Biohandel

Wissen. Was die Bio-Branche bewegt

Naturkosmetik-Camp

Von nachhaltiger Verpackung bis zum modernen Kunden

Das 8. Naturkosmetik-Camp bot zusätzlich zu den bewährten Workshops erstmals auch Fachvorträge. Das neue Konzept kam gut an. Diese Themen wurden diskutiert.

Mit der Eröffnung des Naturkosmetik-Camp 2023 vom 23. bis 25. März im Bioland-zertifizierten Hotel Schwarzwald Panorama in Bad Herrenalb endete für Katrin Hiersche eine nervenaufreibende Planungsphase. Im Sommer 2022 hatte die selbstständige Unternehmensberaterin die Leitung des Branchentreffs von Wolfgang Falkner übernommen. Der Gründer will sich künftig auf das größere Spa-Camp konzentrieren.

Ursprünglich sollte die Neuauflage des Camps schon im Oktober 2022 stattfinden. Aber die immer noch schwierige Gesamtsituation – bedingt durch die Corona-Pandemie – machte eine verlässliche Planung unmöglich. Also verlegte Hiersche den Auftakt in den März. „So kurz nach der Vivaness und mit zwei weiteren internationalen Kosmetikmessen im zeitlichen Umfeld war das nicht optimal“, sagt sie. Länger warten wollte sie aber auch nicht.

Immerhin brachte Hiersche mit tatkräftiger Unterstützung des PR-Teams von Carlcom am Ende rund 45 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Bereichen (Groß)Handel, Marketing, Rohstoffbeschaffung, Hotellerie und Herstellung zusammen, inklusive der Referentinnen und Medienvertreter. Unterstützung gab es auch von der Vivaness: Die Messeleitung stellte Katrin Hiersche kurzerhand einen kleinen Stand bereit, an dem sie ihre Flyer präsentieren und die Veranstaltung bewerben konnte.

Ein Mix aus Camp und Kongress

Das neue Format beschreibt die Veranstalterin als eine Hybridveranstaltung aus Fachkongress und Barcamp: Es bietet die Möglichkeit zum Networking für verschiedene Branchenakteure und zur Kommunikation auf Augenhöhe, um ein Wir-Gefühl zu entwickeln. Wie in den Jahren zuvor, konnten die Teilnehmenden im Vorfeld eigene Themen einreichen, die dann in Workshops (Sessions) diskutiert wurden. Impulsvorträge zu Naturkosmetik – mit Blick über den Tellerrand hinaus – rundeten das Programm ab.

Damit ersetzte das 8. Camp in Teilen auch den Naturkosmetik-Branchenkongress, der 2021 eingestellt wurde. Wichtige Zutaten fürs Gelingen waren wie bei allen Treffen zuvor ein schöner Ort und gutes Bio-Essen.

Zum Auftakt sprach die Grand Dame der Naturkosmetik Elfriede Dambacher ein digitales Grußwort. Camp-Gründer Wolfgang Falkner war angereist, um seiner Nachfolgerin persönlich alles Gute zu wünschen. Marktforscherin und Branchenkennerin Mirja Eckert von The New gab zum Auftakt der Veranstaltung einen tiefen Einblick in den Naturkosmetik-Markt und künftige Mega-Trends.

Thema Verpackung: Obacht bei der Bewerbung

Mit vielen Fakten, tiefgründig und dabei spannend präsentiert, setzte Carolina Schweig, Geschäftsführerin und Diplomingenieurin des Ingenieurbüros Schweig, am zweiten Camp-Tag einen wichtigen Akzent. Ihr Thema: „Nachhaltige Verpackung als der künftige USP“. Hier stellen sich in naher Zukunft vor dem Hintergrund staatlicher Verordnungen große Herausforderungen für die Naturkost- wie für die Naturkosmetikbranche.

Schon heute greift beispielsweise die Richtlinie zu den sogenannten Green Claims. Sie betrifft umweltbezogene Aussagen auf der Verpackung wie Co2-neutral, Recycelbar, Biologisch abbaubar, Klimapositiv oder 100 % Rezyklat. Sie erwiesen sich häufig als nicht haltbar und seien damit als Greenwashing abmahnfähig, worauf sich beispielsweise die Deutsche Umwelthilfe spezialisiert habe, so Schweig. Grundsätzlich seien fundierte, nachvollziehbare Beweise für solche Aussagen zu erbringen.

