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Oxfam Supermarkt-Check

Menschenrechte: Aldi und Lidl machen Fortschritte

Neben den beiden Discountern hat auch die Supermarkt-Kette Rewe ihren Umgang mit Menschenrechten verbessert. Wettbewerber Edeka bleibt im Oxfam Supermarkt-Check 2022 abgeschlagenes Schlusslicht.

Dieser Artikel wurde am 5. und 8. April aktualisiert. Es wurden Stellungnahmen ergänzt.

Unter den großen Supermarktketten in Deutschland fällt Edeka beim Schutz von Menschenrechten in den Lieferketten ihrer Produkte weiter zurück. Das zeigt der aktuelle Supermarkt-Check der Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam. „Während die Supermärkte Aldi, Lidl und Rewe Fortschritte beim Umgang mit Menschenrechten in ihren Lieferketten gemacht haben, bleibt Edeka stur“, heißt es in einer Medienmitteilung von Oxfam. Die Organisation fordert deshalb „wirksame Gesetze, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern“. Freiwillige Initiativen der Supermarktketten würden nicht ausreichen.

Mit dem Supermarkt-Check analysiert Oxfam seit 2018 regelmäßig den Umgang von großen Einzelhandelskonzernen mit Menschenrechten in ihren Lieferketten. Dabei werden die Themen Transparenz, Arbeitnehmerrechte, der Umgang mit Kleinbauern und Frauenrechte unter die Lupe genommen. Seit dem ersten Check hat sich etwa Lidl von fünf auf 59 Prozent gesteigert, Rewe von einem auf 48 Prozent. Edeka hingegen erreicht auch beim diesjährigen Supermarktcheck nur elf Prozent der möglichen Punkte und bleibt im Ranking abgeschlagenes Schlusslicht.

„Aldi, Lidl und Rewe machen Fortschritte, doch auch bei ihnen spielen Menschenrechte weiterhin nur eine Nebenrolle“, teilt Tim Zahn, Oxfam-Experte für Wirtschaft und Menschenrechte, mit. Arbeitende in den Lieferketten der Supermärkte werden weiter ausgebeutet. „Für einen ganzen Tag Arbeit erhalten Beschäftigte in Costa Rica bei einem Ananas-Zulieferer von Edeka beispielsweise nur 4,50 Euro – ein Lohn weit unter dem Existenzminimum“, so Zahn.

Hungerlöhne für Ananas und Trauben

Auf Plantagen in Costa Rica und Südafrika arbeiten Menschen für niedrigste Löhnen und unter katastrophalen Bedingungen. Davon profitieren deutsche Supermärkte.

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Edeka weist Vorwürfe zurück

Edeka weist die Vorwürfe von Oxfam in einer Stellungnahme zurück. „Der Schutz von Arbeits- und Menschenrechten in den Lieferketten hat für uns eine sehr hohe Priorität. Wir bauen unser soziales Engagement seit Jahren aus und arbeiten kontinuierlich an Verbesserungen“, teilt das Unternehmen mit.

„Beim Supermarkt-Check handelt es sich nicht um eine objektive Studie. Bewertet wurde nur die Außendarstellung eines Unternehmens, nicht aber das wirkliche Engagement“, kritisiert Edeka. Oxfam schreibt selbst: „Als Bewertungsmaßstab dienen dabei öffentlich zugängliche Informationen in Nachhaltigkeitsberichten und auf den Websites der Supermärkte.“

Edeka stehe laut eigenen Angaben mit Oxfam im Austausch und habe die Organisation mehrfach ausführlich über seine Aktivitäten informiert. „Wir bedauern sehr, dass diese Informationen kaum berücksichtigt und zum Teil sogar falsch dargestellt wurden. Die Bewertung von Oxfam spiegelt daher nicht unser tatsächliches Engagement wider“, schreibt Edeka. Auf einzelne Vorwürfe von Oxfam geht Edeka in seiner Stellungnahme genauer ein.

