Herr Rodriguez, Sie sind fast täglich unterwegs, um Kunden zu besuchen. Wie kamen Sie auf die Idee, dabei komplett auf einen Firmenwagen zu verzichten?
Es gab eigentlich zwei Gründe. Zum einen arbeite ich seit 2003 im Vertriebs-Außendienst, und irgendwann haben mich die Fahrten mit dem Firmenwagen nur noch gelangweilt und genervt. Zum anderen hat sich meine Lebenseinstellung geändert, als unsere Kinder auf die Welt kamen – ich wollte ökologischer leben.
Lohnt sich die Umstellung für die Umwelt?
Absolut. Laut unseren Berechnungen spart meine Art zu reisen rund sieben Tonnen CO2 pro Jahr ein im Vergleich zu einem Außendienstler, der eine Kompaktklasse fährt. In Wirklichkeit könnte es sogar mehr sein, da unsere Berechnungen sich auf 40.000 Kilometer pro Jahr beziehen. Tatsächlich fahren die meisten aber mehr – und auch größere Wagen als eine Kompaktklasse.

Manuel Viana Rodriguez: Vom Bahnhof bis zu den Bioläden kommt ein Brompton-Faltrad zum Einsatz.
Und wie sieht es mit den Kosten aus?
Pro Jahr spart eine Firma pro Person im ökologischen Außendienst etwa 12.000 Euro ein. Wenn sich Arbeitgeber und Mitarbeiter diese Ersparnis aufteilen, haben beide auch finanziell was davon. Ich persönlich fahre mit der Bahn auch eher abends nach Hause anstatt im Hotel zu übernachten wie früher, als ich noch mit dem Firmenwagen unterwegs war. Das spart zusätzlich nochmal die Hotelkosten. Außerdem spare ich viel Zeit im Train-Office, wie ich es nenne. Den Freitag als Bürotag könnte ich eigentlich sparen und dafür vier zusätzliche Termine pro Woche machen.
Was müssen Firmen für einen Umstieg investieren?
Für die BahnCard 100 zahlt man 4.100 Euro pro Jahr, ein Faltrad, wie ich es fahre, kostet etwa 1.800 Euro – meins fahre ich schon ewig. Dann kommt es drauf an, ob und wie oft man beispielsweise Carsharing nutzt. Ein Vorteil der Bahncard 100 ist übrigens, dass sie auch das Deutschland Ticket beinhaltet und man sie privat nutzen kann und Kinder bis 14 Jahre kostenlos mitfahren können. Das ist ein zusätzlicher Benefit.
"Der Inhaber eines Bioladens hat sogar mal zu mir gesagt: Seitdem du mit dem Zug kommst, bist du pünktlicher!"
Welche Verkehrsmittel nutzen Sie für Ihre Kundenbesuche?
Öffentliche Verkehrsmittel, vor allem die Bahn, dann mein Faltrad und wenn es sein muss, greife ich auf Carsharing zurück.
Ist da die Reiseplanung nicht deutlich aufwändiger, als wenn man sich einfach ins Auto setzt uns losfährt?
Nein. Im Außendienst hat man seine festen Touren, die irgendwann Routine werden – das ist mit dem Auto genauso wie mit der Bahn. Und mit der Zeit sammelt man Erfahrung und weiß, wie lange man für welche Strecken braucht.
Sind Sie länger zu den Kunden unterwegs als früher?
In der Stadt bin ich mit meinem Rad schneller, unter anderem, weil die Parkplatzsuche wegfällt. Auf dem Land ist man mit dem Auto schneller unterwegs und von Stadt zu Stadt liegt der Zug vorne. Unter dem Strich bin ich also genauso lange unterwegs wie mit einem Firmenwagen. Der Inhaber eines Bioladens hat sogar mal zu mir gesagt: Seitdem du mit dem Zug kommst, bist du pünktlicher! Mit dem Auto kann man auch in einen Stau geraten und Zeit verlieren. Da kann ich aber maximal telefonieren, mir aber keine Notizen machen. Im Zug kann ich fast normal arbeiten. Und bei einer Streckensperrung klappe ich einfach mein Faltrad aus und fahre dahin, wo es wieder weitergeht.
Kommt man da gerade im Sommer nicht arg ins Schwitzen und ein bisschen derangiert bei der Kundschaft an?
Also, meiner Erfahrung nach fängt man erst nach zehn Minuten wirklich an zu schwitzen, ich bin aber meist nur fünf Minuten vom Bahnhof bis zu den Kunden unterwegs. Außerdem gibt es inzwischen sehr gute Radkleidung im Business-Look, die auch ökologisch ist, beispielsweise Leinenhosen und Regenhosen, die aussehen wie Jeans.
"Wer will, findet Wege, wer nicht will, findet Gründe."
Im Außendienst muss man ja auch Sortimentsmuster für die Läden dabeihaben. Wie transportieren Sie die denn?
Die Taschen an meinem Faltrad fassen ein Volumen von 50 Litern, da passt schon sehr viel rein. Natürlich plane ich jetzt genauer, was ich mitnehme, und bei der genannten Kostenersparnis könnte ich sogar auch nach dem Gespräch ganz gezielt und individuell Muster per Post nachschicken.
Wo sehen Sie die größten Hindernisse, vom Firmenwagen auf den ökologischen Außendienst umzusteigen?
Die größte Herausforderung liegt vermutlich darin, die Umstellung den Mitarbeitenden schmackhaft zu machen. Man kann sie nur für die Idee begeistern, wenn sie es auch selbst wollen. Und dann wird auch der Arbeitgeber mit Fragen konfrontiert, auf die er keine Antworten aus der Praxis hat.
Kann man sich denn an Sie wenden, wenn man Fragen hat?
Natürlich, ich kann mir gut vorstellen, interessierten Firmen Hilfestellung zu geben. Entweder telefonisch oder, bei mehreren Mitarbeitenden, auch bei einem Außendienst-Meeting.
Haben Sie denn schon Nachahmer gefunden?
Ja, ich weiß, dass bei Naturkost Erfurt und Terra Sana ein ökologischer Außendienst unterwegs ist. Nicht ganz so wie ich, denn das kann ja jeder ganz individuell an seine Bedürfnisse anpassen. Mein Fazit ist: Wer will, findet Wege, wer nicht will, findet Gründe.
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