War die Wirtschaft zu Beginn dieses Jahres noch optimistisch, dass die Menschen wieder in die Läden strömen, haben der Ukraine-Krieg, die Energiekrise und die Inflation diese Hoffnungen schnell zunichte gemacht. Die Kaufzurückhaltung trifft allerdings nicht alle Branchen.
Im Gegenteil: In Deutschland gingen 2022 Schönheits‐ und Haushaltspflege-Produkte im Wert von 19,5 Milliarden Euro über die Ladentheken. Das sind 4,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wie der Industrieverband Körperpflege‐ und Waschmittel (IKW) auf seiner jährlichen Wirtschaftspressekonferenz mitteilte. Der Verband repräsentiert nach eigenen Angaben 95 Prozent der Hersteller in Deutschland. Darunter sind auch Bio-Fachhandelsmarken wie die WPR-Hersteller Sodasan und Sonett sowie Naturkosmetikproduzenten wie etwa Laverana, Weleda, Wala und Cosmondial.
Den Löwenanteil an diesem Ergebnis hatte die Schönheitssparte. Der Umsatz mit Kosmetika und Körperpflege stieg um 5,4 Prozent auf 14,3 Milliarden Euro. Besonders begehrt bei der Kundschaft waren Düfte mit einem Plus von 33,8 Prozent sowie Deos mit einer Steigerung um 8,2 Prozent. Und auch mit dekorativer Kosmetik, darunter Mascara, Lippenstift und Nagellack, konnten die Mitgliedsunternehme des IKW insgesamt 16 Prozent mehr Umsatz erzielen. Lediglich Seifen und Syndets, die in Pandemiezeiten boomten, sind 2022 um acht Prozentpunkte gesunken.
Handelsmarken gewinnen weiter
Der IKW-Vorsitzende Georg Held kommentierte die Ergebnisse: „Unterschiedliche Studien belegen, dass Schönheitspflege für die Menschen essenziell ist – gerade auch dann, wenn die Zeiten unsicherer werden.“ Außerdem hätten die Menschen nach zwei Corona-Jahren wieder ein starkes Nachholbedürfnis im gesellschaftlichen Leben. Eine attraktive persönliche Erscheinung zähle wesentlich dazu.
Zu einem gepflegten Äußeren gehört auch saubere Kleidung. Kräftig zugelangt haben Verbraucherinnen und Verbraucher 2022 daher auch bei Waschmitteln. Für Fein- und Spezialwaschmittel gaben sie 8,8 Prozent mehr aus, bei Universal-, Voll- und Colorwaschmitteln waren es plus 6,7 Prozent. Die Umsätze mit Wohnraum- und Geschirrreiniger sowie Raumdüften, die im Pandemiejahr 2021 noch gefragt waren, ging leicht zurück. Insgesamt erzielte der Einzelhandel in Deutschland mit Haushaltspflegeprodukten einen Umsatz von 5,1 Milliarden Euro. Mit einem kleinen Plus von 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum blieb diese Sparte „stabil auf hohem Niveau“, resümiert der IKW.
Wie Robert Kecskes, Insights Director Germany der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) berichtete, ist sowohl bei Körperpflege und Kosmetik als auch bei WPR ein deutlicher Trading-Down-Effekt zu beobachten. Das heißt, dass die Einkäufer vermehrt zu Handelsmarken greifen. Sie liegen mit ihren Umsatzzuwächsen und Marktanteilen klar vor den Herstellermarken. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die Reallöhne sinken kräftig, das Konsumklima sank im Oktober 2022 lauf GFK-Consumer Panel auf ein Rekordtief. Erstmals seit 2017 achten die Menschen beim Einkauf mehr auf den Preis als auf die Qualität, referierte Kecskes.
Öko-Produkte zählen zu den Verlierern
Der Konsumforschungs-Experte wies auch darauf hin, dass Nachhaltigkeit zwar ein Trend bliebe, der die nächsten Jahre prägen werde. Doch sei er bei Körperpflege und Kosmetik sowie WPR rückläufig. Auch bei Naturkosmetik gewinnen die Handelsmarken, während die Herstellermarken verlieren. Unterm Strich ging der Umsatz hier um 3,7 Prozent zurück. Ökologische Haushaltspflege verliert um 2,8 Prozent.
„Die Schere zwischen den Werten der Menschen und dem Kaufverhalten wird immer größer“, sagte Kecskes. Einzig die Nachfrage nach Augenschminke, vor allem aber die nach Lippenstift wachse auch bei Herstellermarken sehr stark. Der Experte deutet das so: „Gutes Aussehen ist ein Akt der Selbststärkung in schwierigen Zeiten.“
Auch bei der Wahl der Einkaufsstätten, gab es deutliche Bewegungen. Zwar sind die Drogeriemärkte laut „IKW-Hochrechnung 2022 auf Basis GfK und eigenen Erhebungen“ mit 51 Prozent klar die stärkste Vertriebsschiene für Schönheitspflege. Sie gewannen sogar 4,8 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr hinzu. Doch der Fachhandel inklusive Parfümerien und Friseure mausert sich: Dank eines Plus von 23,5 Prozent bringt er es jetzt auf einen Marktanteil von 19 Prozent.
Trotz steigender Exporte steht die Branche unter Druck
Auf niedrigerem Niveau, aber ebenfalls beachtlich, steigerte sich der E-Commerce um 18,7 Prozent auf aktuell sechs Prozent Marktanteil. Haushaltspflege kauften die Menschen 2022 ebenfalls überwiegend im Drogeriemarkt – und im auch Discounter. Auch hier konnte sich der Fachhandel, darunter Baumärkte und Cash-and- Carry-Märkte, über ein Umsatzplus von 20 Prozent freuen. Der E-Commerce hingegen spielt bei Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln (WPR) keine Rolle.
Stärker als der Umsatz hierzulande stieg der Exportumsatz mit Kosmetik, Wasch-, Pflege- und Reinigungsmitteln in diesem Jahr. Und zwar um 15,6 Prozent auf insgesamt 10,6 Milliarden Euro, gab der IKW bekannt. Dennoch habe sich die wirtschaftliche Lage seiner Mitgliedsunternehmen stark eingetrübt, wie eine Umfrage ergab.
Steigende Energie- und Rohstoffkosten setzen die überwiegend mittelständisch geprägte Branche unter Druck. Hinzu komme ein erhöhter Aufwand durch immer mehr Regulierung und Bürokratie. „Bei allen Unsicherheiten sind wir dennoch optimistisch und prognostizieren ein Umsatzwachstum von 2,3 Prozent für das Jahr 2023“, teilte IKW-Geschäftsführer Thomas Keiser mit.
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