Die Natursafterei Voelkel hat im vergangenen Jahr trotz Krieg, Inflation und Energiekrise einen Umsatz von 104,8 Millionen Euro erzielt und zum ersten Mal in ihrer fast 90-jährigen Geschichte die 100-Millionen-Euro-Umsatzgrenze geknackt. „Wir sind weniger von den verschiedenen Krisen betroffen als der Branchenschnitt“, erklärte Seniorchef Stefan Voelkel. „Das liegt einerseits am Erfolg unserer hochinnovativen Produkte, andererseits an Investitionen, die wir in den letzten Jahren in die Themen Energieeinsparung und faire Beziehungen zu unseren Lieferanten getätigt haben, welche sich jetzt auszahlen.“
Zu den Produktinnovationen, die 2022 für Wachstum gesorgt haben, zählt Jurek Voelkel, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb, die Pflanzendrinks und Ingwershots aus dem Hause des Familienbetriebs. Auch für 2023 seien wieder „eine ganze Reihe spannender Neuprodukte“ entwickelt worden, etwa Raw Kombucha, Ingwershots für die Kühltheke und ein neuer alkoholfreier Cocktail.
Positiv auf die Bilanz ausgewirkt haben sich Voelkel zufolge auch die langfristigen und partnerschaftlichen Beziehungen zu den Lieferanten. Im vergangenen Jahr habe das dazu geführt, dass Anbaupartner die Preise weniger stark erhöhten, als es der Weltmarktpreis eigentlich erlaubt hätte. Durch eine große geographische Streuung der Zulieferer und einen hohen Bevorratungsstand hätten die extremen Ausschläge des Marktes ebenfalls abgemildert werden können, teilte das Unternehmen mit.
„Druck im Naturkostfachhandel steigt massiv“
Trotz des Rekordergebnisses musste sich Voelkel nach zwei Jahren mit zweistelligem Wachstum im vergangenen Jahr mit einem Umsatzplus von 5,4 Prozent zufriedengeben und das Umsatzziel für 2022 nach unten korrigieren. 2021 erzielte das Unternehmen Umsatzerlöse in Höhe von insgesamt 99,4 Millionen Euro.
Ein Posten, der die Unternehmensbilanz belastete, waren die deutlich gestiegenen Kosten für Glas. Hinzu gekommen seien ein drittes Dürrejahr in Folge, weniger Erntehelfer durch den Krieg in der Ukraine und Corona, fehlende Lkw-Fahrer und bis zu zehnfach gestiegene Frachtpreise auf Schiffen. „Das merken wir schmerzhaft“, erklärte Boris Voelkel, Geschäftsführer Einkauf.
Sein Bruder Jurek bemerkte zudem, „dass der Druck im Naturkostfachhandel massiv steigt und erneut steigende Konditionen verlangt werden.“ Man denke jedoch in größeren Zusammenhängen. Beispielsweise indem man die Versorgung des Fachhandels mit ausreichend Smoothies gewährleiste habe, „obwohl Beeren bis zu 300 Prozent teurer geworden sind und mit Smoothies im Moment absolut kein Gewinn zu machen ist“, so Jurek Voelkel.
Trotz der momentan schwierigen Lage blicken die Voelkels positiv in die Zukunft. „Wir sind trotz aller Herausforderungen sehr optimistisch, 2023 weiterzuwachsen und einen wichtigen Beitrag zu mehr Bio- und Demeter-Landwirtschaft in Deutschland und weltweit beizutragen“, so Jurek Voelkel.
Voelkel will seine Preise nur sehr partiell erhöhen
Während einerseits der Umsatz im vergangenen Jahr weiter nach oben kletterte, senkte Voelkel andererseits seinen Energieverbrauch und damit die Kosten „aufgrund eines breiten Maßnahmenpaketes um rund 15 Prozent“, wie das Unternehmen mitteilte. Möglich machten das Optimierungen im Bereich des Dampfverbrauches sowie Effizienzsteigerungen der Produktionsanlagen wie etwa bei der neuen Mehrweglinie. „Hierdurch konnten die massiv gestiegenen Energiekosten zumindest in Teilen abgefedert werden“, teilte Voelkel mit. Gemeinsam mit stabilen Lieferketten sorge das dafür, dass der Hersteller nur sehr partiell die Preise erhöhen müsse, erklärte Stefan Voelkel.
Für 2023 plant das Unternehmen aus Ost-Niedersachsen, das mit mehr als 250 Mitarbeitenden dort zu den größten Arbeitgebern gehört, weitere Investitionen, um seinen Energieverbrauch noch nachhaltiger zu gestalten. Unter anderem soll eine Biomasseheizanlage zur Prozessdampferzeugung zukünftig zu rund 75 Prozent den Verbrauch von Erdgas ersetzen und somit die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren.
„Als gemeinwohlorientiertes Unternehmen steht der Gewinn für alle bei uns immer im Zentrum des unternehmerischen Tuns.“
Auch das Soziale kam bei Voelkel im vergangenen Jahr nicht zu kurz: „Als gemeinwohlorientiertes Unternehmen steht der Gewinn für alle bei uns immer im Zentrum des unternehmerischen Tuns“, erklärte Stefan Voelkel. So konnte sein Unternehmen trotz aller Schwierigkeiten allen Mitarbeitenden eine Inflationsausgleichsprämie von 2.000 Euro zahlen und den Apfelbetrieben im Alten Land, südlich der Elbe bei Hamburg, „aus einer echten Krise helfen, indem wir viel mehr Ware abgenommen haben, als wir eigentlich aktuell benötigen.“ Zudem spendete Voelkel zehn Prozent seines Gewinns für gemeinwohlorientierte Projekten wie der Flüchtlingshilfe, Kältebussen oder der ökologischen Saatgutforschung, so Stefan Voelkel.
Zum zweiten Mal hat sich der Marktführer für Bio-Säfte im Naturkostfachhandel nach den Kriterien der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) bilanzieren lassen und erreichte dieses Mal 663 von insgesamt 1.000 möglichen Punkten. Voelkel gehöre damit zu den Top 5 aller jemals gemeinwohlbilanzierten Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden in Deutschland und gelte laut GWÖ als „hoch engagiertes Unternehmen mit extrem ausgeprägtem Pioniercharakter“, teilte das Unternehmen mit. Die Gemeinwohl-Ökonomie bewertet Unternehmen danach, wie nachhaltig sie agieren. (mis)
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