Biohandel

Erfolgreich mit Bio handeln.

Interview

„Die Anforderungen an die Ladenbetreiber werden immer größer“

Nach vier Jahrzehnten Beratungstätigkeit für den Biofachhandel hat sich Klaus Braun in den Ruhestand verabschiedet. Seine langjährigen Mitarbeitenden Simon Döring und Franca Lichti haben die Geschäfte übernommen. BioHandel hat mit den dreien darüber gesprochen, wie es künftig weitergeht.

BioHandel: Klaus, seit dem 1. April bist du im Ruhestand. Wie war der Ausstieg?
Klaus Braun: Ich habe mich ausgesprochen wohl gefühlt mit mir, dem Entschluss und wie wir es mit den Kunden und im Team umgesetzt haben. Ich bin mit mir im Reinen.

Gibt es etwas, worauf du dich jetzt besonders freust?
Klaus Braun: Konkrete Pläne habe ich bewusst keine gemacht. Ich bin gespannt darauf, was es mit mir macht, wenn ich keinen durchorganisierten Tagesablauf mehr habe. Gleichwohl gibt es Dinge, die ich jetzt häufiger machen werde: mit meiner Bahncard durch die Republik fahren, und mich mit den Menschen zum Kaffee oder Essen treffen, die während meiner beruflichen Laufbahn zu Freunden geworden sind. Das kam früher oft zu kurz. Von einigen habe ich bereits gehört, dass sie sich freuen, mich zu sehen.

Der Fachhandel hat nach wie vor keine einfache Zeit. Hast du im richtigen Moment aufgehört?
Klaus Braun: Dass es für die Händlerinnen und Händler schwieriger wird, hätte ich ihnen gerne erspart. Der Grund, warum ich aufhöre, ist aber ein anderer: Die Anforderungen an die Ladenbetreiber werden immer größer. Alles wird digitaler und schneller. Und ich hatte schon seit längerem das Gefühl, dass ich die Läden hier nicht mehr ausreichend unterstützen kann. Vor sechs, sieben Jahren habe ich bereits Social Media an Simon abgegeben. Das war für mich das erste Mal als Unternehmer, dass ich ein Angebot für unsere Kunden geschaffen habe, ich dafür aber die falsche Person war – das war die Geburtsstunde von „BioBook“. Mit KI ist diese Situation noch viel dramatischer geworden.

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Was war dir wichtig bei der Übergabe deiner Beratung an deine langjährigen Mitarbeitenden Simon Döring und Franca Lichti?
Klaus Braun: Dass die beiden genau dort weitermachen können, wo die Kommunikationsberatung Klaus Braun aufgehört hat. Simon und Franca können auf alles zurückzugreifen, was vorher war und damit Bezüge herstellen und strategische Aussagen treffen.

Simon und Franca. Wie war die erste Zeit ohne Klaus?
Simon Döring: Als Klaus‘ Entscheidung feststand, war für Franca und mich nicht sofort hundertprozentig klar, wie wir weitermachen werden. Das hat auch damit zu tun, dass der Markt, in dem wir uns befinden, schwieriger geworden ist. Aber uns war auch klar, dass uns die Arbeit mit dem Fachhandel und der Austausch mit unseren externen Kunden Spaß macht. Wir wollen ihnen weiterhin dabei helfen, auch unter erschwerten Bedingungen erfolgreich zu sein. Wenn, dann 100 Prozent.

Welche neuen Akzente wollt ihr setzen?
Simon Döring: Natürlich bilden wir uns zum Thema Digitalisierung fort. Das Thema KI ist sehr wichtig. Und unser Job für den Fachhandel besteht darin, dieses Wissen so herunterzubrechen, dass daraus Dienstleistungen für Einzelhändler werden können. Beim Einsatz von Social Media habe ich den Eindruck, dass der Fachhandel fünf Jahre zu spät kam. Bei ChatGPT stehen alle erst am Anfang.

Franca, um Social Media hast du dich bislang schwerpunktmäßig gekümmert.
Franca Lichti: Genau. Social Media ist Teil meiner Marketingaufgaben. Ich betreue außerdem unsere Newsletter und die neue Webseite. Auch die Organisation der Erfa-Gruppen fällt in meinen Verantwortungsbereich, genauso wie die Datenerfassung für das Umsatzbarometer BioHandel und den Betriebsvergleich.

