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40 Jahre Weinimport

Peter Riegel: Das Startkapital kam von der Mutter der Ex

Jüngst feierte Peter Riegel Weinimport sein 40-jähriges Bestehen. Der Gründer erzählt von dem ungewöhnlichen Start seines Unternehmens und verrät, warum er anfangs nebenher noch Fenster reparierte.

Anlässlich des 40-jährigen Bestehens des Bio-Weinimportes erinnert sich Peter Riegel im Gespräch mit dem BioHandel an die Anfänge des Unternehmens. Der Start war ungewöhnlich, aber die Affinität zum Wein bei Peter Riegel, Gründer der gleichnamigen Weinimport GmbH, vielleicht schon familiär angelegt. Sein Vater brachte von seinen Dienstreisen viele gute Tropfen mit und hatte einen ansehnlichen Weinkeller aufgebaut. Doch sein Studium, anfangs Literaturwissenschaften („das war schrecklich“), später Germanistik, Geschichte und Politikwissenschaften, ließ zunächst nicht darauf schließen, dass Riegel eines Tages zu den zehn größten Weinhändlern Deutschlands gehören würde.

Peter Riegel in seinem Laden in Konstanz

Ein mit Freunden in Konstanz gegründeter Laden, in dem Wolle, Tee, Heilkräuter und Umweltschutzpapier verkauft werden sollten, deutete ebenfalls nicht auf eine Karriere im Weinhandel hin. Ihm fehlte zunächst Startkapital für den Laden: „Meine Eltern hätten mir etwas leihen können, aber die wollten nicht, weil sie verärgert waren, dass ich Uni und Studium nicht weitergemacht habe. Die Mutter einer früheren Studienkollegin, mit der ich mal leiert war, hat mir heimlich 5.000 Mark geliehen, was ihr Mann nicht wissen durfte. Das war mein Startkapital damals“, erzählt Peter Riegel.

Mit dem Geld wurde ein Teil der Einrichtung des Ladens bezahlt und Wolle gekauft, meist in der Schweiz. „Ich musste jede Woche über die Grenze und Nachschub holen, um leere Regale zu vermeiden. Es waren wilde Zeiten.“ Peter Riegel war im Laden für Wolle zuständig, zum Wein kam er erst durch die Begegnung mit Menschen, die fairen Handel mit Wein betrieben haben. Gekauft wurde von französischen Winzern, die Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre im Languedoc für ihre regionale Identität kämpften. Während dies bei Winzern aus Bordeaux, dem Elsass und Burgund längst gelungen war, wurde der Wein aus anderen Regionen nach Alkoholgehalt von elf bis 13 Prozent verkauft, nicht nach Herkunft.

Wein aus Frankreich gab den Anstoß

Aus dieser Logik wollten die Winzer der unbekannten Wein-Regionen des zentralistisch regierten Frankreichs herauskommen. „Das Projekt hat mich angesprochen, weil ich mich schon in anderen Bereichen politisch engagiert hatte“, erinnert sich Riegel. Fortan verkaufte der Laden in Konstanz auch Wein. Winzer aus Frankreich kamen zu Weinproben, die Laden-Gründer reisten zu Gegenbesuchen in die Weinberge und Weinkeller.

Peter Riegel zog es bald darauf aufs Land, in eine „Ruine von Bauernhaus, die wir als junge Familie mit zwei Kindern 30 Kilometer von Konstanz entfernt gekauft und mit viel Eigenleistung bewohnbar gemacht haben“. Der Laden lief eher schlecht als recht. Und dann die weite Entfernung – das ging irgendwann nicht mehr.

Aus der Not heraus entstand Ecovin

Schon bald hatte er die Idee, einen Großhandel aus dem Laden heraus zu entwickeln. Große Räumlichkeiten, eine Scheune und ein ehemaliger Kuhstall boten unermessliche Lagerkapazitäten. Seinen Anteil am Laden in Konstanz verkaufte er an seine Weggefährten und versuchte das Geschäft mit Wolle und Wein im 1985 gegründeten Unternehmen als Großhändler weiter zu betreiben.

Um eine Familie zu ernähren, reichte das aber nicht. Deshalb half Peter Riegel seinem Bruder beim Kundendienst einer großen Fensterfirma. Als Service-Techniker für den Bodensee-Raum und die Schweiz war er zwei bis drei Tage die Woche unterwegs, um Fenster zu reparieren. „Wenn man fleißig war, konnte man gut verdienen. Und ich konnte dann auch ein sparsames Gehalt für einen Verkäufer bezahlen. Ich dachte, ich komm schneller voran, wenn ich Fenster repariere und jemand anders Weine verkauft.“ Der erste Verkäufer war Stefan Thel, der noch heute im Betrieb tätig ist – seit 37 Jahren. Er hat nur Wein verkauft, mit Wolle hatte Peter Riegel schnell aufgehört.

Firmengründer Peter Riegel

Von Anfang an wurde versucht, in der Bio-Szene Kunden zu finden. Damals gab es zwar noch nicht viele Bioläden, aber da es kaum Bio-Weinhändler gab, war es nicht so schwierig, dort reinzukommen. Naturata Lindau war einer der ersten Bioladen-Kunden, Pax an und Rinklin die ersten Großhandelskunden des zunächst regional ausgerichteten Weinimporteurs.  „Bio-Wein war damals rar, und wir mussten viele Hundert Kilometer fahren, um alle Winzer abzuklappern. Nicht jeder, der Bio gemacht hat, hat auch trinkbaren Wein gemacht, das kam noch dazu.“

„Damals gab es noch keine Zertifizierung für Bio-Wein, eine Verbandsmitgliedschaft bei Bioland half zunächst, während Demeter mit Alkohol nichts am Hut hatte. Mit normalen Bioland-Richtlinien haben sich die Winzer allerdings schwergetan, weil diese auf Ackerbau ausgerichtet waren, nicht auf Weinbau. Weinbau hat als Monokultur eigene Krankheiten und eigene Gesetze. Aus der Not heraus ist dann Ecovin entstanden“, berichtet Riegel.

Riegel für sein Lebenswerk geehrt

Peter Riegel Weinimport wurde langsam profitabel, mit dem Fensterservice hörte der Gründer nach etwa zehn bis zwölf Jahren auf. Um die Jahrtausendwende wurden neue Räume in Orsingen bezogen, der Wein in einer Scheune und einer Obsthalle gelagert sowie eine eigene Logistik aufgebaut. Nach Übernahme eines Weinhandels in Neu-Isenburg, dessen Besitzer mit Daniel Cohn-Bendit nach Südfrankreich ziehen wollte, gab es den Startschuss zur bundesweiten Lieferung mit eigenen Verkäufern.

Heute setzt das Unternehmen gut 40 Millionen Euro um, hat über 100 Mitarbeitende und bietet rund 1.200 Weine von über 200 Bio-Winzern an. Peter Riegel, Jahrgang 1954, hat den Betrieb inzwischen an seine Söhne Felix und Florian weitergegeben. Zum 40-jährigen Bestehen hatte der Bio-Pionier jüngst an den Bodensee eingeladen und Weine von 25 angereisten Bio-Winzern verkosten lassen. Bei der abendlichen Party auf der Insel Mainau wurde Peter Riegel im Beisein von Weggefährten, Winzern und Kunden für sein Lebenswerk geehrt. Das Startkapital hat er längst zurückgezahlt.

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