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Neue Regierung

So viel Bio steckt im Koalitionsvertrag von Union und SPD

In ihrem Koalitionsvertrag geht die künftige Regierung auch auf Bio und den ökologischen Landbau ein. Dieser soll mit einer Biostrategie deutlich gestärkt werden. Die Branche reagiert unterschiedlich auf die Pläne.

Die künftigen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD wollen laut Koalitionsvertrag Bio und den ökologischen Landbau mit einer Biostrategie deutlich stärken. Wörtlich heißt es in dem Papier: „Wir treten für Nachhaltigkeit, auch beim Konsum, und eine zukunftsfähige Landwirtschaft ein“, konventionelle und ökologische Landwirtschaft seien dabei gleichwertige Bewirtschaftungsformen. Der Ökolandbau sei „ein wichtiges Element einer nachhaltigen und klimaschonenden Landwirtschaft und ein wichtiger Innovationsmotor“.

Für ihre Biostrategie will die Koalition die Mittel für Forschung und Bildung für den Ökolandbau erhöhen. Das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) und Nachfrageimpulse sollen gestärkt werden, beispielsweise durch Standards bei Gemeinschaftsverpflegungen.

Die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie soll ab dem 1. Januar 2026 darüber hinaus dauerhaft auf sieben Prozent reduziert werden. Außerdem will die künftige Regierung Hindernisse reduzieren, die es erschweren, Ökoflächen zu erhalten und auszubauen.

BÖLW sieht positive Ansätze

Die Vorsitzende des BÖLW, Tina Andres, sieht in dem Koalitionsvertrag durchaus positive Ansätze. So schreibt sie auf der Plattform Linkedin: „Union und SPD erkennen in ihrem Koalitionsvertrag die besonderen Nachhaltigkeitsleistungen von Bio an und würdigen die Rolle der Bio-Branche als Innovationsmotor." 

Richtig sei auch, dass die künftige Regierung die Ausweitung von Bio-Angeboten in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung auf die Agenda setze. Erfolgsmodelle wie beispielsweise in Nürnberg, Berlin, Bremen oder München müssten „jetzt endlich bundesweit ausgerollt werden", so Andres.

„Wichtige Ansätze für Bio, aber keinen Mut zur Zukunft.“

Kathrin Jäckel, BNN-Geschäftsführerin

Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) begrüßt ebenfalls, dass die neue Bundesregierung die besonderen Nachhaltigkeitsleistungen von Bio in ihrem Koalitionsvertrag anerkennt. BNN-Geschäftsführerin Kathrin Jäckel fehlt in dem Koalitionspapier jedoch der „langfristige Blick“. Einzelmaßnahmen wie zur Gemeinschaftsverpflegung oder zur Forschung seien wichtig, bräuchten jedoch einen politischen Rahmen, der sage, wo es hingehen soll. 

Jäckel kritisiert außerdem, dass sich das vom noch amtierenden Landwirtschaftsminister Cem Özdemir ausgerufene Ziel von 30 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2030 nirgends in dem Papier finde. „Dieses Ziel war ein wichtiges klares Signal – nach innen wie nach außen. Es hat Vertrauen geschaffen und Planung ermöglicht. Das jetzt kommentarlos zu streichen, ist ein Rückschritt“. 

Der neue Koalitionsvertrag enthalte „wichtige Ansätze für Bio, aber keinen Mut zur Zukunft“, fasst die BNN-Geschäftsführerin das Ergebnis der Verhandlungen zwischen den drei Parteien zusammen und kündigte an: „Wir bleiben dran“. 