„Der Fachhandel hat eine gute Zukunft, wenn die Akteure dort noch besser zusammenarbeiten.“

Simon Döring

Abgesehen von Digitalisierung – worauf werdet ihr euren Fokus legen?
Simon Döring: Wir verstehen uns nach wie vor als Dienstleister für den Biofachhandel. Es wird weiter Erfa-Gruppen geben. Ich würde jedem Händler raten, in so eine Fachgruppe zu gehen, ob bei uns oder woanders. Dieser Austausch mit anderen Ladnern ist so wertvoll. Wir haben Ideen, wie wir das Konzept weiterentwickeln könnten, möchten die Teilnehmer aber in diesen Prozess mit einbeziehen.

Auch das Umsatzbarometer BioHandel wird es weiterhin geben.
Simon Döring: Das Umsatzbarometer BioHandel wird es selbstverständlich auch in Zukunft geben. Wichtig ist, dass wir weiterhin genügend Läden haben, um vernünftige Aussagen treffen zu können. Je mehr mitmachen, umso besser. Als zusätzliches Goodie bieten wir den teilnehmenden Läden jetzt auch Live-Events an, bei denen wir die Zahlen nochmal aus anderer Perspektive besprechen und bei denen es die Gelegenheit gibt, sich mit anderen Teilnehmenden auszutauschen.

Wie wichtig ist Kooperation für eure Arbeit?
Simon Döring: Sehr wichtig. Der kooperative Gedanke steckt überall: Die Erfa-Gruppen sind Zusammenarbeit auf Augenhöhe, das Umsatzbarometer BioHandel funktioniert nur, wenn viele einzelne Händler mitmachen. Das Gleiche gilt für den Betriebsvergleich und „BioBook“. Der Fachhandel hat eine gute Zukunft, wenn die Akteure dort noch besser zusammenarbeiten.

Klaus, was waren die drei größten Entwicklungen im Biofachhandel während deiner Zeit?
Klaus Braun: Zu meinen Anfängen Mitte der 1980er-Jahre war ich bemüht, den Bioladen-Betreibern die Botschaft zu vermitteln, dass sie vom Weltretter zum Gemüsehändler werden müssen, um wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben. Dazu gehörte neben Kostenrechnung und Controlling auch, sich den Regeln des kapitalistischen Systems ein Stück weit anzupassen. Das war nicht einfach, schließlich war die Bio-Bewegung angetreten, anders zu handeln als die klassische Lebensmittelindustrie.

„Der Biofachhandel war vor allem deshalb so erfolgreich, weil LEH und Discounter Bio lange ignoriert hatten. Heute schmückt sich Aldi in seiner Werbung mit einem Bioladen-Image.“

Klaus Braun

In den folgenden 15 Jahren breiteten sich die Bio-Filialisten bundesweit immer stärker aus und der Wettbewerb für die Bioläden kam nicht mehr nur von außen durch den LEH sondern auch aus der Bio-Branche selbst. Und dann wurde auch der LEH auf Bio aufmerksam. Den Rest der Geschichte kennen wir. Heute sorgen die großen klassischen Lebensmittelhändler und Drogerien für den Löwenanteil am Bio-Umsatz. Ich habe schon damals gesagt, dass der Biofachhandel vor allem deshalb so erfolgreich war, weil LEH und Discounter Bio lange ignoriert hatten. Heute schmückt sich Aldi in seiner Werbung mit einem Bioladen-Image.

Was können die Bioläden dem entgegensetzen?
Simon Döring: Heute funktioniert eine Abgrenzung über Produkte für den Fachhandel nicht mehr. Und es hilft für die Positionierung am Markt auch nicht, wenn man sagt, der andere ist böse und ich bin gut. Es gibt nach wie vor Läden, die trotz schwieriger Rahmenbedingungen erfolgreich sind, die sogar wachsen. Aber das geht nur mit guten Konzepten. Um an die Aussage von Klaus anzuschließen: Die Ladner müssen ihr Profil und Sortiment noch weiter schärfen und sich vom Gemüsehändler zum Unternehmer wandeln, inklusive Businessplan und Kommunikationsstrategie. Kooperation und Austausch sind auch hier die Stichwörter. Und wir müssen als Branche nicht nur drüber reden, sondern auch ins Tun kommen.

Klaus, was wird dir im Ruhestand am meisten fehlen?
Klaus Braun: Ich fand immer am schönsten, dass ich mit fast allen Kunden nicht nur ein Arbeitsverhältnis, sondern auch ein partnerschaftliches, menschliches Verhältnis hatte. Dabei sind über all die Jahrzehnte echte Freundschaften entstanden. Durch meinen Abschied kommen zumindest von dieser Seite keine neuen Freundschaften mehr hinzu. Das wird mir fehlen.

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