Die Naturkosmetik-Zahlen des vergangenen Jahres präsentierte Mirja Eckert, Inhaberin des Beratungsunternehmens The New, kürzlich auf dem Messeduo Biofach und Vivaness in Nürnberg. Der Naturkosmetik-Branchenmonitor der Trendforscherin basiert auf Handels- und Konsumenten-Erhebungen über sämtliche Vertriebskanäle und unterteilt den Gesamtmarkt in Natur-, naturnahe sowie konventionelle Kosmetik.
Die Marktdaten
Bis zum Jahr 2021 wuchs der Umsatz mit Naturkosmetik jährlich um durchschnittlich 6,5 Prozent. 2022 brach er ein und ergab zum Vorjahr ein Minus von 3,5 Prozent. Der Gesamtmarkt für Kosmetik hingegen schloss 2022 nach Abschätzung des Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) mit einem Umsatzplus von 5,4 Prozent ab. Vor allem die konventionelle Kosmetik konnte durch die Wiederbelebung der Warengruppen Düfte und dekorative Kosmetik nach der Pandemie zu diesem Gesamtwachstum beitragen. „Gerade diese Produktgruppen haben aktuell noch einen sehr geringen Umsatzanteil bei Naturkosmetik“, so Eckert.
Insgesamt ergaben sich damit Marktanteile von 10 Prozent für Naturkosmetik im Jahr 2022, von 8,1 Prozent für naturnahe Kosmetik sowie von 81,9 Prozent für konventionelle Kosmetik. „Dennoch ist der deutsche Naturkosmetik-Markt mit 1,43 Milliarden Euro Umsatz weiterhin der größte in Europa“, konstatiert Mirja Eckert.
Die Vertriebskanäle
Meike Sommer, Director Business Intelligence beim Marktforschungsinstitut IRI, stellte die Entwicklungen in Drogerie- und Verbrauchermärkten, Lebensmittelhandel und Discountern vor. Untersucht wurden viele wichtige Warengruppen der Kosmetik, ausgenommen Make-up. Demnach bleiben die Drogeriemärkte Vertriebskanal Nummer Eins für Naturkosmetik. Ihr Umsatzanteil lag 2022 annähernd 89 Prozent. Nur sie konnten Anteile in alle drei Marktsegmenten gewinnen, in der Natur-, wie der naturnahen und der konventionellen Kosmetik. Verbrauchermärkte, Lebensmittelhandel und Discounter hingegen haben laut Meike Sommer in allen Segmenten Anteile verloren.
Ein Blick auf die Warengruppen in der Naturkosmetik zeigt, dass es in nahezu allen Bereichen der Gesichts-, Haar- und Körperpflege Rückgänge gab. Nur Zahncreme und Deo waren 2022 stärker gefragt als im Vorjahr. Außerdem konnten Naturkosmetik-Handelsmarken ihre Position weiter ausbauen. „Die Drogeriemarken sind die Gewinner“, resümierte Sommer. „Die Handelsmarken drängen nach, denn sie werden immer besser.“ Die Markenanbieter hingegen hätten gravierend gelitten.
Der Online-Handel ist weiterhin ein wichtiges Wachstumsfeld für Naturkosmetik. „Die Zahl der verschiedenen Kanäle nimmt zu“, hat Mirja Eckert beobachtet. Im Gegensatz zu anderen Branchen sei hier noch weiter Potenzial in alle Richtungen. Neben den Drogeriemärkten ist der noch relativ junge und facettenreiche E-Commerce-Bereich daher zunehmend der Gewinner.
Die Käuferschaft
Das Wachstum der letzten Jahre wurde vor allem durch die Erschließung neuer Zielgruppen generiert. In unsicheren Zeiten sind Konsumentinnen und Konsumenten jedoch generell weniger probierfreudig. Weder der Bio-Fachhandel noch Reformhäuser und Apotheken konnten neue Naturkosmetik-Käufer gewinnen. Im Lebensmitteleinzelhandel und in Discountern sind jene Filialen erfolgreich, die das Kosmetiksegment als Kompetenzfeld nutzen.
„Naturkosmetik hat zwar keine Käufer verloren“, erläuterte Andrea Herzog, Senior Consultant der GFK Germany, „aber die Häufigkeit der Einkäufe ist im Vergleich von 2021 zu 2022 zurückgegangen.“ Und auch wenn die Verbraucher dann etwas mehr auf einmal eingekauft hätten, gleiche das die reduzierte Häufigkeit nicht aus: Der durchschnittliche Bonwert für Naturkosmetik sei gesunken.
Die Gründe
Dass gespart wird, darauf deutet auch die finanzielle Selbsteinschätzung der KonsumentInnen hin, die Andrea Herzog vorstellte. Im Vergleich der Jahre 2021 und 2022 sagen 9 Prozent weniger „Ich kann mir alles leisten“, 3 Prozent urteilen „Ich komme meist gut zurecht“ und die Zahl derer, die „Ich kann mir kaum etwas leisten“ angeben, ist um 6 Prozentpunkte gestiegen.
Der Preis allein ist laut Herausgeberin des Naturkosmetik-Branchenmonitors aber nicht für das Umsatzminus verantwortlich. Ein weiterer Punkt sei die mangelnde Transparenz: Auch konventionelle Kosmetik wird immer grüner und wirbt kräftig damit. Die Kundschaft blickt oft nicht mehr durch.
Auch dafür, dass viele vermehrt zu Handels- und Drogeriemarken greifen, führt Eckert noch einen anderen Grund an: „Oft fehlt es den Markenprodukten schlichtweg an Glow. Es gibt häufig ein Defizit an neuen, trendigen Produkten und neuen Marketingkonzepten.“
Die Aussichten
Anlass zur Hoffnung geben eine Reihe junger Marken, denen es im vergangenen Jahr gelungen ist, mit kreativen Produkten neue Impulse zu setzen und diese geschickt zu vermarkten. Dazu zählen zum Beispiel Teethlovers aus Oldenburg mit Bio-Zahnputzpulver verschiedener Geschmacksrichtungen im Glas. Ebenso die französische Marke Goliate mit zertifizierten Gels und Gleitmitteln für eine erfüllte Sexualität sowie Van Toen Remedies aus den Niederlanden. Sie interpretieren alte Heilmittel neu: statt erdölbasierter Vaseline bieten sie eine Pflanzenvaseline an.
„Die Erfolgsstory der Naturkosmetik geht sicher weiter“, sagt Mirja Eckert. „Immerhin brachte das zweite Halbjahr 2022 schon wieder mehr Umsatz und Naturkosmetik-Kunden als das erste.“ Doch sei es wichtiger denn je, dass Marken sich klar positionieren, ihre Zielgruppe kennen und deren Bedürfnisse antizipieren. „Denn schließlich sollen Kunden ja nicht nur mit Preisaktionen oder Ähnlichem kurzfristig erobert, sondern langfristig gebunden werden, um nachhaltigen Erfolg zu ermöglichen.“
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