Die Stimm- und Kommunikationstrainerin Inga Paulsen erntete mit dem zweiten Vortrag inklusive einer Performance als typische Kosmetikkäuferin nicht nur viele Lacher. Die emotionale Darbietung lieferte auch Denkanstöße für die Kommunikationsstrategie. Ihrer Meinung nach fehle es gerade jungen Kunden an einer Erlebniskultur und überzeugenden Argumenten, warum Naturkosmetik besser ist. Sie vermisse in der Branche das Bemühen, sich in den Kunden hineinzuversetzen.

Einen inspirierenden Schlussvortrag hielt am letzten Camp-Tag der österreichische Autor und Kommunikationsberater Martin Matheo Doeller. Unter dem Titel „Sinnbringendes Business“ zeigte er auf, wie Unternehmen der großen Sehnsucht nach Sicherheit und Identität in Zeiten wie diesen begegnen und sich damit erfolgreich im Markt behaupten können.

Ein Mittel dazu sei das Storytelling – also zu erzählen, „warum du tust, was du tust, und warum du damit begonnen hast“, so Doeller. Nur von sich selbst zu erzählen, reiche allerdings nicht mehr. Sein Rat: „Versetze dich in deinen Kunden hinein und frage dich, wie es ihm geht, und wie dein Produkt oder deine Dienstleistung ihm helfen kann. Mache den Kunden zum Helden deiner Geschichte!“

Am späten Nachmittag entließ eine sichtlich entspannte Katrin Hiersche die Teilnehmenden mit einem herzlichen Dank und der Aussicht auf ein Wiedersehen im kommenden Jahr. Denn, so schreibt sie im Nachgang, jetzt sei glasklar: Das Naturkosmetik-Camp wird weitergehen und wieder stattfinden. Und der Termin dafür soll in Anlehnung an den Camp-Charakter in den kommenden Wochen mit der Community diskutiert werden.

Impulsvortrag: „Your future customer – Neue Wege der Zielgruppenansprache“

Mirja Eckert, The NEW

„Mein Vortrag umfasste zahlreiche Impulse und Best Practice-Beispiele rund um die zielgruppengerechte Markenführung. Die aktuellen Marktentwicklungen im Zusammenhang mit sich verändernden Bedürfnissen und Generationenvielfalt standen dabei besonders im Fokus.

Zu folgenden Leitfragen erfolgte ein Austausch:

  • Veränderte Handelslandschaft: Wo werden die Kunden in Zukunft verstärkt einkaufen?
  • Preisdynamik: Dominiert der Preis als Kaufmotiv in Krisenzeiten?
  • Nachhaltigkeit: Weshalb sind vereinzelte Nachhaltigkeitsaktivitäten keine Lösung mehr?
  • Gesellschaftlicher Wandel: Was gilt es für die Branche zu beachten und welche Markenarchitektur wird in Zukunft besonders erfolgreich sein?
  • Creator Economy: Welche Rolle spielen digitale Formate zukünftig als Informationstool sowie beim Kauf von Kosmetika?
  • Partnerschaften/Kooperationen: Welche Vorteile bringen diese und wie geht man dabei vor?

Mein Fazit: Das alte Spiel ist Vergangenheit! Durch die Verschiebungen von Bedürfnissen, neue Technologien und immer mehr Marktteilnehmer leben Unternehmen davon, vorbereitet zu sein – auf das, was noch nicht ist.
Vor allem für die Anbieter von Naturkosmetik zeigt sich vielversprechendes Zukunftspotential. Mit einer klaren Zielgruppenausrichtung und kontinuierlicher Marktbeobachtung lassen sich für jedes Unternehmen die richtigen Spielzüge für eine erfolgreiche Zukunft identifizieren!“

Unverwechselbare Profile – „USP für Naturkosmetikmarken“

Dipl. Ing. Carolina E. Schweig, Ingenieurbüro C.E. Schweig GmbH

„Die Urgesteine der Naturkost und -kosmetik standen für bewusstes Leben, Achtung von Mensch und Umwelt und Naturbezogenheit. Heute verschwindet die Naturkosmetik für viele Konsumenten in Angeboten von clean, green oder conscious. Der Informationsoverflow erschwert vielen die Orientierung im neuen ,BioVerse'. Wichtiger denn je ist es, einen wirklichen USP für die eigenen Marken herauszuarbeiten, der die ursprüngliche Vision für einen „besseren Konsum“ wieder massentauglich vermittelt.

