Acrylamid, aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH), der Fettschadstoff Glycidol – alle drei gelten als krebserregend, nichts davon gehört in Lebensmittel, auch nicht in Kartoffelchips. Am wenigsten erwartet man sie in Produkten von Bio-Herstellern.
Dennoch hat das Verbrauchermagazin Ökotest diese drei Schadstoffe gerade in Bio-Produkten in größeren Mengen gefunden. Entsprechend vernichtend fiel der Notendurchschnitt für Bio-Chips aus. „Die meisten Bio-Chips kann man nicht mal ab und zu bedenkenlos knabbern", schreibt Projektleiterin Lisa Hitschler in der aktuellen Ausgabe.
Getestet wurden 20 Kartoffelchips-Produkte der Geschmacksrichtung Paprika, darunter sieben Bio-Marken. Das Ergebnis ist ernüchternd.
Diese Schadstoffe hat Ökotest in Bio-Chips gefunden
In sechs von sieben Bio-Produkten hat das Labor laut Ökotest Acrylamid analysiert. Der als krebserregend eingestufte Schadstoff ist ein Nebenprodukt des Bräunungsprozesses. Dabei entstehen die Aromen aber auch der Schadstoff. Obgleich nach den Angaben von Ökotest kein Produkt frei davon war, haben konventionelle Hersteller das Problem „besser im Griff".
Auch Mineralölbestandteile wurden in allen Chips gefunden. Bei fünf Bio-Produkten analysierte das Labor laut Ökotest aber gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH/MOSH-Analoge), die sich im Körper anreichern – „die größte Verunreinigung überhaupt", schreibt Ökotest. In drei Bio-Produkten wurden aromatische Mineralölkohlenwasserstoffen festgestellt, die den 2022 von der Europäischen Kommission beschlossenen Richtwert überschreitet.
Auch Glycidil-Fettsäureester wurden laut Ökotest in vier Bio-Produkten festgestellt, und zwar in stark erhöhtem Maß. Sie entstehen bei der Raffination pflanzlicher Öle und Fette. Im Körper können diese Fettsäureester in Glycidol umgewandelt werden und Krebs erregen sowie das Erbgut schädigen.
Produkte und Noten im Überblick:
- Als „sehr gut" bewertet wurden ausschließlich Dennree Kartoffelchips Paprika (Dennree, FZ Organic Food).
- Konventionelle Produkte erhielten die Noten „gut“ bis „mangelhaft“.
- Die Bewertung „ungenügend“ und damit die rote Karte gab es für diese sechs Bio-Produkte:
Alnatura Kartoffelchips Paprika (Alnatura), De Rit Organics Kartoffelchips Paprika (Allos Hof-Manufaktur), Flor de Sal s'Es Trenc Kartoffelchips Paprika (Gusto Mundial Balearides), Go Pure Classic Potato Chips Paprika (Yellow Chips), Heimatgut Paprika Kartoffelchips (Heimatgut), Trafo Paprika Potato Chips (FZ Organic Food)
Gründe für das schlechte Ergebnis – aber keine Entschuldigung
Ökotest selbst nennt mögliche Ursachen für das schlechte Abschneiden der Bio-Produkte mit Blick auf die Acrylamid-Werte: Im Öko-Anbau ist der Einsatz von sogenannten Keimhemmern verboten. Um Kartoffeln möglichst haltbar zu machen, müssen sie bei zwei bis vier Grad gelagert werden. Das wiederum führt dazu, dass sich Zucker wie Glukose und Fruktose in der Knolle anreichern. Und diese wiederum tragen dazu bei, dass sich beim Braten und Frittieren bei hohen Temperaturen Acrylamid bildet.
Ökotest betont aber auch: Manche Chips überschreiten den geltenden EU-Richtwert so stark, dass dieser Grund nicht als Entschuldigung gelten könne. Vielmehr müssten die Hersteller bei der Qualitätskontrolle nachbessern.
Alnatura hingegen betont in einer Stellungnahme, dass die Produktion engmaschig überprüft werde: „Die regelmäßigen Analysen, die unser Herstellerpartner von unabhängigen Laboren durchführen lässt, weisen durchschnittlich deutlich niedrigere Werte auf, als der von Öko-Test ermittelte. Auch für die von Ökotest untersuchte Charge der Alnatura Kartoffelchips Paprika liegen uns zwei Analysenberichte unabhängiger Labore vor, die deutlich niedrigere Werte zeigen. Leider wurden diese von Ökotest nicht berücksichtigt."
Allos und Heimatgut können Ökotest-Ergebnisse nicht nachvollziehen
Ähnlich äußerte sich die Allos Hof-Manufaktur, deren Kartoffelchips der Marke De Rit in den Augen von Ökotest ebenfalls „ungenügend“ sind: „Unsere Kartoffelchips, wie auch sämtliche andere unserer Produkte, unterliegen strengsten Qualitätskontrollen", teilte das Unternehmen auf Anfrage von BioHandel mit. Bei der Chips-Produktion würden stündlich Proben entnommen und von akkreditierten Laboren analysiert.
„Im Gegensatz zu der Testmethode von Ökotest, die nur Proben einer Charge und eines Abfüllzeitraums berücksichtigt, ergibt unser System zur Probenahme sichere und nachvollziehbare Ergebnisse über die gesamte Produktion", erklärt Allos und ergänzt: „Unsere Ergebnisse liegen alle trotz der natürlichen Schwankungen weit unter den Testergebnissen von Ökotest."
Heimatgut als weiterer Hersteller der bei Ökotest in Ungnade gefallenen Bio-Chips kann die Ergebnisse ebenfalls nicht nachvollziehen: „Die hohen Werte im MOSH/MOAH- als auch im Glycidyl-Fettsäureester-Gehalt sind für uns nicht nachvollziehbar. Diese werden wir erneut durch ein unabhängiges Labor prüfen lassen", teilte das Unternehmen auf BioHandel-Anfrage mit.
Bisherige Laboranalysen für das Heimatgut Chips-Sortiment hätten außerdem gezeigt, dass man innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte für Acrylamid liege. Heimatgut sei „bewusst, dass hohe Acrylamid-Gehalte ein großes Problem in Kartoffelchips und frittierten Snacks darstellen“, so der Hamburger Hersteller. „Die Thematik hat bei uns im Unternehmen höchsten Stellenwert“, und man sei stets dabei, diese zu verfolgen sowie an Lösungen zu arbeiten, um sich hier zu verbessern. (juk)
Stellungnahmen der Bio-Hersteller
- Allos Hof-Manufaktur: Stellungnahme zu Ökotest 10/2023
- Alnatura: Stellungnahme zu Ökotest 10/2023
- Heimatgut: Stellungnahme zu Ökotest 10/2023
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