Konkretes Ausbauziel fehlt

Auch beim Anbau-Verband Bioland findet man es "erfreulich, dass der Ökolandbau mit recht ausführlichen Aussagen Wertschätzung findet". Es fehle aber "ein konkretes Ausbauziel, an dem gearbeitet werden soll,". Positiv sei, dass die Tierhaltungskennzeichnung nicht grundsätzlich in Frage gestellt werde, so Gerald Wehde, Geschäftsleiter Agrarpolitik und Kommunikation bei Bioland. Er kritisiert jedoch: "Inwiefern sie ausgebaut wird, was für mehr Tierwohl, Klima- und Umweltschutz dringend nötig wäre, wird aber nicht konkret benannt".

Außerdem  fordert Wehde eine übergreifende Zusammenarbeit der Ressorts Umwelt und Landwirtschaft für mehr Nachhaltigkeit: "Der Schutz unserer Gewässer, der Arten und des Klimas sind große Herausforderungen, die ein gemeinsames Vorgehen nötig machen". Auch brauche die EU-Agrarpolitik und deren nationale Umsetzung stärkere Anreize für nachhaltige Landwirtschaftssysteme wie den Ökolandbau. "Gespannt sind wir auf die Initiativen zum weiteren Abbau der Bürokratie und wie mit der Digitalisierung die Vermeidung von Doppelerhebungen gelingt", erklärt Wehde weiter. Die Umsetzung der einzelnen Punkte sei vor allem Sache der künftigen Ministerinnen und Minister sowie der Staatssekretäre, "weshalb wir gespannt auf die Verkündung des Personals warten".

Michaela Kaniber als künftige Ministerin gehandelt

Wer künftig das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat leiten wird, steht endgültig wohl erst Ende April fest. Gehandelt wird derzeit Michaela Kaniber (CSU), was der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) positiv wertet.

Dessen Geschäftsführer Alexander Hissting sagt in einem Statement: „Wenn die bisherige bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) neue Bundesagrarministerin wird, hat sie mit diesem Koalitionsvertrag eine gute Grundlage dafür, die ,Kennzeichnungspflicht von Pflanzen und Erzeugnissen aller NGT-Kategorien‘ umzusetzen, die sie erklärtermaßen ausdrücklich unterstützt.“ 

Für die CSU gehöre „ein zurückhaltender Umgang mit Gentechnik seit Jahrzehnten zu ihrer politischen DNA“, sagt Hissting. So habe etwa die ehemalige Ministerin Ilse Aigner 2009 das staatliche „Ohne Gentechnik“-Siegel aus der Taufe gehoben. „Eine vollkommen zügellose Gentechnik-Deregulierung, wie sie EU-Kommission und die knappe Mehrheit im Ministerrat bisher wollen, kann die künftige Bundesregierung auf Basis dieses Koalitionsvertrages jedenfalls nicht unterstützen“, so Hissting.

Bessere Zulassungssituation von Pflanzenschutzmitteln

Im Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sieht die künftige Regierung allerdings „ein wichtiges Instrument der landwirtschaftlichen Erzeugung“. Daher will sie laut Vertrag „die Zulassungssituation von Pflanzenschutzmitteln verbessern und für transparente, schnelle und wissenschaftsbasierte Verfahren sowie Effizienz durch Verschlankung der behördlichen Zusammenarbeit sorgen“. Gleichzeitig sollen aber Umfang und Risiko beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert werden, etwa durch Anreize für die Präzisionslandwirtschaft und integrierten Pflanzenschutz.

Zur Gemeinsamen Agrarpolitik in Europa heißt es im Koalitionspapier: „Wir setzen uns dafür ein, dass für die hohen Anforderungen an die GAP ein entsprechendes Budget im nächsten EU-Finanzrahmen vorzusehen ist“. Die GAP solle ein eigenständiger Politikbereich bleiben, mit der ländlichen Entwicklung als integralem Bestandteil. 

In der ersten Säule müsse die GAP „einkommenswirksam, bürokratieärmer, transparenter und effizienter ausgestaltet werden“. Außerdem wollen Union und SPD mehr Einkommensanreize für Klima-, Umwelt- und Tierwohlleistungen bieten sowie den Nachwuchs in der Landwirtschaft stärker fördern.

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