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„Spiegel"-Bericht

Voelkels Hildmann-Drink ist wieder Thema – Das sagt der Bio-Pionier dazu

Seit über einem Jahr arbeitet die Naturkostsafterei nicht mehr mit Atilla Hildmann zusammen. Doch nach einem Hackerangriff ist die ehemalige Geschäftsbeziehung mit dem umstrittenen Vegan-Koch wieder in den Medien. Was Voelkel dazu sagt.

Durch einen Hackerangriff auf Webseiten und einen Messenger-Dienst von Attila Hildmann ist die ehemalige Zusammenarbeit des früheren Vegan-Kochs mit der Naturkostsafterei Voelkel erneut in die Schlagzeilen geraten.

Mitte September hatte die Aktivistengruppe Anonymous unter anderem Telegram-Gruppen von Hildmann mit Hilfe eines seiner Vertrauten übernommen und Inhalte daraus veröffentlicht. Dem Magazin „Der Spiegel“ zufolge enthüllten die Hacker dabei unter anderem, dass Voelkel dem Unternehmen von Hildmann Ende 2018 mit einem Kredit über 210.000 Euro unter die Arme gegriffen hatte.

Voelkel bestätigte die Summe gegenüber dem BioHandel und versucht, diese mit juristischen Mitteln wiederzubekommen. Doch viel Hoffnung macht sich das Unternehmen nicht. Hildmann habe sich laut der Staatsanwaltschaft Berlin in die Türkei abgesetzt, berichtet „Der Spiegel“. Das Geld habe man „innerlich abgeschrieben“, teilte Voelkel mit.

Voelkel blieb auf zwei Millionen Dosen sitzen

Voelkel produzierte und vertrieb die Energydrinks unter Hildmanns Marke „Daisho“, die neben dem LEH auch von Bioläden gelistet wurden. Der Bio-Pionier wollte mit Hildmann eine jüngere Zielgruppe erreichen. Das sei zwar gelungen, dennoch habe Hildmann „trotz des Erfolges der Daisho-Artikel oft unter finanziellem Druck“ gestanden, wird Voelkel vom „Spiegel“ zitiert. Grundlage für den Kredit sei demnach unter anderem ein Kalkulationsfehler Hildmanns gewesen.

Nachdem der ehemalige Koch vermehrt durch antisemitische sowie verschwörungstheoretische Äußerungen auffiel, hat Voelkel die Zusammenarbeit beendet. Im Frühjahr 2020 stoppte das Unternehmen die Abfüllung des Energydrinks und distanzierte sich klar von Hildmanns Äußerungen. Zahlreiche Lebensmittelhändler, darunter auch Denns, listeten die Dosen aus. Nach eingehender Prüfung der Vertragslage stellte Voelkel im Juli 2020 schließlich den Vertrieb von „Daisho“ gänzlich ein.

Das Unternehmen blieb letztlich auf zwei Millionen Dosen und dem Darlehen an Hildmann sitzen. Den Schaden beziffert der Saft-Hersteller laut eigenen Angaben auf insgesamt mehr als 700.000 Euro. „Wir hatten zwei Millionen Leer-Dosen am Lager. Diese wurden dann gezielt einer Wiederverwertung zugeführt. Zum Glück konnten wir eine größere Lebensmittelverschwendung vermeiden“, teilte Voelkel auf BioHandel-Anfrage mit.

Ob man sich früher von dem Vegan-Koch hätte trennen müssen? Laut „Spiegel“ sei Hildmann bereits einige Jahre zuvor „mit fragwürdigen, teilweise ausländerfeindlichen Äußerungen an die Öffentlichkeit“ gegangen. Dazu Voelkel: „Er war ganz normal als Fernsehkoch in den Medien unterwegs und hat nach unserer Wahrnehmung vor 2020 keine Äußerungen getätigt, die als ausländer- oder demokratiefeindlich zu bewerten waren. Als er dann anfing, auf Instagram durchzudrehen, haben wir zuerst versucht, mäßigend auf ihn einzuwirken. Als das erfolglos war, haben wir so schnell es ging die Zusammenarbeit beendet.“ „Daisho" sei „ein gutgemeinter Versuch gewesen, der sich im Nachgang als Fehler herausgestellt hat“.

Klare Absage an Rassismus und Demokratiefeindlichkeit

In einer Stellungnahme zum „Spiegel“-Artikel schreibt die Voelkel-Geschäftsführung: „Um es an dieser Stelle ganz klar zu sagen: Rassistische, fremden- und demokratiefeindliche und speziell antisemitische Aussagen werden in unserem Unternehmen nicht geduldet. Voelkel steht für Vielfalt auf den Bauernhöfen und in den Köpfen.“

In dem Schreiben reagiert das Unternehmen außerdem auf eine Passage, bei der es um die anthroposophische Lehre geht, die Teil der Demeter-Kultur ist. Voelkel kritisiert, dass der „Spiegel“ „Klischees von kosmischen Strahlungen und Mist in Kuhhörnern“ heranziehe und dem Unternehmen „unterstellt, eine Art Ideologie zu exportieren“.

Die Firma sei bis heute von dem menschenfreundlichen Weltbild der Gründer Margret und Karl Voelkel geprägt. „Die der Waldorfpädagogik zugrunde liegende Lehre der Anthroposophie spielt aber weder beim Saftmachen eine Rolle, noch ist sie jemals Thema im täglichen Umgang miteinander“, so die Geschäftsführung, die aus Stefan Voelkel und dessen Söhnen Jacob, Boris und Jurek sowie aus Christian Harder besteht. Das Unternehmen dementierte außerdem, es würde seit Jahren zweistellige Wachstumsraten erzielen. „Dies ist nicht richtig: In den letzten zehn Jahren sind wir lediglich im Jahr 2020 zweistellig gewachsen.“

Voelkel will weiter neue Zielgruppen erreichen

Trotz der Kritik an der Zusammenarbeit mit Hildmann und deren kostspieligem Ende ist Voelkel nach wie vor davon überzeugt, dass sich Bio neuen Zielgruppen öffnen und auch neue Wege im Marketing gehen müsse. „Sonst werden wir den für das Klima nötigen starken Ausbau der Anbaufläche für ökologische Landwirtschaft nicht hinbekommen.“

Dass es dafür nicht unbedingt einen Wachmacher in Dosen braucht, hat die Naturkostsafterei ohnehin durch den Erfolg ganz anderer Produkte erfahren. Mit seinem Haferdrink in der Mehrwegflasche und den Ingwer-Shots habe das Unternehmen „eine riesige, junge Zielgruppe“ erschlossen. „Da machen wir jetzt erstmal weiter“, so Voelkel.

Weiterführende Informationen zum Thema

Spiegel-Artikel vom 18.09.2021: Zwischen Hipstersaft und Hildmann-Brause (kostenpflichtig)

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