Ob Frischfisch, Tiefkühlpizza, Koteletts oder Vollmilch – damit solche Waren beim Transport zum Einzelhandel nicht verderben, müssen die LKW-Aufbauten im Innenraum gekühlt werden. Das ist oft nicht umweltfreundlich, nutzen zahlreiche Kühlwagen doch Dieselgeneratoren.
Es geht aber auch sauberer. Beispielsweise mit Kohlendioxid oder mit Hilfe der Sonnenenergie. Erste LKW mit diesen Technologien sind bereits in Europa unterwegs.
Kühlkette einhalten
Wichtig ist, dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Gesetze und Verordnungen regeln, welchen Temperaturen die Waren von Tiefkühlkost über Molkereiprodukte, Obst und Gemüse bis hin zu Schokolade maximal ausgesetzt werden dürfen.
Häufig werden Dieselgeneratoren genutzt, um die Transportaufbauten auf den LKW zu kühlen. Aber die Branche sucht nach saubereren Lösungen. Denn die Generatoren setzen unter anderem Feinstaub und CO2 frei.
Gerade CO2 kann man aber auch nutzen, um zu kühlen. Dafür wird das Gas unter Druck verflüssigt und in diesem Zustand getankt. „Durch Expansion wird das flüssige CO2 gasförmig und bietet eine hohe Kälteleistung, die über die Verdampferschlangen des Kühlgeräts abgegeben wird“, erklärt Herwig Kiesling,
Geschäftsführer bei TKV Transport-Kälte-Vertrieb. Nachrüsten kann man das Prinzip allerdings nicht. Kein Wunder, allein der Tank für das flüssige CO2 fasst rund 450 Liter. Wie lange eine Tankfüllung reicht, wird von vielen Faktoren beeinflusst. „Abhängig von Jahreszeit und Region schwankt das zwischen einem Tag und einer Woche“, erläutert Kiesling.
Der Naturkostgroßhändler Bodan hat knapp 45 Prozent seiner Kühlfahrzeuge mit dem Verfahren ausgestattet. „Im Winter reicht uns eine Tankfüllung sogar bis zu drei Monate, im Sommer manchmal nur einen Tag“, sagt Steffen Wolf, Geschäftsleiter Transportlogistik bei Bodan. Allerdings hat das System auch Nachteile. Alle Fahrzeuge kann der Logistiker damit nicht betreiben, stellt Wolf klar: „Bei Tiefkühlware wird es unwirtschaftlich.“
Ein weiteres Verfahren schließt er ganz aus: Die Unterstützung der Kühlanlage mit Sonnenenergie. „Unsere Fahrzeuge fahren vorzugsweise in der Nacht“, nennt Wolf den Grund.
Sonnenenergie nutzen
Um die Energie der Sonne zu nutzen, werden auf dem Dach der Fahrzeuge Photovoltaikmodule installiert. Der damit erzeugte Strom fließt in einen Lithium-Ionen-Akku, der wiederum den Strom für die Kühlanlage liefert. Zusätzlich kann der Betreiber des LKW die Batterie auch über das normale Stromnetz laden. Kunden kommen vor allem aus einer Region. „Die innovative Technik wird überwiegend in Süddeutschland eingesetzt, da dies unser Kernvertriebsgebiet ist“, sagt Christian Oser, Mitarbeiter im Vertrieb beim Hersteller TBV Kühlfahrzeuge.
Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme in Freiburg haben die Technik untersucht. Sechs 40-Tonner haben sie mit Messtechnik ausgestattet. Zwei schickten sie im Nordosten der USA auf die Straße, vier waren in Mittel- und Südeuropa unterwegs. Die Auswertung der Daten ergab, dass Logistikunternehmen mit Hilfe dieser Technik zwischen 1.500 und 2.100 Liter Diesel pro Jahr und LKW sparen könnten. Allerdings schränken die Wissenschaftler ein. Herkömmliche Solarpaneele sind für den Betrieb in Solarparks unter idealem Winkel und bestimmten Temperaturen optimiert. Auf LKW wird es allein wegen des Fahrtwinds deutlich kühler. Zudem sind die Paneele flach auf dem Fahrzeug montiert und daher nicht im idealen Winkel zum einfallenden Sonnenlicht.
Strecke ist entscheidend
Viel hängt auch davon ab, welche Strecken die LKW befahren. Auch zahlreiche Nachtfahrten oder Strecken mit Tunneln wirken sich auf den Ertrag aus. Die Forscher sehen vor allem vier Punkte, die künftig die Nachfrage nach der Technik treiben könnten: Weniger Bedarf an Diesel, gesetzliche Vorgaben zu CO2-Emissionen, Imagegewinn und die vergleichsweise leise Technologie.
Auch nachts anliefern
Gerade der letzte Punkt ist im Lebensmittelbereich wichtig. Denn wer keinen Lärm macht, kann auch zu Uhrzeiten liefern, zu denen sich Anwohner über laute Dieselgeneratoren beschweren.
3 Fragen an Herwig Kiesling
Der Geschäftsführer bei TKV (Transport-Kälte-Vertrieb), über die Vorteile, mit flüssigem Kohlendioxid (CO2) zu kühlen.
BioHandel: Kohlendioxid gilt als Klimakiller. Warum sollte man damit kühlen?
Herwig Kiesling: Wir beziehen CO2 aus Quellen, an denen es ohnehin anfällt, beispielsweise bei Herstellungsprozessen. Die Betreiber wissen oft gar nicht, wohin damit. Wir fangen es ab, führen es einer zweiten Verwertung zu und entlassen es erst danach in die Atmosphäre.
Noch sieht es mit Zapfsäulen für CO2 mau aus. Tatsächlich besteht hier in Deutschland noch ein großer Nachholbedarf.
Noch stehen die Tankstellen nur bei unseren Kunden auf dem Hof. Wir hoffen auf neue Betreiber, beispielsweise die Großmarkthallen. Skandinavien und die Niederlande sind da schon weiter.
Sind CO2-gekühlte Aufbauten teurer als konventionelle?
Der Aufpreis beträgt beim Kauf circa 20 Prozent, im Betrieb rund zehn Prozent. Aus wirtschaftlichen Gründen macht das keiner.
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