Das Bundeskabinett hat am Mittwoch zwei Gesetzestexte beschlossen: Eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, initiiert von Umweltministerin Svenja Schulze, und eine Novelle der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung, die aus dem Landwirtschaftsministerium von Julia Klöckner kommt.
Im Naturschutzgesetz stehen künftig artenreiches Grünland, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern unter Biotopschutz. Diese insektenreichen Biotope sind durch die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft besonders bedroht.
Zudem sieht der Entwurf mehrere Maßnahmen gegen nächtliche Lichtverschmutzung vor und verbietet Biozide wie Holzschutzmittel in Naturschutzgebieten. Die Gesetzesänderung muss vom Bundestag noch beschlossen werden. Die CDU/CSU-Fraktion wandte sich gegen pauschale Verbote und kündigte bereits Änderungen an.
Glyphosatnutzung wird eingeschränkt
Die neue Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung legt fest, dass Glyphosat ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr angewandt werden darf. Bis dahin schränkt der Text den Einsatz des Herbizids ein, lässt allerdings mehrere Ausnahmen zu, etwa bei erosionsgefährdeten Böden oder bestimmten Unkräutern. Verboten wird das Spritzen von Glyphosat kurz vor der Ernte, um ein gleichzeitiges Abreifen zu erreichen.
Die Verordnung verbietet es auch, in Naturschutzgebieten, Nationalparks und geschützten Biotopen Herbizide und bestäuberschädliche Insektizide einzusetzen. Explizit ausgenommen sind Trockenmauern im Weinbau.
In Gebieten, die nicht unter Naturschutz, sondern nur unter dem Schutz der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU stehen, dürfen Gärtner und Landwirte weiterhin Pestizide einsetzen. Im Ackerbau sollen bis Mitte 2024 freiwillige Agrarumweltmaßnahmen den Spritzmitteleinsatz verringern. Die Novelle sieht zudem vor, dass die Landwirte beim Spritzen bestimmte Abstände zu Gewässern einhalten müssen.
Bauernverbände liefen seit Tagen mit Protestbriefen und Demonstrationen Sturm gegen das Gesetzespaket. Die Landwirtschaftsminister von Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen teilten laut Topagrar online im Vorfeld des Beschlusses mit, dass sie die Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverordnung im Bundesrat ablehnen werden. Dieser muss der Verordnung noch zustimmen.
Kompensationszahlungen stehen auf der Kippe
Ein Knackpunkt sind dabei die Insektenschutzprogramme, die einzelne Länder wie Bayern oder Niedersachsen beschlossen haben und die Landwirte belohnen, die freiwillig insektenschonend wirtschaften. Wenn solche freiwilligen Maßnahmen künftig gesetzlich vorgeschrieben werden, dürften sie nicht mehr bezuschusst werden. Denn Gesetze sind einzuhalten. Landwirtschaftsministerin Klöckner verlangte deshalb laut Agrarheute in einer Protokollerklärung noch Änderungen wie eine Öffnungsklausel für die Bundesländer und einen finanziellen Ausgleich für betroffene Landwirte.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) lehnt Einschränkungen etwa in Schutzgebieten ohne Kompensationszahlungen für die Landwirte ab. Es dürfe nicht sein, „dass der ordnungsrechtliche Rahmen für viele landwirtschaftliche Betriebe einseitig verschärft wird, ohne dass hierfür ein ökonomischer Ausgleich geschaffen wird“, sagte der AbL-Bundesvorsitzende Martin Schulz. Auch der Bio-Dachverband BÖLW forderte: „Bund und Länder müssen die Voraussetzungen für den finanziellen Ausgleich höherer Auflagen beim Insektenschutz schaffen“.
Kommentare
Registrieren oder anmelden, um zu kommentieren.