. Zudem ist die Zusammenarbeit auf langfristige Handelsbeziehungen angelegt. Außerdem bekommen die Bauern einen Bio-Aufschlag für den Anbau ohne Pestizide und synthetische Düngemittel.
Die Kundinnen und Kunden können faire Espressi an verschiedenen Siegeln wie dem Hand-in-Hand-Label von Rapunzel, dem Naturland Fair-Siegel, Fair-Plus von Gepa und dem Fairtrade-Label erkennen. Aber auch hinter anderen Bio-Espressi aus dem Biofachhandel stehen oft faire Partnerschaften. Wo Bio drauf steht, ist bei Espresso also meist auch Fair drin.
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