Biohandel

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Trockenfrüchte

Warum Bio-Feigen teurer werden

Auf einer Reise in die Türkei zeigte LEH-Newcomer Rapunzel, wie es um die diesjährige Feigenernte bestellt ist. BioHandel war beim Besuch von Vertragsbauern des Bio-Pioniers dabei und machte sich ein Bild von der Erntearbeit und den Qualitätskontrollen.

Mit einem VW-Käfer machte sich Rapunzel-Gründer Joseph Wilhelm erstmals 1976 auf den Weg zu türkischen Bauern, um von dort Trockenfrüchte in Bio-Qualität zu beziehen. Heute sorgen nach Angaben des Unternehmens 58 Vertragsbauern für die Ernte von etwa fünf bis zehn Tonnen Bio-Feigen pro Jahr. Zur Einordnung der Zahlen: In der Türkei werden jährlich rund 90.000 Tonnen getrocknete Feigen geerntet, davon 15.000 Tonnen aus biologischem Anbau. 

Womit die Rapunzel-Bio-Feigen punkten können, ist fairer Handel auf Augenhöhe. Die bereits in den 90er Jahren eingeführten „Hand in Hand“-Kriterien gewährleisten faire Preise einschließlich einer Prämie, Abnahmegarantien und Kostenübernahmen bei der Zertifizierung. Die Förderung sozialer Projekte gehört zu den weiteren Kriterien des „Hand in Hand“-Katalogs. Durch die direkten Lieferbeziehungen besteht zudem Transparenz in der Lieferkette, auf die anspruchsvolle Retailer Wert legen. 

Das passt zum Thema:

Neue Rapunzel-Geschäftsführung

„Wir wollen unseren Mix an Vertriebswegen beibehalten“

Drei Gründer-Kinder und Margarethe Epple: Die neue Führungsriege von Rapunzel über Emotionen, Reibungspunkte, Zukunftsvisionen und die Platzierung ihrer Produkte bei Feneberg, Tegut und in den Naturkindwelten von Edeka.

Dieser ethisch-humane Anspruch des Herstellers aus dem baden-württembergischen Legau ist jedoch nicht der Grund für die festgestellte Preissteigerung von 25 Prozent in diesem Jahr. „Der Grund dafür liegt in den klimatischen Veränderungen“, sagt Margarethe Epple, Geschäftsführerin von Rapunzel Organik, einer Tochterfirma mit rund 2.000 Hektar Anbaufläche in der Türkei. Es sei zu heiß gewesen in diesem Jahr, dann funktioniere die Photosynthese nicht richtig. „Die Folge sind geringere Erntemengen. Und der Ausschuss, zum Beispiel durch hohle Feigen, ist höher“, erläutert Epple. Das bedeute auch einen höheren Aufwand bei der Sortierung.

Zwar sei Trockenheit von Juni bis September kein Problem, aber im Frühling habe der Regen gefehlt, sagt ein die Bauern betreuender Agraringenieur. Seit zehn Jahren falle in den Bergen kein Schnee mehr, der den Boden mit Feuchtigkeit versorgt. „Seitdem bohren die Bauern in 150 Metern Tiefe nach Wasser, um die Bäume am Leben zu erhalten“, berichtet er. 

Per Hand überprüft und ausgelesen

Die Feigen werden unter UV-Licht angepiekst. Ist die Frucht von giftigen Aflatoxinen befallen, leuchtet der Zahnstocher neongelb.

In Aydin, nahe der türkischen Westküste, war BioHandel Anfang September bei der dritten und letzten Feigenernte des Jahres dabei. Die Fahrt mit einer Reisegruppe aus Deutschland ging auf 500 Meter Höhe zu den Bergfeigen, die für ihr Aroma, ihre Süße und ihre zarte Schale besonders geschätzt werden. Mit Stöcken und Körben ausgestattet, konnte die Gruppe erleben, wie schwer es ist, die großen und zum Teil über 100 Jahre alten Bäume zu schütteln und auf den steilen Terrassen die Früchte zu finden und aufzusammeln.

Anschließend wurden die Bio-Feigen in Ören auf Aflatoxine, dem Gift von Schimmelpilzen, untersucht. Das geschieht im Dunkeln bei UV-Licht. Frauen piksen mit Zahnstochern zweimal in jede Trockenfrucht – längs und quer. Bleiben fluoreszierende Spuren zurück, wird die Frucht aussortiert. In einer Kältekammer werden die Feigen zusätzlich kurz auf minus 25 Grad eingefroren, um etwaige Schädlinge zu vernichten. Bis zu fünf Mal werden sie per Hand überprüft und ausgelesen.

Auch Bio-Sultaninen sind „so teuer wie noch nie“

Im gleichen Gebäude laufen derweil die Verkaufsverhandlungen zwischen Bauern und Rapunzel: Welche Preise können bei vorhandener Qualität erzielt werden? Ist es in Bezug auf die Inflation günstiger, jetzt die ganze Ernte zu verkaufen oder zunächst nur Teile davon? In letzterem Fall präpariert Rapunzel die angelieferte Ware zunächst für die Lagerung in firmeneigenen Räumen. Die Ware gehört zu diesem Zeitpunkt noch den Bauern.

Auch Bio-Sultaninen aus der Türkei seien in diesem Jahr „so teuer wie noch nie“, sagt Margarethe Epple. Der Preis sei im Vergleich zu 2014 doppelt so hoch – und die Mengen, die Rapunzel-Vertragsbauern erzeugen konnten, seien geringer ausgefallen als im Vorjahr. „Auch hier spielen die Wetterverhältnisse eine wesentliche Rolle. Die Ernteausfälle sind auf Regen zur falschen Zeit, auf Hagel und auf Hitze zurückzuführen“, so Epple. 

Mitarbeit: Horst Fiedler

Rapunzel Organik

Firmenstandort: Ören, Türkei

Eröffnung: 1986: 1. Projektbüro; 1997: eigenständige Tochterfirma

Mitarbeitende: 130 und 200 Saisonarbeitende aus der Region

Produkte: Trockenfrüchte (Aprikosen, Feigen, Sultaninen), Oliven, Haselnusskerne von der Schwarzmeerküste

Lieferantinnen und Lieferanten: 500 Vertrags-Bio-Bauern

Geschäftsleitung: Margarethe Epple

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