Dafür braucht es eine Redefinition des ursprünglichen Pioniergeistes wie beim Workshop ,USP für Naturkosmetik im BioVerse' vom Ingenieurbüro C.E.Schweig zu erfahren war. Vor der Kür die Pflicht: viele Naturkosmetikhersteller kennen weder die aktuellen noch die zukünftigen Gesetze und Vorgaben hinsichtlich Verpackung, Material, Auslobung oder Dokumentation und sind dadurch angreifbar. Ist die Pflicht geschafft, kann über Digitalität, individuelle Nachhaltigkeitsthemen, Ressourcensouveränität oder die Thematisierung des ,wahren Preises' der eigene USP geschärft werden.“

Fachvortrag: „Den Kunden verstehen und richtig ansprechen“

Inga K. Paulsen, Expertin für Stimme und Kommunikation

„Als Expertin für Stimme und Kommunikation habe ich beim Naturkosmetikcamp meine Aufgabe darin gesehen Räume für Fortschritt, Transfer und Innovation aufzuzeigen. In meiner Keynote mit interaktivem Workshop habe ich mit einem provokanten Blick von außen die Teilnehmer zum Nachdenken und zur Reflexion angeregt. Den modernen Kunden besser zu verstehen und vertrauenswürdig ansprechen zu können, war nicht nur Theorie sondern auch die Praxis. Durch eine anschließende Challenge wurden die Teilnehmenden dazu animiert ihre Komfortzone zu verlassen und ins Umsetzten zu kommen.

Meine größte Erfüllung empfinde ich, wenn ich einen persönlichen Transformationsprozess anstoßen kann. Es hat mich sehr gefreut, dass mir das beim ein oder anderen Skeptiker gelungen ist.“

Podiumsdiskussion: „Female Empowerment in der Naturkosmetikbranche“

Karin Kinzel, General Manager Herbalind

„Female Empowerment ist ein vieldiskutiertes Thema, das jeden von uns angeht. Welch großartige Gelegenheit, sich darüber im Rahmen des Naturkosmetik Camps auszutauschen. Eigene Erfahrungen teilen, diese zu reflektieren und andere daran teilhaben zu lassen. Mit dem Ziel, beruflich ambitionierte Frauen zu ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen.

Die lebhafte Diskussion und die vielen Beiträge haben gezeigt, wie groß das Interesse ist, weibliche Talente zu fördern und sich für Chancengleichheit einzusetzen.

  • Meine drei konkreten Empfehlungen für Frauen:
  • Mut haben & an die eigenen Fähigkeiten und Ideen glauben.
  • Professionelle Unterstützung holen. Externe Coaches und Berater sind oft zielführender als Freunde und Familie.
  • Das eigene Netzwerk nutzen und Partnerschaften schließen.“

Podiumsdiskussion: „Female Empowerment in der Naturkosmetikbranche“

Liga Brunina, CEO LABRAINS

„Meine Erfahrungen in Deutschland und Lettland haben gezeigt, dass der Patriarchalismus unsere Gesellschaft immer noch beeinflusst und wir Frauen stärken müssen. Obwohl Lettland scheinbar mehr Möglichkeiten für Frauen im Geschäftsleben bietet, gibt es immer noch Herausforderungen zu bewältigen. Es wurde mir klar, dass wir, um uns von patriarchalischen Strukturen zu lösen, als Gesellschaft zusammenarbeiten müssen. Frauen müssen Frauen unterstützen, und Männer müssen sich für Frauenrechte einsetzen.

Bildung und logisches Denken können uns helfen, Geschlechterungleichheiten zu überwinden. Wir müssen das Schöne am Altern feiern und Frauen ermutigen, ihre einzigartigen Qualitäten zu umarmen, anstatt unrealistischen Schönheitsstandards zu erliegen. Selbstvertrauen ist der Schlüssel, um die schädlichen Botschaften der Schönheitspropaganda abzulehnen. Ich hoffe, dass diese Bewegung weiter wächst und ich Teil dieser positiven Entwicklung sein kann.“

Session: „Upcycling Beauty”

Jessie Wölke, no planet b

„Gemeinsam mit dm-drogerie Markt haben wir uns dem Thema Upcycling angenommen, um aus nicht verwendeten Nebenprodukten aus der Lebensmittelherstellung ressourcenschonende Beauty-Produkte zu kreieren. Mit no planet b wollen wir vor allem zukunftsfähig handeln. Und da die Auswirkungen des Klimawandels vor allem die junge Generation betreffen, soll diese auch Teil unserer Arbeit sein. Deshalb wurden die dm-Lehrlinge von Beginn an in den Entwicklungsprozess und die Entscheidungen mit eingebunden.

