Seit Monaten wird in Brüssel um ein neues Gentechnikrecht gerungen. Der Deregulierungsvorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass künftig nicht mehr alle Arten von Gentechnik gekennzeichnet werden müssen – sogenannte „Neue Gentechnik“ wie CRISPR/Cas soll von Kennzeichnung und Risikoprüfung befreit werden. Am 24. Januar stimmt der EU-Umweltausschuss über die Pläne der Kommission ab, anschließend landet die Debatte im EU-Parlament. Was ein Erfolg für das Deregulierungsvorhaben für Anbauflächen in Deutschland bedeuten würde, veranschaulicht der Anbauverband Bioland mit einer Kartendarstellung.
Hierzulande sind landwirtschaftliche Anbauflächen gentechnikfrei. Das würde sich laut Bioland bei einer Deregulierung des Gentechnikrechts schlagartig ändern. Nach jetzigem Stand der Diskussion wäre dann nur noch der Ökolandbau gesichert gentechnikfrei. Das entspricht in Deutschland rund 1,9 Millionen Hektar – etwa 11 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche.
„Die Karte veranschaulicht, was auf dem Spiel steht: In Deutschland wird künftig nur noch wenig gentechnikfreier Anbau möglich sein“, erläutert Bioland-Präsident Jan Plagge. „Was auf dem Acker beginne, zieht sich dann durch bis in die Lebensmittel-Regale. Das Angebot an gentechnikfreien Lebensmitteln wird knapper, nur Bio-Lebensmittel bleiben frei davon.“
Wie gentechnikfreier Anbau in Deutschland bei einer Deregulierung verschwinden würde
Auf der abgebildeten und von Bioland erstellten Karte ist auf der linken Seite der Ist-Zustand dargestellt: In Deutschland wird keine Gentechnik auf landwirtschaftlichen Flächen angebaut, da die hohen Auflagen des EU-Gentechnikrechts dies verhindern. Die Abbildung rechts zeigt, was vom gentechnikfreien Anbau hierzulande übrigbliebe, sollte das EU-Gentechnikrecht dahingehend dereguliert werden, dass die Kennzeichnung für bestimmte Arten von Gentechnik nicht mehr verpflichtend ist: Nur die Öko-Flächen wären dann noch gesichert gentechnikfrei. Die Anzahl und Ausprägung der Ähren auf der Karte symbolisieren der Bioland-Pressemitteilung zufolge den prozentualen Anteil der Öko-Fläche im jeweiligen Bundesland.
Laut Plagge sei das weder für die vielen Verbraucherinnen und Verbraucher fair, die gentechnikfreie Lebensmittel wollen, noch sei es im Sinne der gentechnikfrei wirtschaftenden konventionellen Bäuerinnen und Bauern. Weiterhin sei es eine Zumutung für die Öko-Anbaubetriebe sowie Bio-Hersteller, denn sie müssten künftig einen enormen zusätzlichen Aufwand betreiben, um die Gentechnikfreiheit ihrer Lebensmittel sicherzustellen und nachzuweisen.
Die Darstellung auf der Bioland-Gentechnikkarte gelte Plagge zufolge natürlich nur, solange der Ökolandbau für alle Arten von Gentechnik weiterhin verschlossen bleibt und entsprechende Koexistenz-Regelungen gelten. „Zuletzt gab es ja sogar die besonders dreiste Forderung aus der EVP-Fraktion, auch den Ökolandbau für diese Hochrisiko-Technologie zu öffnen. Auf diese Zwangsbeglückung, für die sich immerhin wohl auch innerhalb der Fraktion keine Mehrheit finden ließ, wollen wir Bios gerne verzichten“, so Plagge.
Die Anzahl und Ausprägung der Ähren auf der Karte symbolisieren der Bioland-Pressemitteilung zufolge den prozentualen Anteil der Öko-Fläche im jeweiligen Bundesland. Viele Bundesländer hinken den eigenen Öko-Anbauflächen-Zielen hinterher, wie das kürzlich veröffentlichte Bioland-Länderranking zeigt.
Breites Bündnis protestiert gegen Gentechnik-Deregulierung
Die Forderung nach einer Beibehaltung der strengen Regulierung für Gentechnik tragen Öko-Anbauverbände sowie weitere Organisationen am 20. Januar gemeinsam mit einem breiten Bündnis bei der Demo „Wir haben es satt!“ in Berlin auf die Straße. Alle, die für eine zukunftsfähige Landwirtschaft eintreten, sind dazu eingeladen, sich dem Demonstrationszug anzuschließen. (dan)
Bioland setzt sich auf der politischen Ebene dafür ein, dass Gentechnik in Europa weiterhin streng reguliert und das Vorsorge-Prinzip erhalten bleibt. Auf seiner Webseite informiert der Verband über den aktuellen Stand der Diskussion, Möglichkeiten der zivilen Beteiligung und klärt über Hintergründe auf.
Kommentare
Registrieren oder anmelden, um zu kommentieren.