Der Trend zu veganer Ernährung hat in der Bio-Branche zahlreiche Produktneuheiten hervorgebracht. Doch während es früher pflanzliche Fleisch- und Milchalternativen fast ausschließlich im Naturkostfachhandel gab, bedient heutzutage fast jeder Supermarkt den Veggie-Trend. Das hat zur Folge, dass bei klassischen veganen Kernprodukten wie Fleischalternativen und Brotaufstrichen der Öko-Marktanteil deutlich gesunken ist.
Was kann die Bio-Branche tun, um Marktanteile zurückzugewinnen? Um das herauszufinden, hat ein interdisziplinäres Expertenteam der Universität Kassel und des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) das Potenzial veganer Produkte für die Bio-Branche untersucht. Gefördert wurde die Studie „BioVegan“ durch das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN). Im Rahmen der Studie befragten Agrarmarktexperten der Universität Kassel rund 500 Kunden. Im Vorfeld wurden sie darüber informiert, was veganen Ökolandbau und vegane Lebensmittel ausmacht.
Besonderheiten des veganen Ökolandbaus vermitteln
Relevant für die Vermarktung ist vor allem die Frage, ob die Kunden den veganen Ökolandbau honorieren würden. „Wenn es gelingt, Verbrauchern die Besonderheiten des veganen Ökolandbaus zu vermitteln, können für Öko-Produkte aus veganem Anbau höhere Preise erzielt werden“, erläutert David Kilian von der Universität Kassel. Die Mehrzahlungsbereitschaft werde von ihrer Ernährungsweise mitbestimmt und variiere von Produkt zu Produkt: Veganer, die bereit sind mehr zu bezahlen, würden einen durchschnittlichen Preisaufschlag von 91 Cent pro Kilo für Kartoffeln und von 80 Cent pro Stück für Salat aus veganem Ökolandbau zahlen. Das entspricht einem Plus von rund 65 Prozent gegenüber dem Vergleichspreis. Und selbst bei den Fleischessern würde die mittlere Mehrzahlungsbereitschaft mit 57 Cent für Salat und 63 Cent für Kartoffeln noch relativ hoch ausfallen.
Für vegane Öko-Schokolade waren 85 Prozent der Veganer und fast
ebenso viele Vegetarier bereit, mehr zu zahlen. Veganer würden die
vegane Qualität im Schnitt mit einem Aufschlag von 1,02 Euro honorieren.
21 Prozent der Veganer, 17 Prozent der Vegetarier und 14 Prozent der
Personen, die manchmal Fleisch essen, gaben exakt zwei Euro als
Zahlungsbereitschaft an. Für ohne Gelatine geschönten Öko-Wein würden
Flexitarier mit Mehrzahlungsbereitschaft im Schnitt 5,36 Euro pro 0,75
Liter zahlen und Veganer 5,84 Euro. Dabei fällt auf, dass nur 66 Prozent
der Veganer für veganen Bio-Wein mehr ausgeben würden. Das sind 13
Prozent weniger als unter den Vegetariern (79 Prozent) und anteilsmäßig
kaum mehr als bei den befragten Flexitariern (62 Prozent) und
Fleischessern (53 Prozent).
Käufergruppen gezielt ansprechen
Um potenzielle Käufergruppen besser zu erreichen, haben die Studienautoren drei idealtypische Zielgruppen definiert, die für den Naturkostfachhandel relevant sind. Bei den „gut informierten Öko-Flexitariern“ und den „Öko-Fleischessern“ müsse es primär darum gehen, den Aspekt vegan zusammen mit öko zu vermitteln, bei den „gut informierten Öko-Veganern“ umgekehrt den Mehrwert von öko in Kombination mit vegan kontinuierlich zu kommunizieren, so Andreas Möstl.
Bei den „gut informierten Öko-Veganern“ sollten persönliche und vertrauenserweckende Kommunikationsmaßnahmen durchgeführt werden, um einem Abwandern in Richtung konventionell vorzubeugen. Das können Verkostungen und Kochevents gepaart mit Rezeptvorschlägen sein, aber auch Firmenbesichtigungen und Auftritte auf Verbrauchermessen.
In Marketing Investieren
Mehr Marketing ist gefragt, um sich besser von den konventionellen Konkurrenzangeboten abzugrenzen. Nach Ansicht der Studienautoren sollten sich die Hersteller stärker vernetzen und mit dem Naturkostfachhandel eine gemeinsame Marketingkampagne starten: „Um den konventionellen Wettbewerbern die Kommunikation ökologischer und veganer Kernthemen nicht allein zu überlassen, sind die Bio-Anbieter gut beraten, ihre Marketingexpertise zu bündeln“, erläutert Andreas Möstl vom FiBL.
In der Kommunikation sei es wichtig, den Mehrwert hervorzuheben, den öko in Kombination mit vegan bringt. Statt allgemeiner Aussagen zum Umweltschutz sollte die Öko-Branche konkret benennen, warum vegane Bio-Lebensmittel und Ökolandbau gut für die Umwelt sind. Auch sollten Öko-Hersteller und Händler den Fokus stärker auf innovative Qualitätsprodukte legen. Zudem gilt es, die Werthaltigkeit veganer Öko-Lebensmittel auch über den Preis zu kommunizieren.
Mit Informationen überzeugen
Für die „gut informierten Öko-¬Flexitarier“ sind zusätzlich Anzeigenfolgen in Printmedien, ein attraktives Produktdesign oder Hinweise am POS sinnvoll. „Öko-Fleischesser“ kaufen selten oder nie vegane Lebensmittel ein, legen aber großen Wert auf Öko-Qualität. Videos, Flyer und Broschüren oder Workshops bieten sich für diese Zielgruppe an. Es kommt darauf an, sie von veganen Öko-Lebensmitteln zu überzeugen, mit Verkostungen und Botschaften wie „Genuss mit gutem Gewissen“.
Zur Studie
Der Schlussbericht der Studie mit dem Titel "Die Bedeutung veganer Bioprodukte für die ökologische Landwirtschaft" ist unter orgprints.org veröffentlicht.
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