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Fibl-Studie

Nachhaltigkeit: Der LEH tut was – aber noch nicht genug

Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel könnte seinen Einfluss nutzen und sich noch stärker für Nachhaltigkeit einsetzen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau. Gegenüber dem vorigen Untersuchungszeitraum 2022 gab es aber Verbesserungen.

Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl) hat im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) in einer zweiten Studie – nach der ersten aus dem Jahr 2022 – die Nachhaltigkeitsaktivitäten des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) untersucht. 

„Nachhaltigkeit im Supermarkt hat viele Facetten. Sie reicht von einer ressourcenschonenden Erzeugung von Lebensmitteln, über umweltfreundliche Verpackungen bis hin zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen“, heißt es in der Pressemitteilung zur Studie. Ihr zufolge hat sich die Lage insgesamt verbessert und das Fibl attestiert dem deutschen LEH einiges Engagement in puncto Nachhaltigkeit

Sowohl die seit 2022 getroffenen politischen Maßnahmen, wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und der „Pakt gegen Lebensmittelverschwendung“, als auch die Selbstverpflichtung der Unternehmen zeigen laut FiBL „deutliche Wirkung“. Einzelne Unternehmen haben angekündigt, künftig ganz auf Lebensmittel verzichten zu wollen, die per Flugzeug importiert werden, heißt es in der Pressemitteilung zur Studie. Diese so genannte Flugware mache zwar nur einen geringen Teil des Produktsortiments aus, emittiere jedoch 170-mal mehr Treibhausgase als ein Transport per Schiff.

„Die Unternehmen könnten ihren Einfluss und Handlungsspielraum aber noch stärker nutzen, um das Ernährungssystem in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken“, lautet das Fazit des UBA.

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Acht umsatzstärkste Unternehmen Deutschlands bewertet

Bereits 2022 wurde im Auftrag des UBA ein Bewertungssystem entwickelt, mit dem die Aktivitäten der acht umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands (Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto, Penny und Rewe) im Umwelt- und ⁠Klimaschutz⁠ systematisch erfasst, bewertet und eingeordnet wurden. 

⁠UBA⁠-Präsident Dirk Messner erläutert: „Für mehr ⁠Nachhaltigkeit⁠ im Ernährungssystem ist es sinnvoll und logisch bei dem Schlüsselakteur der Wertschöpfungskette – dem Lebensmitteleinzelhandel – anzusetzen. Der Handel übt großen Einfluss auf die Landwirtschaft und auf das Einkaufsverhalten der Bevölkerung aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vorangehen eines Unternehmens von anderen nachgeahmt wird, ist durch den wachsenden öffentlichen Druck und die Wettbewerbssituation untereinander relativ groß.“

Auch Tierwohl und soziale Kriterien wurden untersucht

Für die aktuelle Studie wurde das Bewertungsinstrument um soziale Aspekte (Arbeits- und Menschenrechte in der Lieferkette) und Tierwohl erweitert. „Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die Performance der Unternehmen im Bereich Umwelt besser ausfällt als in den beiden neuen Bereichen“, heißt es in der Mitteilung des UBA.

Gegenüber den Ergebnissen des letzten Berichts von 2022 hätten sich viele Unternehmen in den meisten Handlungsfeldern verbessert, insbesondere im Nachhaltigkeitsmanagement. Sie hätten Defizite systematisch untersucht, sich messbarere und ambitioniertere Ziele gesetzt und auch die Zielerreichung besser überprüft. Im Gegensatz dazu seien bei den Handlungsfeldern, die sich unmittelbar auf die Beschaffung der Rohstoffe und Produkte beziehen, die größten Defizite festgestellt worden.

„Es ist richtig und wichtig, dass der Lebensmitteleinzelhandel nicht nur seine eigenen Treibhausgasemissionen in den Blick nimmt, sondern die der gesamten Wertschöpfungskette“, sagt UBA-Präsident Messner. „Allerdings müssen die gestiegenen Umwelt- und Klimaanforderungen auch mit entsprechenden finanziellen Kompensationen durch den Einzelhandel begleitet werden, um den Erzeugern ein einträgliches Wirtschaften zu ermöglichen. Ein einfaches ‚Weiterreichen‘ der Anforderungen führt nur zu noch größerem Unmut bei Bäuerinnen und Bauern.“ (juk)

Details zur Studie

Die Studie wurde im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) vom Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (Fibl) Schweiz und Deutschland, mit Unterstützung durch die Universität Gießen und die Technische Hochschule Nürnberg durchgeführt. Das Fibl hat bereits 2022 für das UBA ein wissenschaftlich basiertes Bewertungsinstrument zur Erfassung und Bewertung der Umweltleistungen der Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) entwickelt. Dieses Instrument wurde in der aktuellen Studie um die Fragen nach sozialer Verantwortung und Tierwohl erweitert. Anhand der insgesamt 23 Handlungsfelder, 90 Indikatoren und 103 Subindikatoren wurden die Daten des LEH aus öffentlich verfügbaren Quellen sowie für unternehmensinterne Informationen durch einen individualisierten Fragebogen eingeholt und bewertet.

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