Das Forschungsinstitut für den Biologischen Landbau (FIBL) hat auf der Biofach seinen neuen Standard We Care vorgestellt.
We Care bezieht sich auf vier Handlungsfelder:
- Unternehmensführung
- Lieferkettenmanagement
- Umweltmanagement
- Mitarbeiterverantwortung
Diese sind in 45 Themen mit 164 Einzelkriterien unterteilt. Ein externer Zertifizierer bewertet deren Erfüllung mit Noten von A bis D, also von „exzellent“ bis „nicht umgesetzt“.
Um das Basislevel zu schaffen, muss ein Unternehmen 60 Prozent der maximal möglichen Punkte erreichen. Für das höhere Level sind 80 Prozent notwendig und dazu ein Bio-Anteil bei den zertifizierbaren Rohwaren von mindestens 80 Prozent. Zudem gibt es einige K.O.-Kriterien, die eine Zertifizierung verhindern, wenn sie nicht erfüllt werden. Anhand von Stichproben wird im Audit geprüft, ob die Vorgaben im Unternehmensalltag auch umgesetzt werden oder nur auf dem Papier stehen.
Wieso noch ein Standard?
„We Care soll eine Lücke schließen“, sagt Robert Hermanowski, Geschäftsführer von FIBL Deutschland, dem Träger des Standards. Bio- und Faitrade-Zertifizierungen beziehen sich auf einzelne Produkte, die EMAS-Zertifizierung für das Umweltmanagementsystem nur auf klassische ökologische Kriterien am Standort selbst. „We Care nimmt die ökologischen und sozialen Themen entlang der ganzen Lieferkette in den Blick“, erklärt Hermanowski. Der Standard beziehe sich auch nicht auf einzelne Produkte, sondern auf das Nachhaltigkeitsmanagement des Unternehmens. Hochwertige Zertifikate wie Bio und Fairtrade würden in die Bewertung einbezogen.
We Care und faire Preise?
Im Handlungsfeld Lieferkettenmanagement legt der Standard fest, wie ein Unternehmen Verantwortung entlang der Lieferkette übernehmen, sie dokumentieren und umsetzen muss. Die Kriterien fordern Regeln für alltägliche Vorgehensweisen ebenso wie für Sofortmaßnahmen, die ergriffen werden müsssen, wenn in der Lieferkette Sozial‑, Umwelt- oder auch Tierwohlstandards verletzt werden.
Eine „auf Langfristigkeit angelegte, partnerschaftliche Zusammenarbeit“ steht ebenso in den Kriterien wie „eine faire, bei Lieferanten Entwicklung ermöglichende Preisgestaltung.“ Auch soll das Unternehmen in regelmäßigen Abständen prüfen, „ob seine für die Rohwaren gezahlten Preise den jeweils herrschenden wirtschaftlichen Gegebenheiten in fairer Weise entsprechen“. Konkretere Vorgaben oder etwa feste Ziele, wie existenzsichernde Preise definiert werden und bis wann sie zu zahlen sind, legt der Standard nicht fest.
Erste Erfahrungen von Lebensbaum und Alnatura
Lebensbaum und Alnatura haben den Standard vorab getestet und sich einem Audit nach dessen Regeln unterzogen. Die Pilotzertifizierung haben dabei beide Marken im „Höheren Level“ bestanden. Bei der Präsentation von We Care auf der digitalen Biofach betonten Henning Osmers-Rentzsch (Lebensbaum) und Manon Haccius (Alnatura), der Auditprozess spiegle wider, wo sich das Unternehmen noch verbessern könne. Den Aufwand für die We Care - Zertifizierung empfanden sie als gut machbar, da viele Unterlagen und Daten bereits vorlagen.
Eine der Grundlagen für die Nachhaltigkeitszertifizierung von Alnatura ist die bereits seit 2014 geltende Alnatura Policy für Sozialstandards. Diese definiert Vorgaben an Herstellerpartner, die Rohwaren für Alnatura Produkte in Ländern mit schwierigen politischen, rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen einkaufen und verarbeiten. Entsprechend dieser Policy wird für keines der Alnatura-Produkte Diskriminierung, unfaire Bezahlung oder prekäre Arbeitsbedingungen geduldet.
Die externe Zertifizierung findet alle drei Jahre statt, jedoch kommt der Prüfer jedes Jahr ins Haus, um einige Kernkriterien abzuchecken. Neben den beiden Unternehmen sind mit Walter Lang GmbH, Peter Riegel Weinimport, Prima Vera Naturkorn, Tradin Organic, Midsona und Bohlsener Mühle sechs weitere Unternehmen zertifiziert oder zum Audit angemeldet.
We Care oder Lieferkettengesetz?
Bei der Vorstellung bezog sich Robert Hermanowski ausdrücklich auf das Lieferkettengesetz, auf das sich die Bundesregierung letzte Woche nach langem Gezerre verständigt hatte und um das nach einem Beschwerdebrief des Wirtschaftsstaatssekretärs Ulrich Nußbaum nun wieder debattiert wird. Die Zielsetzung sei vergleichbar: Sozial- und Umweltstandards entlang der Lieferkette einhalten zum Wohle von Mensch und Umwelt. Während das Gesetz vor allem die großen Konzerne anspreche, sei We Care auf kleine und mittlere Unternehmen ausgerichtet und nur für die Lebensmittelbranche gedacht. Zudem zeige der Standard, wie sich anspruchsvolle Kriterien praktisch umsetzen lassen. „We Care ist ein Standard für Unternehmen, die sich auf den Weg gemacht haben“, sagt Hermanowski.
Zertifizierte Unternehmen dürfen das Siegel in ihrer Unternehmenskommunikation verwenden. Nur Unternehmen, die das höhere Zertifizierungslevel geschafft haben, dürfen es auch auf Produkte drucken – und zwar nur auf Bio-Lebensmittel.
We Care
We Care versteht sich als Siegel für nachhaltiges Unternehmens- und Lieferkettenmanagement. Der Standard formuliert gesamtheitliche Anforderungen für Nachhaltigkeit und bietet Unternehmen dafür ein Zertifizierungssystem an. Träger von We Care ist das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) Deutschland e.V.
Kommentare
Registrieren oder anmelden, um zu kommentieren.