Oxfam hat die Vorwürfe von Edeka auf Nachfrage von BioHandel kommentiert. „Edeka hatte sehr viel Zeit, öffentliche Informationen über die eigenen Maßnahmen zur Verfügung zu stellen. Andere Supermärkte haben dies getan und daher auch besser abgeschnitten. Nur durch eine transparente Bewertung wird der Supermarkt-Check glaubwürdig, denn wenn wir interne Informationen nutzen würden, könnten wir die Bewertung der Supermärkte nicht mehr gegenüber anderen Supermärkten und der Öffentlichkeit rechtfertigen. Darüber hinaus hat Edeka Oxfam auch in internen Gesprächen keine Informationen zukommen lassen, welche die Bewertungen verändert hätten“, teilt die Organisation unter anderem mit.

Oxfam appelliert an Politik

Die zusätzlichen Punkte beim diesjährigen Supermarkt-Check haben Aldi, Lidl und Rewe vor allem durch neue Unternehmensrichtlinien und mehr Transparenz erreicht. So veröffentlicht Lidl inzwischen alle Lieferanten entlang den Lieferketten für Bananen, Erdbeeren und Tee.

Aldi, Rewe und Lidl haben zudem neue Leitlinien für Geschlechtergerechtigkeit veröffentlicht und engagieren sich in Pilotprojekten für existenzsichernde Löhne und Einkommen in den Anbauländern. „Die Unternehmen zeigen damit: Sie können ihre Menschenrechtspolitik verbessern“, schreibt Oxfam.

Doch auch Aldi, Lidl und Rewe erfüllen nur knapp 50 bis 60 Prozent der Kriterien, die für eine gute Menschenrechtspolitik notwendig wären. „Vor allem bei der Preispolitik gibt es zu wenig Bewegung“, kritisiert Oxfam. Die Supermärkte üben weiterhin Preisdruck auf ihre Lieferanten aus und tragen somit zu niedrigen Löhnen in den Lieferketten bei. „Sie machen weiterhin Profite auf Kosten von Menschenrechten. Das muss sich ändern. Die Beschäftigten in den Lieferketten müssen endlich ein angemessenes Einkommen bekommen“, fordert Tim Zahn.

Lidl teilt mit, der Händler erkenne „eine angemessene Entlohnung als ein grundlegendes Menschenrecht an“. Basierend auf internationalen Normen habe sich das Unternehmen seit 2006 mit einen „Code of Conduct“ für eine angemessene Entlohnung ausgesprochen. „Unsere Vertragspartner sind dadurch verpflichtet, Löhne mindestens nach den gesetzlichen Regelungen und den Standards der örtlichen Fertigungswirtschaft zu zahlen“, schreibt Lidl.

Die Rewe Group teilt auf Nachfrage mit, man wolle sich „mit dem Status Quo nicht zufriedengeben und die Themen weiter vorantreiben“. Zum vorgeworfenen Preisdruck, den die Supermärkte laut Oxfam weiter auf die Lieferanten ausüben, äußerte sich Rewe nicht. Auch Aldi ging auf Nachfrage von BioHandel nicht darauf ein. Lidl teilt mit, der Händler erkenne „eine angemessene Entlohnung als ein grundlegendes Menschenrecht an“. Basierend auf internationalen Normen habe sich das Unternehmen seit 2006 mit einen „Code of Conduct“ für eine angemessene Entlohnung ausgesprochen. „Unsere Vertragspartner sind dadurch verpflichtet, Löhne mindestens nach den gesetzlichen Regelungen und den Standards der örtlichen Fertigungswirtschaft zu zahlen“, schreibt Lidl.

Weil ein freiwilliges Engagement der Supermärkte laut Oxfam nicht ausreiche, appelliert Oxfam an die Bundesregierung: „Sie muss das deutsche Lieferkettengesetz ambitioniert umsetzen und sich außerdem dafür einsetzen, dass der Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz die Lücken im deutschen Gesetz schließt. Zudem müssen Betroffene von Menschenrechtsverletzungen die Möglichkeit bekommen, Schadensersatz bei deutschen Gerichten einzuklagen.“ (kam)

Weiterführende Links

Supermarkt-Check 2022: Edeka ist Schlusslicht bei Menschenrechten (PDF)

Stellungnahme von Edeka (PDF)

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