Wegen übler Nachrede hatten der Südtiroler Landesrat Arnold Schuler und über 1.300 Landwirte den Agrarexperten Karl Bär und den "Das Wunder von Mals"-Autor Alexander Schiebel verklagt. Das Landgericht Bozen eröffnete gestern das Verfahren, an dem Schuler und zwei Landwirte als Nebenkläger teilnehmen. Der Richter setzte nach Angaben des Umweltinstituts den Klägern eine Frist bis zum 27. November, um alle Anzeigen zurückzunehmen. Bis dahin bleibt der Ausgang des Verfahrens weiterhin offen.
Weltweite Solidarität
Schulers Rückzug war das Ergebnis einer massiven öffentlichen Kampagne. Mehr als 200.000 Menschen aus ganz Europa hatten über die Kampagnennetzwerke Campact und WeMove Landesrat Arnold Schuler aufgefordert, seine Anzeigen fallen zu lassen. Über 100 Organisationen aus 18 Ländern hatten in den führenden italienischen Tageszeitungen La Repubblica und La Stampa eine gemeinsame Solidaritätserklärung abgegeben. Darin hieß es: „Kritik an Missständen offen und angstfrei äußern zu können – auch in zugespitzter Form – ist ein elementarer Bestandteil jeder funktionierenden Demokratie. Deshalb blicken wir mit großer Sorge auf diese Entwicklung in Südtirol“.
Die Welle der Solidarität habe bei Landesrat Schuler möglicherweise ein Umdenken bewirkt, vermutet Autor Alexander Schiebel. Doch das kommt zu spät: „Landesrat Schuler hat mit seinen Anzeigen Südtirol einen enormen Imageschaden zugefügt. In ganz Europa ist nun bekannt, dass in Südtirol nicht nur ein Pestizid-Problem, sondern auch ein Demokratieproblem herrscht.“
Pestizidverbrauch offengelegt
Karl Bär berichtete von einem weiteren Erfolg in der Verhandlung: „Die Staatsanwaltschaft Bozen hat auf unseren Antrag hin die Betriebshefte der mehr als 1300 LandwirtInnen einsammeln lassen, die sich der Anzeige des Landesrates angeschlossen hatten.“ In den Heften enthalten seien die genauen Angaben, welche und wie viel Pestizide jeder einzelne Landwirt im Jahr 2017 auf seinem Acker ausgebracht hat. „Auch wenn der Prozess eingestellt werden sollte, können wir auf diese konkreten Daten zurückgreifen - was europaweit so noch nie zuvor möglich war“, sagte Bär.
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