In gemeinsamen Workshops mit besonders engagierten Lehrlingen wurden beispielsweise Rezepturen, Düfte, Designs und Markenwerte gemeinsam ausgearbeitet und entwickelt. Um den Fokus auf Upcycling Inhaltsstoffen zu legen, ist no planet b nun nach dem Relaunch der Marke nicht mehr Naturkosmetik zertifiziert. Bio ist gut, aber eine Ressource zu nehmen, die schonmal da ist, ist gute Alternative. Das zeigt neue Wege im Bereich Nachhaltigkeit auf, statt Status Quo.“

Session: „Im Einklang mit der Natur, Eintauchen mit allen Sinnen in den Wald“

Erica Ramsay, Zertifizierte Waldbaden Trainerin und Geschäftsführerin Spa Vivent Vertriebs GmbH

„Waldbaden ist eine achtsame Reise durch den Wald, bei der es darum geht, die Kraft des Waldes aufzunehmen und mit Natur und Umwelt in Kontakt zu treten. Waldbaden soll helfen, zu entschleunigen, neue Lebensfreude zu finden und Ihre Energiereserven mit der Kraft der Natur aufzufüllen.

Nach einem informativen und anregenden ersten Tag bei dem Naturkosmetikcamp 2023 im Hotel Panorama in Bad Herrenalb, konnten wir gemeinsam beim Waldbaden unsere Energiereserven für den nächsten Tag wieder ausfüllen. Der Schwarzwald bietet wunderbare Möglichkeiten, die Natur zu genießen und tief durchzuatmen. Vergesst nicht, beim Waldbaden innezuhalten und einfach die Schönheit der Natur zu genießen.“

Keynote: „Mache dein Business zum Sinnbringer, bevor es deine Konkurrenz tut“

Martin Matheo Doeller, sinnstory

„Es war mir eine Freude, beim Naturkosmetikcamp 2023 in Bad Herrenalb mit einer Keynote dabei gewesen zu sein. Ich durfte die Teilnehmer einladen, einen kritischen Blick auf die eigene Positionierung und über den Tellerrand der herkömmlichen Branchengrenzen zu werfen. Die Keynote hatte den Titel „Mache dein Business zum Sinnbringer, bevor es deine Konkurrenz tut“. Katrin Hiersche und Ihrem Team ist genau das perfekt gelungen. Denn sie waren und sind echte SinnbringerInnen.

Das Powerteam hat es geschafft, wertvolle Impulse in einen entspannten und inspirierenden Rahmen zu packen. Eine gekonnte Mischung aus Unterhaltung und Information lies keine Langeweile aufkommen und keine Fragen offen. An den regen Diskussionen konnte man merken, dass dieses Event vom richtigen Spirit erfüllt war. Wenn tolle Menschen auf tolle Inhalte treffen, kann man nur sagen: Gerne wieder. Dieses Camp ist ein wichtiger Fixtermin, für alle, denen Naturkosmetik wichtig ist.“

Session Lifestyle & Beauty: „Wie relevant sind Trends für die Naturkosmetik?“

Jenny Pohl, Agentur carlcom

„Sie sind vielseitig, manche schnelllebig und andere begleiten uns für mehrere Jahre: Trends. Nicht jeder davon besitzt einen Mehrwert für die Naturkosmetikbranche – andere hingegen bieten Chancen. Es gilt relevante Strömungen zu identifizieren und einen kommunikativen Twist für das eigene Business zu drehen. Oftmals beinhaltet das vorhandene Sortiment bereits Produkte, deren Zusammensetzung oder Wirkweise mit Trends kompatibel sind. Nur muss das auch beim Konsumenten ankommen. Ebenso müssen Alleinstellungsmerkmal deutlicher herausgestellt werden.

Darüber hinaus liegt die Herausforderung in Produktentwicklungen mit klarerem Fokus auf neue Erkenntnisse: Wirksame, alternative Naturstoffe und das Verständnis von Hautprozessen bieten weitaus mehr Möglichkeiten, als die Annahme Nachhaltigkeit wäre noch immer ein Alleinstellungsmerkmal. Themen wie Science Beauty, das Mikrobiom, die Haut der Frau in hormonellen Phasen, Autophagie, Anti-Schwerkraft und Retinol-Alternativen verdienen meiner Meinung nach Aufmerksamkeit.“

Die veröffentlichten Statements der Vortragenden wurden von der Agentur Carlcom bereitgestellt. Die Redaktion

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